Protocol of the Session on September 27, 2018

(Lachen bei den LINKEN – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sie leben ja auch nicht hier! Wir haben nie ein Problem hier!)

Ich hoffe, es geht Ihnen nicht wieder nur um billigen Populismus. Herr Bartl, ich habe Ihnen sehr genau zugehört und die Rede verfolgt. Realismus sieht für mich anders aus, Maß und Mitte auch.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Dann machen Sie mal die Augen auf!)

Wenn Sie Ihre Antragsziele wirklich ernst nehmen, dann müssten Sie diesen Antrag zuerst im EU-Parlament und dann im Bundestag stellen. Einen weiteren Bericht zur Menschenrechtslage in Sachsen als nur einem Bundesland in Deutschland erscheint wenig zielführend und greift nach meiner Auffassung viel zu kurz.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach!)

Inhaltlich bleiben Sie sich treu, wenn Sie unter Ziffer 2 fordern, einen weiteren Bericht zu erstellen. Es gibt in Deutschland bereits eine Vielzahl von Berichten zur Einhaltung von Menschenrechtsverträgen. Der von den LINKEN geforderte Bericht soll von der Staatregierung und von linken Lobbyvereinen erstellt werden. Ihre Fragestellungen sind tendenziös.

(Widerspruch von den LINKEN)

Unter Ziffer 2 fragen Sie die gegenwärtigen und zukünftigen Gefährdungen ab. Ihnen geht es um Gefährdungen, Herr Bartl, nicht um Verletzungen. Die spannende Abgrenzung „Gefährdung versus Verletzung von Rechten“ kennen wir doch noch aus der Diskussion zum Polizeigesetz. Jetzt verwenden Sie den Ausdruck „Gefährdung“.

Sie bemühen sich nicht einmal um einen breiten, demokratischen Konsens, sondern versuchen bereits bei der Festlegung der Autoren, bei den Fragestellungen und der Zielrichtung des Berichts, Ihnen wichtige Ziele unterzubringen.

Die Einberufung einer Weltmenschenrechtskonferenz sollte sicherlich vom EU-Parlament oder vom Bundestag ausgehen. Die Partei DIE LINKE ist in beiden Gremien vertreten. Versuchen Sie es doch dort einmal.

Die Abgeordneten der blauen Partei regen getrennte Abstimmung an. Ziffer 1 würden wir zustimmen, die Ziffern 2 und 3 ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Andrea Kersten und Gunter Wild, fraktionslos)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weiteren Redebedarf in der allgemeinen Aussprache? – Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Bartl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Kollege Anton, ich will das in aller Verantwortung sagen: Wenn zu einem solchen Thema ein gemeinsamer Antrag zustande käme – ich meine vor allem die demokratischen Fraktionen in diesem Haus –, würden wir jederzeit auf die Urheberrechte verzichten.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir haben auch überhaupt kein Problem damit – nicht einmal im Ansatz, auch nicht mit der CDU. Der Antrag ist seit August im Geschäftsgang. Uns hat niemand angesprochen und gesagt: Passt auf, Leute, wollen wir einen Ersetzungsantrag stellen, wir wollen etwas gemeinsam einbringen – zieht ihr den Antrag zurück? Das hätten wir sofort getan. Wir würden auch jetzt noch auf die Abstimmung verzichten und etwas Gemeinsames einbringen.

Wir würden es für wichtig und richtig halten, dass sich dieses Parlament zum 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die ja das Vermächtnis der Erkenntnisse der Menschheit aus dem Zweiten Weltkrieg, aus diesem Menschheitsverbrechen darstellt, darüber verständigt – hier und heute, in einer Zeit, in der tatsächlich darüber gesprochen wird, ob Menschen gejagt werden, ja oder nein.

Der zweite Punkt: Kollegin Kliese, ich bedanke mich sehr für die besonnene Äußerung. Ich bin mit allen Botschaften einverstanden, einschließlich dessen, was die Zustände an der Mauer betraf. Es gibt ja niemanden, der sich hier hinstellen kann und alleine den ersten Stein werfen. Es geht darum, welche Verantwortung wir heute als Parlament in Sachsen, als Parlament eines Landes der Bundesrepublik Deutschland haben, das vor 27, 28 Jahren diesen Weg gegangen ist. Um das in Erinnerung zu rufen,

kann ich mich nicht auf Europa beziehen und sagen: Das sollen die dort einmal machen.

Abgesehen davon ist in diesen Tagen einiges passiert: in Kandel, in Chemnitz, in Köthen. Wir sind beispielsweise für Chemnitz zuständig, von weiteren Baustellen will ich gar nicht reden. Wenn sich alle parlamentarischen Ebenen, alle Ebenen der Zivilgesellschaft wieder darauf besinnen würden, was seinerzeit verabredet wurde, dann würden wir sehr schnell einen Konsens finden, um die Probleme, die die Menschen in diesem Land momentan bewegen, beunruhigen oder verunsichern, in konstruktiver, humanistischer, menschlicher Weise wieder in den Griff zu bekommen – aber nicht durch Gewaltakte oder Ähnliches.

Herr Dr. Weigand, was Ihren Beitrag betrifft: Ich habe dieser Tage einen sehr angenehmen Diskussionsabend mit vorbereitet, ganz kurzfristig innerhalb von fünf Tagen, in der Stadthalle in Chemnitz, im Großen Saal, mit knapp tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Dort hat Gregor Gysi, für mich ganz bemerkenswert, Ihr Format beschrieben. Er sagte: Sie denken schlicht, sie denken kurz und sie denken falsch. Genau das ist es, was Sie dargelegt haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Jawohl. Bitte sehr, Herr Staatsminister Prof. Dr. Wöller, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE knüpft an den 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 an. Dies ist tatsächlich ein wichtiges Datum. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte selbst ist zwar nicht verbindlich, aber sie hat den Weg zur Anerkennung der Menschenrechte als Rechte und nicht nur als Programmsätze gewiesen – auf nationaler und auf internationaler Ebene.

Diesen Weg ist ein Jahr später auch das Grundgesetz gegangen und hat den Staat an Grundrechte und Menschenrechte gebunden. Der unbedingte Respekt vor den Menschenrechten ist das Wesentlichste, das die westlichen Demokratien auszeichnet.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Die Menschenrechte sind heute so bedeutsam, wie sie es 1948 waren. Wir erleben es täglich mit. Wo Menschenrechte nicht geachtet werden, gedeiht kein erfolgreiches Staatswesen. Wo Menschenrechte nicht geachtet werden, werden Menschen in die Flucht getrieben. Den Schutz der Menschenrechte verbessern wir aber nicht, indem wir Berichte schreiben, wie es

die Antragsteller in Ziffer 2 wollen. Wir setzen uns für die Menschenrechte ein, nicht für Papiere. Das ist die Herangehensweise der Staatsregierung. Gerade im Menschenrechtsschutz mangelt es an Papieren nicht. Nahezu alle globalen Menschenrechtsabkommen enthalten umfangreiche Berichtspflichten. Was schließlich Ziffer 3 des Antrages betrifft, so ist für die Staatsregierung nicht erkennbar, dass ein Aufruf zu einer neuen Welt-Menschenrechtskonferenz Erfolg haben könnte.

Lassen sie es mich noch einmal deutlich sagen: Für die Staatsregierung hat die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte historisch wie politisch eine hohe Bedeutung. Sie verdient es, entsprechend gewürdigt zu werden. Ziffer 2 und Ziffer 3 des Antrages weisen aber nicht den Weg zu praktischen Verbesserungen des globalen Menschenrechtsschutzes. Daher empfiehlt die Staatsregierung, diesen Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE. Herr Abg. Bartl, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können es ganz kurz machen.

Herr Staatsminister, es ist aber wirklich minimal, wenn man landläufig sagt, dass man sich dumm stellt. Wir wollen doch keinen Bericht um des Papiers wegen! Wir wollen einen Bericht – darin steht es auch –, der evaluiert, wie der Stand der Verwirklichung der Menschenrechte nach der Charta in 2018 hier in Sachsen ist. Das gibt nämlich dann Anlass, das mal zu reflektieren, wo wir im Verhältnis zu 1990 und zu 1948 gelandet sind – zu dem Ansatz dort –, den wir verabredet haben für die Sächsische Verfassung 1992.

In der gesamten Verfassungsdebatte im verfassungsgebenden Ausschuss war die Frage der Ansätze aus der Menschenrechtscharta respektive auch der Menschenrechtspakte essenziell für die Herangehensweise an die Staatsfundamentalgrundsätze, an die Grundrechte und dergleichen mehr. Jetzt zu erklären, wir wollen praktisch Papier hier haben, mitnichten, das ist ja ganz klar erkennbar, wenn man gutwillig ist. Aber um es Ihnen nicht ganz so schwer zu machen, auch ein Teilerfolg ist für die Beförderung der Menschenrechtscharta von Nutzen.

Wir bitten um getrennte Abstimmung zu den einzelnen Punkten und bedanken uns für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Damit kommen wir zur Abstimmung über Drucksache 6/14582. Ich muss nur noch einmal nachfragen. So wie ich die Debatte verfolgt habe, bezieht sich die getrennte – also die punktweise – Abstimmung auf Punkt I. Die Abstimmung über die Punkte II und III dürften im Block erfolgen? Frau

Dr. Muster, dass stimmt auch mit Ihrer Bitte überein? – Dann verfahren wir so. Meine Damen und Herren, wer dem Punkt I seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. – Jetzt muss ich einmal fragen.

(Der Präsident stimmt sich mit dem Präsidium ab.)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie noch einmal um Mitarbeit. Wer zustimmt, hebt bitte die Hand. – Vielen Dank. Und jetzt die Gegenstimmen? –

(Allgemeine Unruhe)

Ja, wer war denn vorhin nicht anwesend? Moment, ich frage noch einmal.

(Heiterkeit im Saal – Zurufe von der AfD)

Ich benötige ja trotzdem eine Zahl. Nach meinem Dafürhalten, so wie ich das bei der ersten Abstimmung wahrgenommen habe, waren es mehr Stimmen dafür als dagegen.

(Beifall bei den LINKEN)

So habe ich das gesehen. Ich frage jetzt meine Schriftführer: Sie haben die Stimmengleichheit festgestellt?

(Allgemeine Unruhe im Saal)

Meine Damen und Herren, ich mache jetzt bitte von meinem Recht als Tagungsleiter Gebrauch, denn ich habe die Mehrheit festgestellt: Dem Punkt I ist zugestimmt worden.