Protocol of the Session on September 6, 2018

Zum Bildungsticket. Ich weiß gar nicht, warum wir da jetzt so viel drum herumreden und diskutieren. Es ist vorgesehen und die Ansätze sind im Haushalt enthalten. Wo ist das Problem? Wir müssen es einführen und institutionalisieren.

Zum Schluss noch ein gutes Beispiel: In meinem Zweckverband gibt es bereits ein Seniorenticket. Für 49 Euro kann man im gesamten Verbundgebiet, von Holzhau bis Zwickau, den ganzen Monat im gesamten Verkehrsverbund hin- und herfahren. Wir führen jetzt das JungeLeute-Ticket für 46 Euro im Monat ein. Auch das ist bezahlbar und bietet ein gutes Angebot.

Kritisch ist zu bemerken: Für kostenlose Angebote haben wir leider keinen Spielraum. Das Land und der Bund schießen bereits jetzt schon 70 % zu. Auf den Teil der Einnahmen durch die Fahrgäste können wir einfach nicht verzichten. Allein mein Landkreis, Mittelsachsen, schießt dieses Jahr 800 000 Euro hinzu. Das ist leider so, aber noch weniger Einnahmen würden die Zuschüsse noch einmal vergrößern.

Nötig ist aber – da sind wir gut am Start – ein weit gespanntes, überregionales Bussystem. Taktbus, Plusbus sind die Schlagworte – ein bedarfsgerechter Verkehr über das ganze Land. Ich bin der festen Überzeugung: Für ein gutes Angebot sind die Bürger auch bereit, ihren Anteil zu tragen.

Die Forderung nach kostenlosen Leistungen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, werden bei Ihnen immer länger, aber am Ende des Tages muss jemand die Rechnung bezahlen. Frau Grimm, Sie sind doch Unternehmerin. Sie sind Busunternehmerin. Müssen Sie keine neuen Busse kaufen? Müssen Sie keine Tarife bezahlen? Das schlägt doch auch bei Ihnen alles zu Buche. Sie brauchen doch auch eine Einnahme, um das zu realisieren.

(Patrick Schreiber, CDU: Steuern müssen Sie auch zahlen!)

Das kommt doch nicht aus der Luft. Oder haben Sie vielleicht einen Baum in Ihrem Garten, worauf das Geld wächst? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Ihr Ernst ist und Sie als erfolgreiche Unternehmerin mit dieser Forderung hierher kommen. Ich bin der festen Überzeugung, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der AfD: Es ist vielleicht besser, dass Sie keine Verantwortung für dieses Land an zentraler Stelle tragen.

(Beifall des Abg. Wolfram Günther, GRÜNE, und vereinzelt bei der CDU)

Wenn Sie das alles erfüllen müssen, dann würden die Menschen, die Sie wählen, Ihnen ganz schnell das Fell über die Ohren ziehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD –

Zuruf des Abg. Carsten Hütter, AfD –

Gegenrufe von der CDU – Carsten Hütter, AfD:

Nicht so überheblich! – Patrick Schreiber, CDU:

Am besten, Sie koalieren mit den LINKEN! –

Das machen Sie schon! –

Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Gibt es vonseiten der Fraktionen noch Redebedarf? – Dann bitte ich die Staatsregierung. Herr Minister Dulig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir, der Sächsische Landtag und die Staatsregierung, haben in den letzten vier Jahren beim Thema ÖPNV schon viel erreicht. Weitere bedeutsame Vorhaben befinden sich zurzeit in Vorbereitung.

Zunächst ein paar Zahlen und Fakten zum Erreichten. Gemäß dem Beschluss dieses Hohen Hauses und unter Einbeziehung aller Fraktionen des Sächsischen Landtags haben wir eine ÖPNV-Strategiekommission ins Leben gerufen. Im Dezember 2017 hat sie ihren Abschlussbericht mit vielen konkreten Handlungsempfehlungen vorgelegt. Das Basisgutachten und der Abschlussbericht der Kommission sind auf der Homepage des SMWA allen interessierten Personen zugänglich. Das schafft Transparenz bis ins Detail.

Im November 2017 hat die Staatsregierung eine neue ÖPNV-Finanzierungsverordnung beschlossen, die den ÖPNV-Zweckverbänden Planungs- und Finanzierungssicherheit auf hohem Niveau bis Ende 2027 verschafft. Eine so weite Sicht gab es für den sächsischen ÖPNV noch nie.

Die Zuweisungen an die ÖPNV-Zweckverbände werden jährlich bis zum Jahr 2027 dynamisiert. Seit 2017 wird den Zweckverbänden ein darüber hinausgehender und ebenfalls dynamisierter Zuschuss gewährt. Von diesem profitieren die beiden ländlich geprägten Zweckverbände, Oberlausitz/Niederschlesien und Vogtland, überdurchschnittlich. Das heißt in Zahlen ausgedrückt: Mit insgesamt 457,5 Millionen Euro erhalten die Zweckverbände in diesem Jahr circa 2,1 % höhere Zuweisungen als 2017 und sogar 7,5 % mehr als 2016.

Infolge dieser Landtagsbeschlüsse redet im Freistaat niemand mehr über Streckenstilllegungen. Wir haben gemeinsam eine Wende erreicht. Angebotsleistung und -nachfrage im sächsische SPNV steigen wieder. Die Menschen fahren wieder mehr Zug. Das sind gute Nachrichten. Weiterhin fördern wir als Freistaat ÖPNVInvestitionsvorhaben in großer Breite und auf hohem Niveau.

Dies alles sind Rahmenbedingungen, um die uns viele andere Bundesländer beneiden. Diese guten Rahmenbedingungen wiederum sind wesentliche Grundlagen dafür, dass sächsische Unternehmen und Verkehrsverbände im deutschlandweiten Vergleich auch in diesem Jahr wieder auf Spitzenplätzen gelandet sind. Bei den Verkehrsunternehmen ist es Platz 1 für die DVB bei der Kundenzufriedenheit, bei den Verkehrsverbünden Platz 1 für den VVO. Allen fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hierfür meinen herzlichsten Dank!

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! So schön diese Nachrichten sind, auf diesen Erfolgen können und wollen wir uns nicht ausruhen. Wir wollen prioritäre Handlungsempfehlungen der ÖPNV-Strategiekommission so rasch wie möglich umsetzen und haben diese Zielstellung bereits fest im Zukunftspakt Sachsen sowie im Entwurf des Doppelhaushaltes 2019/2020 verankert.

Beim Thema landesweiter Vertrieb sind wir bereits weit fortgeschritten. Schon Mitte des nächsten Jahres soll es möglich sein, Fahrscheine verbundübergreifend mobil, über eine App, zu kaufen.

Gemeinsam mit der kommunalen Ebene bereiten wir die Etablierung und den dauerhaften Betrieb eines landesweiten Busgrundnetzes aus Plus- und Taktbuslinien vor, mit klar definierten Qualitätsmerkmalen. Dadurch wird es möglich, bis zu 1 Million Menschen, die im ländlichen Raum wohnen, mit alltagstauglichen ÖPNV-Angeboten zu versorgen.

Zur besseren Koordinierung insbesondere der landesweit wirksamen und bedeutsamen Vorhaben wollen wir uns mit der kommunalen Ebene in einer Steuerungsgruppe ÖPNV zusammenfinden. Auf besagter Grundlage wird es möglich sein, zukünftige ÖPNV-Projekte schneller und effizienter vorzubereiten und umzusetzen.

Wir wollen die kommunale Ebene bei der Etablierung eines Sachsentarifes als Dachtarif für alle die Verbundgrenzen überschreitenden Fahrten unterstützen. Damit wird die ÖPNV-Nutzung endlich einfach und übersichtlich. Gemeinsam mit der kommunalen Ebene wollen wir im Rahmen der dauerhaften Etablierung eines ganztägig und ganzjährig gültigen kostengünstigen Bildungstickets die eigenständige und umweltgerechte Mobilität junger Menschen fördern.

Dies alles sind zweifellos sehr ambitionierte Ziele. Ich gebe zu, bei einigen Punkten hätte ich mir mehr Tempo gewünscht. Aber Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit, und wir brauchen hier die Partner, mit denen wir das gemeinsam durchsetzen wollen.

Der ÖPNV ist ein sehr komplexes Gebilde. Insbesondere tarifliche Eingriffe, wie sie bei den Vorhaben Sachsentarif und Bildungsticket unumgänglich sind, bedürfen eines erheblichen organisatorischen und zeitlichen Vorlaufs. Manches Detail, in dem mitunter bekanntlich der Teufel steckt, muss noch gelöst werden. Aber mit einer hinrei

chend großen Konflikt- und Kompromissfähigkeit wird es uns gelingen, den ÖPNV in den nächsten Jahren noch leistungsfähiger und kundenfreundlicher zu gestalten.

Das ist es, was wir ganz konkret tun, um die Attraktivität des ÖPNV in Sachsen zu gestalten. Jetzt können Sie entscheiden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das Schlusswort, bitte. Frau Grimm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Weil ich genau wusste, dass Sie unseren Antrag total zerreden, habe ich mir den Umsetzungsvorschlag und die Finanzierung für den Schluss aufgehoben.

(Andreas Nowak, CDU: Da gibt es nichts zu zerreden! – Zurufe von der SPD)

Unser Vorschlag zur Umsetzung. Die Umsetzung, die wir im Antrag zunächst freigestellt haben, kann auf folgendem Weg schnell realisiert werden: Beispielsweise die Tickets bzw. die Eigenanteile im Schülerverkehr werden von den Eltern der Schüler zunächst einmal bezahlt und einmal pro Jahr über einen einfachen Antrag weitgehend unbürokratisch mit Nachweisen, wie Schülerausweis und Zahlungsbeleg des Eigenanteils, mit Landesmitteln zurückerstattet, bei Azubis und Senioren sinnentsprechend.

Meine Damen und Herren! Was darf der kostenlose ÖPNV kosten? Zur Wahrheit gehört auch, dass die kostenlose Nutzung finanziert werden muss.

Vorab noch ein paar Zahlen, die von der Strategiekommission ausgearbeitet wurden. Die Strategiekommission fordert einen zusätzlichen Mehrbedarf in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr, wenn alle Handlungsempfehlungen sofort umgesetzt werden müssten. Dass das nicht auf einen Schlag geht, ist allen klar. Davon sind 51 Millionen Euro für das Bildungsticket und 68 Millionen Euro für den Ausbildungsverkehr vorgesehen.

Weiterhin geht aus dem Bericht hervor, dass der ÖPNV in Sachsen im Jahr 2017 ein Marktvolumen von circa 1,3 Milliarden Euro hatte. Davon – hören Sie einmal zu! – trug die öffentliche Hand bereits 70 %. Aber, liebe Kollegen, für das Basisangebot im ländlichen Raum benötigen wir nur einen Bruchteil der übrigen 30 %. Das liegt daran, dass der Personenpreis und die Fahrtweite sorgfältig ausgewählt sind. Zudem besteht für Schüler und Azubis im ländlichen Raum hoffentlich alsbald die Wahlmöglichkeit zwischen dem kostenlosen Basisangebot und dem kostengünstigen Bildungsticket.

(Andreas Nowak, CDU: Tarifwirrwarr!)

Aber bedenken Sie auch, dass nicht alle Familien ein sachsenweit gültiges Bildungsticket benötigen. Deshalb

fordern wir im Punkt 3 unseres Antrages, das Basisangebot, das kostenlose Schüler-, Azubi- und Seniorenticket, auch nach Einführung des Bildungstickets beizubehalten.

(Staatsminister Martin Dulig: Haben Sie denn mal ausgerechnet, wie viel das kostet?)

In Berlin und Brandenburg können Abgeordnete, Polizeibeamte, Tarifbeschäftigte im Objektschutz und bei der Feuerwehr schon jetzt das Angebot von Verkehrsbetrieben kostenfrei nutzen.

(Staatsminister Martin Dulig: Sagen Sie doch mal, wie teuer Ihr Angebot ist!)

Deshalb gibt es keinen vernünftigen Grund, dies für Schüler, Azubis –

Bitte zum Schluss kommen.

– und Rentner in Sachsen nicht einzuführen.