Protocol of the Session on September 5, 2018

Bitte kommen Sie zum Ende.

– Das werde ich tun.

Das kommt nicht von ungefähr. Nicht zuletzt viele Sozialdemokraten haben sich für die Mittelbereitstellung eingesetzt. Aber es ist auch so, dass wir jetzt im Schulterschluss zwischen Bund und Land dem aus der Großen Koalition heraus eine Priorität geben, das mit Haushaltsmitteln untersetzen und den Breitbandausbau voranbringen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Für die Linksfraktion Herr Brünler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Mann, ich bin fast geneigt zu sagen: Gott sei Dank gibt es die Sozialdemokratie, deshalb gibt es bald Breitband.

(Zurufe von der SPD)

Das war schon immer so, alles klar.

(Beifall bei der SPD)

Wir führen hier so etwas wie eine Murmeltierdebatte. Es ist nicht so, dass dieses possierliche Tierchen jeden Tag grüßt, aber gefühlt mindestens einmal im Quartal. Wenn wir ehrlich sind, gibt es etwas wirklich Neues nicht zu berichten. Entsprechend enthusiastisch waren die beiden einleitenden Beiträge der das Thema einreichenden Fraktionen.

Wir sind uns alle einig: Die Situation ist wie sie ist. Sie könnte besser sein. Wir sind im Osten inzwischen Platz 1. Man könnte auch sagen, dass wir unter den Einäugigen der König sind. Wir warten jetzt auf die erlösende Botschaft der Staatsregierung. Staatsminister Dulig wird uns dann sicher erzählen, dass wir auf dem besten Wege sind, mächtig Anlauf genommen haben und es bald richtig losgeht.

(Staatsminister Martin Dulig: Da kann ich meine Rede ja sparen!)

Da sind wir alle eher fertig.

Das, was wir hier diskutieren, ist im Grunde eins zu eins das, was in der Pressemitteilung von Minister Dulig aus dem Dezember des letzten Jahres stand, als es um den 5. Förderaufruf Breitbandausbau ging. Der Grundtenor: Hundertprozentige Übernahme des kommunalen Eigenanteils, wenn 100 % Glasfaser – und das alles schnell und unbürokratisch.

Ja, wir hatten endlich ein Bekenntnis zur Glasfaser. Bis dahin hat man sich unter dem Schlagwort „Technologieneutralität“ noch dahinter versteckt, dass man auch Lösungen gefördert hat, bei denen alle im Grunde wussten, dass damit ein Gigabitnetz nicht zu realisieren ist. Das ist tatsächlich – das muss man anerkennen – etwas, was sich seit Ende des letzten Jahres geändert hat. Aber praktisch passiert ist in der Ausgestaltung der Förderung hier im Freistaat seitdem nichts.

Wenn man sich die Aussagen der Staatsregierung vom April dieses Jahres – also weit vor der Sommerpause – anschaut, dann gab es bereits da eine Einigung mit der Bundesregierung, wie man das Vorhaben praktisch umsetzen kann. Es wurde damals die Idee geboren, über Pauschalzuweisungen an die Landkreise in Höhe von jeweils 5 Millionen Euro über das FAG als Bedarfszuweisung Digitales diese Gelder zur Verfügung zu stellen.

Dabei gibt es allerdings zwei Probleme. Zum einen hat eine Kleine Anfrage von mir an die Staatsregierung

ergeben, dass die Staatsregierung bereits jetzt davon ausgeht, dass in sechs von zehn Landkreisen diese 5 Millionen Euro nicht ausreichen werden. Zum Zweiten gibt es die Frage: Warum verschiebt man das eigentlich auf die Haushaltsverhandlungen? Man ist fast geneigt zu sagen: Gott sei Dank haben wir schon in diesem Jahr Haushaltsverhandlungen, weil wir ansonsten dieses Problem erst im nächsten Jahr in Angriff genommen hätten. Man kann das FAG durchaus unabhängig von Haushaltsverhandlungen anpassen, wenn man das will. Das ist aber nicht passiert.

Es sind zum Teil auch die sächsischen Vorschriften, die bremsen. Ich erinnere nur an die Wurzener-Landwerke. Darüber hatten wir hier schon einmal diskutiert. Hier haben sich Gemeinden zusammengeschlossen, um ein öffentliches Infrastrukturunternehmen zu gründen und vor Ort selbst ein Glasfasernetz zu errichten und zu betreiben. Kollege Mann hat vorhin ausgeführt, dass das jetzt in Sachsen durchaus möglich sei. Aber zur Wahrheit gehört, dass der Bund schon lange sein Okay gegeben hatte, es aber der Freistaat war, der monatelang auf der Bremse stand, weil das in der eigenen Verwaltungsbürokratie nicht als Modell vorgesehen war.

Wir reden jetzt über den Eigenanteil, aber gar nicht über die Folgekosten, die nach wie vor für die Kommunen nicht kalkulierbar sind. Wer zahlt eigentlich bei einem Betreibermodell, wenn Private mit Milliardengewinnen kurzfristig versuchen, sich mit Vectoring den Markt zu sichern, und kleine Kommunen hier nicht gegenhalten können? Daran wird auch eine Komplettförderung nichts ändern, es sei denn, Sie verabschieden sich indirekt vom Betreibermodell und gehen de facto auf eine reine Subventionierung finanzieller Großunternehmen über. Das kann man machen, aber dann muss man es auch deutlich so sagen.

Das zurückliegende Jahr, meine Damen und Herren, hatte mit schneller, unbürokratischer Förderung von Breitbandausbau nichts zu tun. Das letzte Jahr hat eher für Verunsicherung und dafür gesorgt, dass Projekte liegengeblieben sind.

(Staatsminister Martin Dulig: Genau das Gegenteil!)

Weiter dazu in der zweiten Runde.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die AfD spricht Herr Beger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss sich bei dem heutigen Debattentitel zunächst einmal fragen, was an der Debatte aktuell sein soll. Bis zum Jahr 2025 sagen sich Fuchs und Hase wohl noch häufiger gute Nacht.

Gestern lud Staatssekretär Brangs zum Digitalisierungsgipfel unter dem Titel „Schneller, umfassender, einfacher“ ein. Unter „einfacher“ fiel im Wesentlichen das Stichwort

„Verschlankung des Markterkundungsverfahrens“. Wir werden sehen, wohin uns die heutige Debatte führt.

„Breitbandausbau für alle bis 2025“ – so heißt der erste Teil des Titels. Bei dem Tempo, das die Staatsregierung beim Breitbandausbau in den letzten Jahren vorgelegt hat, brauchen wir eigentlich gar nicht über Zeithorizonte zu reden. Vielleicht erleben unsere Enkel einmal den Zeitpunkt, an dem Sachsen beim Breitbandausbau zu Ländern wie Rumänien oder Bulgarien aufschließt. Beides sind Länder, die im internationalen Vergleich bei den durchschnittlichen Verbindungsgeschwindigkeiten noch weit vor Deutschland liegen. Beides sind Länder, die über die EU-Umverteilungsmaschinerie von deutschen und damit auch von sächsischen Steuergeldern profitieren. Beide Länder haben unser Geld sinnvoll investiert.

Nun sprudeln auch im Freistaat Sachsen die Steuereinnahmen satt, Bundes- und EU-Förderung kommen hinzu. Ergebnis? Das SMWA und die Staatsregierung freuen sich seit Jahren über die Höchstzahlen der Bundesanträge aus Sachsen bei den Förderaufrufen. Gut hinbekommen, kann ich dazu nur sagen: So lange zu warten, bis der planmäßige Reisezug abgefahren ist, um sich dann beim Anschlusszug um fünf nach zwölf über die vielen freien Plätze zu freuen. Ich hoffe, der Zug, der uns das schnelle Internet bringen soll, kommt 2025 auch wirklich an.

Was mich aber daran zweifeln lässt, das sind die vollmundigen und gleichsam ergebnislosen Ankündigungen der letzten Jahre. Im Herbst 2014 hieß es im Koalitionsvertrag: flächendeckendes Internet mit 50 Mbit bis 2018. In der Digitalisierungsstrategie „Sachsen Digital“ hieß es lange Zeit: Versorgung der Hälfte aller Haushalte mit 100 Mbit bis zum Jahr 2020. Im Jahr 2016 war im Medienservice des Freistaates Sachsen zu lesen: Kabinett verabschiedet Digitalisierungsstrategien. Ziel ist die Flächendeckung mit mehr als 100 Mbit bis zum Jahr 2025. Anfang 2018 folgte eine Regierungserklärung. Darin versprach der Ministerpräsident eine Förderung für alle Gemeinden vom ersten bis zum fünften Call.

Meine Damen und Herren! „Höher, schneller, einfacher“ versprechen Sie seit Jahren. Alle oben genannten überprüfbaren Ziele sind klar verfehlt. Oder versprechen Sie sich seit vielen Jahren?

Mehr dazu in der zweiten Runde.

(Beifall bei der AfD)

Frau Dr. Maicher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition verspürt bei diesem Thema offensichtlich dringenden Gesprächsbedarf. Aktuelle Dringlichkeit sehen wir bereits seit sehr vielen Jahren. Es kann aber nicht schaden – und ich will nicht kleinlich sein –, heute hier einmal von der Staatsregierung zu hören, wie sie ihre Hausaufgaben erfüllt.

Uns GRÜNE müssen Sie nicht überzeugen, dass wir 100 % Glasfaser brauchen. Meine Fraktion hat diese Strategie bereits im Jahr 2012 hier im Landtag gefordert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diskutieren wir doch den Stand der Dinge! Sicherlich ist es ohne Zweifel sinnvoll, die DiOS-Richtlinie zu überarbeiten. Die Übernahme des Eigenanteils der Kommunen ist sehr wichtig, und die finanzielle Unterstützung der Landkreise bei der Koordinierung des Breitbandausbaus ist ebenfalls sinnvoll.

Natürlich profitiert der Freistaat auch von der Novellierung der Richtlinie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Hätten Sie bereits vor 2017 Herrn Dobrindt als Infrastrukturminister eine verantwortungsvolle Arbeit abgerungen, wären wir in Sachsen schon sehr viel weiter.

Jetzt ist es eine zentrale Aufgabe, die Beratung der Kommunen zu unterstützen. Dafür reicht ein Breitbandgipfel nicht. Herr Staatsminister Dulig, mich interessiert, inwieweit Sie das Breitbandkompetenzzentrum als so gut aufgestellt sehen, dass der Beratungsbedarf der Kommunen derzeit, aber auch künftig abgesichert ist, zum Beispiel wenn Kommunen Netze selbst betreiben wollen. Das erfordert eine hohe planerische Eigenleistung, und falls das nicht abgesichert ist, wäre es sicher sinnvoll, wenn die Koalition im Haushaltsverfahren die Ressourcen dafür aufstocken würden.

Ich sehe die Kommunikation der Staatsregierung beim Thema Breitbandausbau deutlich als problematisch an. Auch hier möchte ich die Zwischenerfolge nicht kleinreden, aber der Herr Ministerpräsident und auch Sie, Herr Dulig, sollten ehrlicher sein. Sie sollten mit der Schaufensterrhetorik aufhören; denn Sie machen nach so vielen Jahren Versäumnis falsche Versprechungen. In dieser Verkündungseuphorie – wir haben sie heute vonseiten der Koalition auch schon wieder gehört – wird überall im Land großspurig davon gesprochen, eine flächendeckende Anbindung an Glasfaser hinzubekommen. Sie wissen – davon gehe ich aus –, dass das eine glatte Lüge ist. Sie unterschlagen nämlich, dass, wenn Sie vor Ort sind – in Nordsachsen, in Bautzen, im Vogtland –, eine große Anzahl von Haushalten überhaupt nicht förderfähig ist und dass man sich dort mit Kupferkabel mit Vectoring begnügen muss, also mit der Brückentechnologie.

Herr Mann, Sie sagen, dass es – was den Umstieg von Kupfer auf Glasfaser betrifft –, nur bei den Verfahren möglich ist, die noch nicht im Bau sind oder bereits gebaut wurden. Die anderen sind es nicht. Ich möchte es am Beispiel Nordsachen ausführen: Im Juli fiel dort der Startschuss für das Ausbauprojekt der Telekom mit Glasfaser und es wird wieder von flächendeckender Erschließung mit Glasfaser gesprochen. So verkaufen Sie das. Gemeint ist aber nicht der gesamte Landkreis, sondern das Projektgebiet. Das betrifft 40 000 Haushalte. Sie sagen aber nicht, dass es mindestens noch einmal genauso viele Haushalte gibt, die entsprechend der Vorgaben von

Bund und EU nicht förderfähig sind, weil sie bereits mit knapp 30 Mbit, also darüber hinaus, versorgt sind. Nur 8 000 von diesen sind überhaupt mit Glasfaser am Haus anliegend.

Circa ein Drittel im Landkreis – das betrifft auch die anderen Landkreise – haben etwas mehr als 30 Mbit, aber weit unter 100 Mbit, und hier entstehen in Zukunft – weil sie nicht förderfähig sind – massig weiße Flecken, die die normale Internetnutzung nicht mehr ausfüllen und die massive Rückschläge erfahren, weil sie nicht weiter gefördert werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Werte Kollegin, da Sie sich gerade über diese Selbstverständlichkeit so ereifern, dass wir dort nicht fördern können, wo 30 Mbit anliegen, frage ich: Ist Ihnen bewusst, dass, weil die Vorgaben der EU so sind und Wettbewerbsrecht davor steht, wir hier nicht in die Förderung gehen können und dass wir derzeit überhaupt nicht in der Lage sind, Förderung für Glasfaseranschlüsse für die Gebiete zu leisten, in denen bereits 30 Megabit Standard bzw. 50 Megabit über Vectoring vorhanden sind? Ist Ihnen das bewusst?

Danke, Herr Kollege Mann. Genau das habe ich gesagt. Mir ist das bewusst, aber offensichtlich nicht Ihrem Ministerpräsidenten und Ihrem Wirtschaftsminister, der in Interviews immer noch sagt: Wir bekommen flächendeckend Glasfaser bis ins letzte Dorf. Neulich las ich die Überschrift „… bis in den letzten Kuhstall“. Es ist einfach unredlich, diesen Eindruck zu erwecken, als ob es ginge. Es geht einfach nicht. Dann muss man ehrlich sein und es den Menschen auch so klar sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)