Protocol of the Session on June 28, 2018

Das war Frau Kollegin Wilke für die AfD-Fraktion. Jetzt, fast am Ende der Rederunde, spricht Frau Dr. Maicher für die Fraktion GRÜNE. Danach folgt Frau Dr. Muster. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion begrüßt die Aufstockung. Wir finden es richtig, dass sich die Staatsregierung endlich dazu durchgerungen hat. Das war längst überfällig angesichts von 30 % Lohn unter Tarif für die Angestellten der Theater und Orchester in Sachsen.

Wir haben diese Mittelaufstockung jahrelang gefordert und uns dafür eingesetzt. Schon 2014 haben wir konkretere Kriterien für die Evaluierung des Kulturraumgesetzes vorgeschlagen und gefordert, dass die finanzielle Entwicklung nachhaltig und langfristig betrachtet wird. 2015 haben wir Vorschläge dazu gemacht, wie eine wirksame Dynamisierung der Kulturraummittel umgesetzt werden kann, und das auf Basis vieler Gespräche mit den Akteuren.

Denn es war klar, dass etwas passieren muss, damit die Kulturräume ihre Bedeutung und die doppelte Herausforderung meistern können: auf der einen Seite den Erhalt der kulturellen Infrastruktur, auf der anderen Seite ihre Fortentwicklung und die Förderung neuer kultureller Angebote, neuer Organisationsformen und die Unterstützung freier Initiativen, die noch nicht etabliert sind.

Wir sind jetzt tatsächlich etwas irritiert von dem Vorgehen der Koalition. So aktuell die Lage der Kultur immer ist, frage ich mich schon: Warum brennt bei Ihnen das Alarmsignal erst jetzt? Viele Jahre lang war doch klar, dass die Kulturräume geradezu ausbluten und dass die bisherigen Aufstockungen in den letzten Jahren nicht einmal annähernd die Kostensteigerungen ausgeglichen haben angesichts der Kürzungsspirale, die es in den letzten Jahren gab.

Wir hätten uns gewünscht – das wäre auch im Sinne des Konsenses mehrer Fraktionen gewesen –, dass dies bei der Novellierung des Kulturraumgesetzes zu Beginn des Jahres diskutiert worden wäre und dass Sie sich vielleicht auch dem einen oder anderen Änderungsvorschlag meiner Fraktion geöffnet hätten. Frau Fiedler hat ja erwähnt, dass Sie das jetzt übernommen haben.

Jetzt, drei Monate später, schlagen wir diesen Weg sowieso ein, wenn auch nur als Aufstockung im Haushalt und eben nicht im Gesetz.

Jetzt machen Sie das auf einem öffentlich besser verkaufbaren Sonderweg im Vorwahljahr 2018. Wenn Sie sich dafür auf die Schulter klopfen wollen, dass Sie für diese Einsicht so lange gebraucht haben, dann können Sie das jetzt tun. Wir jedenfalls hätten uns eine Diskussion hier im Landtag und auch einen anderen Umgang mit dem Parlament gewünscht, wenn Sie das ohnehin geplant haben.

Aber besser spät als nie, die Kulturschaffenden nehmen die Erhöhung positiv auf. Es ist richtig, dass nach so vielen Jahren Debatten, Konsultationen, offenen Briefen und Expertenanhörungen jetzt endlich dieses Einlenken kommt. Nichtsdestotrotz bleiben auch inhaltliche Kritikpunkte – deswegen ist das Thema auch nicht abgeräumt, so wie es Ihr Debattentitel suggeriert, denn wir bekommen eben nur die Aufstockung im Haushalt. Die Kontinuität ist damit aber mitnichten gesichert, wie es mit einem Gesetz der Fall gewesen wäre.

Frau Fiedler, es ist einfach falsch, wenn Sie sagen, das Kulturraumgesetz umfasse jetzt über 100 Millionen Euro. Das stimmt nicht! Es ist lediglich im Haushalt geplant. Das ist keine langfristige Strategie. Langfristig verantwortungsvoll wäre es, wenn man sich mit der tatsächlichen Entwicklung in den Kulturräumen befasst und dann schaut, wie man auch im Gesetz eine dynamische Finanzierung gestalten kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Kritikpunkt ist folgender: Das Ausreichen von 7 Millionen Euro als Strukturmittel ist ja faktisch ein Zuschuss für laufende Betriebskosten, aber außerhalb der allgemeinen Kulturraummittel. Das entspricht eben nicht der Idee des Gesetzes, wonach die Kulturräume selbst über die Verteilung und Entwicklung aller Sparten entscheiden. Deshalb müssen wir an dieser Stelle auch weiter über diese Konstruktion diskutieren.

Bei der Bezahlung der Theaterhäuser haben Sie sich jetzt entschieden, genauer hinzuschauen, damit das Geld tatsächlich bei den Angestellten ankommt. Bei den anderen Sparten vertrauen Sie darauf, dass die Summe für eine gerechtere Bezahlung eingesetzt wird – aber welche Zusicherung haben Sie denn dafür von den Kulturräumen?

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal an den Titel dieser Idee erinnern: „Gut gemacht – gut bezahlt!“ Für einen Werbeslogan ist das vielleicht in Ordnung, aber auf die Gesamtsituation der Kultur passt das überhaupt

nicht. Es klingt nach auskömmlicher Finanzierung, aber haben Sie sich eigentlich einmal überlegt, welches Signal Sie damit setzen? Wie soll denn mit 3 Millionen Euro für die restlichen Sparten eine wirklich gute Bezahlung in den soziokulturellen Zentren wie etwa den Bibliotheken in den Kulturschaffenden-Zentren erreicht werden?

Aus meiner Sicht nehmen Sie hier den Mund etwas voll. Lesen Sie noch einmal die Stellungnahme der IG Landeskulturverbände zum ersten Teil des Zweiten Sächsischen Kulturwirtschaftsberichts oder auch das Positionspapier der Deutschen Orchestervereinigung vom Mai 2018! Damit werden Sie daran erinnert, wie finanziell prekär es um sehr viele Kulturschaffende, vor allem freie Künstlerinnen und Künstler, bestellt ist. Deswegen müssen wir weiter diskutieren und deswegen ist mitnichten alles gut gemacht und gut bezahlt, sondern es gibt noch eine ganze Menge zu tun.

Herzlichen Dank

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war Frau Dr. Maicher. Jetzt erhält Frau Dr. Muster das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ist die sächsische Kultur gut gemacht und gut bezahlt? Darüber lässt sich trefflich streiten.

Warum gut gemacht? Unstreitig hat Dresden Museen, Orchester und Theater von Weltruf.

Aber auch gut bezahlt? Unsere Leuchttürme Semperoper und Staatstheater sind mit Sicherheit gut bezahlt, aber – und hier kommt ein wichtiges Aber – die Theater in Städten und Gemeinden dümpeln nur vor sich hin und arbeiten mit Haustarifverträgen. Kahlschlag und Gesundschrumpfung sind dabei wichtige Stichpunkte, ebenso Fusionsorchester und Orchester mit mehreren Standorten. Die heutige Elblandphilharmonie in meinem Landkreis Meißen ist ein Beispiel dafür.

Im Dezember 2018, also nicht hier und heute, soll mit dem neuen Haushaltsgesetz endlich Ihr Wahlgeschenk kommen, liebe Koalition, was bedeutet, dass die Künstler besser bezahlt werden – wie immer pünktlich vor den nächsten Landtagswahlen und während der fetten Jahre, in denen die Steuereinnahmen exorbitant sprudeln. Ich wünsche allen Künstlern eine gute Bezahlung und dass die nächsten dürren Jahre nicht so bald kommen werden!

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Andrea Kersten, fraktionslos)

Das war das Ende der ersten Runde; zuletzt sprach Frau Dr. Muster. – Besteht Bedarf für eine zweite Rederunde? Die einbringende Fraktion der CDU ergreift erneut das Wort. Herr Kollege Octavio Ursu, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich

über diese sehr gute Entscheidung im Sinne des Kulturlandes Sachsen, 40 Millionen Euro für die Kulturräume und 28 Millionen Euro für kommunale Theater und Orchester bereitzustellen. Das ist ein starkes Signal. Damit bekennt sich die Staatsregierung zur Zukunft eines sächsischen Aushängeschildes unserer vielfältigen Kulturlandschaft.

Wir stärken alle Kultursparten in den sächsischen Kulturräumen und würdigen vor allem die Kulturschaffenden, die damit besser bezahlt werden können. Sie haben in den vergangenen Jahren über Haustarifverträge große finanzielle Abstriche gemacht und damit einen unschätzbaren Beitrag zum Erhalt unserer vielfältigen Kultur – auch abseits der Großstädte – geleistet. Dafür möchte ich mich hiermit herzlich bedanken!

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Jetzt zu unserer Opposition, die hier mit Krampf versucht, etwas sehr Gutes schlechtzureden. Lieber Herr Kollege Sodann, Sie haben gesagt, die Kommunen wären nicht in der Lage, die Erhöhung des Kulturraumgesetzes gegenzufinanzieren; das hätten wir in der Diskussion gesagt. Das zeigt mir, dass Sie nicht unterscheiden können, was im Kulturraumgesetz steht. Das Kulturraumgesetz ist verpflichtend. Das, was hier entsteht – auch die 7 Millionen Euro außerhalb des Kulturraumgesetzes –, ist eine Freiwilligkeit der Kommunen, da sie sich mitbeteiligen können oder auch nicht. Eigentlich müssten Sie das als Kulturpolitiker wissen.

Was haben Sie noch gesagt?

Entschuldigung, Herr Kollege Ursu, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gern.

Herr Ursu, ist Ihnen noch bekannt, was in der Verhandlung zur Novelle des Kulturraumgesetzes, also auch zur Behandlung unseres Gesetzentwurfs, gesagt wurde? Dazu ein Zitat aus dem Protokoll: „… denn sie vernachlässigen die Rolle der Kommunen, die mit ihrem Eigenanteil in dieser Größenordnung … schlichtweg überfordert wären. Sie sind es bereits jetzt.“

Deswegen meine Frage: Wie können Sie jetzt in der Lage sein, 10 Millionen Euro gegenzufinanzieren, Herr Ursu?

(Zuruf von der CDU: Durch höhere Steuereinnahmen! – Jörg Urban, AfD: Legen Sie doch einfach zusammen und geben Sie den Künstlern ein bisschen Geld!)

Herr Sodann, wir wollen nicht die gesamte Kultur in Sachsen verstaatlichen. Das gab es einmal im Sozialismus, das wollen wir nicht wieder zurückhaben!

(Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Franz Sodann, DIE LINKE)

Sie haben das Prinzip des Kulturraumgesetzes nicht verstanden. Unser Kulturraumgesetz basiert auf Subsidiarität; es basiert nicht auf Verstaatlichung. Das wollen die LINKEN haben, das werden wir aber nicht machen.

(Zuruf des Abg. Mirko Schultze, DIE LINKE – Weitere Zurufe von den LINKEN)

Nun zu Frau Wilke von der AfD: Frau Wilke, ein großer amerikanischer Schriftsteller des 20. Jahrhunderts hat gesagt, dass man die Tatsachen erst kennen muss, bevor man sie verdrehen kann.

(Vereinzelt Lachen bei der CDU)

Das passt sehr gut zu Ihrer Einstellung, weil Sie gesagt haben, ein Pförtner verdiene mehr als ein ausgebildeter Schauspieler. Sie haben wahrscheinlich noch nichts von Tarifautonomie gehört! Das ist nämlich eine Frage der Gewerkschaften – diese verhandeln die Tarife. Dort können wir als Staat nicht eingreifen. Das ist sehr interessant, dass hier eine Parallele zwischen LINKEN und AfD entsteht. Anscheinend wollen Sie auch eine Art von Sozialismus!

(Lachen des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Plötzlich reden Sie auch noch über die Autonomie der Künstler. Was wollen Sie also tatsächlich – Autonomie oder Steuerung?

(Karin Wilke, AfD: Keine Steuerung!)

Ich stelle fest: Sie wissen nicht so genau, was Sie wollen.

Für Sachsen als Kulturland ist diese Entscheidung der Staatsregierung essenziell für viele Menschen. Vor allem in den ländlichen Regionen Sachsens sind die kulturellen Einrichtungen und Angebote vor Ort ein Teil ihrer Identität und ein Stück Heimat. Dazu gehören vor allem die kommunalen Theater und Orchester, die nun mit entsprechender und angemessener Beteiligung der kommunalen Ebene davon werden profitieren können. Das betrifft das Theater Plauen–Zwickau, die Vogtland Philharmonie, das Mittelsächsische Theater Freiberg und Döbeln, die Erzgebirgische Theater und Orchester GmbH mit dem Eduardvon-Winterstein-Theater Annaberg und der Erzgebirgischen Philharmonie Aue, das Leipziger Symphonieorchester, die Deutsche Bläserakademie, die Elbphilharmonie, das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau mit der Neuen Lausitzer Philharmonie sowie die Städtischen Theater Chemnitz gGmbH mit der Robert-SchumannPhilharmonie.

Lassen Sie mich abschließend noch einmal unterstreichen: Der Freistaat Sachsen hat im Vergleich der Bundesländer eines der wichtigsten Kulturangebote, und das ist in unserem Sinne. Daran halten die Staatsregierung und wir mit dem Kulturpakt fest.

Danke schön.