Meine Damen und Herren, gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Frau Firmenich, bitte.
Entschuldigung, Frau Firmenich, einen kleinen Moment, bitte. Frau Kersten, Sie wollen eine Kurzintervention vornehmen? – Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Friedel, Sie hatten meine Interpretation der Zahlen kritisiert. Wir wissen, dass jeder Zahlen anders interpretieren kann; das ist klar. Das ist auch nichts Neues.
Aber wenn ich eine Spanne von 1 bis 4 habe und es dort eine Veränderung von über 0,5 gibt, dann kann man das durchaus als deutliche Absenkung begreifen oder auch definieren. Gerade mit dem Blick darauf, dass die sächsischen Ganztagsangebote ja immer sehr gern als überaus erfolgreiches Modell dargestellt werden, kann man auch von einer Dramatik sprechen.
Sie möchten erwidern? – Das ist nicht der Fall. Dann geht es mit der Aussprache weiter; Frau Abg. Firmenich, bitte sehr.
Danke, Herr Präsident! Frau Kersten, ich weiß auch nicht, wie man es richtig machen soll. Wenn man es positiv darstellt, sagt der eine: Das ist Schönreden. Spricht man die kritischen Punkte an, sagt der andere: Das war damals aber viel positiver als heute. Es ist schwierig, denn man kann es manchem sowieso nie recht machen. Wir sollten uns daran orientieren, dass wir die Realitäten zur Kenntnis nehmen, und schauen, dass es Schritt für Schritt noch ein wenig besser wird, als es schon ist.
Frau Falken, Sie haben gesagt, GTA solle sich zur Ganztagsschule weiterentwickeln. Das wäre Ihr Anspruch. Dem muss ich widersprechen, denn diesbezüglich sind wir in unseren Auffassungen grundlegend anders aufgestellt. Ich sage Ihnen auch, warum. Das offene Ganztagsangebot beißt sich hier; das hatte ich vorhin dargestellt. Aber das Gestalten hin zu einer verbindlichen Ganztagsschule hat Auswirkungen, die wir nicht aus dem Blick verlieren dürfen.
Viele Kinder haben nachmittags Instrumentalunterricht. Sie sind im Orchester, im Sportverein, in der Jungen Gemeinde usw. integriert. Sie sind gesellschaftlich eingebunden und engagiert. Viele Eltern aus Bundesländern, in denen es Ganztagsschulen gibt, sagen mir: Das alles machen wir kaputt, wenn wir die Kinder bis 16 Uhr in der Schule festhalten.
Deshalb brauchen wir eine Regelung, die das eine nicht ausschließt und das andere ermöglicht. Mit der teilgebundenen Variante wären wir besser beraten, als wenn wir sagen: Die Ganztagsschule bis 16 Uhr ist das Modell.
Bessere Rhythmisierung ist richtig, aber unser Schulgesetz hat ein Novum; denn es wurde den Schulleitern in einer großen Breite sehr viel Eigenverantwortung übertragen. Gerade bei Ganztagsangeboten ist Eigenverantwortung das Wichtigste. Die Ganztagskonzeption muss zur Schule und zum Kollegium passen. Deshalb sind wir darauf bedacht, unsere Vorstellungen und Ansprüche den Schulen zu kommunizieren, aber nicht aufzuoktroyieren. Wir sollten versuchen, die Schulen auf dem Weg zur Verbesserung der Qualität über Beratung und Fortbildung zu begleiten. Denn jede Schule hat andere Bedingungen und muss dies für sich selbst individuell tun. Das trifft auch darauf zu, dass man nicht überall, an jedem Ort, Externe für jedes Angebot findet. Das ist überall anders.
Ich habe mit ehemaligen Berufsausbildern im Handwerksbetrieb gesprochen – Frau Friedel, Sie haben es mir eigentlich vorweggenommen –, die sich im Ruhestand befinden und von sich aus auf die Schule zugegangen sind und gesagt haben: Ich würde gern bei euch etwas machen, ich würde gern mit den Kindern nachmittags handwerkeln. Das ist große Klasse, aber man muss es kommunizieren, dass man solche Leute sucht. Ich bin überzeugt, dass sie sich finden.
Berufs- und Studienorientierung meint eigentlich dasselbe. Wir müssen den Praxisbezug, eine Verbindung in die Wirtschaft, schaffen. Aber ich bin gegen einen Tag in der Produktion, wie er zu DDR-Zeiten üblich war. Ich kann mich erinnern: Einmal in der Woche in die Weberei gehen zu müssen war für mich eine Katastrophe. Denn ich bin ein Naturmensch und wollte lieber in die Landwirtschaft und nicht in einen Spinnereibetrieb.
Insofern ist es wichtig, dass wir hier ein Stück weit die Wahlfreiheit erhalten. Ermöglichen und nicht aufzwingen – das ist der Grundsatz. Wir wollen auch keine Lehrpläne in GTA verschieben, um dem vorzubeugen. Darin sind wir uns einig – Frau Friedel hat es vorhin gesagt –: Wir wollen mit GTA Lehrpläne ergänzen, und zwar auf eine Art und Weise, dass man Dinge sehr viel komplexer und mit Praxisbezug darstellen kann, weil das von den Kindern nachhaltiger erlebt wird.
Zu Herrn Weigand von der AfD sei gesagt: Förderzeiträume, Kontinuität, Entbürokratisierung – ich weiß nicht, ob Sie die Förderrichtlinie GTA kennen. Mehr an Entbürokratisierung gibt es eigentlich gar nicht. Ich wäre glücklich und dankbar, wenn andere Förderrichtlinien sich ein wenig daran orientieren würden. Der Antrag auf GTAFörderung umfasst eine Seite und der Verwendungsnachweis zwei Seiten. Daran hängt man einen Sachkontenauszug. Das ist alles, was man bei der SAB abgeben muss. Ich muss ehrlich sagen, dass das Eigenverantwortung und Entbürokratisierung in einer Hand sind. Das kann man nicht noch weiter vereinfachen.
Die Zusammenarbeit von Hort und Schule ist ein Problem, weil es zwei Systeme sind. Der Hort gehört zum System Kita. Früher war er im Bereich des Sozialministeriums und jetzt ist er im Kita-Referat anhängig. Für ihn gilt aber eine ganz andere Rechtsvorschrift als für den Bereich Schule. Wir müssen uns noch einmal zusammensetzen und genau schauen, wie man es passfähiger machen kann. Unser Hort hat einen eigenen Bildungsauftrag, der aus dem Bildungsplan resultiert.
Natürlich wollen sie das. Sie wollen nachmittags mit den Kindern etwas machen, und sie haben ein Problem, wenn die Kinder nachmittags weg sind, weil sie an den GTA teilnehmen.
Ich habe jetzt keine Lösung parat, wie es gehen könnte. An dieser Lösung müssen wir arbeiten, damit es harmoniert. In der neuen Förderrichtlinie gibt es schon eine Regel, die besagt: Freizeitangebote in der Grundschule nicht mehr über GTA, sondern das ist Aufgabe des Hortes. Dort soll sich GTA auf das Thema leistungsdifferenzierte, individuelle Förderung konzentrieren. Ich denke, das geht schon ein Stück in diese Richtung.
An der Evaluation muss man dranbleiben. Zur Unterstützung gibt es seit vergangenem Jahr den Qualitätsrahmen für GTA. Diesen haben die Schulen zur Verfügung, um ihre GTA anhand dessen zu spiegeln und ihre Qualität danach zu evaluieren. Die Servicestelle GTA gibt es nach wie vor. Schauen Sie im Internet auf die Seite „Ganztägig lernen“.
– Abgespeckt, das ist richtig. Aber wir haben es doch aufgebaut. Die Schulen sind doch Profis bei GTA. Deshalb denke ich, dass das, was dort angeboten wird, ausreichend ist. Für die Schulen ist eine Plattform vorhanden, und dort haben sich alle Bundesländer vernetzt. Das finde ich große Klasse.
Ich bin dankbar, dass wir diese Diskussion heute hier geführt haben. An dieser Stelle möchte ich allen, die sich für Ganztagsangebote in den Schulen engagieren – seien es Pädagogen oder Externe – ausdrücklich Danke sagen. Das haben sie sich verdient.
Meine Damen und Herren! Das war Frau Abg. Firmenich für die CDUFraktion. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Herr Staatsminister, Sie haben nun das Wort. Herr Staatsminister Piwarz, bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen zwei Zahlen sprechen lassen: Im Jahr 2005 wurden für gerade einmal 172 Schulen Fördermittel beantragt, um die Honorar- und Sachkosten für die Durchführung von Ganztagsangeboten zu finanzieren. Für das kommende Schuljahr 2018/2019 liegen für insgesamt 1 300 Schulen Förderanträge vor. Damit werden etwa 75 % der Schüler
Diese Zahlen, meine Damen und Herren, belegen ganz klar: An Sachsens allgemeinbildenden Schulen ist ein positives Grundverständnis zu ganztägiger Bildung entstanden. Ganztagsangebote sind zu einem Merkmal von Schulqualität geworden und werden als unverzichtbarer Bestandteil der Schulkultur betrachtet. Sie ermöglichen den Schulen, ein eigenes Profil herauszubilden, sich weiterzuentwickeln und damit die Attraktivität zu erhöhen.
Ganztagsangebote gehören inzwischen zum Schulalltag und werden immer weniger als etwas Zusätzliches wahrgenommen. Dies ist vor allem – darauf hat Frau Kollegin Firmenich hingewiesen – dem großen Engagement der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Kooperationspartner zu verdanken.
Ganztagsangebote werden als Bereicherung empfunden, denn sie ermöglichen zusätzliche Förder- und Begleitmaßnahmen, die ansonsten nur sehr eingeschränkt zu realisieren wären. Freizeitangebote werten den Schulalltag und das Schulklima auf und unterstützen so das soziale Lernen und die soziale Einbindung.
Ganztagsangebote erweitern das Spektrum an Möglichkeiten, den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule ganzheitlich umzusetzen. Sie tragen zu mehr Chancengerechtigkeit und Leistungsorientierung sowie zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei.
Sachsen, meine Damen und Herren, belegt bundesweit beim quantitativen Ausbau von Schulen mit Ganztagsangeboten einen der vorderen Plätze. Die Berichte der wissenschaftlichen Begleitung durch die TU Dresden belegen, dass sich in Sachsen schwerpunktmäßig die offene Form als Organisationsform etabliert hat. Fast 50 % und damit die größte Gruppe der Schulen bevorzugt die offene GTA-Organisationsform. Ein reichliches Drittel der Schulen besitzt ein teilweise gebundenes Modell und weitere 8 % organisieren ihren Ganztag in der voll gebundenen Form.
Bei einer Umfrage der TU Dresden zeigten sich 90 % der Eltern mit Quantität und Qualität der Ganztagsangebote an ihrer Schule zufrieden und befürworten das überwiegend freiwillige Angebot. Damit ziehen sie mit den Lehrern an einem Strang. Zugleich wünschen sie sich, dass Ganztagsangebote dauerhaft an den Schulen eingerichtet werden, da sie zu höherer Schulfreude beitragen, die Schule attraktiver machen und eine verlässliche Nachmittagsbetreuung gewährleisten.
Eine ganztägige individuelle Förderung leistet einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung der Schüler. Sie unterstützt den Ausbau von Stärken und hilft Defizite abzubauen. Sie trägt dazu bei, Beeinträchtigungen und Benachteiligungen auszugleichen sowie Übergänge zu weiterführenden Schularten zu gestalten. Schüler erhalten Gelegenheit, Interessen, Talente und Neigungen zu entdecken bzw. zu entwickeln und ihre Freizeit
sinnvoll zu gestalten. Um diesem Anliegen von ganztägigem Lernen gerecht werden zu können, sollen sich Schulen öffnen und mit außerschulischen Partnern zusammenarbeiten.
Ganztagsangebote sind ohne Zweifel ein wichtiger Baustein zum Bildungserfolg. Für sie Geld zu investieren lohnt sich, und das tut der Gesetzgeber. Aktuell stellen wir 25 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, um die Ganztagsangebote zu fördern. Das ist viel Geld, doch wir wollen den Ausbau sowohl quantitativ als auch qualitativ weiter vorantreiben.
Mit der hier im Hohen Haus beschlossenen Schulgesetznovelle gilt ab kommendem Schuljahr 2018/2019, dass grundsätzlich alle allgemeinbildenden Schulen Ganztagsangebote einrichten sollen. Damit hat sich der Gesetzgeber klar dazu bekannt, wie wichtig und elementar ihm dieses Thema im Bereich der allgemeinen Schulbildung ist. Wir werden also künftig noch mehr oder – anders und vor allen Dingen besser gesagt – hoffentlich bald alle Schulen und damit noch mehr Schülerinnen und Schüler und vielleicht auch alle Schülerinnen und Schüler erreichen können.
Sie müssen warten, bis ich zu Ende bin, Frau Kollegin Falken. – Im kürzlich verabschiedeten Handlungsprogramm „Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität in Sachsen“ hat die Staatsregierung auch deshalb beschlossen, dass ab dem Jahr 2019 jährlich 13,5 Millionen Euro mehr für Ganztagsangebote zur Verfügung stehen, um zusätzliche Angebote zu ermöglichen. Das ist ein gutes und wichtiges Signal.
Damit Ganztagsangebote erfolgreich sind, müssen auch inhaltliche und qualitative Aspekte stimmen. Die Vergleichbarkeit der Angebote und die Chancengerechtigkeit für die Schüler lassen sich mit gemeinsamen Bezugsgrößen und einem kommunizierten Qualitätsverständnis sichern.
Im Jahr 2017 hat das Kultusministerium deshalb den „Qualitätsrahmen Ganztagsangebote“ erarbeitet. Er baut auf den langjährigen Erfahrungen sächsischer Schulen, den Erkenntnissen aus der wissenschaftlichen Begleitung des Förderprogramms durch die TU Dresden sowie den Beratungs- und Unterstützungserfahrungen des Kultusministeriums und des Landesamtes für Schule und Bildung auf.
Der Qualitätsrahmen soll Ausgangspunkt und Referenzmaßstab für die Einschätzung der Entwicklung an der Schule sein. Er kann als Instrument verwendet werden,