Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn mit den GTA alles in Butter wäre, dann bräuchten wir den Antrag nicht. Insofern herzlichen Dank für diesen Antrag, der nach unserer Auffassung viele gute Gedanken und Anregungen enthält.
Um es vorweg zu sagen: Wir GRÜNE stimmen dem Antrag zu, allerdings verbunden – das muss ich hier wirklich so sagen – mit dem dringenden Hinweis, dass sich diese schöne Prosa – so würde ich es einmal freundlich umschreiben – auch in den entsprechenden Haushaltsbudgets zur Finanzierung niederschlagen muss. Denn ansonsten wird dieser Antrag keines der Probleme, mit denen sich alle GTA-anbietenden Schulen konfrontiert
sehen – Frau Friedel hat die Zahlen genannt, das sind fast alle, wenn man die Zahlen im Grund- und Förderschulbereich einmal außen vor lässt –, lösen.
Die Stellungnahme der Staatsregierung wurde sehr gelobt. Es wurde aber bisher noch nicht gesagt, dass es eine bemerkenswert kritische Stellungnahme der Staatsregierung ist. Es ist nicht nur die Quantität mit den vielen Seiten, sondern es ist eine bemerkenswert kritische Stellungnahme. Insofern finde ich es gut, dass sich die einreichenden Fraktionen trotzdem dazu durchgerungen haben, diesen Antrag zu stellen. Es hat schon ein gewisses demokratisches Element in diesem Hohen Haus.
Was sind die aus meiner Perspektive wichtigsten drei Dinge, die wir angehen müssen, wenn wir Qualität verbessern wollen? Die grundsätzliche Frage ist doch: Woran liegt es denn, dass wir Qualitätsprobleme bei den GTA haben? Dazu muss man auch in die Vergangenheit blicken und sagen: Gibt es vielleicht Entscheidungen, die aufseiten der Staatsregierung getroffen wurden und dazu geführt haben, dass es zu Fehlentwicklungen bei der Qualität gekommen ist? Dazu sage ich ganz klar: Ja. Da haben wir zum einen, dass zum Schuljahr 2013/2014 das Förderverfahren für GTA auf eine pauschalisierte Förderung umgestellt wurde. Wir haben das Problem, dass im Februar 2015 die Servicestelle Ganztagsangebote, von der hier so lobend gesprochen wurde, heruntergefahren wurde und heute nur noch in rudimentärer Form vorhanden ist. Wir haben ferner das Problem, dass im September 2015 – damals noch von Frau Kurth – das Ende der externen Evaluierung von Schule eingeläutet wurde. Das Ergebnis dieser Entscheidung – das ist meine feste Überzeugung – zeigt sich darin, dass Schulen heute gezwungen sind, ihre GTA selbst zu entwickeln, selbst geeignetes Personal zu finden, um die Qualität der Angebote eigenständig zu sichern.
Die viel zitierten Beratungs- und Unterstützungsleistungen reichen bei Weitem nicht aus – Frau Friedel hat darauf hingewiesen –, um den Bedarf zu decken. Wer, fragen wir, soll die Unterstützung leisten, wenn es – ausweislich der Stellungnahme der Staatsregierung – die Schulaufsicht nicht leisten kann?
Damit bin ich bei einem zweiten Punkt. Der Personalmangel bei den GTA wurde schon angesprochen. Wir haben seit Jahren mit einer sinkenden Anzahl von Lehrkräften zu tun, die sich im Rahmen von GTA-Angeboten engagieren. 12 bis 15 Euro sind kein Anreiz. Es gibt Bundesländer, in denen den Lehrern zum Beispiel für den GTA-Bereich zusätzliche Lehrerwochenstunden zugewiesen werden oder sie so vergütet werden, wie es einem Einsatz als Lehrer entspricht. Leider ist das in Sachsen nicht so. Wir hoffen, dass ein Teil der zusätzlichen Mittel aufgewandt wird, um diese Spanne zu überwinden.
Der dritte Punkt – habe ich auch bei der Aktuellen Debatte gesagt – betrifft die Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Hort. In einer Online-Befragung aus dem Jahre 2014 im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der GTA fühlte sich fast die Hälfte der befragten Horte
durch die GTA-Förderung und den Ausbau der Ganztagsangebote in den Grundschulen in ihrer Arbeit – ich zitiere – „an den Rand gedrängt“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kritisierten das asymmetrische Kräfteverhältnis, denn gleichberechtigte Einflüsse auf die konzeptionelle Planung und Organisation der GTA sind eher selten. Das Fazit ist – das hat Frau Falken beschrieben –, dass es oft ein Anhängsel des Schulalltags und nicht integriert ist.
Wir unterstützen den Antrag und haben die Hoffnung, dass er Verbesserungen bringt, denn quantitativ haben wir keine Luft nach oben. Die Frage der Weiterentwicklung liegt auf der qualitativen Seite. Wir hoffen, dass wir das abgegebene Statement, dass nicht überall GTA drin ist, wo GTA draufsteht, in den Folgejahren in Sachsen nicht wiederholen müssen, sondern für erledigt erklären können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag – Frau Firmenich hatte es bereits angesprochen – ist als Fortsetzung der von CDU und SPD im November 2017 angestoßenen Debatte zum Erfolgsmodell der sächsischen Ganztagsangebote zu verstehen – wenngleich die damalige Debatte ein deutlich positiveres Bild auf die sächsischen GTA gezeichnet hat als das, welches sich aus der Stellungnahme der Staatsregierung ableiten lässt.
Wenn die Regierungsfraktionen vom Erfolgsmodell der sächsischen Ganztagsangebote sprechen, dann haben sie immer den Anteil der sächsischen Schulen, die Ganztagsangebote durchführen, im Blick. Im Vergleich zu anderen Bundesländern hinsichtlich dieses Kriteriums mag der in der Debatte damals im Herbst verwendete Begriff des Klassenbesten auch zutreffend sein. Dennoch lohnt ein differenzierterer Blick auf die GTA.
Der Stellungnahme der Staatsregierung ist, wie eben erwähnt, zu entnehmen, dass sich einerseits die Anzahl der geförderten Schulen mit Ganztagsangeboten in den letzten zehn Jahren sukzessive nach oben entwickelt hat. Andererseits haben sich aber fast alle prozentualen Anteilsaspekte, die darüber hinaus erhoben wurden, über die Jahre verringert. So hat sich zum Beispiel der prozentuale Anteil der Ganztagsangebote seit 2007/2008 an allen Schularten zum Teil dramatisch verringert. Die Vernetzung von Bildungsakteuren auf kommunaler Ebene wird von Schulleitern im Jahr 2014 im Vergleich zu 2013 als deutlich geringer eingeschätzt. Ebenso ist die prozentuale Beteiligung der Lehrer an den Ganztagsangeboten im Vergleich zu 2010 deutlich gesunken; und nicht zuletzt hat der Zustimmungsgrad zur Zusammenarbeit der Lehrkräfte und Mitarbeiter der Horte aus der Sicht der Grundschulen nachgelassen.
Dies alles sind eigentlich keine Indizien oder Belege für ein Erfolgsmodell. Demzufolge reicht es eben nicht, den Erfolg von Ganztagsangeboten daran zu messen, wie viele Schulen solche Angebote vorhalten.
Aber warum haben sich denn so viele Werte in Bezug auf die Zielsetzungen von Ganztagsangeboten verschlechtert? Offensichtlich gibt es enorme Schwachstellen. Eine davon ist mit Sicherheit das fehlende Personal. Da Lehrer und Erzieher – auch mit Blick auf das nach der laufenden Kita-Umfrage zu erwartende Ergebnis – auch künftig Mangelware sein werden, wird diese Schwachstelle wenig Verbesserung erfahren.
Welche Schwachstellen es darüber hinaus gibt, sollte daher – neben dem Qualitätsaspekt – als prioritär betrachtet werden. Es scheint, als ob momentan eine Weiterentwicklung – also auch eine qualitative – von Ganztagsangeboten eher schwierig werden dürfte; denn auch eine Qualitätsentwicklung setzt personelle Ressourcen voraus.
Realistischer wird es daher sein, den Status quo zu erhalten. Die Qualitätsentwicklung deshalb aber aus dem Blick zu nehmen wäre dennoch der falsche Weg. Die im Antrag aufgemachten Forderungen sind daher nicht falsch, wenngleich sie als hehre Ziele zu definieren sind. Allein mit dem Blick auf den zeitlichen Horizont zur Umsetzung der Forderungen dürfte klar werden, dass dieser Qualitätsprozess nur angeschoben werden kann.
Das nächste Schuljahr beginnt in drei Monaten, und Ganztagsangebote sind nun einmal zu Beginn eines Schuljahres zu planen, zu strukturieren und in den Schulalltag einzubinden. Im kommenden Schuljahr wird es somit durch den vorliegenden Antrag keine Auswirkungen auf die Qualität der Ganztagsangebote geben. Zu Beginn des darauffolgenden Schuljahres ist aber diese Legislaturperiode zu Ende – und der vorliegende Antrag obsolet.
Ich hoffe, dass ich mit meiner zeitlichen Einschätzung richtig liege; denn eine andere Frist zur Umsetzung der im Antrag aufgemachten Forderungen ist nicht genannt. Weil aber klar ist, dass die formulierten Forderungen nicht mit einem Fingerschnipsen umzusetzen, sondern mittel- und langfristiger Natur sind, bleibt die Hoffnung, dass es der Staatsregierung in anderthalb Jahren gelingt, einzelne Punkte umzusetzen bzw. so voranzutreiben, dass die Beteiligten diese in eigener Verantwortung fortführen können. Ich freue mich, wenn die Regierungsfraktionen darüber am Ende der Legislaturperiode in dieser Runde berichten werden.
Zuletzt möchte ich noch ergänzen, dass ich sehr froh bin, dass sich im Antrag keine Forderungen nach gebundenen Ganztagsangeboten und, darauf aufbauend, nach Ganztagsschulen wiederfinden. Für die Abgeordneten, für die ich hier spreche, ist dieser Punkt sehr wichtig. Wir unterstützen das Ziel einer hohen Qualität der Ganztagsangebote, wollen aber, dass diese Angebote auch Angebote bleiben – und das nicht nur deshalb, weil freiwillig genutzte Angebote eine viel intensivere Nachhaltigkeit bei den Schülern bewirken als Pflichtveranstaltungen –
– letzter Satz –, sondern auch, weil wir unter Vereinbarkeit von Familie und Beruf eben nicht verstehen, dass Eltern und Kinder möglichst wenig Zeit miteinander verbringen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich will nochmals kurz auf ein, zwei Punkte aus der Debatte eingehen. Zuerst zu Frau Kersten: Ich finde es spannend, welche absoluten Aussagen Sie aus den Zahlen der Stellungnahme ableiten. Sie sagten, dass sich von 2013 zu 2014 gezeigt habe, dass die Vernetzung aller Partner in den kommunalen Bildungslandschaften deutlich geringer sei, also innerhalb eines Jahres deutlich zurückgegangen sei.
Was finden wir in der Stellungnahme? Wir finden darin eine Schulleiterbefragung, in der die Schulleiter befragt werden: Wie gut sind in unserer Kommune die verschiedenen Bildungsakteure und Institutionen vernetzt? Sie können antworten auf einer Skala von 1 – nicht gut vernetzt – bis 4 – gut vernetzt. Der Antwortwert in der Mitte ist von 2,4 im Jahr 2013 – also: die Vernetzung ist ein wenig besser als die Hälfte – auf 1,9 gesunken: Die Vernetzung ist ein bisschen unter die Hälfte gerutscht. Aber aus diesem 0,5-Schritt eine deutliche Verringerung der Vernetzung und damit einen Qualitätsabfall zu konstruieren, finde ich in der Tat etwas abenteuerlich, zumal man ja überhaupt nicht genau weiß: Kann nicht ein Teil der Einschätzung auch darauf beruhen, dass bei manchen Schulleitern das Verständnis und die Sensibilität zur Vernetzung größer geworden ist, dass man also von 2013 auf 2014 entdeckt hat: Mensch, wir haben bei uns in der Kommune noch X, Y und Z, mit denen wir noch gar nicht zusammengearbeitet haben? Hier haben wir Nachholbedarf, den wir 2013 noch nicht gesehen haben.
Drei andere Stichpunkte von Frau Kollegin Falken: Rhythmisierung funktioniere nur mit pädagogisch ausgebildeten Lehrkräften und nicht mit externen Ganztagsangebotsbetreibern. Das ist ein Argument, das ich nicht verstehe; denn Rhythmisierung heißt doch nicht, das Ganztagsangebot zum Unterricht zu machen und es als zusätzlichen Unterrichtsbestandteil zu integrieren.
Rhythmisierung heißt doch, einen Wechsel zwischen Unterricht und Ganztagsangebot hinzubekommen und die GTA nicht immer nur auf den Nachmittag zu schieben, sondern einige davon auch vormittags einzuordnen: eine bewegte Mittagspause durchzuführen oder was auch immer. Das können unsere Schulen. Sie können auch beispielsweise erst um 9 Uhr mit dem Unterricht anfangen, weil das für den Biorhythmus der Kinder besser ist.
Das können unsere Schulen, und sie können es auch mit externen Anbietern. Die Idee von Ganztagsangeboten ist doch gerade nicht, nochmals eine Lehrkraft mit noch einer unterrichtsartigen Form in den Schulalltag zu bringen, sondern Externe zu holen. Es liegt jetzt schon ein großes Augenmerk darauf, dass auch die Externen eine Befähigung zum Umgang mit Kindern haben. Beispiel: Bei Sportangeboten braucht es eine Trainerlizenz, obwohl es auch viele Leute gibt, die das ohne Trainerlizenz gut schaffen würden. Es braucht beispielsweise einen AEVOSchein, wenn der Handwerksmeister kommt, und Ähnliches. Ich warne davor, die Anforderungen noch mehr zu erhöhen, weil damit die Grundidee von Ganztagsangeboten, die Vernetzung der Schule in die Gesellschaft, verloren geht.
Frau Friedel, wissen Sie, dass an den sächsischen Schulen Ganztagsangebote zu mindestens 80 % von Pädagoginnen und Pädagogen durchgeführt wurden und bereits zu diesem Zeitpunkt sicher eine sinnvolle Rhythmisierung durchgeführt worden ist?
Ich weiß, dass die Ganztagsangebote früher vor allem von Pädagogen durchgeführt worden sind. Ich habe auch nicht gesagt, dass ich das nicht weiß, sondern dass ich das nicht gut finde, da es der Idee von Ganztagsangeboten nicht gerecht wird.
Es gibt Ganztagsangebote. Es gibt einige Kurse der individuellen Förderung, bei denen es absolut Sinn ergibt, dass Pädagogen sie anbieten; und dies tun sie ja auch. Die Grundidee von Ganztag ist doch aber auch noch eine andere: die Schule in die Gesellschaft hinein zu öffnen. So zu tun, als ob Kinder nur von jemandem etwas lernen könnten, der eine pädagogische Ausbildung hat, das ist doch ein wenig kurz gesprungen. Dann würden hier in Sachsen alle Eltern nicht dazu befähigt sein, ihren Kindern etwas beizubringen.
(Beifall bei der SPD – Cornelia Falken, DIE LINKE: Das ist aber nicht nur bei den sächsischen Familien!)
Nein. – Punkt 2: Berufsorientierung. Es geht uns nicht darum, mit GTA Unterricht zu ersetzen. Es geht darum, GTA zu nutzen, um die Schule zu ergänzen; und ich denke, dass ein Elektronik/Basteln-Kurs für ein halbes Jahr einen mindestens ebenso großen Wert für die Berufsorientierung haben kann wie der Besuch einer Jobmesse oder ein zweiwöchiges Praktikum. Was spricht dagegen,
das zu tun, und warum muss es ein ausgebildeter Elektroniklehrer sein, ein Polytechniker oder was auch immer? Warum kann es nicht einfach der Handwerksmeister sein, der sich vor zwei Jahren zur Ruhe gesetzt hat, aber noch Lust hat, in seinem Ort etwas beizutragen, etwas tun zu können?
Dritter Punkt: Horte in die Trägerschaft des Landes holen. Bei diesem Punkt bin ich selbst immer ein bisschen hin- und hergerissen. Selbstverständlich würde es auf der einen Seite die Kooperation in dem Sinne erleichtern, dass man sagt: Es sind alle unter einer Leitung und es gibt keine unterschiedlichen Einsatzpläne, -zeiten oder Sonstiges mehr.
Auf der anderen Seite erleben wir an vielen Stellen, dass die Kooperation zwischen Schule und Hort auch so gut funktioniert und dass aufseiten des Hortes – ich finde, auch zu Recht – Vorbehalte bestehen, Bestandteil des Systems Schule zu werden. Dieselbe Debatte haben wir ja beim Thema Schulsozialarbeit. Wenn man darüber spricht, alles in eine Hand zu nehmen, ist es dann wirklich die vernünftigste Überlegung, diese Bereiche auf Landesebene zu zentralisieren?
Auch DIE LINKE hatte einmal die Vorstellung der kommunalen Schule. Wie passt das zusammen? Ich denke, wir sind gut beraten, diese Trägerschaftsdebatte gar nicht so formalistisch zu führen, sondern zu schauen, an welchen Stellen Hürden bestehen und wie man diese überwinden kann, zum Beispiel durch gemeinsame Kooperationszeit oder Ähnliches. Es gibt genug zu tun, ohne dass man die große Trägerschaftsfrage anfassen muss.
Wir haben Beispiele aus anderen Bundesländern, in denen die Trägerschaft gewechselt und zwei Jahre später wieder zurückgewechselt wurde. Welchen Sinn machen diese Strukturdebatten in einem System, in dem es eigentlich darum geht, Menschen die Zeit zu geben, dass sie das, was sie machen wollen, vernünftig tun können? Insofern wäre mein Plädoyer, von diesem Thema zumindest formal die Hand zu lassen und stattdessen zu schauen, wie man sinnvolle Kooperationsbedingungen schaffen kann.