Protocol of the Session on January 29, 2015

Wenn Bedienstete auf der Grundlage unserer Gesetze für deren Durchsetzung beauftragt sind, so ist es auch Aufgabe und Pflicht des Gesetzgebers, für die Sicherheit der Bediensteten zu sorgen.

(Beifall bei der AfD)

Wann immer in Sachsen ein Mensch in Not gerät, kann und muss er sich auf die Polizei verlassen können.

Was aber passiert, wenn die Beamten selbst in Not geraten? Die Anzahl der Straftaten gegen Polizisten ist in den letzten zehn Jahren um circa 30 % angestiegen. Im Jahr 2013 wurden circa 1 000 Angriffe – mit verschiedensten Motiven – auf Polizisten gezählt. Die brutalen Angriffe in den letzten Wochen bzw. Tagen auf diverse Polizeistationen – nicht nur in Leipzig – unterstreichen, dass es unabdingbar ist, unseren sächsischen Polizistinnen und Polizisten alle nur denkbare Unterstützung zukommen zu lassen.

(Beifall bei der AfD)

Ich möchte auf das eingehen, was Kollege Hartmann gesagt hat: Ja, am heutigen Tag um Punkt 02:38 Uhr wurde nochmals ein Anschlag auf eine Polizeistation in Leipzig verübt, und zwar in Leipzig-Plagwitz.

Verbindend damit fordere ich auch hier anwesende Abgeordnete auf, die beispielsweise in der Silvesternacht in Leipzig mit vermummten linksradikalen Gewalttätern den Schulterschluss suchten: Davon sollten sich diese Personen in meinen Augen ganz klar distanzieren.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Volker Tiefensee, CDU)

Gewalt – da spielt es keine Rolle, wo diese zu verorten ist – muss von allen demokratischen Kräften vehement abgelehnt werden.

(Beifall bei der AfD)

Nur wenn wir unseren Beamten den Rücken stärken und respektvoll mit ihnen umgehen, wird ihnen auch von den gewaltbereiten Bevölkerungsanteilen der nötige Respekt entgegengebracht. Gerade in der heutigen Zeit, in der Polizisten schon zum Ziel von Angriffen geworden sind, ist es unsere Aufgabe, nicht nur die Polizisten, sondern auch deren Familien zu schützen.

(Beifall bei der AfD)

Lassen Sie uns denen den Rücken stärken, die täglich für unsere Sicherheit sorgen! Eine gewissenhafte und erfolgreiche Dienstausübung ist nur dann möglich, wenn die Beamten keine Angst um ihre Familien haben müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beamten stammen aus der Mitte unserer Gesellschaft. Es sind Väter, Mütter, Brüder, Schwestern, Ehefrauen, Ehemänner, Töchter, Verwandte, Nachbarn. Sie verdienen unseren Rückhalt und unser Vertrauen, da sie es doch sind, auf deren Schultern auch so manche politische Fehlentwicklung ausgetragen wird.

So ist beispielsweise in einem Bekennerschreiben auf der linksradikalen Internetplattform „linksunten.indymedia“ zu lesen – ich zitiere –: „Auch wenn du deine Uniform ablegst, so bleibst du immer noch das gleiche Schwein von Mensch und wirst weiterhin Ziel unserer Interventionen sein, wann immer wir es wollen.“

Bekennerschreiben dieser Art gibt es mittlerweile einige. Für uns stellt dieses Schreiben eine ganz klare Gewaltandrohung dar. Hier muss umfassend und schnell gehandelt werden.

(Beifall bei der AfD)

So fordert beispielsweise die Deutsche Polizeigewerkschaft Sachsen in einem offenen Brief – ich zitiere –: „Wir fordern für alle Polizeibeamten, die aufgrund ihrer Tätigkeit zu Angriffszielen werden können, eine Auskunftssperre bei den Meldebehörden.“

Wenn Polizisten in Sachsen Angst haben – Angst um ihre Familien, Angst vor Übergriffen –, dann macht das auch mir Angst. Was muss denn noch passieren, damit wir uns der begründeten Anliegen der Polizei endlich annehmen?

Wir, die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag, unterstützen diese Forderungen.

Bitte zum Ende kommen.

Wir fordern in Gegenwart des stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft Sachsen alle demokratischen Fraktionen auf, sich hier und heute – das geht auch an die Regierungskoalition – für die Änderung des Sächsischen Meldegesetzes starkzumachen und damit ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen.

Die Redezeit ist zu Ende.

Ja. – Liebe CDU, wenn Sie das mit der SPD nicht schaffen – in uns finden Sie einen Partner.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Heiterkeit bei den LINKEN)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Hartmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon einiges gehört, insbesondere Versuche der Vereinnahmung durch Verwendung von Begriffen wie „die Polizei“ und „die Situation“. Ich möchte abstellen auf das, was zu Beginn von der Fraktion DIE LINKE gekommen ist. Das ist durchaus beachtenswert. Die Akzeptanz der Polizei liegt bei 84 %, die der Politik bei 23 %. Die Akzeptanz der Polizei durch die Gesellschaft ist sehr hoch.

Damit rekurriere ich auf den Themenbereich, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufgemacht hat. Herr Lippmann hat mehrfach betont, wir müssten das Vertrauen der Polizei in die Bevölkerung herstellen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Umgekehrt!)

Entschuldigung, Herr Lippmann: Sie sagten, wir müssten das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei herstellen.

Das ist, so glaube ich, an der Stelle nicht wirklich erforderlich. Ja, wir werden über einzelne Themen weiter diskutieren müssen, auch was die Frage der Einrichtung einer Aufklärungsstelle für polizeiliches Handeln betrifft. Diese halten wir nicht für erforderlich. Gleichwohl – dazu haben wir uns im Koalitionsvertrag verpflichtet – wird es eine entsprechende Anlaufstelle geben, wo Bürgerhinweise aufgenommen werden, wo aber auch die Möglichkeit besteht, positive Impulse zur Polizeiarbeit zu setzen. Das gehört sicherlich zur Kommunikation einer bürgerfreundlichen Polizei dazu. Aber bestimmte Positionen, die hier gerade von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN formuliert wurden, sind aus unserer Sicht zur Stärkung der Akzeptanz der Polizei in der Bevölkerung genauso wenig erforderlich wie die Diskussion um immer mehr Transparenz in der Polizei. Dort, wo Nachsteuerungsbedarf besteht, werden wir ihm nachkommen. Das betrifft auch notwendige gesetzliche Anpassungen. Darüber sind wir ständig im Dialog.

Ich sage es in aller Deutlichkeit und meine es so, wie ich es sage: Auch ich schätze die Arbeit des Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft und des Bundesverbandes, und ich schätze die Arbeit der Gewerkschaft der Polizei Sachsen. Ich glaube, da muss man auch deutliche Unterschiede machen, wenn es um verantwortungsvolle Positionen geht. Es geht nicht um Teaser oder um eine Debatte über größere Streifenwagen. Der durchschnittliche sächsische Polizeibeamte ist mit der ange

schafften Technik durchaus einsatzfähig und belastbar. Tieflasttransporter sind sicherlich nicht geeignet, um die polizeiliche Streifentätigkeit wahrzunehmen.

Insoweit, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es darum, einen verantwortungsvollen Dialog auch mit den Gewerkschaften auf der entsprechenden Ebene zu führen und berechtigte Hinweise – diese zu geben ist Ausdruck der Verantwortung einer berufsständischen Vertretung – aufzunehmen. In diesem Zusammenhang werden auch wir unserer Aufgabe gerecht.

Noch einmal: Das Anforderungsprofil und die Herausforderungen an die Polizei haben sich nicht nur in Sachsen, sondern auch deutschlandweit verändert. Es gibt Strukturen der organisierten Kriminalität, die international aufgestellt sind. Bestimmte Entwicklungsprozesse, auch die europäische Integration, die wir alle gewollt haben, sind mit neuen Herausforderungen verbunden. Es gibt am linken und am rechten Rand auch eine veränderte Aggressivität – das gehört zur Wahrheit dazu –, die die Polizei vor neue Herausforderungen stellt, das heißt, die Gefährdungs- und Bedrohungslage hat sich verändert. Zudem kommt die Polizei durch höheres Demonstrationsaufkommen in andere Belastungssituationen. Das ist kein sächsisches, sondern ein deutschlandweites Phänomen. Wir in Sachsen haben allerdings die Aufgabe, uns dieser Herausforderung bei uns zu stellen und die Frage zu beantworten, wie wir uns aufstellen wollen.

In diesem Zusammenhang führen wir mehrere Diskussionen. Ein Aspekt, der für mich sehr wichtig ist, betrifft die Diskussion über die Struktur der Polizei und über die wieder erforderliche Stärkung insbesondere der Kriminalpolizei im Freistaat Sachsen. Es war in den 1990er-Jahren gut und richtig, über die Einheitspolizei – Schutz- und Kriminalpolizei – nachzudenken. Mit Blick auf heute muss man aber feststellen, dass es die Spezialisierung in den Kriminalitätsbereichen – hier rede ich nicht nur von Internetkriminalität – erforderlich macht, die Kriminalpolizei wieder verstärkt auszubauen. Es geht auch um die Einstellung von Spezialisten. Diesem Erfordernis tragen wir mit dem Haushaltsentwurf, in dem wir die Einstellung von 100 neuen Spezialisten vorsehen, Rechnung. Ein Thema ist aber auch die Ausstattung der Kriminaltechnischen Institute und die Anschaffung der entsprechenden Technik.

Gleichwohl will ich deutlich sagen: Der Freistaat Sachsen hat in den letzten Jahren im Unterschied zu anderen Bundesländern erheblich in die Ausstattung der Polizei – nicht nur in Fahrzeuge – investiert. Deswegen ist auch der Vergleich – Herr Lippmann, ich komme da noch mal kurz in eine dritte Runde – nicht ganz zulässig, wenn Sie sagen, NRW soll uns als warnendes Beispiel dienen. NRW nimmt jetzt 200 Stellen auf, –

Bitte zum Ende kommen.

– nachdem sie jahrelang Stellenabbau betrieben haben.

Herzlichen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Linksfraktion, Herr Abg. Stange, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Pallas, ich stimme Ihnen absolut zu. Allerdings löst die Polizei die sozialen Probleme nicht – so wie es von meinen Kollegen gesagt wurde, das ist natürlich Unsinn –, sondern sie wird mit dem Ergebnis der sozialen Probleme konfrontiert. Das haben Sie alle richtig festgestellt. Sowohl bei stärkerer Aggressivität im Umfeld von Demonstrationen als auch im ganz alltäglichen Streifendienst werden die Beamtinnen und Beamten genau mit dem Ergebnis dieser sozialen Fragen konfrontiert. Sie haben das Trinkermilieu angesprochen. Es gibt andere Bereiche, wo die Motivation aus dem Feindbild Polizei gezogen wird, die wir so nicht hinnehmen können. Aber – und dabei können wir, Herr Innenminister, nahtlos an das anschließen, was Sie gestern in Ihrer Fachregierungserklärung genannt haben. Sie haben nämlich genau die sozialen Ursachen dessen, was sich derzeit auf den Straßen in Sachsen abspielt, ausgeblendet. Das funktioniert nicht! Das wird nicht noch mal, liebe CDU, weitere 25 Jahre reichen. Hier müsst Ihr euch bewegen und entwickeln, ansonsten geht das für euch schief.

(Beifall bei den LINKEN)

Ganz deutlich. Dazu zählt auch, dass im Umgang mit der Polizei, jawohl, Transparenz hergestellt wird. Deshalb wollen wir eine unabhängige Ombudsstelle, die eben nicht im Innenministerium angesiedelt ist, weil wir aus 25 Jahren CDU in Sachsen sehr wohl wissen, was man im Innenministerium unter Transparenz versteht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal zurück zu meinen anfänglichen Ausführungen. Sie nennen es ja immer „der fürsorgliche Freistaat“. Der ist eben nicht so fürsorglich. Ganz im Gegenteil: Wir haben erst kürzlich vernehmen müssen, dass Generalstaatsanwälte sich im Grunde in einer Notwehrhandlung zusammenschließen, um diesen Notstand im Bereich der Kriminalermittlung offenzulegen. In Sachsens Polizeidienststellen häufen sich 58 000 offene Vorgänge. Wie soll denn das mit Ihrem Schritttempo abgearbeitet werden? Bisher machen Sie ja Personalabbau. Das haben Sie auch noch nicht wieder zurückgenommen. Sie haben nur den zurückgenommen, den CDU und FDP beschlossen hatten, nicht den von CDU und SPD beschlossenen.

Das funktioniert nicht. Da können wir in jeden Einzelbereich der polizeilichen Arbeit hineinleuchten. Sie werden sich richtig strecken müssen, um die nötigen Antworten zu geben. Das geht bis hin zu der Frage, dass Sie bei der Besoldung wieder etwas verändern wollen, das heißt, Sie wollen das Weihnachtsgeld wieder einführen. Liebe Leute, ihr müsst endlich auch an der Eingruppierung etwas ändern. Die Kolleginnen und Kollegen werden an

Stellen eingesetzt, für die sie nicht bezahlt werden. Das spart im Haushalt Geld, ist aber gegenüber den Beamtinnen und Beamten eine unfaire Arbeitsweise.

(Beifall des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

Herr Staatsminister, hier müssen Sie nachlegen. Ganz klar. Wir werden Ihnen während der Haushaltsdebatte an vielen Stellen nachweisen, dass Ihre Herangehensweise fehlgeht. Wir sind der Auffassung, dass der Freistaat Sachsen und wir als Gesetzgeber für die Haushaltsdebatte miteinander in einen echten Dialog treten müssen und dass nicht die Haushaltsfragen, also das Sparen, im Vordergrund stehen müssen, sondern dass es auch um die Sicherheit der Beamtinnen und Beamten geht und im Umfeld der Betrachtungen genauso die Sicherheit der gesamten Gesellschaft und das Vertrauen der Gesellschaft durch entsprechende Handlungen ermöglicht werden muss. Dazu zählen keine Überwachungen, keine Kennzeichenerfassungen und Ähnliches. Auch dazu müssen wir uns als Freistaat bekennen.