Protocol of the Session on January 29, 2015

Ich fordere die Regierungskoalition auf, die im Koalitionsvertrag verankerte Unterstützung für Familien umfassend umzusetzen; denn – diesbezüglich zitiere ich gern eine Passage aus unserem Wahlprogramm: „Alle familienpolitischen Entscheidungen, seien sie positiv oder negativ, haben direkte Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben und die zukünftige Entwicklung in unserem Land.“

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abg. Zschocke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Antrag geht es um nicht um Familienbilder, Mutterbilder oder Elternbilder, die zum Teil in den Redebeiträgen durchscheinen. Es geht um Familienbildung in Sachsen und um ihre Stärkung. Wir als GRÜNE unterstützen das natürlich.

Sie haben sich für einen Berichtsantrag entschieden. Das macht insofern Sinn, als in der „Richtlinie Familienförderung“ nur Modellprojekte zur Weiterentwicklung der Familienbildung mit überregionaler Bedeutung gefördert werden und überregionale Angebote der Familienbildung vom Freistaat maximal mit 70 % anteilig mitfinanziert werden. Dabei ist es erst einmal schlüssig, sich mit einem Bericht die Entwicklung der Angebote der letzten fünf Jahren anzusehen. Besonders die Frage nach den Zielgruppen ist sehr wichtig, denn diese sind in der „Richtlinie Familienförderung“ nicht so klar benannt. Dort steht lediglich: „In besonderem Maße sind Angebote für bildungsungewohnte Eltern erwünscht.“

Um Familien besser zu erreichen, sollten Sie, Frau Klepsch, noch einmal schauen, wie gut die Familienbildung in Sachsen mit der Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung, aber auch mit der Schwangerenberatung vernetzt ist. Sie sollten nicht nur die Frage nach der Flächendeckung stellen, sondern auch nach einem einfachen und niederschwelligen Zugang zur Familienbildung für Alleinerziehende,

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Annekatrin Klepsch, DIE LINKE)

für Großeltern, für pflegende Angehörige und vor allem für Migrantinnen und Migranten.

Am einfachsten ist der Zugang im alltäglichen Umfeld von Familien, zum Beispiel in der Schule oder in den Kindertagesstätten. Wir schlagen vor, Kindertagesstätten zu Familienzentren zu entwickeln und weiterzuentwickeln, vor allem in sozialen Brennpunkten. Wir haben das in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen – Frau Klepsch hat darauf hingewiesen. Der Antrag ist damals abgelehnt worden. Vielleicht können wir in dieser Legislaturperiode noch einmal über diese Perspektive sprechen.

Wir schauen genau hin, dass Sie uns nicht nur Luftblasen verkaufen. Im Haushaltsentwurf haben Sie bereits Gelder für eine Fachdatenbank und für die Koordinierungsstelle eingestellt.

Ich muss aber deutlich sagen: Eine Luftblase ist der Punkt 2 Ihres Antrages. Sie wollen das Netz von Angeboten der Familienbildung ausbauen, aber für Maßnahmen der Familienbildung sind im aktuellen Haushaltsentwurf weniger Mittel eingestellt als im letzten Doppelhaushalt. Darüber müssen wir im Rahmen der Haushaltsverhandlungen sprechen. Heute dazu erst einmal grünes Licht von uns zu diesem Antrag. Wir werden Ihnen sehr genau auf die Finger schauen, wie Sie es dann umsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Annekatrin Klepsch, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf aus den Reihen der Fraktionen für eine zweite Runde? – Den kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Bitte, Frau Staatsministerin Klepsch, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Vielen Dank für diesen Antrag, den ich sehr gern unterstütze; denn wir alle wissen – das ist aus den Redebeiträgen deutlich hervorgegangen –: Die Familie ist der wichtigste Bezugspunkt für Kinder und ihr erster Bildungs- und Sozialisationsort.

Zugleich wissen wir, dass das Familienleben komplexer und vielfältiger geworden ist. Der Arbeitsalltag fordert von den Eltern ein sehr hohes Maß an Flexibilität, doch zugleich sollen sie Lebens-, Erziehungs- und Bildungskompetenzen vermitteln. Ja – ich glaube, darin waren sich alle Redner einig –, Familien brauchen dafür Unterstützung. Unsere Aufgabe ist es nun, verlässliche und – wie Sie zu Recht sagen – bedarfsgerechte Unterstützungsangebote zu schaffen. Der Familienbildung kommt dabei als niederschwelligem und präventiv wirkendem Angebot eine zentrale Rolle zu. In den vergangenen Jahren haben wir das Familienbildungsangebot im Freistaat Sachsen mit der Unterstützung vieler Anbieter kontinuierlich ausgebaut.

Meine Damen, meine Herren! Der Familienbildung stellen wir uns gemeinsam, das heißt, der Freistaat Sachsen, Sie als Abgeordnete und – das möchte ich ausdrücklich unterstreichen – die Kommunen. Neben den örtlichen Angeboten auf kommunaler Ebene fördert der Freistaat Sachsen auch überörtliche Leistungsanbieter in ihren Angeboten zu „Familie helfen“, „Ehe und Partnerschaft“, „Erziehung von Kindern“, „Versorgung pflegebedürftiger Familienmitglieder“ und „Haushaltsführung“.

Für diese Förderbereiche haben wir im letzten Jahr 190 000 Euro zur Verfügung gestellt. Waren es im Jahre 2009 – um zwei Zahlen zu nennen – noch 47 geförderte Maßnahmen, so waren es im Jahr 2014 schon 63 geförderte Maßnahmen. Beispielhaft – auch hierzu sind schon Projekte genannt worden – ist das Projekt „KEK – konstruktive Ehe und Kommunikation“, „Starke Eltern – starke Kinder“ oder Seminare für Eltern mit Kindern in der Pubertät.

Mein Haus entwickelt dabei die Familienbildung inhaltlich und strukturell weiter. Für Modellprojekte stehen jährlich 300 000 Euro bereit. Mit dieser Förderung haben wir vor allem im letzten Jahr Kooperationen und Vernetzungen zwischen den unterschiedlichen Akteuren der Familienbildung und Familienberatung unterstützt und ausgebaut. Außerdem konnten neue Zugangswege zu sogenannten bildungsfernen Familien erschlossen werden. Auch hierfür drei Beispiele: den „Familiengesundheitspaten – Carus Consilium Sachsen“, mit dem „Projekt zur Implementierung ehrenamtlicher Angebote der Familienbildung in Mehrgenerationshäusern“ oder mit dem „Projekt Familienbildung in Kooperation mit Kitas“. Auch dieses Projekt wurde schon genannt. Vielleicht dazu kurz ein paar Worte: Die Ergebnisse dieses Projektes – es war ein Modellprojekt – sind in einem Handbuch gemündet. Dieses Handbuch steht den Kitas zur Verfügung.

(Annekatrin Klepsch, DIE LINKE: Ich würde gern wissen, warum es nicht fortgeführt wird!)

Das steht den Kitas zur Verfügung und wird dort genutzt.

Um einen Überblick über das Gesamtangebot an regionalen und überregionalen Familienbildungsmaßnahmen zu erhalten – auch das wurde schon angesprochen –, wurde eine Studie in Auftrag gegeben, die untersuchte, welche Familienbildungsangebote im Freistaat Sachsen vorliegen. Diese Studie – ich habe sie einmal mitgebracht – ist druckfrisch und seit heute auf der Homepage des Familienportals unseres Freistaates ersichtlich.

Mit dieser Untersuchung wurde ein erweiterter Familienbildungsbegriff zugrunde gelegt, der nunmehr auch Angebote einbezieht, die außerhalb des SGB VIII liegen. Die Studie zeigt, dass sich die Familienbildungslandschaft seit der letzten Situationsbeschreibung im Jahr 2005 inhaltlich weiterentwickelt hat, den Bedarf der Familien jedoch noch nicht vollständig abdeckt; denn neben den bisherigen Ansprachen von Müttern, Vätern und anderen Erziehungsberechtigten werden wir den Bedarf verschie

dener Familienformen, zum Beispiel Alleinerziehende, den Bedarf von Familien in spezifischen Familienphasen, den Übergang der Kinder in den Beruf, und in besonderen Lebenslagen, Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen, stärker berücksichtigen.

Noch ein Ergebnis dieser Studie: Familienbildungseinrichtungen sind seltener im ländlichen Raum vorzufinden. Damit einher geht ein geringeres Angebot und eine eingeschränkte Vielfalt.

Um auch im ländlichen Raum lebenden Familien den Zugang zu Familienbildung besser zu ermöglichen, wird es darauf ankommen, die Angebote stärker zu bündeln sowie dezentrale und alltagsnahe Orte zu nutzen. Hier wird ganz besonders den Mehrgenerationenhäusern eine besondere Rolle zuteil.

Meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrten Herren, wirksam sind Familienbildungsangebote dann, wenn sie sich an den Bedürfnissen der Zielgruppen orientieren und wenn sie der Zielgruppe bekannt sind. Die Studie hat gezeigt, dass die befragten Familien zu wenig über das Angebot regionaler und überregionaler Familienbildungsmaßnahmen wussten. Wir wollen nun den Zugang zu den Familien passgenauer bringen, wir wollen den Zugang zu Angeboten der Familienbildung in der Region erleichtern, indem wir – auch das wurde schon angesprochen und im Koalitionsvertrag fest verankert – eine Datenbank entwickeln. Die Datenbank soll Informationen zu allen Angeboten der Familienbildung und Familienberatung im Freistaat Sachsen bereithalten. Daran werden wir arbeiten, und das Ergebnis werden Sie dann sehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich aber ausdrücklich noch einmal allen Danke sagen – allen, die sich vor Ort in den Kommunen für unsere Familien engagieren. Die Staatsregierung unterstützt den eingebrachten Antrag in vollem Umfang.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren, das Schlusswort haben die Fraktionen CDU und SPD. Wer möchte dies halten? – Frau Abg. Pfeil, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Staatsministerin Klepsch! Natürlich sind wir jetzt in der Situation, dass wir uns unzweifelhaft darüber freuen können, auf welche breite Unterstützung das Thema Stärken der Familienbildung hier getroffen ist und dass das SMS in dieser Frage schon so weit fortgeschritten ist. Wir freuen uns und sind sehr gespannt auf die Ergebnisse Ihrer Prüfung und freuen uns vor allem, dass auch das Thema Eltern-Kind-Zentren von allen Fraktionen so positiv aufgefasst wurde und dass wir genau an diesem Konzept weiterhin gemeinsam arbeiten können. Ich freue mich über die Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, des Abg. Dr. Stefan Dreher, AfD, sowie bei der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wer der Drucksache 6/702 seine Zustimmung geben möchte, der zeige das jetzt bitte an. – Vielen Dank.

Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Meine Damen und Herren, damit ist der Antrag einstimmig angenommen worden und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

Ermittlungs- und Strafverfolgungsnotstand in Sachsen rechtzeitig

und wirksam vorbeugen – personelle und technische Ausstattung

der Kriminalpolizei und Justiz deutlich verbessern!

Drucksache 6/717, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Aussprache wird in folgender Reihenfolge durchgeführt: Zunächst DIE LINKE als Einreicherin, danach CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Wir beginnen mit der Aussprache, meine Damen und Herren. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Bartl. Sie haben das Wort, Herr Bartl.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 5. Januar berichtete zunächst MDR-INFO exklusiv mit dem Aufmacher „Generalstaatsanwälte beklagen Überlastung, Ermittlungsnotstand durch Datenflut“, dass die Generalstaatsanwälte der Länder auf ihrem jüngsten Treffen in Görlitz Alarm geschlagen hätten. In einem dort behandelten internen Papier, über dessen Inhalt, so der MDR – Zitat – „eigentlich nichts an die Öffentlichkeit dringen sollte“, heiße es, dass viele kriminaltechnische Institute völlig überlastet seien, die polizeilichen Ermittlungsbehörden es nicht mehr schaffen, in allen Fällen Beweismaterial fristgerecht auszuwerten, und es – wörtlich weiter – im Übrigen in der Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landesbehörden zu Problemen komme.

Selbiges Dokument, das deutlich wie nie zuvor auflisten soll, wie schwierig die Zustände in der deutschen Justiz geworden seien – und zwar in allen Bundesländern; aber ganz besonders ist Sachsen, neben vier weiteren Bundesländern, ausdrücklich benannt –, liegt, so behauptet MDR-INFO, und bis heute ist es nicht dementiert und seitens der Staatsregierung ist dem auch nicht widersprochen worden, dem Sender vor. Dem MDR offensichtlich, anderen Medien vielleicht – ganz sicher aber nicht dem Landtag und seinen Abgeordneten; nach unserer Kenntnis jedenfalls bis zum heutigen Tag nicht.

Genau das ist ein Zustand, den wir nicht länger hinnehmen wollen. Genau das war der Anlass für den zur Behandlung stehenden Antrag. Über den damit angestrebten Beschluss des Landtags wollen wir auf gleiche Augenhöhe mit den wissenden Medien gelangen, wenn es uns schon die Staatsregierung bzw. die zuständigen Minister nicht von sich aus berichten – wobei ich ausdrücklich

betonen möchte, dass zum Zeitpunkt dieses Treffens der Generalstaatsanwälte Herr Staatsminister Gemkow noch nicht für das Justizressort zuständig war.

Immerhin sei im Zusammenhang mit den auf dem Treffen behandelten bzw. im Krisenpapier aufgelisteten Problemen von „Notstand in der Ermittlungsarbeit“ die Rede und in einem vertraulichen Gespräch mit dem MDRINFO, das wiedergegeben wird, soll einer der Ermittler gesagt haben, das Wasser steht nicht mehr bis zur Oberkante, sondern längst einen Meter darüber. Den Landeskriminalämtern fehle es – so der MDR unter Berufung auf das Papier der Generalstaatsanwälte – an qualifiziertem Personal sowie besserer und leistungsfähigerer Technik. Die in immer größerem Maße im Zuge von Strafverfahren anfallenden und auszuwertenden Datenmengen von Computerfestplatten, USB-Sticks, DVDs und Handys seien so immens gestiegen, dass sie mit bei den Ermittlungsbehörden verfügbaren Kapazitäten nicht mehr bewältigt werden können.

Auch DNA-Proben, die an Tatorten sichergestellt wurden, können nicht für die Verfahrensbearbeitung rechtzeitig untersucht bzw. bewertet werden. So soll es dazu in dem internen Schreiben heißen: „Ergebnisse der Komplexspuren liegen oft so spät vor, dass in Haftsachen und selbst bei Tötungsdelikten diese beim Gericht erst nach der Anklageerhebung eingereicht werden können.“ Das ist, nebenbei bemerkt, ein Fakt, den auch der Praktiker, der Strafverteidiger immer wieder vorfindet. Das ist mit Sicherheit belegbar.