Ich ging eigentlich auch davon aus, dass Sie alle wissen – gut, Herr Heidan hat bewiesen, das er es nicht weiß, Herr Wild und Herr
Wurlitzer auch –, dass bei der Erarbeitung solcher Grenzwerte, wie bei Stickoxid oder Feinstaub, die Grenzwerte am Ende immer einen Kompromiss darstellen und das Ergebnis eines Abwägungsprozesses sind:
nämlich aus der Wirtschaftlichkeit und im Zweifel auch aus dem Interesse der Industrie und des Gesundheitsschutzes heraus.
Es ist also nicht so, dass die Grenzwerte, die wir heute haben, die tatsächlichen Grenzwerte sind, die rein dem Gesundheitsschutz dienen und das widerspiegeln, was die WHO und Herr Homann vorhin gesagt haben. Das ist immer ein Kompromiss und Sie tun gerade so, als ob wir von einer grünen Lobbygestalt oder was auch immer regiert werden, die irgendetwas festlegt, und dann ist das so. Nein, das ist nicht so. Wir leben in einer Demokratie und dort haben verschiedene Interessengruppen diese Grenzwerte aus verschiedensten Grundlagen erarbeitet. Wir hatten nun wirklich lange genug Übergangszeiten in Sachsen, wo die Grenzwerte – –
wo die Grenzwerte lange Zeit und jahrelang überschritten wurden und wir keine Strafen dafür zahlen mussten. Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo es keine Ausreden mehr gibt und jetzt dringend gehandelt werden muss. Jetzt ist davon auszugehen, dass in Zukunft – das kann passieren –, die Grenzwerte auch wieder verschärft werden. Das Bundesumweltamt zum Beispiel hat vor einer paar Wochen erst veröffentlicht, dass eben nicht erst bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickoxid in der Luft Gesundheitsgefahren drohen, sondern dass bereits bei 10 Mikrogramm erhebliche Gefahren sind.
Das ist auch beim Thema Feinstaub zu beobachten. Seit Jahren messen wir auf der Grundlage bei den Grenzwerten von PM 10, der Größe 10 Mikrogramm pro Partikel Feinstaub. Viel gefährlicher allerdings sind 2,5 oder 0,1 Mikrogramm große Partikel, also die ultrafeinen Stäube, die toxisch wirken. Dazu halten wir die Grenzwerte schon lange nicht mehr ein. Auch dort gibt es die Gefahr, Herr Schmidt, dass da Grenzwerte neu eingeführt werden und dann auch Leipzig und Dresden in besonderem Maße betroffen sind.
Ich denke, wir alle kennen Menschen aus unserem Umfeld – das nehme ich einmal an –, die Krebs hatten, noch
haben oder auch daran gestorben sind. Es ist bewiesen, dass Autoabgase, wie Stickoxide und Feinstaub, mit Verursacher sind. Ich verbitte mir und würde mir wünschen, dass Sie endlich damit aufhören, dahingehend die Gesundheitsgefahren solcher Umweltgifte zu verharmlosen.
Wir müssen endlich beginnen zu handeln, die Autokonzerne in die Pflicht nehmen und den ÖPNV ausbauen.
Sehr geehrter Herr Böhme! Sie haben keine Fragen mehr zugelassen, deshalb jetzt meine Kurzintervention. Ich wollte Sie Folgendes fragen: Sie haben von einer sinnvollen Abwägung der Grenzwerte gesprochen. Wenn ich nun von dem NOx ausgehe, dann frage ich mich, wie sinnvoll die Grenzwerte sind, wenn sie im Büro 20-mal so hoch sein können wie an der Straße.
Das war die Kurzintervention und es reagiert natürlich der Kollege Böhme, der den vorherigen Redebeitrag hatte. Bitte.
Ich habe gerade gesagt, dass zum Beispiel 10 Mikrogramm Stickoxid auch sehr toxisch sind, der Grenzwert aber erst bei 40 ist. Wenn Sie jetzt zum Beispiel das Büro ansprechen, Herr Pohle, könnten Sie auch andere Beispiele ansprechen, wie den Ausstoß von Dampfern. Natürlich geht es auch darum, dass wir bei anderen Geräten und nicht nur beim Diesel einseitig darauf achten, dass die Geräte moderner werden und weniger Emissionen ausstoßen. Wir haben aber jetzt gerade die Debatte Diesel. Die hat die Koalition eingebracht.
Man könnte auch darüber reden, wie man Gesundheitsschutz im Büro, in anderen Gebäuden oder bei anderen Geräten weiter voranbringt. Am Anfang meiner Rede habe ich darauf hingewiesen, dass genau solche Umweltgesetze dafür gesorgt haben, dass Deutschland heute eine der modernsten Industrien hat, die die modernsten Geräte herstellt und am Ende auch weltweit verkaufen kann. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Gesetze dafür gemacht worden, um diese moderne Technik am Ende herstellen zu können.
Es geht weiter in dieser zweiten Rederunde. Jetzt hat die AfD das Wort und es spricht Herr Kollege Urban.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube auch, die blaue Partei ist tatsächlich die bessere Naturschutzpartei als die GRÜNEN. Darin sind wir uns einig: also kein Widerspruch.
Ich habe in der ersten Rederunde dargelegt, dass die EUGrenzwerte eben keine valide wissenschaftliche Grundlage haben. Ich habe auf Herrn Dr. Köhler verwiesen. Aber ich kann auch noch einmal Herrn Prof. Klinger ansprechen, Verkehrswissenschaftler der TU Dresden. Auch er stellt die aktuellen Grenzwerte infrage. Und ich habe dargelegt, dass in erster Linie die Altparteien SPD, FDP und CDU dafür verantwortlich sind, dass wir diese Grenzwerte überhaupt im Gesetz haben.
Ich möchte nun auch noch beleuchten, wie diese Parteien heute in Deutschland mit diesen Grenzwerten umgehen. Sie sprechen im Titel Ihres Debattenbeitrages von Verbraucherschutz. Verbraucherschutz ist für mich das Gegenteil für: „durch die Hintertür enteignen“. Das passiert gerade. Noch Mitte 2017 hieß es von der CDUBundeskanzlerin, Diesel sei gut für die Umwelt und den Diesel werde es noch viele Jahre geben.
Im August 2017 gab es den Zwischenruf von Außenminister Gabriel, Merkel wolle den Diesel ab 2030 verbieten. Jetzt gibt es ein Urteil, dass Dieselfahrverbote, wenn die Grenzwerte für Stickoxid überschritten werden, wirklich kommen können. Wie kommt es aber, dass die Daten des Bundesumweltamtes belegen, dass die Schadstoffmengen in unseren Städten kontinuierlich über die Jahre abnehmen, trotz wachsender Fahrzeugflotte und dass trotzdem an den Messstellen regelmäßig Grenzwertüberschreitungen gemessen werden.
Die EU macht sehr konkrete Vorgaben, wo Schadstoffmessungen durchgeführt werden sollen. Es soll ausdrücklich nicht an Orten der höchsten Konzentration gemessen werden. Es soll nicht in Straßenschluchten gemessen werden. Es soll nicht am Fahrbahnrand gemessen werden. Die Werte sollten einen breiten Einzugsbereich repräsentieren. Wenn wir uns jetzt ansehen, wo die Landesbehörden in Deutschland die Messstationen für Stickoxide und Feinstaub aufstellen – auch hier in Sachsen –, dann wird
Denn in deutschen Großstädten ist es leider inzwischen Praxis, Messstationen genau an solchen Plätzen aufzustellen, wo die absoluten Spitzenwerte zu erwarten sind, zum Beispiel am Münchner Stachus oder am Neckartor in Stuttgart. Beides sind Plätze mit den größten Verkehrsbelastungen, die wir überhaupt in Deutschland haben. Auch die sächsischen Behörden scheinen sich regelrecht nach Fahrverboten zu sehnen. Auch in Dresden und Leipzig stehen Messstationen an den meist befahrenen Straßen und unmittelbar am Fahrbahnrand. Man kann den Eindruck gewinnen, die Staatsregierung will dramatische Messwerte produzieren. Weshalb sonst sollte sie ihre Messstationen im Widerspruch zu den EU-Vorschriften so nah an die Hauptverkehrsadern heranstellen?
Vielleicht haben CDU und SPD gar nichts gegen Fahrverbote. Vielleicht rufen sie hier laut im Plenum wie so oft mit großem Theaterdonner: Haltet den Dieb! Vielleicht betrachten sie die Fahrverbote ja als ein willkommenes Konjunkturprogramm. Der kleine Bürger muss zahlen, weil er teure Umrüstungen vornehmen muss, weil er ein neues Auto kaufen muss, und die Regierung freut sich über sprudelnde Steuereinnahmen.
Wenn Sie, CDU und SPD, glaubhaft Politik für die eigenen Bürger machen wollen, wenn Sie wirklich Fahrverbote und Enteignungen durch die Hintertür verhindern wollen, dann stellen Sie die sächsischen Luftmessstationen in vernünftigen Abständen zur Straße auf, so wie es die EU-Vorschriften vorsehen.
Dann legen Sie die EU-Rahmenrichtlinie Außenluft endlich auf Eis. Die CDU hat den Maastrichtvertrag ignoriert, die CDU hat die Dublinabkommen außer Kraft gesetzt – beides zum Schaden unseres Landes.
Auf Herrn Urban folgt jetzt noch einmal die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Kollege Günther, Sie ergreifen erneut das Wort.