Protocol of the Session on March 15, 2018

Ich komme aus der Landwirtschaft und auch meine Eltern betrieben eine Landwirtschaft. Ich kann mich nicht erinnern, dass es zu den Zeiten, als der Wolf noch nicht in Sachsen war, so viele Schäden gab. Bis jetzt sind es 61. Sie kennen die Zahlen sicherlich. Meine Frage ist: Sind Sie wirklich sicher, dass jeder Fall entschädigt wird?

Ich kenne die Einzelfälle, die Sie pauschal aufführen, natürlich nicht. Aber es ist gelebte Praxis und von niemandem bestritten, dass, wenn der

Wolf als Verursacher nicht völlig ausgeschlossen werden kann, entschädigt wird. Das ist Fakt. Es muss keinen 100prozentigen Nachweis geben, dass es wirklich ein Wolf war.

Werden Schutzzäune durch den Weidebetrieb zerstört, so können diese bereits innerhalb der Zweckbindungsfrist neu gefördert werden. Rückzahlungsforderungen sind für einen solchen Fall nicht vorgesehen.

Über die wiederkehrenden Kosten für die Unterhaltung von Herdenschutzhunden und den erhöhten Aufwand im Weidebetrieb durch die Anwesenheit von Wölfen haben wir schon mehrfach diskutiert. Europarechtliche Vorgaben lassen derzeit keine direkten Zahlungen zu. Aber auch hier prüfen wir, wie wir vielleicht auf anderem Wege die Halter von Schafen und anderen Nutztieren unterstützen können. In einem ersten Schritt werden wir im Freistaat Sachsen prüfen, was wir am schnellsten machen können. Zum Beispiel wäre eine Erhöhung der Flächenprämie im Rahmen der Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen möglich. Da sind wir zurzeit in der Prüfung und versuchen, hier etwas in Kürze umzusetzen.

In einem zweiten Schritt geht es um die viel diskutierte Weidetierprämie. Ich glaube, das wäre eine sehr einfache Art und Weise, den Schafhaltern zu helfen. Ich setze mich auf Bundesebene für diese Thematik ein. Aber – Andreas Heinz hat es schon ausgeführt – dafür brauchen wir Mehrheiten. Diese Mehrheiten sind zurzeit noch nicht abzusehen. Doch ich bin davon überzeugt, dass es eine sehr einfache Lösung wäre, und werde deshalb die Forderung weiter erheben. Wir haben bei der letzten Agrarministerkonferenz in Lüneburg darüber diskutiert. Bei der Agrarministerkonferenz sind einstimmige Beschlüsse notwendig. Dieser Beschluss wurde nicht gefasst, aber wir haben in einer Protokollerklärung gemeinsam mit anderen Bundesländern unsere Forderung zum Ausdruck gebracht.

Gegenwärtig haben wir zur Unterstützung der Tierhalter zwei Berater für den Herdenschutz, die die Tierhalter bei Anfragen vor Ort beraten, wie die empfohlenen Schutzmaßnahmen effektiv umgesetzt werden können. Sobald ein Wolf in einer Region gesichtet wurde, gehen die Berater auf die Tierhalter zu und empfehlen geeignete Sicherheitsmaßnahmen. Das ist ein dynamischer Prozess, in den ständig neue Erkenntnisse einfließen.

Zusätzlich gibt es in jedem Landratsamt zwei Mitarbeiter, die in Fragen der Riss-Begutachtung, der Öffentlichkeitsarbeit und der Erstberatung von Tierhaltern zum sachgerechten Schutz von Weidetieren geschult werden.

Meine Damen und Herren! Im Vergleich zu anderen Bundesländern sind wir mit unseren Regelungen schon sehr weit. Staatsminister Hauk aus Baden-Württemberg hat mich deshalb, wie ich schon gesagt habe, am Montag zu diesem Wolfsymposium eingeladen. Aber nicht nur Baden-Württemberg, sondern auch andere Bundesländer stützen sich auf die Erfahrungen aus Sachsen. Länder wie Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Brandenburg haben bei ihren Management-Plänen sehr stark auf unsere

sächsischen Empfehlungen, auf unsere sächsischen Management-Pläne geschaut und auf diesen aufgebaut.

Wir ruhen uns aber nicht auf dem Erreichten aus. Wir arbeiten ständig aktuelle Erkenntnisse in unser Management ein, engagieren uns für bundesweit einheitliche Standards beim Wolfsmanagement und fordern beim Bund eine regelmäßige Überprüfung des Erhaltungszustandes. Bei diesen Themen bin ich für Ihre Unterstützung hier im Hohen Haus natürlich dankbar.

Wir setzen uns dafür auch auf europäischer Ebene ein. Zu diesem Thema war ich schon mehrmals in Brüssel. Wir brauchen ein länderübergreifendes Monitoring über die deutsche Grenze hinaus bis nach Polen, um die Populationen zu bewerten.

Wir wollen uns dem Ziel stellen, dass wir auf der einen Seite die Unterstützung unserer Weidetierhalter auf einem hohen Niveau halten und den Artenschutz andererseits trotzdem gewährleisten. Das ist ein Konflikt. Ich glaube aber, dass wir diesen Konflikt auf Dauer lösen werden.

Dem Antrag der AfD kann ich keine neuen Fragestellungen oder umsetzbare Lösungsansätze entnehmen. Deshalb empfehle ich, diesen abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das Schlusswort hat die AfD-Fraktion. Frau Grimm, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Jetzt haben alle Fraktionen, außer der CDU, die schon wieder alles im Griff hat und demnächst hier ihren eigenen Antrag vorlegen wird – das sind wir ja schon gewohnt –, und dem Herrn Wild, der es anders gemacht hat, unseren Antrag in gewohnter Art und Weise zerredet.

Ich möchte unsere Forderungen noch einmal zusammenfassen:

Wir wollen – erstens –, dass Entschädigungen zu zahlen sind, sobald Weidetiere trotz Mindestschutz gegen Wölfe gerissen werden.

Zweitens. Das Berechnungsschema zur Ermittlung der Höhe der Ausgleichszahlungen ist ständig anzupassen.

Drittens. Eine Anpassung der Richtlinie für den Mindestschutz ist genau zu analysieren und in Abstimmung mit dem Schaf- und Ziegenzuchtverband sowie dem Bauernverband vorzunehmen.

Viertens wollen wir bessere Informationsflüsse an alle Nutztierhalter in Wolfsgebieten und Warnschilder vor Wölfen in Gebieten mit hoher Population zum Schutz der Bevölkerung, vor allem in Naherholungsgebieten.

Fünftens. Die Unterstützung bei Herdenschutzhunden in Bezug auf Betriebskosten, wie Futter- und Tierarztkosten, Versorgung sowie Kosten für Sommer- und Winterquar

tiere, sollte zumindest teilweise vom Freistaat übernommen werden.

Diese Forderungen sind noch nicht umgesetzt, auch wenn Sie hier wieder alles schönreden. Deshalb freuen wir uns nun auf Ihre Zustimmung zu unserem Antrag, mit dem wir den Nutztierhaltern in Wolfsgebieten in Sachsen in diesen schwierigen Zeiten die nötige Unterstützung zukommen lassen und deren Existenz sichern wollen. Oder wir warten halt, bis Ihr Antrag demnächst hier vorliegt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Bevor wir zur Abstimmung über den Antrag kommen, liegt mir noch ein Änderungsantrag in der Drucksache 6/12712 vor. Ich bitte Herrn Wild, diesen einzubringen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Unser Änderungsantrag enthält im Wesentlichen vier Punkte:

Erstens – Entschädigungszahlungen. Im Antrag werden feste Summen pro Tier gefordert. Das ist nicht zielführend. Die Staatsregierung schreibt in ihrer Stellungnahme vom „gemeinen Wert“, der entschädigt werde. Auch dies ist nicht zielführend. Nur die Entschädigung zum Wiederbeschaffungswert ist für den Weidetierhalter gerecht. Der Wiederbeschaffungswert ist praktisch der Wert, den der Weidetierhalter erhalten muss, um sich wieder ein gleichwertiges Tier kaufen zu können, nicht der Verkaufswert. Der Weidetierhalter muss so gestellt werden, als wäre der Schaden nicht eingetreten, also muss er zum Wiederbeschaffungswert entschädigt werden.

Zweitens. In dem Änderungsantrag fordern wir eine Beweislastumkehr. Ja, ich weiß, diese findet sehr selten Anwendung. Hierbei ist sie aber in meinen Augen zwingend notwendig. Nicht der Weidetierhalter hat die Schuld an der politisch gewollten Ansiedlung der Wölfe; er ist auch nicht immer in der Lage, den Wolfsriss zweifelsfrei nachzuweisen. Ich habe vorhin bereits gemäß meiner Anfrage gesagt: Von 98 bearbeiteten Schadensmeldungen aus 2017 sind 61 dem Wolf zugeordnet worden. Daher ist die Forderung der Weidetierhalter nach Beweislastumkehr nachvollziehbar und logisch.

In den Punkten 3 und 4 des Antrags sollen schon bei Vermutung eines Wolfes Informationen an die Weidetierhalter herausgegeben werden. Hierzu fordern wir eine Änderung: Nicht die Vermutung, sondern ein Nachweis des Wolfes muss vorhanden sein.

Weiterhin beantragen wir die ersatzlose Streichung des Satzes 3 in Punkt 4, der da lautet: „Weiterhin sollten Gebiete mit Wolfsvorkommen zum Schutz der Bevölkerung gekennzeichnet werden.“ Dies halten wir in der Tat für Unsinn. Das wäre ja wie beim Sperrbezirk: dass überall dort, wo irgendwann einmal ein Wolf gesehen wurde oder vermutet wird, ein Schild aufgestellt wird: „Vorsicht Wolf“. Das ist weltfremd.

Zum Schluss noch die Haftungsfrage. Wenn zweifelsfrei der Nachweis erbracht ist, dass weder Wolf noch Hybrid den Schaden verursacht haben, sondern ein Hund, dann hat die Schadenersatzforderung nicht an den Staat zu gehen, sondern an den Hundehalter. Dieser hat in der Regel eine Hundehaftpflichtversicherung, die den Schaden übernimmt – wenn er ermittelt werden kann.

Wir haben bereits mit großer Freude vernommen, dass die Regierungskoalition dabei ist, das Thema zu bearbeiten, und in Kürze etwas einbringen wird. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie heute dem Änderungsantrag einmal fraktionsübergreifend und ohne Koalitionszwang zustimmen;

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

aber ich bin ganz gespannt, was von der CDU eingereicht wird. Wir werden dies sehr kritisch begleiten.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich freue mich, wenn den Weidetierhaltern endlich geholfen wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Gibt es noch Redebedarf zum Änderungsantrag vonseiten der Fraktionen? – Frau Grimm, bitte schön.

Gunter, du hattest den Vorteil, dass du schon die Stellungnahme der Staatsregierung hattest, und hast dann unseren Antrag dementsprechend noch etwas konkretisiert. In einigen Punkten hätte man das tun können. Deshalb können wir auch dem Änderungsantrag zustimmen.

Eigentlich hätte ich mir aber auch gewünscht, dass ein Änderungsantrag von der Regierungskoalition kommt und eine schnelle Umsetzung erfolgt und nicht wieder Monate ins Land gehen.

(Heiterkeit bei der CDU und des Staatsministers Christian Piwarz)

Herr

von Breitenbuch, bitte.

Für die CDUFraktion möchte ich kurz auf die Themen von Herrn Wild eingehen. Entschädigungszahlungen und Wiederbeschaffungswert: Wir haben uns auf andere Modalitäten verständigt. Der Staatsminister hat auch noch einmal dazu ausgeführt und wir sind erst einmal auf diesem Pfad. Aber auch das ist nachdenkenswert. Ich will das jetzt nicht einfach abtun.

Beweislastumkehr – Schuld: Wenn der Wolf auftritt, wer hat Schuld? Das ist eine Frage, bei der natürlich ermittelt werden muss: Ist es ein Wolf oder ist es kein Wolf? Ist es ein Hund – das wäre dann der Punkt 4 –, dann ist selbst

verständlich der Hundehalter dafür verantwortlich. Das ist aber auch jetzt schon so. Deshalb denke ich, wir sind auf dem Diskussionspfad alle gemeinsam richtig unterwegs. Wir lehnen aber Ihren Antrag ab.