Die Fraktionen können wie immer Stellung nehmen. Es beginnt die einbringende Fraktion der AfD. Bitte, Frau Grimm, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag bringt heute den Antrag „Herdenschutz in Wolfsgebieten – Akzeptanz erhalten und Rechtssicherheit durchsetzen“ hier ins Plenum ein.
Zahlreiche Schäfer, Landwirte und Jäger machten bei der Übergabe der Massenpetition am 10. Januar mit über 18 600 Unterschriften ihrem Unmut Luft und hoffen seit zwei Monaten auf das schnelle Handeln der Staatsregie
Lassen Sie mich als Erstes ein paar Worte zum Rechtsanspruch für Nutztierhalter sagen, bei dem ein Tier gerissen wurde. Herr Minister Schmidt, Sie antworteten in Ihrer Stellungnahme auf den Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 6/1289 im April 2015 Folgendes: „Grundsätzlich ist bemerkenswert, dass Tierhalter im Freistaat Sachsen als einzigen Bundesland gemäß Sächsischem Naturschutzgesetz einen Rechtsanspruch auf Schadensausgleich haben.“ Aber ist dort wirklich ein Rechtsanspruch geregelt? Im Gesetz heißt es, es kann dem Betroffenen nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden
Haushaltsmittel ein Schadensausgleich gezahlt werden. Es kann also, muss aber nicht. Ein Rechtsanspruch sieht anders aus. Wie aber helfen Sie den betroffenen Schafszüchtern, die vom Rosenthaler Rudel immer und immer wieder heimgesucht werden und tote Schafe auf ihren Weiden finden?
Mir wurde vom Schaf- und Ziegenzuchtverband gesagt, dass viele Schäfer nicht einmal wissen, wo sie in diesem Notfall anrufen müssen, um den Schaden anzuzeigen, vor allem am Wochenende. Schäfer sind auch nur Menschen, und diese müssen in Zeiten des Wolfes hier in Sachsen ihre Herden Tag und Nacht bewachen und dann sollen sie sich Ihrer Meinung nach auch noch selbst alle Informationen zu Schadensregulierungen und Schutzmaßnahmen zusammensuchen. Sie müssen die Zeiten vom Schadensfall bis zur Regulierung deutlich verkürzen, um den Betroffenen schnell zu helfen.
In Punkt 1 unseres Antrages wollen wir es dem Nutztierhalter einfacher machen, Entschädigungsleistungen bei Wolfsrissen zu bekommen, indem die Nachweispflicht, dass es sich hundertprozentig um einen Wolfsriss handelt, keine Rolle mehr spielt. Entschädigt werden soll immer, wenn die Nutztiere mit dem vorgeschriebenen Mindestschutz eingezäunt sind und trotzdem Tiere gerissen werden. Argumente, wie „das war ein Fuchs“ oder „das war kein Kehlbiss“ sind völlig inakzeptabel für die Betroffenen, die im Schadensfall keine Entschädigung bekommen haben.
Und, liebe Koalition, welche Maßnahmen haben Sie bis heute aus Ihrem Antrag „Stärkung der Schafhaltung in Sachsen“ vom August 2017 umgesetzt? Keine. Das ist bereits sieben Monate her. Der Wolf nimmt sich nicht so viel Zeit, bevor er wieder zuschlägt. Was tun Sie? In Ihrem alten Trott weiterarbeiten? Dafür hat die Bevölkerung kein Verständnis mehr. Herr Zschommler, Mitglied im Sächsischen Bauernverband, äußerte sich am
07.03.2018 in der SZ auch zu diesem Thema und sagte, der Staat muss bei Entschädigung und Präventionsmaßnahmen für Wolfsschäden großzügiger sein. Der Sächsische Schaf- und Ziegenzuchtverband teilte mir mit, dass zum Beispiel in unserem Punkt 1 im Zweifelsfall immer zugunsten des Geschädigten entschieden werden muss, was in der Vergangenheit leider nicht der Fall war. Aber eigentlich müssen wir ja die Ursache beheben, und das ist der Wolf. Solange die Forderung der AfD-Fraktion vom Dezember 2016 nicht umgesetzt ist, wonach für sächsische Regionen Obergrenzen bei den Wolfsbeständen eingeführt werden sollten, wird der Herdenschutz immer aufwendiger werden.
Die Entnahme der Wölfe bei Erreichen dieser Obergrenze ist dringend erforderlich, um die natürliche Scheu des Wolfes vor Siedlungsgebieten mit Nutztierhaltung wieder herzustellen. Deshalb: Stimmen Sie heute unserem Antrag zu und entlasten Sie die Nutztierhalter von den extremen Kosten und den bürokratischen Hürden, bis endlich weitere Lösungen auf Bundes- und europäischer Ebene geschaffen werden.
Frau Kollegin Grimm hat den Antrag für die AfD-Fraktion eingebracht. Es geht jetzt weiter mit der CDU-Fraktion, dann kommen DIE LINKE, SPD, GRÜNE, der fraktionslose Abgeordnete Herr Kollege Wild sowie die Staatsregierung, wenn gewünscht. Als Nächster spricht Herr Kollege von Breitenbuch für die CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2012 haben wir den Wolf in das Jagdrecht aufgenommen – unter großem Protest. Ich habe das auch noch einmal nachgelesen. Es gab schon damals 3 000 Unterschriften in einer openPetition, einer offenen Petition. Aber der Großteil der Unterzeichnenden kam nicht aus Sachsen; man weiß also, aus welcher Richtung das gekommen ist.
Wir als Gesetzgeber in Sachsen wollten deutlich machen, dass es unser Wille ist, dass man zur Hege und zur Bestandsregulierung kommt – anhand der Wildschäden und gemäß der Funktionalität, mit der das Jagdgesetz funktioniert. An dieser Stelle möchte ich ganz deutlich sagen: Unser Ziel ist und bleibt der geregelte Wolfsabschuss, auch um die Scheu der Tiere vor uns Menschen zu erhalten und die Weidetiere zu schützen.
Dieses Ziel vor Augen, stehen wir natürlich im Konflikt mit der Naturschutzgesetzgebung nicht nur in Deutschland und in Sachsen, sondern auch in Europa. Es geht um die natürliche Ansiedlung des Wolfes. Wir sind das erste Gebiet in Deutschland, das damit konfrontiert wird. Es gibt jetzt schon viele Rudel hier; der Wolf hat sich inzwischen auch weiter ausgebreitet. Insofern bohren wir hier dicke Bretter; wir sind stetig dran.
Wie gesagt: 2012 wurde der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen. Zurzeit geht es um eine Populationsermittlung, damit man eines Tages feststellen kann, zusammen mit Polen: Wir haben hier eine eigene, in sich lebenstüchtige Population geschaffen, die durch die natürliche Ansiedlung gekommen ist. Entsprechend darf dann reguliert werden, kann entnommen werden, kann gejagt und geschossen werden. Ich will diese Begriffe hier auch ganz bewusst nennen.
Wir bauen seit 2009 ein Wolfsmanagement auf und sind seitdem ständig am Anpassen, am Nachjustieren. Der Schaf- und Ziegenzuchtverband kam schon ins Spiel; wir stehen ständig mit ihm in Kontakt, um den Schadensausgleich zu verbessern, um neue Lösungen zu finden usw. Vor zehn Jahren haben wir noch gar nicht über Herdenschutzhunde gesprochen, jetzt sind sie eingeführt – mit allen Schwierigkeiten. Wir stecken in einem Lernprozess und sind nahe dran am Geschehen.
Trotzdem gibt es – das möchte ich überhaupt nicht verkennen – Ohnmacht und auch Hilflosigkeit bei denen, die
betroffen sind. Sie kommen am Morgen auf ihre Weide und sehen dort zuckende, zerrissene Tiere, die sie kennen, die sie am Abend zuvor noch gesehen haben und die ihnen ans Herz gewachsen sind – und die nun ein Wolfsrudel oder ein einzelner Wolf gerissen hat. Ich will hier betonen: Das sind auch Leiderfahrungen, die wir den Menschen zumuten, wenn wir dieses wilde Tier mit einer gewissen Akzeptanz wieder seine natürliche Ansiedlung betreiben lassen und zulassen, dass der Wolf wiederkommt.
Wir sind dabei immer an die Grenze dessen gegangen, was geht. Auch gegen den Staatsminister läuft eine Anzeige. Ich bin Thomas Schmidt sehr dankbar, dass er das erträgt. Er hat einen Wolf zum Abschuss freigegeben, nachdem ein Landkreis äußerte, das sei jetzt nötig. Dann kommt man eben auch zu einer solchen Anzeige; das muss man als Minister aushalten. Herzlichen Dank dafür, Thomas Schmidt, dass du im Interesse der Sache standhaft bist.
Es gab eine Petition aus Sachsen – ich habe extra noch einmal im Internet nachgeschaut – mit 16 600 Unterschriften. Dabei geht es um die Begrenzung der Wolfspopulation. Ich selbst habe ebenfalls unterschrieben, weil ich es für richtig halte, dass wir zu solchen Begrenzungen kommen.
Ein großer Erfolg – das stimmt nämlich nicht, Frau Grimm, dass wir nichts tun – ist der Vertrag der Großen Koalition in Berlin. Dort steht in Zeile 4 095 unter dem Begriff Weidetierhaltung im Abschnitt Landwirtschaft Folgendes: „Die Weidetierhaltung ist aus ökologischen, kulturellen und sozialen Gründen sowie zum Erhalt der Artenvielfalt und Kulturlandschaft zu erhalten. Im Umgang mit dem Wolf hat die Sicherheit der Menschen obere Priorität. Wir werden die EU-Kommission auffordern, den Schutzstatus des Wolfs abhängig von seinem Erhaltungszustand zu überprüfen, um die notwendige Bestandsreduktion herbeiführen zu können. Unabhängig davon wird der Bund mit den Ländern einen geeigneten Kriterien- und Maßnahmenkatalog zur Entnahme von Wölfen entwickeln. Dazu erarbeiten wir mit der Wissenschaft geeignete Kriterien für die letale Entnahme. Wir wollen, dass Wölfe, die Weidezäune überwunden haben oder für den Menschen gefährlich werden, entnommen werden.“
Ich danke an dieser Stelle auch unserem Ministerpräsidenten Michael Kretschmer sehr herzlich, der dies mitverhandelt hat und der das Thema Wolf in Berlin im Koalitionsvertrag zur Sprache gebracht hat, sodass wir zu diesem Abschnitt gekommen sind. Herzlichen Dank dafür.
Das bedeutet für uns einen wichtigen Schritt nach vorn, nachdem wir in der letzten Legislaturperiode dahin gehend mit dem Umweltministerium nur im Clinch gelegen haben und in diesem Punkt nicht weitergekom
men sind. Insofern freue ich mich, dass der Koalitionspartner einen Schritt nach vorn getan hat, damit wir hier in Sachsen mit dem Wolf anders umgehen können. Wie gesagt, wir gehen in Sachsen bis an die Grenzen dessen, was geht. In Berlin und in Brüssel bohren wir dicke Bretter, aber das tun wir eben auch. Politik ist keine Kurzfristhandlung, es geht um langfristige Arbeit.
Wir bringen uns jetzt also in diese Entwicklung in Berlin lebhaft ein mit unseren Erfahrungen, die wir hier sammeln. Natürlich muss dieser Koalitionsvertrag jetzt auch mit Leben gefüllt werden. Wir werden uns aber trotzdem auch weiterhin mit dem Wolfsmanagement beschäftigen. Wir werden in Kürze einen Antrag dazu erarbeiten und einbringen, weil es wichtig ist, die Dinge weitergehend zu schärfen.
Wir wollen weiterhin, dass Weidetierhaltungen in diesem Bereich möglich sind und dass der Schadensausgleich funktioniert. Die neuen Erfahrungen, die bei den Betroffenen vorhanden sind, sollen bei uns ankommen und auch schnell umgesetzt werden.
Frau Grimm, jetzt komme ich noch kurz zu Ihrem Antrag „Herdenschutz in Wolfsgebieten – Akzeptanz erhalten und Rechtssicherheit durchsetzen“, den Sie hier eingebracht haben.
Zu Punkt 1: Der Schadensausgleich ist geregelt. Es gibt wildernde Hunde – wir haben das auch im Jagdgesetz stehen. Wenn man einen wildernden Hund erkannt und das gemeldet hat, darf man auch schießen. Insofern ist das Thema nicht richtig durchdrungen.
Bei Punkt 2 halten wir es weiterhin für richtig, dass die Situation des Landwirts vor Ort richtig betrachtet wird. Ist das ein Zuchttier? Muss das besser bewertet werden als mit einer pauschalen Zahlung? Ich denke, da müssen wir genauer hinschauen, als Sie das pauschal tun wollen. Wir stehen, das habe ich schon gesagt, mit dem Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband in regem Kontakt, auch mit dem Sächsischen Landesbauernverband. Das Miteinander läuft; wir sind offen für Anpassungen. Das gilt auch für das Ministerium, wie ich es immer erlebt habe. So kann auch ein Defekt am Stromzaun Berücksichtigung finden.
Zu Punkt 5: Es gibt eine dreijährige Zweckbindung, aber Ersatz ist auch schon vorher möglich, wenn das begründbar ist.
Was Punkt 6 angeht, befindet sich das SMUL gerade in der Prüfung. Ich denke, dazu wird der Staatsminister noch etwas sagen.
Insgesamt: Das Thema wird bearbeitet, wir sind dabei. Es sind dicke Bretter. Aber wem, wenn nicht der CDU als Volkspartei