Nirgendwo steht in der Geschäftsordnung, dass man hier substanziiert jedes Datum vortragen muss. Sie sind doch in der Lage, Google zu bedienen, hoffe ich zumindest, obwohl bei der AfD und dem Internet ist es bekanntermaßen so eine Sache.
Er ist aber aus unserer Sicht auch in der zweiten Stufe für dringlich zu halten, denn es ist ganz klar, dass wir uns hier mittelbar mit der Frage beschäftigen, ob Kommunen diese negative Wohnsitzauflage durchsetzen können. Nun kann das Ganze rechtswidrig sein und die Argumente der Kollegen der CDU- und der SPD-Fraktion lassen sich durchaus hören. Aber wir sollten eines nicht verkennen: Daraus mündet dann auch die Dringlichkeit.
Das, was gerade in Freiberg passiert – zu versuchen, sich von der Flüchtlingsverteilung zu entsolidarisieren –, ist geeignet, einen Kaskadeneffekt in Sachsen auszulösen. Es ist geeignet, dazu zu führen, dass wir es in den nächsten Monaten mit weit mehr Kommunen zu tun bekommen.
Dagegen ist es notwendig, als Landtag mit einer klaren Haltung möglichst schnell hier und heute ein Signal zu setzen und Haltung zu zeigen, damit das unterbleibt. Aus diesem Grund wird unsere Fraktion die Dringlichkeit bejahen.
Das war Herr Lippmann von den GRÜNEN. Wir haben jetzt die Position der Fraktionen zur Dringlichkeit gehört. Ich darf Sie jetzt um Abstimmung bitten, ob Sie die Dringlichkeit bejahen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt.
Ich sehe keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 67. Sitzung ist damit bestätigt.
Die Verteilung der Gesamtredezeiten der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD
Als Antragsteller haben die Fraktionen CDU und SPD das Wort, die weitere Reihenfolge ist DIE LINKE, AfD, GRÜNE, der fraktionslose Abg. Herr Wild und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die einbringende Fraktion CDU eröffnet jetzt. Es spricht zu uns Herr Kollege Andreas Heinz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor wir in die Zukunft schauen, gestatten Sie mir bitte einen Blick zurück, nämlich circa 50 bis 70 Jahre. Da war der Kampf gegen den Hunger das Hauptziel und Ernährungssicherheit fand
sich in fast allen Wahlprogrammen ganz oben wieder. Mittlerweile ist Ernährungssicherheit kein Thema mehr, Gott sei Dank, kann man sagen. Trotzdem treibt mich immer etwas die Sorge, denn mit der Ernährungssicherheit ist es wie mit der Gesundheit: Was sie wert ist, weiß man eigentlich erst, wenn man sie mal nicht mehr hat.
Deswegen trifft bei der Entwicklung der Landwirtschaft genau das zu, was ich als junger Spund mal im Staatsbürgerkunde-Unterricht gelernt habe. Da soll ein Herr namens Karl Marx gesagt haben, dass die Anhäufung von Quantität irgendwann zum Umschlag in neue Qualitäten führt. Genau in dieser Diskussion befinden wir uns jetzt: dass, nachdem genug Nahrungsmittel da sind, die verschiedensten Anforderungen an die Produzenten gestellt werden, die zum Teil berechtigt sind und zum Teil auch weit über das Ziel hinausschießen. Da wird zum Teil Unsachlichkeit und Weltfremdheit auf dem Rücken der Landwirte ausgetragen, nur um einen politischen Existenzbeweis anzutreten.
Gestatten Sie mir noch einige Worte zur Wirkung der Prämien. Anfänglich wurden die Produkte direkt gestützt. Das hat so gut gewirkt, dass aus Mangel Überschuss wurde. Dann hat die Verwaltung die Lagerung des Überschusses viel Geld gekostet, sodass die Systematik geändert wurde. Es wurde entkoppelt, das heißt: Egal, wie viel produziert wird, der Landwirt bekommt immer dieselbe Prämie. Der Maßstab wurde auf die Fläche umgelegt. Zum einen sind die sogenannten Flächenprämien Teile des Betriebseinkommens – das macht je nach Struktur des Betriebes 40 bis 70 % aus –, zum anderen ist es wie mit allen Prämien oder Subventionen: Sie werden irgendwo in den Verkaufspreis einkalkuliert. Die Verpächter wissen das, der vor- und nachgelagerte Bereich weiß das, der Landtechnikhandel und auch die aufnehmende Hand weiß das alles, und alle wollen natürlich etwas von dem Kuchen abhaben und bekommen das auch.
Im Klartext: Der geringste Teil dieser Gelder, die bei den Landwirten landen, verbleibt bei den Landwirten selbst, sondern ist eine Stützung der Lebensmittelpreise, welche über den Landwirt an die Verbraucher ausgereicht werden. Das hat den Nachteil, dass sich der Landwirt für das öffentliche Geld, das er bekommt, rechtfertigen muss und für die Erfüllung diverser ständig steigender Nebenbedingungen und Auflagen haftet.
Ich nenne hier CC-Kontrollen, also Cross Compliance – in der Szene ein gefürchtetes Instrument, das es so nur im Bereich der Landwirtschaft gibt. Dabei wird geschaut, ob der Landwirt alle Anforderungen einhält, die es irgendwo einzuhalten gibt, und wenn nicht, werden die Flächenprämien gekürzt. In anderen Bereichen des Strafrechts gibt es so etwas nicht. Ich erinnere nur daran, dass man darüber diskutiert hat, jemandem die Fahrerlaubnis wegzunehmen, der beispielsweise Steuern hinterzieht. Das wird aus guten Gründen abgelehnt.
Der Traum, den nicht nur ich, sondern viele andere Landwirte auch haben, dass man über kostendeckende Preise seinen Lebensunterhalt finanzieren kann und sich
nicht mehr für Subventionen rechtfertigen muss, die man am Ende nicht behalten kann, wird so schnell nicht in Erfüllung gehen. Also bleibt uns nur, im bestehenden System weiter zu kämpfen und dort für sinnvolle und praktikable Lösungen zu streiten. Wie wir uns das vorstellen, wird Ihnen in der zweiten Runde Georg Ludwig von Breitenbuch erzählen.
Auf Kollegen Heinz, der für die einbringende CDU-Fraktion sprach, folgt jetzt Herr Kollege Winkler für die ebenfalls einbringende SPDFraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die weltgrößte Messe für Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft hat vor wenigen Tagen ihre Pforten geschlossen. 400 000 Menschen waren dort zu Besuch. Das ist Rekord für die Internationale Grüne Woche. Diese Messe ist Plattform für unterschiedliche Akteure. Politiker tauschen sich untereinander aus. Es werden auch Gespräche mit den Branchenvertretern geführt, um durchaus gemeinsame Interessen auszuloten: Fortschritt und Veränderungen beim Pflanzen- und Umweltschutz im Ackerbau, in den unterschiedlichsten Bereichen der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft.
Ein besonderes Thema war aber die zukünftige EUAgrarpolitik ab dem Jahr 2020. Dazu trafen sich vor der Grünen Woche die Agrarminister der Länder zu einer Sonderkonferenz, um die Zukunft dieser gemeinsamen Agrarpolitik auszuloten, die Förderperiode neu zu diskutieren und vor allem gemeinsame Positionen festzulegen, wie die künftige Förderung aussehen soll. Grundlage dieser Verhandlungen war eine Zusammenkunft der OstAgrarminister mit den Bauernverbänden am 13. November des letzten Jahres in Potsdam. Dort wurde ein sogenanntes 10-Thesen-Papier verabschiedet.
Die Hauptforderung dieses Papiers ist die Beibehaltung der Direktzahlungen – das, was auch mein Kollege Heinz soeben gefordert hat –, da diese den Landwirten Planungssicherheit für die Zukunft geben und in der Folge natürlich Arbeitsplätze sichern. Und es sind mitnichten Subventionen; diese Direktzahlungen dienen unter anderem aus Ausgleich für witterungsbedingte Markt- und Preisrisiken und als Ausgleich für ökologische und soziale Standards, die in Deutschland durchaus höher sind als in manchen anderen Ländern.
Eine Kappung der Direktzahlungen wird darin grundsätzlich abgelehnt, und wenn es in der Zukunft zu einer Umverteilung von EU-Mitteln kommen soll, dann muss gewährleistet werden, dass dieses Geld unbedingt in den Regionen verbleibt und den Regionen jeweils zur Verfügung steht. Ich persönlich unterstütze diese Forderungen. Auch wenn bundesweit durch Sozialdemokraten andere
Modelle diskutiert und favorisiert werden, sehe ich die Spezifika der ostdeutschen Länder und die Problematik der größeren Unternehmen, die wir generell haben.
So sehen das auch unsere SPD-Agrarminister in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Letzterer, Till Backhaus, hat zum Beispiel – das ist bekannt – einen eigenen Vorschlag eines Förderungsmodells gemacht, der weitgehend die Forderung dieses Zehn-Thesen-Papiers beinhaltet und vor allem davon ausgeht, dass durch den Brexit, der uns in Zukunft trifft, weniger Mittel verteilt werden können. Im schlimmsten Fall sind das durchaus 10 Milliarden Euro und im besten, im günstigsten Fall 3 Milliarden Euro weniger als bisher.
Es ist bekannt, dass dieses Modell durchaus kontrovers diskutiert wird, aber es hat auch Vorteile. Und zwar geht es in diesem Modell um das Erreichen gemeinschaftlicher europäischer Ziele, wie beispielsweise im Klimaschutz, im Umwelt- und Ressourcenschutz, in der Biodiversität, im Tierschutz, in der Verbrauchersicherheit oder bei der Digitalisierung. All das spielt dort eine Rolle und soll Berücksichtigung finden. Es bleibt die Basisprämie erhalten, und die investive landwirtschaftliche Förderung und die Förderung der ländlichen Entwicklung können im bisherigen Umfang – und das ist ganz wichtig – fortgeführt werden. Durch dieses Modell ergeben sich auch Verwaltungsvereinfachungen. Ich bin mir sicher, dass dazu auch in zukünftigen Agrarministerkonferenzen weiter diskutiert wird.
Die EU-Agrarförderung ab 2020 braucht mehr, und zwar Vereinfachung der Förderungsverfahren und eine nachhaltige Entbürokratisierungsreform im Interesse der Landwirte, aber auch für den Verbraucher. Dazu wird Kollegin Simone Lang noch etwas sagen.
Wir haben uns in diesem Hohen Hause schon einmal mit der Problematik Verwaltungsvereinfachung, Entbürokratisierung beschäftigt. Ich freue mich, dass das Konzept unseres Landwirtschaftsministeriums – als Initiative ELER-RESET bekannt – von der EU-Kommission aufgegriffen wurde und sich viele Vorschläge in der kommenden Förderperiode als Vereinfachung für Förderempfänger und Verwaltung wiederfinden werden. Wir brauchen in Zukunft Programme, die verständlich und handhabbar als Voraussetzung für die Akzeptanz der europäischen Politik sind. Hoffen wir, dass unsere sächsischen Ideen in ganz Europa Früchte tragen.