Protocol of the Session on January 31, 2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Regierungserklärung von zwei Amtsinhabern, wobei man sich fragt, wer nun Nummer 1 oder Nummer 2 ist, ist einzigartig. Herzlichen Glückwunsch dazu! Ob dieser neue Stil gut für Sachsen ist, das werden wir jedoch erst sehen. Im Dezember haben Sie erklärt, dass es Ihnen wichtig sei, Probleme aktiv anzugehen, und Sie haben dies in einer gemeinsamen Erklärung niedergelegt. Wow, herzlichen Glückwunsch!

Dass man dies eineinhalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl feststellt, ist für die Bürger wirklich beachtlich, aber nicht beeindruckend, Herr Dulig. Abgesehen davon, dass die von Ihnen nun frisch entdeckten Probleme durch die Bank selbst verursacht sind – denn wer hat denn in den zurückliegenden Jahren in Sachsen regiert? –, scheint Ihr neuer Stil vor allen Dingen davon geprägt zu sein, dass Sie tatsächlich den Sachsen anbieten, eine Regierung aus zwei Regierungen zu formen. Sie wollen gemeinsam einheitlich, vielleicht sogar als Vielfalt und Einheit, die Geschicke dieses Landes bestimmen.

Zwei parallele Erklärungen sind nicht nur ein schlechter Stil, sie sind auch schlecht für den Freistaat, und zwar deshalb, weil allein die Tatsache, dass es sie gibt, verdeutlicht, dass nicht zwei Partner in der Staatskanzlei agieren, sondern zwei Parteien, die eigentlich nicht miteinander können und vielleicht auch nicht wollen. Böse Zungen würden sagen, da wackelt der Schwanz mit dem Hund und nicht umgekehrt.

In der Tat stimmen weder Ziele noch Inhalte überein. Die Sachsen-Union würde gern zu alter Stärke zurückkehren, und Sie, Herr Kretschmer, als frisch gekürter Ministerpräsident, müssen dazu erst finden. Ihnen würde vielleicht das gleiche Schicksal drohen wie schon nach der verlorenen Bundestagswahl: weg vom Fenster, bevor man richtig Fuß gefasst hat. Es ist verständlich, dass Sie dann keine Gelegenheit auslassen, ein neues konservatives Profil zu beschwören, es zu schärfen, welches weder in der sächsischen CDU noch deutschlandweit in Ihrer Partei noch vorhanden ist.

Auf der anderen Seite sitzt eine sozialdemokratische Splitterpartei, ein Schatten ihrer selbst, die seit Jahren versucht, in Sachsen aus der Wählernische herauszuwachsen, ohne messbaren Erfolg. Für Sachsen bedeutet es: Wir haben zwei Kontrahenten auf der Kurzstrecke am Start, die für ihre ganz unterschiedliche Wählerklientel auf Gedeih und Verderb bis zum Jahr 2019 liefern müssen. Das sind keine guten Aussichten.

Machen Sie es doch wie in Bayern Herrn Söder nach, der gesagt hat: Bayern wartet nicht auf Berlin. Wir Sachsen sollten auf Berlin auch nicht warten, und Sie sollten neben der Verteilung nach dem Gießkannenprinzip, die Sie offenbar vorhaben, versuchen durchzustarten. Es erscheint sehr fraglich, ob Sie das mit einer GroKo in Berlin und einer SPD als Klotz am Bein in Sachsen schaffen. Wir werden Sie daraufhin überprüfen und dafür sorgen, dass es für Sachsen spätestens ab dem Jahr 2019 wieder eine echte konservativ-liberale Regierung gibt, die mehr Freiheit und weniger Staat wagt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Herr Abg. Wurlitzer, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sie haben heute eine schön klingende Regierungserklärung abgegeben. Sie haben recht: Man muss positiv denken, man darf nicht schwarzmalen. Auf der anderen Seite bedeutet das aber nicht, dass man den Kopf in den Sand stecken darf. Nur weil Sie Probleme nicht ansprechen, bedeutet das nicht, dass die Probleme nicht vorhanden sind. Ich werde Ihnen aber gleich helfen.

Herr Panter – er ist leider nicht mehr anwesend – wollte eine wirklich gute Opposition. Herzlichen Glückwunsch, Sie haben eine wirklich gute Opposition; denn in dem 100-Tage-Programm des Ministerpräsidenten aus der Regierungserklärung sind sehr viele Forderungen der Opposition und auch Vorschläge, wie man einiges umsetzt, eingeflossen, auch wenn die Koalition in den letzten drei Jahren all diese Forderungen und Vorschläge ignoriert hat.

Deutschland verlassen in Richtung Afghanistan Flugzeuge, die höchstens zu einem Drittel gefüllt sind. Erst letzte Woche hob eine Maschine aus Düsseldorf ab, deren Plätze nur mit 19 ausreisepflichtigen Afghanen belegt waren. Mitfliegen sollten eigentlich 50 Afghanen. Auch das wäre im Lichte der noch vor uns liegenden Masse nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen.

Zur Erinnerung: Seit dem Jahr 2015 wurden in Deutschland bisher 82 000 Asylanträge von Afghanen abgelehnt. Es bedarf keiner besonderen Kenntnis in Mathematik, um zu erkennen, dass bei diesem unheimlichen Tempo noch viele Generationen nötig sind, um das Problem zu beheben. Der Koalitionspartner Ihrer Partei, Herr Ministerpräsident, hat Abschiebungen nach Afghanistan auf dem letzten Landesparteitag eine Absage erteilt. Wie Sie diesen immensen Kraftakt – den Frau Merkel unlängst propagierte, aber niemals umsetzte – bewerkstelligen wollen, ohne sich mit der SPD ständig in die Haare zu geraten, lassen Sie offen. Oder wollen Sie die Bürger und das Parlament in Sachsen, ebenfalls wie Frau Merkel, hinter die Fichte führen? Ich hoffe nicht.

Ja, meine Damen und Herren, das Problem der Abschiebung beschäftigt die Bürger in diesem Land. Sie erwarten von diesem Staat, dass er nicht nur zur Tat schreitet, wenn es darum geht, Steuerpflichtigen mit Zwangsvollstreckung zu drohen, Falschparker mit Knöllchen zuzuschütten oder mit Gebührenzahlungen bei Säumigkeit notfalls ins Gefängnis zu stecken. Die Politik löst die Aufgabe nicht mit wohlfeilen Absichtserklärungen, lautem Geschrei oder der blinden Katalogisierung von Kritikern in Rassisten und Hetzer. Die wütenden Mahnungen der Menschen im Freistaat und auch der Bundesrepublik Deutschland würden schlagartig verstummen, wenn die Verantwortlichen an den Stellschrauben zur Tat schritten und sich nicht von denen an der Nase herumführen ließen, die ohnehin unserer Gesellschaft und dem hiesigen Zusammenleben größtenteils nur mit Verachtung begegnen.

Ihre und unsere Wähler können und wollen nicht akzeptieren, dass man Politik nicht nur unter hohlen Phrasen verstecken kann. Nur wenn alle straffällig gewordenen Flüchtlinge wissen, dass sie nach einer Straftat das Gefängnis erst wieder nach mehreren Jahren verlassen, und zwar in Richtung des Heimatlandes, gibt es eine Chance, den sich immer abwendenden Bürger zurückzuholen, –

Bitte kommen Sie zum Ende.

Ja, sofort. – Vertrauen zu signalisieren und den sozialen Frieden zu sichern. Grenzen, Regeln und Konsequenzen sollten das Ziel der Politik sein und nichts anderes.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Frau Abg. Kersten, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Plan für Sachsen scheint das Thema Bildung ganz vorn zu stehen. Im Titel der Regierungserklärung finden wir „Bildung sichern“. Der Ministerpräsident sprach von bester Bildung, sein Stellvertreter im Bereich Schule von der größten Baustelle Sachsens.

Von daher möchte ich mich in meiner kurzen, jetzt etwas verlängerten Redezeit – vielen Dank den beiden Herren – diesem Thema widmen. Der Plan also ist: „Bildung sichern“. Dieses Thema mit seinen größten Problemen Lehrerversorgung und Unterrichtsabsicherung begleitet uns schon lange. Es wurde viel darüber diskutiert, angehört und gestritten. Was ist seitdem passiert? Außer, dass sich der Sessel des Kultusministers als Schleudersitz entpuppt hat, im Wesentlichen nichts.

Ganz im Gegenteil: hoher Unterrichtsausfall, immer mehr Seiteneinsteiger, überbeanspruchte Lehrkräfte, ein nach wie vor hohes Niveau an langzeiterkrankten Lehrern, Lehramtsabsolventen, die nicht in Sachsen bleiben wol

len, usw. usf. Was bietet die sächsische Führungsriege an? Sie will Bildung sichern.

Beim Ministerpräsidenten heißt das, dass wir ein stabiles und leistungsfähiges Schulsystem haben. Das klingt nach „alles gut“. Bei seinem Stellvertreter heißt das allerdings, dass er jetzt endlich richtig umsteuern will. Ich frage mich, wohin der sächsische Bildungsdampfer noch fahren wird.

Ist es nicht traurig, dass der Plan, die Vision für Sachsen, darin besteht, die Bildung zu sichern? Das heißt nichts anderes, als an dem, was wir momentan haben oder noch glauben zu haben, festzuhalten. Zum Beispiel an den im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlichen Bildungsausgaben? Das reicht bei Weitem nicht.

Ziel muss immer ein Spitzenniveau sein. Daran müssen wir uns gerade im Bildungssektor orientieren. Deutschlandweit mag Sachsen im Bereich des Bildungsniveaus noch ganz gut dastehen – im internationalen Vergleich verlieren wir allerdings den Anschluss. Im EU-weiten Vergleich liegt Deutschland bei den Bildungsausgaben im hinteren Drittel auf Platz 22. Laut einem internationalen Report des Weltwirtschaftsforums steht Deutschland bei der Bildungsqualität auf dem 20. Platz. Wenn Sachsen ganz oben mitspielen will, dann müssen unsere Ziele auch ganz oben festgezurrt sein. Dazu hätte ich gern vom Ministerpräsidenten oder von seinem Stellvertreter heute etwas gehört. Doch mehr als Bestandssicherung war nicht drin.

An höchster Bildungsqualität, die unser Ziel sein sollte und auch hervorragende Rahmenbedingungen impliziert, kleben noch andere Effekte. Da macht es Spaß, Lehrer zu sein, und man unterrichtet gern in Sachsen, auch auf dem Land – und das ganz ohne Verbeamtung.

(Unruhe bei der CDU)

Was wir in Sachsen brauchen, ist internationales Spitzenniveau, und das sind Lehrer, –

Bitte kommen Sie zum Ende.

– denen allen der Beruf zur Berufung wird. Das sollte der Plan für Sachsen sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Herr Wild, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Nicht nur in der Bildung hat man die Probleme lange aufgeschoben, sondern auch in der Land- und Forstwirtschaft mit all ihren Akteuren zeichnet sich ein ähnliches Bild. Es ist schon bezeichnend für den Zustand der Bundesregierung, wenn ein Programm wie ELER-RESET zur bürokratischen Entlastung der Landwirte von einem Landesminister entworfen und nach vorn getragen werden muss. Herr Staatsminister Schmidt ist

momentan nicht anwesend. Trotzdem herzlichen Dank dafür!

(Zurufe: Doch, er ist anwesend! Schauen Sie nach hinten!)

Ansonsten heißt es: als Regierungscredo prüfen und berichten. Dies passiert so lange, bis die Probleme akut oder die Menschen im ländlichen Raum laut werden. Wir stehen vor immensen Herausforderungen, angefangen von der Afrikanischen Schweinepest über die neue Düngemittelgesetzgebung bis hin zu den absehbaren Änderungen in der EU-Agrarpolitik. Mit Prüfen und Berichten ist den Menschen aber nicht geholfen.

Gerade im Punkt Agrarbeihilfen teile ich den Optimismus nicht, dass sie in der neuen Förderperiode und nach dem Brexit weiterhin in dieser Höhe zur Verfügung stehen werden. Daher blicken wir mit besonderer Sorge auf unsere sächsische Landwirtschaft. Hierbei darf man nicht nur auf Europa schauen. Man hat nur den Boden und seine Arbeitskraft. Landwirtschaft ist keine Marktnische, die es zu besetzen gilt, sondern sie ist unsere Grundsicherung.

Herr Dulig, wenn Landwirte über die Forderung Ihrer Genossen aus dem Bund nur noch verzweifelt den Kopf schütteln können, dann sollte das auch Ihnen zu denken geben. Smart Farming, Herr Ministerpräsident, löst keine aktuellen Probleme unserer Landwirte.

Wir haben auch kleinere Familienbetriebe im Blick, welche oftmals nicht den finanziellen Rückhalt besitzen, sich Smart Farming zu leisten oder Beratungsleistungen in dem Maße einzuholen, die sie oftmals für die Umsetzung ihrer Ziele bräuchten. Des Weiteren halten wir eine klare und strikte Regionalitätskennzeichnung von Lebensmitteln für unerlässlich, die bundesweit umgesetzt werden sollte.

Wir müssen zu einer für jeden Verbraucher verständlichen Kennzeichnung kommen. Ist Produktwerbung mit „Sachsenmilch“ noch redlich, wenn die Milch aus Tschechien oder Polen von Milchkuhhaltungen importiert wird, die deutlich niedrigere Standards erfüllen müssen als unsere Bauern?

(Zuruf des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Sächsische und deutsche Lebensmittel müssen wieder mehr wert sein, und regionale Wertschöpfungsketten müssen gefördert werden.

Bitte zum Ende kommen.

Für mich darf ein Lebensmittel nur als sächsisch deklariert werden, wenn alle wichtigen Schritte der Wertschöpfungskette auch hier in Sachsen stattfinden.

Ich komme zum Ende. – Dies sind nur zwei Beispiele. Nutzen Sie die Zeit bis 2019, ergreifen Sie endlich Initiativen und halten Sie nicht nur schöne Reden!

Danke schön.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Frau Dr. Muster bitte noch.