Protocol of the Session on December 14, 2017

Herr Lippmann, ich möchte gern auf Ihre wortreichen Ausführungen reagieren. Wir sind uns offenbar einig, dass wir ein Problem haben. Hätten Sie das doch in der Debatte genauso klar und deutlich gesagt, denn dann hätten die Bürger auch einmal das Gefühl, dass ihre Sorgen ernst genommen werden. Nein, wir werden es mit Betonpoller nicht lösen. Dafür sind Sie zu klug, um das nicht zu wissen. Insofern können wir nicht dieses Problem auf die Kommunen, auf den Freistaat verlagern, sondern wir müssen es dort klären, wo es hingehört.

Ich zitiere als letzte Anmerkung, was unlängst der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz gesagt hat: Selbst bei bester Überwachung sind die Sicherheitsdienste, mit denen Sie durchaus auch nicht unkritisch umgehen, nicht in der Lage, alle Gefährder zu erkennen. Deswegen gilt es, an der Grenze Europas und Deutschlands die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit dieses Gefahrenpotenzial nicht weiter ansteigt. Über den Justizapparat sind viele Möglichkeiten vorhanden, die Bestrafung inländisch und ausländisch vorzunehmen, damit die Zahl der Gefährder in Deutschland wieder sinkt. Das wissen wir alle. Tun Sie es einfach!

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Was ist mit dem Schießbefehl, Frau Dr. Petry? – Unruhe bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wir gehen jetzt in die zweite Runde. Ich erteile der AfD-Fraktion, Herrn Hütter, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meines Erachtens haben die Regierungsparteien viel zu lange durch eine rosarote Brille geschaut. Die AfD hatte leider – ich sage ganz deutlich leider – mit vielen Warnungen und Prognosen recht.

Nun haben wir eine messbare Abnahme der Sicherheit auf Straßen und Plätzen. Betonpoller, Polizei mit MG und Selbstschutz mit Pfefferspray sind leider die traurige Realität. Geschenkpapier um Betonklötze machen die Sache nicht wirklich besser. Das Sicherheitsgefühl der Menschen ist nachhaltig gestört. Die Zahl der islamistischen Gefährder und Salafisten steigt stetig an.

Speziell für Frau Schaper, sie ist leider gerade nicht im Raum: Die Herkunft dieser Islamisten und Gefährder dürfte auch Ihnen bekannt und bewusst sein. Die Bürger erwarten nachhaltige Maßnahmen und die Regierung ist verpflichtet zur Aufklärung und nicht nur zur Symptombekämpfung. Ein Staat, der keine Grenzkontrollen dauerhaft durchführt, dafür aber Betonklötze um seine Märkte legt, macht hier gehörig etwas falsch. Wir werden weiterhin diese Missstände thematisieren, bis hoffentlich bald eine Besserung eintritt.

Vielen Dank.

Herr Hartmann, CDU-Fraktion bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dann nehmen wir doch noch einmal etwas Fahrt auf.

(Carsten Hütter, AfD: Schön!)

Es ist ja nicht so, dass wir diese Debatte nicht regelmäßig führen. Ich habe Ihnen ja nur vorgeworfen – und das mit Recht –, dass Sie versuchen, mit einem sehr missglückten Titel eines Weihnachtsliedes wieder einen Kontext für eine Sicherheitsdebatte herbeizuführen, worüber Sie sonst im Regelfall auch sprechen. Ich versuche, dies in den mir verbleibenden vier Minuten und 36 Sekunden zusammenzufassen.

Erstens. Die Rahmenbedingungen haben sich ursächlich geändert, wenn wir die Entwicklung seit 1989/1990 zur Kenntnis nehmen, dass zwei Blöcke auseinandergefallen sind, wenn wir die Globalisierung der Welt zur Kenntnis genommen haben, wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass die Entfernungsstrukturen in der Welt sich verändern, die Bewegung der Menschen sich verändert, die Destabilität von Systemen zugenommen hat, im Nahen Osten, in Asien und in anderen Bereichen auf dem Balkan, wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass es eine mittlerweile veränderte Rahmensituation durch die Europäische Union, das Schengenabkommen gibt, durch die aktuelle Flüchtlingssituation und viele, viele andere Faktoren.

Einige davon können wir beeinflussen. Einigen anderen Herausforderungen müssen wir uns stellen und an Lösungen arbeiten. Insoweit ist die Welt der Jahre 1989/1990 nicht die Welt des Jahres 2000 und auch nicht des Jahres 2010. Wir sind im Jahr 2017 und müssen uns mit den Herausforderungen beschäftigen.

Zweifelsohne sind wir in der Beurteilung der Sicherheitsarchitektur in den letzten Jahren an vielen Stellen zu falschen Beurteilungen und Annahmen gekommen. Beispielsweise haben wir die Entscheidung mit Blick auf eine sinkende Bevölkerung auf eine sinkende Kriminalitätsentwicklung mit der Folge bedacht, in ganz Deutschland zu meinen, wir könnten in der Sicherheitsarchitektur Personalressourcen freisetzen oder anders gesagt, die Zahl der Polizeibeamten absenken.

Wir nehmen derzeit traurig und schmerzhaft wahr, dass diese Entscheidung in der Vergangenheit nicht richtig war. Deswegen müssen wir, auch in Sachsen, wieder mehr Polizei aufbauen. Wir haben auch mit der Flüchtlingssituation – sicherlich ist das ein Thema, es ist eine Teilmenge vom Gesamten – Herausforderungen zu bestreiten. Nicht alle Flüchtlinge, die zu uns kommen, verhalten sich rechtskonform. Natürlich ist es auch so, dass wir uns dort mit Herausforderungen auseinandersetzen, übrigens auch, wie wir es mit Deutschen haben. Wenn wir einmal gruppenbezogen die Analysen durchführen, dann kommen wir auf ein deutlich differenzierteres Bild.

Wir müssen uns mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen. Jetzt kommen Sie mit dem gesamten Potpourri und versuchen es wieder zusammenzubringen. Ich klamüsere es aus. Sie müssen sich schon mal entscheiden, reden Sie über Terrorgefahr, wie die Frau Kollegin da hinten, wenn sie mit dem Fall Amri und Weihnachtsmärkten kommt? Ja, Weihnachtsmärkte sind ein Anschlagsziel und sind gefährdet. Das ist so. Das haben wir schmerzlich und traurig auch mit Defiziten im Fall Amri in Berlin zur Kenntnis nehmen müssen. Unsere Sicherheitsbehörden reagieren auch darauf.

Sicherlich ist es nicht schön, wenn ich Sperren vor einem Weihnachtsmarkt stehen habe. Es ist ein Beitrag, entsprechend zu verhindern, dass irgendein Quartalsirrer mit dem Auto einfach mal auf einen Markt rauscht. Es ist auch richtig, dass wir Polizeikräfte zur Verfügung stellen, um für die Sicherheit zu sorgen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ja!)

Ja, Sie müssen das doch nicht sagen. Ist es denn so schlimm, dass da Polizei steht? Gott sei Dank steht sie doch dann da.

Sicherlich ist das nicht mit den Maßstäben der Vergangenheit betrachtet normal. Wenn wir aber den gesamteuropäischen Kontext und nähere Herausforderungen betrachten, dann heißt es, wir müssen uns denen stellen. Als Erstes hat diese Bevölkerung einen Anspruch auf Sicherheit. Diese Sicherheit müssen wir in dem Rahmen, den wir leisten können, auch mit der Ansage ermöglichen – und dafür können Sie uns schelten, das ist ein Beitrag

der Ehrlichkeit –, dass eine absolute Sicherheit nie zu gewährleisten ist, aber das größtmögliche Maß an Sicherheit organisiert werden kann. Deswegen haben wir die Maßnahmen ergriffen. Der Staatsminister kann sicherlich noch etwas zu den Investitionen und Entscheidungen im Terrorpaket sagen, worauf wir uns entsprechend eingestellt haben.

Das Zweite ist die Kriminalitätsentwicklung im Allgemeinen. Wir haben neben einer Verrohung in unserer Gesellschaft selbst eine Radikalisierung von Rändern, die eine Polizei spürbar und schmerzhaft jeden Tag erfährt, da wir mittlerweile eine Aggressivität in der Bevölkerung haben, die bestimmte Spannung mit sich bringt. Auch eine Zunahme von Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung spüren wir, und es gibt verschiedene Kriminalitätsformen unabhängig von Ausländern, wo wir eine Spannung haben.

Es gibt auch ein Segment derer, die zuwanderungsbedingt kriminell werden, meistens und vor allem auch untereinander und gegeneinander. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Wir sollten, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch darüber reden. Ich denke, dass diese Staatsregierung, die sie tragenden Fraktionen, die Maßnahmen in den letzten Monaten deutlich ergriffen hat, um sich diesen Herausforderungen zu stellen, ob es die Ausstattung der sächsischen Polizei ist, die Frage der Investition in IT und Infrastruktur, der Personalaufbau oder die Frage, wie wir mit rechtlichen Rahmenbedingungen auf diese Situation reagieren. Dass wir hierbei noch auf einem Weg sind, ist selbstverständlich. Da können Sie jetzt den ganzen Tag Wind machen, aber wir werden an der Lösung arbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Linksfraktion Herr Stange, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur noch kurz eine Reaktion auf das viel Gesagte. Erstens. Frau Dr. Petry, Sie haben angedeutet, es gäbe Defizite. Sie unterlassen es zu sagen, welche Defizite es gibt. Ein einziges Defizit, welches aus Ihrer Sicht besteht, sind die Außengrenzen für die Sicherheit. Was die Qualität der Debatte ausmacht: Andeutungen, Vermutungen, aber keine Fakten. Wilde Zahlen, die genutzt werden, diese Vermutungen zu untermauern.

Kollege Hartmann, Sie haben vollkommen recht: Die Welt globalisiert. Die Globalisierung bringt auch den Bereich mit sich, was die Migration und die Freizügigkeit in Europa angeht. Wer davon ausgeht, dass geschlossene Grenzen das Reich der Sicherheit eröffnen würden, irrt sich.

Man erinnere sich an den 11. September 2001. Es waren keine Geflüchteten. Es waren legal Eingereiste, die sich dieser Flugzeuge bemächtigt haben.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Alle registriert!)

Alle registriert. Sie haben auch fleißig ihre Flugscheine gemacht. Es ist ein Irrglaube, auf diesem Teppich der Unwahrheiten fliegend im Grunde das Unsicherheitsgefühl – wie Sie es immer zu bezeichnen versuchen – zu verstärken. Das wird nicht funktionieren. Es kann funktionieren, wenn Sie so weitermachen, wenn wir als demokratische Parteien dem nicht entsprechend entgegenhalten und auch für die Verbreitung der Wahrheit und der Fakten sorgen. Darauf kommt es mir wirklich an, meine Damen und Herren.

Deshalb noch einmal: Kollege Hartmann hat bei gefährlichen Körperverletzungen und Ähnlichem darauf hingewiesen, dass auch Geflüchtete untereinander aufeinander losgehen. Hierzu müssen wir sagen: Wer dort mehr Sicherheit organisieren will, muss diese Umstände lösen, unter denen die Geflüchteten dort untergebracht und auf engstem Raum aufeinandergepfercht waren. Das ist ebenso ein Problem. Das haben auch die Polizistinnen und Polizisten vor Ort feststellen müssen.

Meine Damen und Herren, wir werden einer sicherheitspolitischen Debatte nur auf der Grundlage von Fakten beikommen können. Wir werden dieser Debatte nur dort dienen können, wenn wir einsehen, dass die Sicherheitsbehörden in Reaktion auch auf – gestatten Sie mir den Ausdruck – die Kreativität derer, die die Sicherheit unter der Bevölkerung oder in unserer Gesellschaft intervenieren wollen; dass wir immer wieder nur in Reaktion auf diese Kreativität agieren. Das sind nicht nur die sogenannten Nizzasperren, sondern auch das Panzerglas bei Juweliergeschäften gewesen, das ja flächendeckend eingeführt wurde, weil die Scheiben eingeschmissen wurden, um die Juweliergeschäfte auszurauben. Die Sicherheitstechnik, die zu Hause eingebaut werden soll, ist eine Folge der Wohnungseinbrüche über die Jahre hinweg, und dagegen wollen sich Bürger schützen.

Es geht nicht darum, zu dramatisieren und zu skandalisieren, sondern es geht darum, für die unterschiedlichen Phänomene sachgerechte Lösungen zu finden. Darüber können wir uns hier im Hause unterhalten. Wir haben mitunter – wie auch gestern in Bezug auf die Umsetzung im GKDZ – unterschiedliche Auffassungen. Aber es kann nicht sein, und es wird auch nicht hilfreich sein, diesen Skandalisierungsweg der AfD in postfaktischen Zeiten fortzusetzen. Wir plädieren hierbei für eine sachliche Diskussion.

Noch einmal kurz zu den Terroranschlägen: Lassen Sie mich das auch sagen. Seit 1970 gab es weltweit rund 165 000 Terroranschläge, global terrorism database die Quelle, davon 340 in Europa. Das sei zur Einordnung gesagt, um klarzumachen, dass wir uns an dieser Stelle zwar den Einzelfall sicherlich sehr genau zu Gemüte führen und reagieren müssen, aber dass das Dramatisieren nur dazu dienen kann, die eindimensionalen Lösungswege, die Sie anbieten, nämlich über den Weg Ausländer raus, Grenzen dicht, aber nicht zu einer sachlichen Lösung sicherheitspolitischer Fragen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion wünscht noch das Wort. Herr Pallas.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der zweiten Runde möchte ich noch ein paar Dinge einordnen. Zunächst möchte ich feststellen, dass es im Rahmen der letzten zehn, 15 oder auch 20 Jahre eine Veränderung der weltweit agierenden terroristischen Organisationen gegeben hat, und zwar in ihrem Aufbau, in ihrer Vorgehensweise innerhalb der Organisation und in ihrer Vorgehensweise mit Blick auf Ziele für terroristische Anschläge.

Inzwischen stellen wir fest, dass es nicht mehr in dem Maße, wie es noch im Umfeld des 11. September der Fall war, in den Zielländern feste Strukturen, Zellen gibt, sondern dass zunehmend mit den Mitteln moderner internetbasierter Kommunikation vereinzelte Menschen in den Zielländern angesprochen und motiviert werden, beispielsweise im Namen des IS Anschläge zu verüben. Das können auch recht unterschiedliche Menschen sein, Herr Wippel. Es kann nicht schaden, wenn Sie sich dem auch mal stellen.

Es waren in der Vergangenheit deutsche Staatsbürger, es waren aber auch ausländische Menschen und Menschen, die als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind. Diese Menschen einte, dass sie persönlich in einer psychisch und sozial extrem schwierigen Situation und dadurch sehr leicht vom IS oder vom anderen Gruppen zu instrumentalisieren waren. Das ist eine Entwicklung, die man auch im Blick behalten muss und noch einmal unterstreicht, wie wichtig es ist, dass Sicherheitsbehörden und auch die Wissenschaft sich damit auseinandersetzen, damit wir uns als gesamte Gesellschaft dem insgesamt stellen können.

Zweitens. Zur Situation in Sachsen. Wir haben ja die paradoxe Situation, dass wir ein schlechtes subjektives Sicherheitsgefühl an manchen Orten haben und auch eine schwierige objektive Sicherheitslage an anderen Orten. Das passt aber meistens nicht zusammen. Nach meiner Erfahrung sind die Orte, in denen es durchaus Probleme gibt, die Orte, an denen sich Menschen am sichersten fühlen oder andersherum. Dem müssen wir aber trotzdem gerecht werden.

Mit Blick auf das am Montag Veröffentlichte und in der letzten Plenarsitzung zum Revierantrag der GRÜNEN Besprochene handelt doch dann die Koalition. Sicherlich geht es darum, mit welchen Prioritäten man die zusätzlichen 1 000 Stellen verteilt, dass dort die Polizeipräsenz eine große Priorität bekommt, ohne dass man andere Aufgabenbereiche wie Gefahrenabwehr, Kriminalitätsbekämpfung, verkehrspolizeiliche Aufgaben oder Prävention ins Hintertreffen geraten lässt. Es gehört aber auch dazu, Herr Wippel, anzuerkennen, dass die Entscheidung,

1 000 Stellen mehr zu benötigen, zu einem Zeitpunkt getroffen wurde, als die Entwicklung der letzten zwei Jahre noch nicht geschehen ist. Deswegen ist – –

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

Deshalb ist es wichtitg, die Ergebnisse, den Abschlussbericht der Fachkommission fortzuschreiben, an die neue Situation anzupassen und möglicherweise Mehrbedarfe durch eine Veränderung der Aufgaben auch zu beschreiben.

Herr Pallas, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss und wünsche allen viel Heimlichkeit in der Weihnachtszeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Vielen Dank.