Eine Kurzintervention? – Nein, jetzt haben wir keine mehr. Wir führen ja eine Liste. Jetzt ist aber erst einmal Herr Lippmann an der Reihe. – Genau, weil es nach der Rederunde geht und dann sind Sie an der Reihe. – Herr Lippmann, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich halte noch einmal fest: Das Einzige, was die AfD geboten hat, um eine vermeintlich große Sicherheitskrise in einem halben Fasted State in Sachsen zu lösen, indem man sich nicht mehr auf die Straße trauen kann, ist: Grenzen dicht und mehr Polizei auf die Straße! Bei mehr Polizei auf der Straße kann man sich ja nicht mehr so sicher sein, da Ihr Kollege gerade gerügt hat, dass zu viel Polizei bei einem Weihnachtsmarkt auch wiederum falsch ist.
Vielleicht sollten Sie vorher mal die Linie absprechen. Ich sehe endgültig nicht mehr durch, was Sie überhaupt mit dieser Aktuellen Debatte machen wollen. So viel Denkfaulheit und Stuss, was Sie erzählt haben, ist irgendwann auch einer parlamentarischen Debatte unwürdig.
Es bleibt noch einmal die Feststellung: Die Welt dreht sich nun mal weiter. Vor 30 Jahren hatten wir andere Bedrohungslagen. Vor 30 Jahren gab es Straftaten, worüber wir heute reden, beispielsweise im Internet, überhaupt nicht. Es gab ganz andere Szenarien, über die man bei der polizeilichen Gefahrenabwehr nachgedacht hat. Sicherlich muss man mit jeder eintretenden neuen Lage überlegen, wie man das verhindern kann.
Wenn Sie sich dem vollkommen entziehen, indem Sie sagen, man müsste auch nichts bei der Lagebewältigung tun, sondern immer nur allgemein erzählen: Grenzen dicht, mehr Polizisten, dann würde es problemlos gehen,
löst das überhaupt kein Problem. Sie würden es weiterhin haben. Sie sind dann nach meinem Dafürhalten auf einem völligen Irrweg, denn es war immer so, dass in der Vergangenheit auch die Polizei in Deutschland auf eine Lage reagiert hat.
Wenn Sie das nicht haben wollen und wenn Sie das mit der ganzen gesellschaftlichen Entwicklung nicht haben wollen, dann seien Sie wenigstens ehrlich. Sagen Sie doch, sie wollen die guten alten Zeiten der Kaiserzeit zurück, wo alles schön geordnet war, keine Globalisierung und möglicherweise keiner von außen ins Land gekommen ist, der Probleme verursacht hat.
Dann sagen Sie es bitte und selbst das wäre falsch. Dann geben Sie aber bitte im Anschluss an die Sitzung alle elektronischen Geräte ab. Die gab es auch noch nicht, und stellen Sie Ihr Auto irgendwohin, wo es keiner mehr fährt. Das sind nämlich die Sachen des Fortschrittes, die irgendwann mal erreicht wurden und nun einmal auf einer Globalisierung basieren, die Sie nicht haben wollen. Das wäre ehrlicher, als diesen Schund hier zu verbreiten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Ich muss auch auf den einen oder anderen Punkt eingehen. Ich habe immer wieder gehört, die Welt dreht sich weiter, und das ist ja auch richtig. Aber es ist kein Naturgesetz, dass das, was passiert ist, passiert ist.
Es ist auch nicht so, dass man es vorher nicht hätte wissen können, dass bei unkontrollierter Masseneinwanderung Tausende Gefährder nach Deutschland hereinkommen. Man hätte auch wissen können, dass es zu Problematiken kommt. Dazu müssen Sie nur mal die Papiere der EUKommission lesen, in denen es um das Thema Resettlement und Relocation geht. Selbst dort ist es ja erwähnt, obwohl wir wirklich keine Fans davon sind. Sie haben ja schon die Probleme an die Wand geschrieben, und das völlig zu Recht.
Im Übrigen sind die Unsicherheit, die wir haben, und das „Merkel-Lego“ auf unseren Weihnachtsmärkten auch kein Naturgesetz. Gehen Sie mal nach Polen und nach Tschechien auf den Weihnachtsmarkt, dann werden Sie das nicht haben. Und in Budapest werden Sie sich auch sicherer fühlen als in Leipzig in der Eisenbahnstraße.
Meine Damen und Herren! Warum sind die Menschen hierhergekommen? Ja, sie sind hierhergekommen. Sicherlich sind sie vor dem Krieg geflohen. Wie werden Kriege gemacht? Kriege sind gemacht worden, und als Deutsch
land sind wir nun mal mit daran beteiligt. Ich habe es immer wieder gesagt, und ich werde auch nicht müde, zu betonen, dass wir auch dabei unsere Rolle spielen.
Der Bundestag hat nun leider diese Kriegseinsätze in Syrien wieder verlängert. In der Vergangenheit war es auch mit der Stimme unseres neuen Ministerpräsidenten, Herrn Kretschmer, der auch bei den Kriegseinsätzen immer fleißig mitgestimmt hat. Sie haben alles Mögliche unternommen, um Artikel 16 a Abs. 2 nicht durchzusetzen. Dazu wäre es notwendig gewesen, die Grenzen zu kontrollieren. Das haben sie nicht gemacht. Wir haben es eingefordert, und jetzt tun sie so, als wäre die Folge ein Naturgesetz, das man nicht hätte verhindern können. Doch, wir haben in der Vergangenheit die Vorschläge gemacht. Wir haben im Übrigen auch genügend Vorschläge gemacht, wie wir die Sicherheitslage in Sachsen verbessern können. Das allein ist auch einer der Gründe, warum die Regierung immer schön bei uns abschreibt. Das freut mich.
Jetzt zum Abschluss zwei Zitate: Frau Merkel 2011 „Wir müssen akzeptieren, dass die Zahl der Straftaten bei jugendlichen Migranten besonders hoch ist.“ Herr de Maizière 2016 „Wir werden uns an erhöhte Sicherheitsmaßnahmen gewöhnen müssen.“ Ganz klare Ansage von der AfD: Wir werden es nicht akzeptieren und wir wollen uns nicht daran gewöhnen. Deswegen werden wir weiter Politik machen, auch wenn es Ihnen nicht passt.
Insoweit ja, und ich möchte zwei Dinge trennen: objektive Sicherheitssituation und subjektive Sicherheitssituation. Zu der objektiven Sicherheitssituation habe ich vorhin schon einiges gesagt, auch zu der Frage der Belastung, die die Sicherheitskräfte damit haben. Die subjektive Sicherheitssituation ist etwas, was sich aus der Wahrnehmung durch den Menschen prägt und noch lange nichts mit objektiven Kriterien zu tun hat. Sie sind der Kohlenschaufler ins Heizkraftwerk der Angstmacherei im subjektiven Sicherheitsgefühl. Das können Sie gern tun. Ich habe auch kein Problem damit, dass Sie Politik machen, dann kann man wenigstens Qualitätsunterschiede erkennen.
Letzter Punkt. Ich bin sehr stolz, dass wir einen Ministerpräsidenten haben, der im Deutschen Bundestag Verantwortung übernommen und mit Entscheidungen darüber getroffen hat, wie eine deutsche Beteiligung, eine deutsche Verantwortung auch im gesamteuropäischen und weltweiten Kontext aussieht. Das können Sie jetzt hinstellen, das Ganze beklagen und vor sich hinjammern, dass
Sie alles nicht gut finden. Politik beginnt mit der Anerkennung der Wirklichkeit. Wenn Sie sich auf der einen Seite hinstellen und sagen, ja, ich weiß, die Deutschen haben eine Mitverantwortung insgesamt, ich werde mal darauf hinweisen, aber gleichzeitig kritisieren, dort Verantwortung zu übernehmen, worum es geht, und Sie nicht bereit sind, diese zu tragen, dann machen Sie weiter so.
Ich bin der Auffassung, wenn man das Thema komplex angehen will und es komplex beurteilt, dann kann man nur zu komplexen Lösungen kommen und sich nicht hinstellen und den einfachen schlichten Tanz der Heimat feiern, sondern man muss sich auch anschauen, wie die europäischen und weltweiten Strukturen und Rahmenbedingungen sind. Nehmen Sie es einfach zur Kenntnis und lassen Sie mich ausreden. Ich höre Ihnen ja auch geduldig zu.
Die Redezeiten sind abgearbeitet. Ich übergebe jetzt dem Minister das Wort. Herr Minister Ulbig, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nunmehr ein Jahr her, seitdem der Attentäter Anis Amri mit dem Lkw auf den Weihnachtsmarkt in Berlin gefahren ist und zwölf Menschen getötet hat. Was damals passiert ist, hat uns alle betroffen gemacht und es hat uns vor Augen geführt, wozu Terroristen in der Lage sind.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es richtig gewesen, in die Polizei und in die Ausrüstung zu investieren, damit dem Terrorismus entsprechend der Kampf angesagt werden kann. 21,5 Millionen Euro haben wir in die Ausstattung der Polizei in diesem Bereich investiert – sondergeschützte Fahrzeuge, ballistische Helme, Mitteldistanzwaffen. Wir werden in der nächsten Zeit auch noch zwei gepanzerte Spezialfahrzeuge vom Typ „Survivor“ in den Dienst nehmen.
Damit sind die Voraussetzungen, um in solchen Situationen reagieren zu können, gegeben. Auf der anderen Seite ist es richtig, Herr Wippel, dass man aufgrund einer solchen Erfahrung entsprechend reagiert und an neuralgischen Punkten – wie es Weihnachtsmärkte nun einmal sind – auch mit angemessenem Kräfteeinsatz und mit mobilen Polizeiwachen unterwegs ist. Selbstverständlich ist es richtig, dass man dann mit Veranstaltern auch Sicherheitskonzepte entwickelt und Sicherheitskräfte dort postiert, wo gegebenenfalls eine Gefährdung erwartet wird.
Trotz alledem, meine sehr verehrten Damen und Herren – es ist ein deutliches Signal, welches von dieser Debatte
ausgegangen ist –, sollten wir uns die Freude an Weihnachten nicht nehmen lassen. Den Sicherheitsbehörden im Freistaat Sachsen liegen aktuell keine Erkenntnisse vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung speziell für Weihnachtsmärkte ableiten lässt.
Nun sind es noch zehn Tage bis Heiligabend und hinter uns liegen friedliche Tage mit gut besuchten Weihnachtsmärkten. Die Leute, mit denen ich gesprochen habe, haben mir gesagt: Ja, sicherlich macht man sich Gedanken, aber wir sehen auch, dass viel für die Sicherheit getan wird. Deshalb gehen wir auch bewusst auf die Weihnachtsmärkte. Die Zahl derer, die dort hingegangen sind, hat es auch dokumentiert. Deshalb hilft hierbei weder Panikmache noch Angst zu schüren.
Es ist auch richtig: Im Moment – und das ist kein sächsisches Phänomen – fällt objektive und subjektive Wahrnehmung zum Thema Sicherheit auseinander. Deshalb ist es richtig, dass wir mit Fakten argumentieren.
An dieser Stelle möchte ich einen kleinen Ausblick auf das Thema polizeiliche Kriminalstatistik geben. Die endgültigen Zahlen werden erst im März des nächsten Jahres präsentiert. Wenn man sich die ersten zehn Monate dieses Jahres anschaut, könnte man auf den ersten Blick sagen: Ja, wir haben einen leichten Anstieg. Wenn man genauer hinschaut, wird deutlich, dass es einen Grund hat. Das Landeskriminalamt hat im Oktober 2014 nach mehrjähriger intensiver Ermittlungsarbeit das Großverfahren wegen Anlagebetrugs gegen die Betreiber von Infinus statistisch abschließen können: 23 500 Fälle, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn man das herausrechnet, kann man die Prognose abgeben, dann wird die Kriminalität im Jahr 2017 rückläufig sein.
Wenn wir das von Ihnen angesprochene Thema Straßenkriminalität hernehmen, dann kenne ich folgende Zahlen: Von 2012 bis 2016 sind die Zahlen von über 68 000 Fällen auf über 65 000 Fälle zurückgegangen.
Außerdem lag der Anteil der Straßenkriminalität bei der Gesamtkriminalität in Sachsen leicht unter dem Bundesdurchschnitt.
Auf der anderen Seite – es ist sehr erfreulich – konnte die Aufklärungsquote von 18,4 auf 19,2 % gesteigert werden. Dort will ich ein deutliches Dankeschön an die Beamtinnen und Beamten sagen, denn das ist eine gute Arbeit, weil es sich bei der Straßenkriminalität meistens um
ganze Tätergruppen handelt. Deshalb ist wichtig, dass, wenn Sie das Thema Anzahl der Nichtdeutschen ansprechen, der MITA-Ansatz, den wir bei uns im Freistaat Sachsen schon länger fahren, weiter kontinuierlich gestärkt wird. Diejenigen, die identifiziert sind, sollen durch die Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft einerseits und in Kombination mit den Ausländerbehörden andererseits so behandelt werden, dass sie zügig einer schnellen Strafe zugeführt werden und auf der anderen Seite, wenn es möglich ist, auch abgeschoben werden.
Kurz zur Gewaltkriminalität, meine sehr verehrten Damen und Herren. Zwar liegen wir dabei noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, aber auch hier hat es von 2013 bis 2016 einen Anstieg gegeben; das ist richtig. Im ersten Halbjahr 2017, kann ich jedoch sagen, hat es einen Rückgang gegeben: circa 300 Fälle gegenüber dem Vergleichszeitraum 2016. Deshalb ist es richtig, gerade bei der Gewaltkriminalität die Schwerpunkte zu identifizieren und dort mit Kontrollen und deutlicher Präsenz aktiv zu werden.
Auch dort, sage ich deutlich, sind die Aufklärungsquoten für das Jahr 2017 ermutigend. 78,5 % im ersten Halbjahr zeigen, dass wir gerade in diesem Bereich sehr konsequent arbeiten und erfolgreich ermitteln. Nun gilt es, dass die Beweise gegen jene, die identifiziert sind, ordentlich gesichert und die Täter hart bestraft werden. Deshalb kann ich an dieser Stelle nur wiederholen: Sei es der Terrorismus oder die allgemeine Sicherheitslage – unsere Sicherheitskräfte stellen sich den Herausforderungen.
Wir haben die Notwendigkeit bezüglich der Aufstockung im Personal einerseits und der Verbesserung der Ausstattung andererseits erkannt und arbeiten konsequent daran. Die Polizistinnen und Polizisten leisten jeden Tag eine hervorragende Arbeit für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger im Allgemeinen, aber auch auf den Weihnachtsmärkten. Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal allen herzlich danken und deutlich sagen: Wir werden konsequent weiterarbeiten, aber Panikmache ist nicht angesagt.