Verlassen und abgehängt fühlen sich nicht nur unsere sächsischen Bürger in den Städten, sondern insbesondere jene, die im ländlichen Raum leben und hilflos zuschauen müssen, wie ihre Kleinstädte und Dörfer weiter ausgedünnt werden und Stück für Stück an Lebensqualität verlieren.
Genauso geht es – aus aktuellem Anlass – auch vielen Menschen in Bischofswerda und den umliegenden Ortschaften, die nicht verstehen können, weshalb die Geburtenstation in Bischofswerda geschlossen werden soll. Mit unserem Antrag „Für ein geburtenfreundliches Sachsen – Wohnortnahe Geburtshilfe sichern“ soll den Menschen, insbesondere in den ländlichen Regionen, wieder Hoffnung gegeben werden.
Unser Antrag soll verhindern, dass sich unsere Bürger abgehängt fühlen. Unser Antrag soll dafür Sorge tragen, dass Familien und Strukturen gestärkt werden, Mütter schnell und sicher eine Geburtsklinik oder ein Geburtshaus erreichen können und damit insbesondere der ländliche Raum lebenswert bleibt.
Dazu gehört, dass wir ein starkes Signal aussenden, ein Signal, das begreifbar macht, dass Sachsen ein geburtenfreundliches Land ist
und wir alles in unserer Macht Stehende tun, damit auch in Zukunft eine wohnortnahe Geburt sichergestellt werden kann. Um dies zu gewährleisten, haben wir diesen Antrag gestellt. Es kann doch nicht sein, dass trotz wieder steigender Geburtenzahlen Geburtenkliniken schließen
müssen, weil Hebammen und Ärzte fehlen. Es ist unsere Aufgabe, alles Mögliche zu tun, um das zu verhindern.
Wie ich bereits erwähnte, soll die Geburtsklinik in Bischofswerda noch in diesem Jahr geschlossen werden – ich denke, ein fatales Signal, insbesondere für den ländlichen Raum. Gab es im Jahr 1990 in Sachsen noch 80 Kliniken, so sind es derzeit 41, und die Zahl schrumpft auf 40, wenn Bischofswerda geschlossen wird. So wurden beispielsweise in den letzten Jahren die Kliniken in Sebnitz, Oschatz, Radebeul, Reichenbach, Stollberg und Hartmannsdorf geschlossen. Die überwiegenden Gründe waren Hebammen- und Ärztemangel, aber auch wirtschaftliche Gründe spielten in einigen Fällen eine Rolle.
Auch wenn die Zahl der Hebammen in den letzten Jahren zugenommen hat, arbeitet nur noch jede vierte Hebamme aktiv in der Geburtshilfe. Viele übernehmen nur noch die Vor- und Nachsorge oder haben sich komplett zurückgezogen. Grund des Rückzugs sind die steigenden Kosten, vor allem die der Haftpflichtversicherung, vor dem Hintergrund des zu geringen Erlöses. So bekommt eine Beleghebamme für eine Geburt circa 300 Euro. Die Kosten für die Haftpflichtversicherung liegen aber momentan bei 7 500 Euro im Jahr. In drei Jahren werden sie voraussichtlich schon bei 9 100 Euro liegen, wenn wir nicht endlich tragbare Lösungen finden.
Im Jahr 1990 lagen die Prämien übrigens noch bei 413 DM pro Jahr. Dies ist eine Steigerung um das 18Fache in nicht einmal 20 Jahren. Diese Steigerung wird mit der längeren Lebensdauer der Kinder mit Geburtsfehler begründet; aber auch der fehlende Wettbewerb unter den Versicherungen ist ein Grund für die steigenden Kosten der Haftpflichtversicherung. Auch wenn mittlerweile ein Zuschlag für die Berufshaftpflichtversicherung der Hebammen gezahlt und auf Regress seitens der Krankenkassen in bestimmten Fällen verzichtet wird, entfaltet dies keine Wirkung. Diese Maßnahmen waren also nur ein Herumdoktern an einem kranken System und somit auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Der Versicherungsmarkt ist inzwischen so weit dezimiert, dass es an Wettbewerb fehlt und der Deutsche Hebammenverband zurzeit nur noch mit großen Schwierigkeiten Versicherungsverträge mittels Gruppenhaftpflichtversicherung anbieten kann, da die Prämien ständig steigen. Daher brauchen wir neue Lösungen, wie beispielsweise ein von der Bundesregierung initiiertes Versicherungssystem, das dafür sorgt, dass die Deckungssumme der Versicherungen begrenzt und damit die Versicherungsprämien abgesenkt werden können. Daraus ergibt sich, dass die Erstversicherer die höheren Schadensfälle bei einem
Rückversicherer absichern könnten, und diese Beiträge sollte dann die Bundesrepublik Deutschland übernehmen.
Aber auch die Krankenhäuser haben große Probleme; denn die Kosten steigen stetig und die Fallpauschalen bleiben nahezu unverändert.
Dies führt dazu, dass die Gewinnschwelle, ab der es sich lohnt, Geburtshilfe anzubieten, immer weiter steigt. Probleme haben hier vor allem Krankenhäuser in ländlichen Regionen. Des Weiteren müssen wir ergründen, warum die Kaiserschnittraten in Deutschland bei 31 % liegen, während sie in Finnland bei gerade einmal 16 % angesiedelt sind.
Als Ursache hierfür könnte die zunehmende Tendenz zur Risikovermeidung bei den werdenden Eltern oder den klinischen Geburtshelfern infrage kommen. Es könnte auch daran liegen, dass der Kaiserschnitt für Kliniken einfacher zu planen ist. Aber auch monetäre Anreize sind nicht auszuschließen, da der Kaiserschnitt höher vergütet wird als die natürliche Geburt.
Wir müssen uns mit all diesen Problemen auseinandersetzen, deshalb haben wir zahlreiche Forderungen aufgestellt,
(Christian Piwarz, CDU: Da redet echt der Blinde von der Farbe! Wenn Sie eine Ahnung von dem hätten, was Sie erzählen! Mist!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wendt, ich hätte mir ja etwas mehr Sachlichkeit in dieser Thematik gewünscht;
denn die innere Sicherheit der Bürger, die Ausnutzung und alles, was sonst noch so in Ihren Ausführungen kam, hat ja nun wenig damit zu tun, wie man sich mit der Sicherung einer wohnortnahen Geburtshilfe vor Ort auseinandersetzt.
Natürlich ist es so, dass man sich in Bischofswerda genau anschauen muss, wie der Sachverhalt ist und dass dort eine Geburtenklinik geschlossen wird. Sicher kann man
auch darüber sprechen, dass es das eine oder andere Mal kommunikativ etwas besser laufen kann; aber eigentlich muss man sich doch fragen: Stehen wir für Qualität oder für Quantität der Versorgung? Grundsätzlich ist es so, dass der Patient das Krankenhaus wählt, das eine sehr hohe Qualität liefert. Das hat etwas damit zu tun, dass dort auch viele Operationen – oder Geburten in diesem Fall – geleistet werden müssen, und mehr Geburten bedeuten natürlich auch mehr Qualität in diesem Bereich; und wenn die Kliniken wenige Geburten haben, dann kommen sie irgendwann an die Qualitätsgrenze.
Es hat auch etwas mit dem Personal zu tun. Wenn Sie für einen Arzt und sechs Hebammen 600 Geburten brauchen, um die Qualität zu sichern und das Personal im ländlichen Raum bereitzustellen, dann kommen Sie auch dort an Grenzen, wenn es zu wenige Geburten gibt. Die Geburtenzahlen kann man ja messen. Also, das Argument, es gebe jetzt mehr Geburten, ist schnell aufgebraucht, wenn es tatsächlich zu wenige sind. Qualität und Quantität muss man immer ins Verhältnis setzen.
In Ihrem Antrag fordern Sie die Erhebung einer Datengrundlage, besonders was die Hebammen betrifft. Bei den Hebammen ist es so, dass wir bereits Haushaltsmittel für die Hebammenstudie eingesetzt haben. Das war damals auch ein fraktionsübergreifender Beschluss. Diese Studie soll dann im April 2018 vorgestellt werden. Danach kann man dann die Versorgungssituation bewerten. Die Hebammenstudie kann eine Grundlage für die Versorgungsplanung sein.
Ferner fordern Sie die wohnortnahe Geburtshilfe. Wenn Sie sich ansehen, dass im Freistaat Sachsen 41 Krankenhäuser Geburtenstationen haben und dass der Bürger – in dem Falle die Patientin – keine unzumutbaren Fahrtwege zur Geburtsstation haben soll, dann ist die Versorgung im Land auch gedeckt.
Die CDU-Fraktion setzt sich besonders dafür ein, dass die entsprechenden Fachrichtlinien der Qualitätssicherung vor Ort umgesetzt werden.
Eine Anmerkung will ich grundsätzlich noch zu den Krankenhäusern machen: Das ist die wohnortnahe Krankenhausversorgung, die natürlich wichtig ist, aber die auch mit anderen Mitteln gewährleistet werden muss. Wenn Sie sich heute bei den Krankenhausstrukturen beispielsweise die Telemedizin anschauen, die den Bürger näher an den Arzt rückt, dann ist es besonders wichtig, sich über Alternativen der Versorgung im ländlichen Raum Gedanken zu machen.
Ich führe erst einmal zu Ende aus. – Ich gehe nämlich noch auf die stationäre und ambulante Geburtshilfe ein, die Ihr Antrag unter Punkt 4 aufgreift. Hierfür ist der Freistaat nicht zuständig. Vertreter der Selbstverwaltung sind hier am Werk.
Wenn Sie sich die Krankenkassen und Hebammenverbände anschauen, stellen Sie fest, dass das die entsprechenden Akteure sind, die Sie hierbei ins Feld führen. Man muss auch sagen, weil Sie die Hebammen angesprochen hatten: Die Hebammen haben kürzlich – das war im September – einen Lohnzuwachs in Höhe von 17 % erhalten. Auch hierbei ist etwas für die Berufsgruppe der Hebammen getan worden.
Zu Punkt 5 Ihres Antrages. Sie gehen noch einmal auf den Sicherstellungszuschlag ein. Wir haben hier wiederum die Abwägung zwischen dem Geld, das man vor Ort für die entsprechenden Ärzte oder Hebammen ausgibt – man kann sich immer darüber streiten, ob man mehr Hebammen und mehr Ärzte einstellt, wenn man sie denn hat – und der Erfahrung. Dabei ist die Frage: Selbst wenn Sie einen Arzt hinstellen und nur wenige Geburten stattfinden, dann hat er halt auch sehr wenig Erfahrungen. Das ist nicht der Anspruch an Qualität, der vom Gemeinsamen Bundesausschuss verfolgt wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Seit der 3. Wahlperiode sprechen wir über die Vergütung der freiberuflichen Hebammen. Erst mit dem letzten Haushaltsplan setzt das Sozialministerium Akzente mit einer eigenen Haushaltsstelle und einer neuen Form der Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Hebammenverband. Das ist, nachdem wir und auch DIE GRÜNEN über zehn Jahre gekämpft haben, ein absolutes Highlight.
Die AfD-Fraktion springt jetzt auf einen Zug auf, der gerade einmal beginnt, Fahrt aufzunehmen. Sie hat bis jetzt nichts dafür getan.
Schauen wir uns Ihren Antrag einmal an. Sie fordern die Staatsregierung auf, sich auf allen Ebenen einzusetzen. Das ist erst einmal nicht falsch. Sie haben einige Ebenen genannt, aber viel zu viele weggelassen, Herr Wendt. Die Erstellung einer tragfähigen Datengrundlage zur Tätigkeit der Hebammen ist nach Auskunft des Ministeriums in Arbeit. Herr Wehner erwähnte es bereits.