Protocol of the Session on December 13, 2017

Daher wäre es mir wichtig, die Lehrerbildung statt mit einer ministeriellen Verordnung – nämlich der Lehramtsprüfungsordnung I und II – mit einem gesellschaftlich breit diskutierten und vom Parlament verabschiedeten Gesetz zu untersetzen, wie es in den meisten Bundesländern auch der Fall ist. Dazu bedarf es aber politischer Mehrheiten, weil – es ist auch angesprochen worden – das Kultusministerium eine gewichtige Rolle – das ist auch

richtig so – bei der inhaltlichen Gestaltung der Lehrerbildung hat. Letztendlich sind das Kultusministerium, die Schulen die Abnehmer der Lehrerinnen und Lehrer.

Jede lehrerbildende Hochschule muss sich der Verantwortung für die Qualität und die Inhalte der Lehrerbildung genauso bewusst sein wie wir als politisch Verantwortliche. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei den Universitäten in Dresden, Leipzig und Chemnitz sowie unseren beiden Musikhochschulen für ihre enormen Anstrengungen in den vergangenen Jahren zur Bewältigung der Lehramtsumstrukturierungen und vor allem der hohen Zahl der Lehramtsstudierenden bedanken.

Welcher Studiengang musste schon innerhalb von wenigen Jahren die Zahl der Studierenden von 900 auf 2 400 erhöhen?. Allein an den Universitäten in Dresden und Leipzig studiert jeder fünfte Student mittlerweile ein Lehramt. An den Musikhochschulen sind es fast 50 % der dort Studierenden. Dazu kommen noch die Seiteneinsteigerprogramme, die eine sehr hohe Flexibilität der Universitäten und der Lehrkräfte erforderlich machen. Die Hochschulen sind jetzt an einem Punkt angekommen, der eine weitere Steigerung schon allein logistisch nicht mehr möglich macht.

Die Absolventenzahlen sind im Jahr 2016 erheblich von 820 im Vorjahr auf 1 316 gestiegen. Das ist das erste Ergebnis der Steigerung der Immatrikulationen seit 2012. Wir konzentrieren uns jetzt auf die Qualität und auf die Senkung der Studienabbrecherquoten, um möglichst viele Studienanfänger auch erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Die Zentren für Lehrerbildung – Frau

Dr. Maicher, Sie haben vollkommen recht – haben eine zentrale Rolle dabei. Sie waren ein wichtiger Fortschritt in der Entwicklung der Lehramtsausbildung, weil die Zentren für Lehrerbildung überhaupt der Lehrerbildung an den Universitäten erstmals einen Ort gegeben haben.

Viele wissen gar nicht, dass Lehrerbildung, mit Ausnahme der Grundschullehramtsausbildung und der Berufsschullehrerausbildung, an den Hochschulen gar keinen Ort hat, keine Fakultät, die sich wirklich dafür verantwortlich fühlt. Von daher waren die Zentren für Lehrerbildung eine ganz zentrale Institution, und sie sind in den letzten Jahren auch in ihrer öffentlichen Wahrnehmung, auch innerhalb der Universität, gestärkt. Herr Prof. Gehrmann hatte dies in der Anhörung sehr deutlich gemacht.

Es bedarf jetzt eines gewissen Maßes an Kontinuität bei den Hochschullehrkräften, der Lehrer der Lehrer. Aktuell bewältigen die Hochschulen diese Herausforderung mit einer hohen Zahl befristet beschäftigter Lehrkräfte, die aus dem Bildungspaket – sprich mit den zusätzlichen Mitteln aus dem Hochschulpakt des Bundes – finanziert werden.

Aline Fiedler hat es bereits gesagt: Es sind im Jahr zwischen 17 Millionen Euro und 20 Millionen Euro, die wir dafür zusätzlich einsetzen. Ich werde Sie mit dem nächsten Doppelhaushalt darum bitten, einen Teil dieser Stellen zu entfristen. Dies ist noch nicht geschehen. Frau Dr. Maicher, wie Sie wissen, haben wir einen laufenden

Haushalt. Wir müssen entfristen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, dass ein Teil der Hochschullehrkräfte sich auf die lukrativen unbefristeten Stellen im Schuldienst bewirbt. Erste Alarmsignale gibt es diesbezüglich bereits aus den Universitäten. Außerdem sollte die Grundschullehramtsausbildung – darüber sind wir uns ja einig – an der Technischen Universität Chemnitz mit Blick auf die Versorgung in der Region auf dauerhaft stabile Füße gestellt werden. Das kann in dieser Dimension nicht allein Aufgabe der Universität sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Situation ist es nicht sinnvoll, die Hochschulen erneut in eine Strukturreform – wie es der Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorschlägt – zu führen. Neben den von mir bereits genannten hohen Studierendenzahlen, die inhaltlich und logistisch zu bewältigen sind, gibt es an den Hochschulen aktuell immer noch drei Kategorien von Lehramtsausbildung: alte Staatsexamen, Bachelor

/Masterausbildung, neue Staatsexamen. Es wird auch eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2020, Frau Dr. Maicher, nichts daran ändern.

Die Expertinnen und Experten in der Anhörung des Wissenschaftsausschusses hatten deshalb den Gesetzentwurf als Diskussionsanstoß ausdrücklich begrüßt. Es wurde allerdings von der Mehrheit nicht empfohlen, den Entwurf anzunehmen. Diese Auffassung teile ich auch. Die vielfältigen kritischen Anmerkungen zum Entwurf können aus meiner Sicht auch nicht durch den aufgrund der Anhörung vorgelegten Änderungsantrag ausgeräumt werden.

Lassen Sie mich nur wenige Punkte nennen: Die im Gesetz vorgesehene Bachelor-/Masterstruktur für die Lehramtsstudiengänge in Sachsen wären eine Rolle rückwärts. Aber die Umstellung auf modularisierte Staatsexamenstudiengänge ist erst 2012/2013 erfolgt. Damals hat man eine Evaluierung der neuen Ausbildungsstrukturen, nämlich der Bachelor-/Masterstruktur, nicht abgewartet. Der erste Jahrgang von 2006/2007 war noch nicht einmal vollständig durchgelaufen. Insofern kann ich überhaupt nicht verstehen, wie vonseiten der AfDFraktion gesagt werden kann, dass sie nicht erfolgreich waren. Wir haben keine Evaluierung, wir wissen nicht, ob sie erfolgreich waren.

Diese Studienreform wurde abrupt abgebrochen. Das Gleiche wäre aber auch jetzt der Fall. Die Evaluierung ist auf den Weg gebracht und wird uns im kommenden Jahr zeigen, ob die Umstellung auf Staatsexamensstudiengänge sinnvoll war und welche Schlussfolgerungen wir für die weitere Gestaltung daraus zu ziehen haben.

Der Gesetzentwurf lässt auch offen, welche Probleme mit einer erneuten Strukturreform gelöst werden sollen. Darauf gibt er nämlich keine Antwort. Auch die Studierenden haben sich in der Anhörung gegen eine erneute Umstellung auf Bachelor und Master ausgesprochen.

Ich möchte noch einen Punkt aufgreifen, der mir auch persönlich sehr wichtig ist: Ja, wir benötigen mehr Kompetenz angehender Lehrkräfte im Bereich der inklusiven

Pädagogik. Der Umgang mit Heterogenität ist eine zentrale pädagogische Kompetenz, die in Deutschland erst mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention überhaupt verstärkt in die Diskussion gekommen ist. Wir werden dazu Anstöße in der Lehramtsausbildung in Kürze auf den Weg bringen.

Aber wir dürfen das Kind auch nicht mit dem Bade ausschütten. Ich schätze Frau Prof. Langner sehr. Sie hat in der Anhörung sehr deutlich gesagt: „Das Lehramt für Sonderpädagogik soll laut Entwurf durch ein Lehramt für inklusive Pädagogik ersetzt werden. Das ist nicht das Gleiche. Es sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Ich würde mich vehement dagegen aussprechen, die Sonderpädagogik als nicht mehr notwendig zu betrachten. Auch wenn wir keine Sonderschulen mehr hätten,“ – wofür sich Frau Prof. Langner ausspricht – „wäre die Sonderpädagogik als Pädagogik unbedingt notwendig. Deutschland hat eine wunderbare Expertise in der Sonderpädagogik.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Einen Punkt möchte ich noch positiv herausheben: Sie haben die Einführung eines bildungswissenschaftlichen Masterstudiengangs vorgeschlagen, der zu einem vollwertigen Lehramtsabschluss führen könnte. Diesen Weg berate ich gerade mit den Hochschulen, um kurzfristig sinnvolle Wege für mehr qualifizierte Lehrkräfte zu erschließen. Dazu benötigen wir aber kein Lehrerbildungsgesetz, sondern lediglich die Abstimmung mit dem Kultusministerium, ob ein solcher Weg dort auf Anerkennung stoßen könnte.

Ebenso arbeiten wir gemeinsam mit dem Kultusministerium an der Lösung der Übergangsprobleme vom ersten Staatsexamen in das Referendariat. Aktuell gehen uns noch zu viele Absolventen durch die Wartezeit verloren, denn alle anderen Länder stellen zeitnah ins Referendariat ein. Wir werden die Prüfungslast für Studierende und Lehrkräfte im ersten Staatsexamen verringern, um Ressourcen sowohl an den Hochschulen als auch an den Schulen besser einzusetzen. Auch ein Ein-Fach-Lehrer in Musik und Kunsterziehung mit einer Qualifikation in Kunst- und Musikpädagogik für den Freizeitbereich darf kein Tabu sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir sollten uns momentan – das war mein eigentliches Plädoyer – darauf konzentrieren, zunächst die dringlichsten Probleme im Bereich der sächsischen Schulen und der Lehramtsausbildung zu lösen. Ich habe einige davon angerissen. Das heißt nicht, dass ein Lehrerbildungsgesetz grundsätzlich kein sinnvoller Weg – auch in Sachsen – sein kann. Der vorgelegte Entwurf ist eine Diskussionsgrundlage. Er geht mir nicht weit genug, ist aber für heute kein zustimmungsfähiger Gesetzentwurf, da wir aktuell andere Probleme zu lösen haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Staatsregierung sprach Frau Staatsministerin Dr. Stange. Meine Damen

und Herren, da der Ausschuss Ablehnung empfohlen hat, ist die Grundlage für die Abstimmung der Gesetzentwurf, und entsprechend § 46 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen daher vor, darüber artikelweise zu beraten und abzustimmen. Wenn es keinen Widerspruch gibt, verfahren wir so.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Oh, pardon! Ja, doch.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Reform der Lehrerausbildung im Freistaat Sachsen, Drucksache 6/9508, Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE. Wir stimmen über den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE ab.

Es liegt folgender Änderungsantrag vor: Drucksache 6/11533, Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE. Soll dieser begründet werden? – Bitte, Frau Kollegin Dr. Maicher.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfes im Mai haben wir versprochen, dass wir unsere Vorschläge mit allen besprechen, die an der Lehramtsausbildung mitwirken oder von ihr betroffen sind. Dies haben wir nicht nur getan, um Beteiligung anzudeuten, wie etwa beim Schulgesetz, sondern tatsächlich mit dem Anspruch, sinnvolle Vorschläge aufzunehmen. Deshalb dieser umfassende Änderungsantrag, der übrigens viele Punkte, die Sie kritisiert haben, aus der Anhörung aufgenommen hat.

Wir verankern Medienkompetenz als Teil der Lehramtsausbildung. Selbst der Kultusminister hat auf Anfrage meiner Kollegin Petra Zais eingeräumt, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer in die Lage versetzt werden müssen, ihren Schülerinnen und Schülern den verantwortungsvollen Umgang mit Kommunikationsmedien zu vermitteln.

Bei den Praxiselementen haben wir uns nach der Anhörung entschieden, die Vorgaben zu den schulpraktischen Übungen in der Bachelorphase zu liberalisieren. Die Hochschulen und Ausbildungsschulen wissen selbst am besten, welche Art von Praxis für die Studierenden richtig ist. Damit das Praxissemester im Masterstudium für die Studierenden zielführend ist, haben wir deutlicher verankert, dass schulische Praxis und die Reflexion dazu an den Hochschulen abwechselnd stattfinden.

Bei den Zentren für Lehrerbildung haben wir die entscheidende Stellung der Zentren bei der Studienplanung noch einmal geschärft und klarer herausgearbeitet, dass sie auch für die Bildungsforschung und die Qualitätssicherung zuständig sind. Es ist wichtig, dass sie auch in den Gremien vertreten sind; denn dort werden die Entscheidungen über Studiendokumente und Professorenberufung gefällt oder zumindest beraten. Deshalb erhalten die Zentren in den akademischen Senaten und Fakultätsräten einen beratenden Sitz.

Wie schon ausgeführt, ist uns wichtig, dass die Hochschulen ausreichend Zeit für die Vorbereitung der Reform

haben. Ursprünglich hatten wir dafür ein Jahr vorgesehen, aber die Sachverständigen haben uns überzeugt, diese Frist auf zwei Jahre zu erweitern.

Wir sind außerdem davon überzeugt, dass der Landtag überprüfen muss, wie die Gesetze umgesetzt werden. Deshalb möchten wir jetzt regeln, dass ein Jahr vor Inkrafttreten der neuen Studienstruktur dem Landtag berichtet wird, wie es um den Umsetzungsstand bestellt ist. Dass wir immer noch keine Evaluation der vorhergehenden Umstrukturierungen haben, liegt daran, dass diese Regierung sie so lange verschleppt hat und sie bisher nicht angepackt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben für den vorliegenden Gesetzentwurf viel Zuspruch aus der Praxis enthalten. Die heute vorgelegten Änderungen nehmen viele Punkte aus den zahlreichen Fachgesprächen – überall, in Chemnitz, Dresden, Leipzig –, aus den Diskussionsrunden und aus der Anhörung im Sächsischen Landtag auf. Deshalb bitten wir Sie um Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das war die Begründung. Gibt es Gegenreden? – Bitte, Frau Kollegin Fiedler, gleich von Mikrofon 6 aus.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde gern noch kurz erläutern, warum wir den Änderungsantrag ebenfalls ablehnen: weil er bei der ursprünglichen Idee bleibt, die Lehrerausbildung durch ein Lehrerbildungsgesetz zu regeln. Das halten wir in der derzeitigen Situation nicht für sinnvoll. Er bleibt auch inhaltlich bei dem, was sich in der Anhörung als nicht praktikabel herausgestellt hat: unter anderem die Rückkehr zum Bachelor- und Masterstudiengang.

Was ebenfalls zu regeln ist und wo wir Handlungsbedarf sehen, ist, die Themen Medienkompetenz und Digitalisierung aufzunehmen. Das ist richtig, wie auch der Kultusminister gesagt hat. Er hat jedoch nicht gesagt, dass es im Rahmen eines Lehrerbildungsgesetzes zu tun sei, sprich: Die Dinge, die jetzt notwendig sind, werden angegangen. Aber wir brauchen dazu nicht dieses Lehrerbildungsgesetz. Da Ihr Antrag dies nach wie vor zum Grundsatz hat, werden wir auch Ihrem Änderungsantrag nicht zustimmen.

Gibt es weiteren Redebedarf? – Herr Kollege Mann, bitte.

Ich möchte ebenfalls kurz dazu ergänzen und begründen, warum wir den Änderungsantrag ablehnen. Das eine ist: Bei der darin vorgeschlagenen Änderung zur Betreuung der Praxisphasen zwischen Universität und Schulen bleibt völlig vage, wer vermitteln und während der Phasen betreuen soll. Da es eine entscheidende Phase für Lehramtsstudierende ist, Erfahrungen zu sammeln, halten wir die fehlende Verankerung auf

einer institutionellen Ebene für falsch, um nicht zu sagen, für gefährlich.

Zum anderen teilen wir zwar das Ansinnen, die Zentren für Lehrerbildung innerhalb der Universitäten zu stärken, aber der vom Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgesehene Weg, sie in alle Fakultätsräte zu setzen, bedeutet im Zweifelsfall, dass Menschen, die Lehrer bilden sollen, jeden Monat in einer zweistelligen Anzahl von Gremien sitzen und nicht die Arbeit machen können, für die wir sie an den Hochschulen eigentlich haben wollen und bezahlen. Unter anderem deshalb lehnen wir diesen Änderungsantrag ab.

Danke. Gibt es weiteren Redebedarf? – Das kann ich nicht erkennen. Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen über den Änderungsantrag in der Drucksache 6/11533 ab. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Eine ganze Anzahl von Stimmenthaltungen, damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE. Wer der Überschrift seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Viele Stimmenthaltungen, damit abgelehnt.

Artikel 1, Sächsisches Lehrerbildungsgesetz. Ich bitte um das Handzeichen bei Zustimmung. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Eine ganze Anzahl von Stimmenthaltungen, trotzdem abgelehnt.