Protocol of the Session on November 16, 2017

Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, erlauben Sie mir eine Bitte zum Schluss: Bitte ersparen Sie uns Orthografiefehler.

(Oh-Rufe von den LINKEN)

Es ist teilweise haarsträubend, was Sie in dieser Anfrage für Orthografiefehler gemacht haben. Ich habe mir nur zwei Beispiele herausgeschrieben: Sie schreiben „Fachtierärzt-Sternchen-innen“, Sie schreiben „Jurist-Sternchen-innen“. Das hat mit den Festlegungen der orthografischen Sprache überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Es handelt sich hier um einen Fachtierarzt oder um eine Juristin, aber nicht um dieses komische Kauderwelsch. Der Bürger erwartet von uns eine klare und verständliche und vor allem auch eine deutsche Sprache. Ich möchte bitten, dass wir dabei bleiben.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Das ist Deutsch! – Carsten Hütter, AfD: Jetzt muss ich endlich mal klatschen! – Beifall bei der CDU und des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, das alte Sprichwort sagt: Man soll den Bissen nicht größer nehmen, als der Mund ist. Dennoch ist es nach der Lektüre

der Anfrage erlaubt zu sagen: Die Lebensmittelkontrolle in Sachsen ist und bleibt auf hohem Niveau.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste erhält Frau Simone Lang für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor zwei Jahren habe ich in meinem Erzgebirgskreis Herrn Maschke, einen Lebensmittelkontrolleur, begleiten dürfen. Es war ein lehrreicher Tag. Zwischen einem Unternehmen, welches in der Mittagessenversorgung von Schulen und Kitas tätig ist, und einer örtlichen Fleischerei habe ich vom Berufsbild eines Lebensmittelkontrolleurs einen guten Eindruck erhalten. Ich konnte erleben, welche vielfältigen Aufgaben die Lebensmittelkontrolleure haben, aber auch die zu bewältigenden Anforderungen an die Hygiene in den Unternehmen.

Das, was ich damals praktisch erfahren konnte, ist mit der Großen Anfrage der LINKEN nun auch mit Zahlen ein bisschen besser unterlegt. Wir lernen einiges über die Struktur der Lebensmittelüberwachung und die Arbeit der Menschen, die täglich für uns Lebensmittel prüfen. Einige Fragen wurden nicht beantwortet mit dem Verweis darauf, dass man zu keiner Bewertung verpflichtet ist. Das ist auch das Recht der Staatsregierung.

Wir müssen uns aber ehrlich eingestehen, dass einige der nicht beantworteten Fragen sich um kritische Fragen drehen, vor denen wir bei der Lebensmittelüberwachung stehen. Auf diese werden wir auf jeden Fall Antworten finden müssen; denn es ist unsere Pflicht und Verantwortung gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch gegenüber den Kontrolleurinnen und Kontrolleuren, dass wir die Lebensmittelüberwachung in Sachsen in die Lage versetzen, gut arbeiten zu können.

Im Moment steht die Lebensmittelüberwachung aber vor Problemen. In der Landesuntersuchungsanstalt fallen jährlich Stellen über die berühmt-berüchtigten kw-StellenVermerke weg. Sollte das auch noch in Zukunft so sein, dann sind es bis zum Jahr 2020 61 Stellen, die noch geplant sind. Bereits heute aber haben die Kontrolleurinnen und Kontrolleure in Quantität und Qualität Herausforderungen und Anforderungen an ihre Arbeit zu erfüllen, sowohl was den gesetzlichen Anspruch, aber auch was ihre eigenen Vorstellungen von ihren Aufgaben und ihrer Arbeitserfüllung angeht. Sie können also nicht mehr in dem Umfang kontrollieren, wie sie wollen. Für mich als ausgebildete Krankenschwester ist das so, als wenn ich sagen muss: Ich habe keine Zeit und kann nur noch alle drei Wochen Staub mit Desinfektionsmitteln wischen. Das geht überhaupt nicht und ist fahrlässig.

Nun fallen nicht nur zunehmend die Stellen weg; aus Daten lässt sich, wenn auch nicht vollständig, erkennen: Wir haben eine recht hohe Altersstruktur. In zehn Jahren werden wir eine nicht unwesentliche Lücke haben. Die

muss dann gefüllt werden. Aber mit wem? Denn es ist nicht zu erwarten, dass dann plötzlich alle verfügbaren Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure nach Sachsen strömen. Der Beruf hat jetzt schon mit Nachwuchsmangel zu kämpfen. Es gibt kaum interessierte junge Menschen. Hinzu kommt die Konkurrenz zwischen den Bundesländern. Es ist eine Situation, die uns allen aus inzwischen vielen Bereichen bekannt vorkommen dürfte, sprich: Schule, Polizei und Verwaltung. Auf so etwas muss man sich vorausschauend einstellen. Man muss sich zwingend perspektivisch um junge Menschen bemühen.

Im Falle der Lebensmittelkontrolleure kommt noch ein weiteres Problem hinzu: In der theoretischen Ausbildung werden für Sachsen die Plätze knapp. Nachdem die Verwaltungsakademie Berlin weggefallen ist, gibt es nur noch in Bayern, Baden-Württemberg und NordrheinWestfalen weit entfernte Fortbildungsmöglichkeiten. Der Verband der Lebensmittelkontrolleure sagt dazu selbst – ich zitiere –: „Weiterhin halten wir die Entfernung zu den derzeit vorhandenen theoretischen Fortbildungsstätten für die angehenden sächsischen Lebensmittelkontrolleure, die sich aufgrund der für diesen Beruf erforderlichen Vorbildungen, zum Beispiel Meister in einem Lebensmittelberuf oder abgeschlossenes Fachhochschulstudium, bereits mitten im Familienleben befinden, für untragbar.“

Als ich damals mit Herrn Maschke durch das Erzgebirge fuhr, konnte ich neben dem Kennenlernen dieses verantwortungsvollen Berufes auch einige sich auftuende Probleme erahnen. Sowohl der regelmäßige Kontakt mit dem Verband der Lebensmittelkontrolleure als auch diese Große Anfrage haben die ersten Ahnungen noch verstärkt. Wir werden uns in diesem Bereich dringend vorbereiten müssen. Deshalb steht das bei mir und meiner Fraktion auf dem Aufgabenzettel der nächsten Haushaltsverhandlungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Als Nächstes spricht Herr Hütter für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben nun schon einiges zur Lebensmittelüberwachung gehört. Hier ist natürlich ein Fokus auf die Landesuntersuchungsanstalt zu legen. Diese ist schließlich für die Untersuchung und Begutachtung von Proben verantwortlich. Unverantwortlich ist, dass dort 61 von 200 Planstellen bis 2020 gestrichen werden sollen. Es werden also 30 % des Personals abgebaut. Als Folge wird ein Kompetenz- und Leistungsverlust erwartet. Letzteres ist sogar im Abschlussbericht der Kommission zur umfassenden Evaluation der Aufgaben Personal- und Sachausstattung nachzulesen.

Im Koalitionsvertrag ist hingegen nachzulesen, dass man sich für eine moderne technische Ausstattung und genügend Ressourcen einsetzen möchte. Da fragt man sich, wie das Ganze zusammenpassen soll. Wie wichtig eine

gute Ausstattung der Lebensmittelüberwachungsbehörden ist, zeigen die Lebensmittelskandale der letzten Jahre. Ich benenne nur wenige, die den meisten wahrscheinlich noch bekannt und bewusst sein werden.

1996 wurde abgelaufenes Fleisch umetikettiert und weiterverkauft. 2006 wurde in München seit Jahren abgelaufenes Dönerfleisch verkauft. 2011 wurde Dioxin in Eiern gefunden. 2013 wurde massenhaft Pferdefleisch in Fertiggerichten gefunden. Dieses Jahr beherrschte der Fipronilskandal in Eiern die Schlagzeilen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Das Wichtigste in all solchen Fällen ist die schnelle Reaktion und ein entschlossenes Handeln der Behörden. Nur so kann ein Schaden vom Verbraucher abgewendet werden. Hierfür braucht man ausreichend Personal und Ausstattung bei den Lebensmittelüberwachungsbehörden. Man braucht auch eine enge Kooperation mit den Behörden der anderen Bundesländer, des Bundes und anderer Staaten. Außerdem ist die Transparenz über die Herstellungs- und Verarbeitungswege sehr wichtig.

Die Lebensmittelskandale zeigen sehr deutlich, dass genau dies nicht immer richtig funktioniert. Der erst jüngst bekannt gewordene Fipronilskandal ist ein Paradebeispiel für das Versagen der derzeitigen europäischen Zusammenarbeit. Belgische Behörden wussten bereits ab dem 2. Juni 2017, dass dieses Produkt in den Eiern gefunden wurde. Die erste Meldung in das europäische Schnellwarnsystem erfolgte erst gut sieben Wochen nach Feststellung. Bis zum Rückruf in Deutschland verging eine weitere Woche. Zu diesem Zeitpunkt waren die Eier längst exportiert, verarbeitet oder verkauft.

Werte Abgeordnete! Selbst eine Schnecke kriecht schneller, als hier die Gefahr aus dem Weg geräumt werden konnte. Bisher wissen wir nicht, in welchem Kuchen die belasteten Eier gelandet sind. Es ist wahrscheinlich schon so weit gediehen gewesen, dass diese zu dem Zeitpunkt schon längst verzehrt worden waren. Wie schwierig Verarbeitungswege über Lieferanten- und Lieferlisten nachzuvollziehen sind, wissen wir natürlich selbst.

Was wir brauchen, ist eine höhere Transparenz durch die Kennzeichnung der Herkunft verschiedener tierischer Produkte. Nur so kann man den Verbraucher in die Lage versetzen, sich selbst zu schützen und zu informieren.

Lassen Sie mich noch einen weiteren wichtigen Punkt ansprechen, nämlich die Amtliche Lebensmittelkontrolle. Betriebe, die Lebensmittel herstellen, verarbeiten oder verkaufen, werden in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Die Beanstandungsquote ist seit Jahren recht stabil. Sie reicht beispielsweise im Jahr 2015 von etwa 9 % für Chemnitz bis 0,4 % in Nordsachsen. Das meiste sind leichte Verstöße, die mit einer Aufforderung zur Mängelbeseitigung erledigt werden konnten. Zu Ordnungswidrigkeiten oder sogar Straftaten kommt es so gut wie nie. Das ist für den Verbraucher sehr erfreulich. Dennoch herrscht für den Verbraucher auch hier null Transparenz.

Es ist unverständlich, dass der Verbraucher keinerlei Möglichkeit hat, sich über die Ergebnisse von Prüfungen zu informieren. Er muss sich quasi blind darauf verlassen, dass die Betriebe immer vorschriftsmäßig arbeiten. Das reicht aber vielen Bürgern nicht, und zwar zu Recht. Eine Umfrage von Foodwatch aus dem Jahre 2010 ergab, dass sich 93 % der Befragten für die Einführung eines Kennzeichnungssystems für Lebensmittelbetriebe aussprachen.

Liebe Regierungsparteien, nehmen Sie zur Abwechslung einmal den Bürgerwillen ernst und erhöhen Sie die Transparenz. Das wäre zumindest ein guter Anfang.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Als Nächstes spricht zu uns Herr Kollege Zschocke für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kommen die Folgen von mangelnder Lebensmittelüberwachung erst einmal ans Licht, dann ist die Entrüstung groß.

2014 gab es einen länderübergreifenden Salmonellenausbruch durch Eier der Firma Bayern-Ei. Erst nach und nach zeigte sich das Ausmaß. Hunderte erkrankten, darunter waren elf Personen aus Sachsen.

Betrachtet man anhand eines solchen konkreten Falles das länderübergreifende System der Lebensmittelüberwachung, offenbart sich, wie Verantwortung gern hin und her geschoben wird: nicht zuständig, kein Personal, zu wenig Laborkapazität, fehlende oder veraltete Ausstattung. Das Problematische ist, dass sich die zuständigen Behörden in diesem Fall offenbar überhaupt nicht um mögliche Vertriebswege der belasteten Eier gekümmert haben. Deshalb kam es zu Erkrankungen in verschiedenen europäischen Ländern. Solche Überwachungsmängel können in der Folge zu lebensgefährlichen Bedrohungen in ganz anderen Regionen führen.

Diese Verunsicherung führt dazu, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher bestimmte Lebensmittel inzwischen als Risikoprodukte betrachten. Das kann nicht im Sinne all derer sein, die gut und ordentlich produzieren.

Fälle wie der Bayern-Ei- oder Fipronilskandal offenbaren eben nicht nur inakzeptable Bedingungen in den Betrieben, sondern auch die Kontrolldefizite in diesen Bereichen. Ich muss es deutlich sagen: Personell schlecht ausgestattete Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter geraten in der Auseinandersetzung mit solchen Betrieben dann ganz schnell an ihre Grenzen.

Meine Damen und Herren! Der Schutz des Menschen vor möglichen Gefahren hat höchste Priorität. Das muss hohes Qualitätsmanagement und vor allem ausreichendes Personal auch für unangemeldete behördliche Kontrollen bedeuten. Das kann Verbrauchervertrauen stärken.

Die Antworten der Staatsregierung auf die Große Anfrage der LINKEN sind nicht wirklich ein Beitrag dazu, Ver

brauchervertrauen zurückzugewinnen. Weder zum Bereich Personal noch zur technischen und finanziellen Ausstattung oder zur Kontrolldichte bis hin zu den eingeleiteten Strafverfahren gibt es befriedigende, geschweige denn beruhigende Antworten von der Staatsregierung. Auf die für Verbraucherinnen und Verbraucher letztendlich zentrale Frage, ob die Lebensmittelüberwachung funktioniert oder wir uns Sorgen machen müssen, gibt die Staatsregierung nicht wirklich eine Antwort. Sie redet sich mit dem eher lapidaren Verweis auf das formale Recht heraus, auf Bewertung verzichten zu können.

Ich komme jetzt zu den konkreten Antworten, als Erstes zum Thema Personal. Es wurde gesagt, dass bei der Landesuntersuchungsanstalt bis 2020 weitere Stellen in Größenordnungen wegfallen sollen. Die eingesetzte Personalkommission der Staatsregierung stellt dazu fest, dass dadurch ein Kompetenz- und Leistungsverlust erwartet wird, obwohl die Koalitionspartner in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, sich dafür einzusetzen, dass die LUA weiterhin eine moderne technische Ausstattung und genügend Ressourcen zur Verfügung hat.

Es ist nicht wirklich erkennbar und den Antworten zur Großen Anfrage nicht zu entnehmen, welche Pläne die Verbraucherschutzministerin hinsichtlich der Personalentwicklung im Bereich der Lebensmittelüberwachung hat.

Leider, Frau Lang, widersetzt sich Ihre Regierung der dringend notwendigen Entwicklung eines zukunftsfähigen Personalkonzepts für die Landesverwaltung, wie wir es vor einigen Monaten gefordert haben. Aber auch in den kreisfreien Städten und Landkreisen, in denen die Hauptarbeit der Lebensmittelüberwachung geleistet wird, sieht es nicht besser aus. Auch hier gehen in den nächsten 15 Jahren große Teile des Fachpersonals in den Ruhestand und es ist nicht absehbar, woher die Nachfolger kommen sollen. Zur Frage, ob die Empfehlung für die personelle Ausstattung der unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden noch den aktuellen Anforderungen entspricht, will sich die Staatsregierung nicht äußern. Selbst die zehn Jahre alte Empfehlung für die Personalausstattung der unteren Behörden will sie für die Kreise nicht verbindlich abgeben. Der Hintergrund ist mir klar: Es darf nichts mehr kosten.

Zur technischen Ausstattung. Bei der Ausstattung der Überwachungsbehörden in den Kreisen stellen Sie sich weitgehend ahnungslos, da dies ja eine Pflichtaufgabe der Kreise ist. Deshalb sind Ihnen auch keine Angaben zur Mittelausstattung bekannt. Wenn man sich dann die Anlagen genau anschaut, stellt sich jedoch heraus, dass offenbar von den Kreisen Angaben übermittelt wurden, wonach beispielsweise das Fachpersonal in mehreren Kreisen erfolglos um Mittel zur Erneuerung der Schutz- und Hygienekleidung kämpft – nachzuvollziehen in Anlage 10. Sie erklären jedoch in Ihrer Antwort auf Frage IV.15 lapidar, dass die persönliche Schutz- und Hygienekleidung des Personals der unteren Überwa

chungsbehörden völlig ausreichend sei. Da passt etwas nicht zusammen!

Herr Fischer, es kommt doch nicht darauf an, ob jemand eine Schweinehälfte im Kofferraum hatte oder nicht. Entscheidend ist doch, dass man in den Kreisen auf die Nutzung des Privat-Pkws angewiesen ist. Dabei wundert es mich nicht, dass die Staatsregierung von einer Bewertung dieser Zustände absieht; denn das ist ein Unding.