Protocol of the Session on November 16, 2017

Reisegepäck der Familie in den Kofferraum, in dem gestern noch die Proben lagen. Nun können Sie sich einmal kurz verinnerlichen, wie Sie eine solche Fahrt finden würden.

(Sebastian Fischer, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Fischer?

Sehr geehrte Frau Kollegin, bisher war es mir so bekannt, dass Proben von Schweinen genommen werden, die zur Probenentnahme und Bestimmung verbracht werden. Welcher Fall in welchem Landkreis in Zuständigkeit welchen Amtes ist Ihnen bekannt, bei dem ein Veterinärkontrolleur ein ganzes Schwein in seinem Kofferraum inklusive Einhaltung der Kühlkette transportieren musste?

Ich habe das nur als Beispiel genannt. Natürlich entnimmt man nur Teile, aber es können auch Schweinehälften sein, die man entnehmen muss, und ja, das ist schon vorgekommen. Ich kann Ihnen jetzt aber nicht den genauen Ort nennen. Das kann ich Ihnen nachliefern.

(Sebastian Fischer, CDU: Ich bitte darum!)

Das, was ich bisher nannte, würde schon als Zumutung reichen. Aber es kommt noch eine schwerwiegendere Sache hinzu. Wie in allen Berufen, die mit Kontrollen zu tun haben, sind diejenigen, die kein gutes Ergebnis ausgestellt bekommen, mitunter sehr unzufrieden. Das gilt auch für die Betriebe, die von Lebensmittelkontrollen ein negatives Zeugnis ausgestellt bekommen. Wenn nun also Kontrolleurinnen oder Kontrolleure mit ihrem eigenen Pkw unterwegs sind, kann es passieren, dass sich die Wut der Kontrollierten an den Kontrolleuren als Privatperson entlädt. So ist es vorgekommen, dass beim Privatauto der Kontrolleurinnen und Kontrolleure die Reifen zerstochen oder die Scheiben beschmiert wurden.

Wenn Sie nun also denken, die Zahlung einer Wegstreckenentschädigung oder im Notfall die Nutzung des Fahrzeugpools des Landratsamtes würde ausreichen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Die Gespräche mit denjenigen, die diese Arbeit machen, sind eindeutig. In diesem Fall muss es ein spezielles Dienstfahrzeug geben. Es kann nicht angehen, dass wir erwarten, dass die Kontrolleure Proben mit ihrem Privat-Pkw fahren.

Das nächste Problem ist die mobile Datenerfassung. Sie wird in allen Landkreisen und kreisfreien Städten verwendet. Jedoch sind hier Erweiterungen und Verbesserungen durchaus nötig. Die Staatsregierung spricht von einer beabsichtigten Verbesserung, ohne jedoch einen Zeitraum zu definieren. Obwohl die Software vom Landesrechnungszentrum betrieben wird, für eine problemlose Nutzung in einigen Bereichen die Verbesserung der ITTechnik notwendig, wobei vor Ort meist die finanziellen Mittel fehlen.

In Sachsen existiert zurzeit kein zentrales System zur Entgegennahme von anonymen Hinweisen auf nicht rechtskonforme Zustände in Unternehmen im Lebensmittelbereich. Die Staatsregierung weist auf das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelüberwachung hin, das solche Hinweise entgegennimmt. Eine eigene Stelle neben der Stelle des Beauftragten des Ministeriums für Bürgerfragen wäre dagegen sinnvoll, um schnell und zielgerichtet eine Bearbeitung zu gewährleisten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus der Großen Anfrage sind also vor allem drei zentrale Erkenntnisse gewonnen bzw. Missstände offenkundig geworden. Erstens der erhebliche Personalmangel, zweitens der wirklich große Nachbesserungsbedarf bei der Ausstattung und drittens die unabdingbare Notwendigkeit eines Dienstfahrzeuges. Zum Schutz aller Bürgerinnen und Bürger sollten nicht nur die offenen und die in naher Zukunft frei werdenden Stellen besetzt, sondern die Anzahl der Kontrolleure ausgeweitet werden, um den Kontrolldruck zu erhöhen. Es kann zwar nie eine hundertprozentige Sicherheit geben, dennoch können dadurch Menge und Mogelpackungen oftmals schon vor dem Entstehen des Skandals gefunden werden.

Abschließend möchte ich feststellen, dass die Lebensmittelkontrollen ein wichtiger Teil des gesundheitlichen und vorbeugenden Verbraucherschutzes sind und dass meine Fraktion mit der Großen Anfrage auf die Probleme in diesem Bereich hinweisen will. Das ist ein legitimes Mittel der Opposition. Wenn sich der Vertreter des Staatsministeriums bei der Versammlung des Vereins der Lebensmittelkontrolleure in Sachsen darüber beschwert, dass die Anfrage zur falschen Zeit kam, dann hätte das Ministerium um eine Verlängerung bitten können, statt sich über das Instrument der Kleinen und Großen Anfragen zu beschweren.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Kollegin Pfau sprach für die einbringende Fraktion DIE LINKE. Es folgt jetzt Herr Kollege Fischer für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor wir in die Debatte eintreten, würde ich darum bitten, das Thema Wein endlich einmal als erledigt zu betrachten.

(Janina Pfau, DIE LINKE: Das habe ich doch gerade gemacht!)

Es gibt bei der Debatte, die wir von vorn bis hinten leidvoll durchleben mussten, eine Sache, die doch wohl jeder hier im Plenum feststellen kann. Das ist der beste Beweis, dass eine Lebensmittelkontrolle effektiv organisiert ist und bei uns im Landkreis Meißen funktioniert.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Wurde! Wurde! – Zurufe von den LINKEN)

Das ist doch genau der Umgang mit dieser Sache. Der Skandal ist nun wirklich pressegemacht.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den LINKEN)

Deshalb bin ich der Meinung, das Gequake rundherum sparen wir uns und kommen lieber zu den Fakten.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ich gehe einmal mit gutem Beispiel voran, meine Damen und Herren. Wer von Ihnen hatte denn schon einmal Kontakt zur Lebensmittelkontrolle?

(Janina Pfau, DIE LINKE: Ich!)

Wer kennt die Arbeit direkt, die hier geleistet wird?

Bei der Gelegenheit kann ich von meiner beruflichen Erfahrung profitieren; denn ich war schon etwas erstaunt, als der Ruf durch meine Küche ging: „Achtung, die Hygiene ist im Anmarsch!“ Meine Damen und Herren, wir befinden uns im Sommer 1998, und ich als Lehrling durfte dabeisein. Der Ruf: „Achtung, Hygiene im Anmarsch!“ saß bei den Facharbeiterinnen und Facharbeitern in der Küchenbrigade. Der Puls schnellte nach oben. Nervöse Blicke wurden ins Kühlhaus geworfen. Schnelle hektische Aktivitäten folgten.

Nach etwa drei bis fünf Minuten kamen drei kritische Damen, die mit sorgenvollen Gesichtern alles unter ihren Blick nahmen: die Kühlhäuser, die Fritteusen, den Salamander, den Küchenboden. Weiterhin wurden danach die allseits gefürchteten Klatschproben von Gläsern, Tellern und Besteck genommen. Mir ist damals als kleiner Kochlehrling eines klar geworden: Die Lebensmittelkontrolle ist ein unverzichtbarer Bestandteil in allen Branchen, die mit Lebensmitteln umgehen. Die Lebensmittelkontrolle leistet, auch ohne dass sie jeden Tag präsent ist, einen ganz wichtigen Beitrag dafür, dass jeder, der mit Lebensmitteln umgeht, das auch hygienisch richtig macht.

Zu den Antworten. Beim Personal können wir eine kleine Tour d‘horizon unternehmen; das haben Sie in Ihrer Großen Anfrage auch gemacht. Es geht um die auf dem Arbeitsmarkt verfügbaren Lebensmittelkontrolleure,

deren Zahl begrenzt ist. Weiterhin wissen wir, dass die kommunalen Lebensmittelüberwachungsämter entsprechend ihrem Bedarf ausbilden und dass danach die Übernahme erfolgt. Man kann, weil Lebensmittelüberwacher nicht unbedingt ein Lehrberuf ist, hier natürlich nur in Verbindung mit der Praxis ausbilden. Dabei ist die kommunale Ebene, in dem Fall die Landkreise, gefragt. Die Ausbildungszahlen steigen leise an, die Altersstruktur wird ernstgenommen – zumindest habe ich diesen Eindruck, wenn ich mit meinem Veterinär im Landkreis Meißen rede.

Wir glauben aber trotzdem, dass eine Ausbildung auf Vorrat wenig sinnvoll ist; sie muss bedarfsgerecht und regional abgestimmt auf die Bedürfnisse der jeweiligen Landkreise sein. Deswegen sollte man vielleicht durchaus an der Bedarfsplanung, aber natürlich mit Augenmaß, optimieren und nicht mit Worten hantieren, wie Katastro

phe, der Untergang des Abendlandes steht bevor. Das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz setzt auf gleichbleibenden Personalbestand und nach der Auskunft, die Sie auch in der Großen Anfrage erhalten haben, gilt das auch für die Landesdirektion. Insofern sehe ich hier nicht dieses große Problem auf uns zurollen, das Sie eben beschrieben haben.

Die Lebensmittelüberwachung – daran möchte ich erinnern – ist eine weisungsgebundene Pflichtaufgabe der Landkreise. Die Finanzen – Sie haben es erwähnt, Frau Pfau – werden über das FAG durch den Freistaat verteilt. Daher können wir hier eigentlich nur über den Überbau diskutieren, nicht aber über die Aktivitäten der Landkreise. Wenn ich mit meiner Veterinärbehörde spreche, habe ich in der Tat den Eindruck, dass gute Arbeit geleistet wird, die nahe an der Gastronomie, an der Landwirtschaft und am Lebensmitteleinzelhandel ist. Das ist übrigens auch der Grund, warum wir Ihren Entschließungsantrag ablehnen werden, denn er greift zu kurz. Er lässt die Zuständigkeiten völlig außer Acht, und er ist dazu noch in einem alarmistischen Ton geschrieben, der mit der Realität wenig zu tun hat.

Weiter im Text. Wie Sie der Antwort entnehmen konnten, macht das Staatsministerium Angebote: Fortbildung zur Lebensmittelüberwachung, warenrechtliche Themen,

Fördermittelkontrolle – alles Themen, die ganz wichtig sind. Aber auch die Ausstattung konnten sie berücksichtigen. Da ist sogar bis aufs letzte Stück genau abgebildet, was genau wann wo wie beschafft wird, und zwar alles, von A wie Arbeitstasche über K wie Klebesiegel bis T wie Trockeneis, das ständig erneuert werden muss. Aber die Mittel stehen zur Verfügung. Deswegen sollte man vielleicht nicht nur aus dem Dresdner Turm die Statistik betrachten, sondern die Praxis entscheiden lassen, was anzuschaffen notwendig ist.

(Janina Pfau, DIE LINKE: Auch Lebensmittelkontrolleure?)

Sie haben nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung gefragt. Auch diese Frage ist beantwortet worden. Das passiert in diversen Drucksachen, die das Staatsministerium herausgibt. Es ist alles im Internet verfügbar. Ich habe heute früh hineingeschaut: Bis zum Jahr 2014 kann man alles herunterladen, es ist alles sichtbar.

Meine Frage ist letzten Endes, was Sie mit dieser Frage eigentlich bezwecken. Ich habe einen Verdacht. Wir hatten in der letzten Periode lange Zeit über die sogenannte Hygieneampel diskutiert. Ich denke: Sie wollen die Hygieneampel wieder durch die kalte Küche ins Spiel bringen.

(Janina Pfau, DIE LINKE: Nö!)

Wer das nicht kennt: Die Hygieneampel ist die Visualisierung der letzten drei Kontrollergebnisse auf einem Farbbogen, der am Eingang des Restaurants oder des Imbissbetriebes angebracht werden soll. Ich sage: Mir ist

ganz klar: Genau das, was damals galt, gilt auch heute. Ich sehe das durchaus kritisch.

(Zuruf der Abg. Janina Pfau, DIE LINKE)

Das kann im allgemeinen Konkurrenzkampf in der Gastronomie eingesetzt werden; das haben wir bei den entsprechenden Feldversuchen in Berlin-Kreuzberg auch gesehen. Deshalb bin ich der Meinung, dass man auf Bundesebene eine Lösung braucht. Grundsätzlich glaube ich, dass alle Branchen gleichbehandelt werden müssen und dass nicht immer nur, wie es auch bei Ihnen ein wenig durchscheint, die Stigmatisierung der Gastronomie im Mittelpunkt dieser Anfrage steht. Das Wort „Katastrophe“, das Sie mehrfach gebraucht haben, ist hier wirklich fehl am Platze.

(Zuruf der Abg. Janina Pfau, DIE LINKE)

Wir können doch wirklich einmal bei aller Problematik, die wir vielleicht durchaus bei allen Fehlern sehen, die gemacht werden könnten, feststellen: Nie waren Lebens- und Genussmittel sicherer als heute.

(Beifall bei der CDU)

Nie waren die Kontrollen dichter und effektiver. Nie waren die Ergebnisse transparenter.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE – Heiterkeit bei der AfD)

An dieser Stelle möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, mich bei allen zu bedanken, die innerhalb des Ministeriums, aber auch vor Ort in den Veterinärämtern der Landkreise mitgewirkt haben. Ich bin dankbar, dass diese Aufgabe wahrgenommen wird.

Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, erlauben Sie mir eine Bitte zum Schluss: Bitte ersparen Sie uns Orthografiefehler.