Protocol of the Session on November 16, 2017

Herr Fischer, es kommt doch nicht darauf an, ob jemand eine Schweinehälfte im Kofferraum hatte oder nicht. Entscheidend ist doch, dass man in den Kreisen auf die Nutzung des Privat-Pkws angewiesen ist. Dabei wundert es mich nicht, dass die Staatsregierung von einer Bewertung dieser Zustände absieht; denn das ist ein Unding.

Zu den Kontrollen selbst. Im Kern wälzen Sie, Frau Staatsministerin, die Verantwortung für die Lebensmittelüberwachung auf die Kreise und kreisfreien Städte ab. Sie mogeln sich auch ein Stück weit um die Antwort herum, ob Kontrollen und Probenahmen im Rahmen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ausreichend sind. Sie mögen ja rechtlich zu einer Bewertung nicht verpflichtet sein, aber politisch kann diese Verweigerung auch als Kapitulation ausgelegt werden; denn im Kern läuft es doch darauf hinaus, dass Sie von den Kreisen offenbar gar nicht genau wissen wollen, ob die Lebensmittelüberwachung in deren Verantwortung wirklich wirksam ist. Ich frage Sie: Haben Sie Angst, unangenehme Auskünfte über den wahren Zustand der Lebensmittelüberwachung in den Kreisen zu bekommen? Ein wenig erinnert das an die fatale Äußerung von Thomas de Maizière: Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.

Zu den Strafverfahren selbst. Von 2010 bis 2015 wurden im Kreis Görlitz nach Probenahmen insgesamt 75 Strafverfahren eingeleitet. Im gleichen Zeitraum wurde in den Kreisen Erzgebirge, Nordsachsen und Sächsische

Schweiz–Osterzgebirge so gut wie kein Strafverfahren eingeleitet. Die Zahlen werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten geben. Wird dort nicht kontrolliert, weil Personal, technische Ausstattung oder Dienstfahrzeuge fehlen, oder werden die Befunde nicht an die Staatsanwaltschaft gemeldet, oder bleibt diese untätig? Man weiß es nicht.

Ich bitte Sie und fordere Sie auf, Frau Staatsministerin, sich nicht hinter fehlender Zuständigkeit zu verstecken. Interessieren Sie sich für die Probleme auf kommunaler Ebene! Denn wenn es – was wir nicht hoffen wollen – wie in Bayern zu einem Skandal kommt, dann landet dieser ohnehin auf Ihrem Tisch. Ein konstruktiver Ansatz wäre, jetzt gemeinsam mit den Kreisen über die Probleme der Lebensmittelüberwachung vor Ort zu verhandeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war Herr Kollege Zschocke für die Fraktion GRÜNE. Gibt es den Bedarf, eine weitere Rederunde zu eröffnen? – Das kann ich nicht feststellen. Damit ergreift nun für die Staatsregierung Frau Staatsministerin Klepsch das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der Tagesordnung steht die Große Anfrage zum Thema Ausstattung und

Funktionsfähigkeit der amtlichen Lebensmittelüberwachung in Sachsen. Herr Zschocke, gestatten Sie mir vorab eine Bemerkung: Ich kenne die kommunale Ebene und weiß, dass sie ihrer Aufgabe sehr verantwortungsbewusst nachkommt. Ich denke, es ist ein sehr gutes Zusammenspiel zwischen der Landesebene, die ihren Aufgaben nachgeht, und der kommunalen Ebene; und genau auf dieses kommt es an. Ich denke, wir sollten die kommunale Ebene ihre Aufgabe auch weiterhin erledigen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Nun werden Sie sicher verstehen, dass ich manche kritischen Bemerkungen, die zum Thema Landesuntersuchungsanstalt sowie zur Kontrolle allgemein geäußert wurden, noch aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachte. Ich möchte betonen, dass wir in Sachsen gut aufgestellt sind und auch den Vergleich mit anderen Bundesländern nicht scheuen müssen. Wir können besonders das gut ausgebildete Kontrollpersonal auf der kommunalen Ebene hervorheben. Frau Lang hat das bei ihrem Vor-Ort-Besuch festgestellt und kann es bestätigen.

Ein wesentlicher Baustein, um die Lebensmittelüberwachung in den Betrieben vor Ort wirkungsvoll und effizient zu gewährleisten, ist das gut ausgebildete Personal. Die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen in Sachsen, unsere LUA, wurde zuletzt durch Sonderinvestitionen in modernste Geräte – nicht nur für den Bereich der Weinuntersuchung – gestärkt. Wir haben landesinterne Vorgaben zur einheitlichen Durchführung der Risikobewertung von Betrieben und ein landesinternes Qualitätsmanagement mit Vorgaben zur einheitlichen, vergleichbaren Durchführung von Betriebskontrollen etabliert.

Darüber hinaus wurden landesinterne Kriterien für eine risikoorientierte Probenauswahl festgelegt. Ich denke, Sie erinnern sich daran. Ja, und wir haben bereits 2012 – es wurde angeführt – die mobile Datenerfassung zur Unterstützung der kommunalen Familie für die Kontrolleure im Außendienst eingeführt und stehen dort mit Rat und Tat zur Seite.

Die Zusammenarbeit von Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung ist gelebte Praxis in Sachsen. Aber, meine Damen und Herren – auch das möchte ich unterstreichen –, nichts ist so gut, als dass man es nicht noch besser machen könnte. In Auswertung der letzten Ereignisse und Krisenfälle im Lebensmittelbereich, der Entwicklungen in anderen Bundesländern, aber auch der Empfehlungen des Bundesrechnungshofes denken wir derzeit über die Möglichkeit struktureller Veränderungen bzw. Verbesserungen nach.

So bemüht sich mein Haus momentan intensiv um die Einrichtung einer dauerhaften, interdisziplinären Kontrolleinheit, einer sogenannten Task Force Lebensmittelsicherheit, um für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet zu sein. Der Skandal um die mit Fipronil belasteten Eier wurde bereits mehrfach in den vorhergehenden Beiträgen erwähnt. Um auf solche Ereignisse

optimal reagieren, sie aber auch noch besser im Vorfeld präventiv erkennen und vermeiden zu können, bedarf es einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Lebensmittelkontrolleuren, -chemikern, Tierärzten, Juristen, Ingenieuren, Wirtschaftssachverständigen und weiteren Experten, die in einer flexiblen, landkreisübergreifenden Struktur zusammenarbeiten.

Auch um großen internationalen Lebensmittelunternehmen auf Augenhöhe und über Landesgrenzen hinweg begegnen zu können, ist eine solche fachübergreifende, routineunabhängige und von zentraler Stelle agierende Kontrolleinheit aus unserer Sicht erforderlich. Ja, unsere LUA leistet im Bereich der labortechnischen Lebensmitteluntersuchungen eine vorbildliche Arbeit, und ich bedanke mich an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich. Aber auch hier wollen wir die Zukunft im Blick behalten und uns weiterentwickeln.

Der Koalitionsvertrag hat von einer starken Landesuntersuchungsanstalt gesprochen und diese definiert. Wir wollen zusätzlich die Stärkung über Projektförderung vornehmen, uns besser mit externen Partnern vernetzen und einen Neubau, um auch die infrastrukturellen Rahmenbedingungen für die LUA mittelfristig zu verbessern.

Aber – darin stimme ich meinen Vorrednern zu –, die großen Herausforderungen sehen wir im anstehenden Generationswechsel in den Überwachungsbehörden

allgemein.

Auch hier gilt es, gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte zu gewinnen, aber auch die vorhandenen Erfahrungen und Kompetenzen an jüngere Kollegen weiterzugeben.

Wir wollen uns als einen ersten Schritt in diese Richtung um eine eigene Ausbildung der Lebensmittelkontrolleure in Sachsen bemühen. Im Gespräch ist die BA in Plauen; denn wir benötigen gut ausgebildetes Personal, um auch in Zukunft die vielfältigen Herausforderungen – ich bin davon überzeugt, dass sie nicht geringer werden – im Rahmen der Lebensmittelüberwachung bewältigen zu können.

Sie sehen, wir sind derzeit gut aufgestellt. Wir müssen und werden weiter vorausdenken, um auch in Zukunft die Sicherheit der Lebensmittel auf einem hohen Niveau gewährleisten zu können. Dafür steht mein Haus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Mit den Ausführungen von Frau Staatsministerin Klepsch sind wir am Ende der Debatte angekommen. Uns liegt in der Drucksache 6/11272 ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor. Frau Kollegin Pfau, Sie werden ihn jetzt einbringen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Lang, ich freue mich, dass Sie das auf dem Schirm haben und zur nächs

ten Haushaltsdiskussion einbringen werden. Wir werden es natürlich auch einbringen.

Herr Fischer, Ihnen empfehle ich, einmal aus Meißen herauszufahren und mit den Vertretern anderer Kreise zu sprechen, vielleicht zusätzlich auch mit der Interessenvertretung des Landesverbandes, denn sie sagen eindeutig – Frau Lang war auch dort –, dass es immer wieder Probleme gibt und wir mehr Personal brauchen.

Da nun bald Weihnachten ist, ein kleiner Hinweis: Unsere Lebensmittelkontrolleure kontrollieren die Weihnachtsmärkte. Eine Kleine Anfrage von mir im letzten Jahr hat ergeben, dass es mit der Hygiene nicht alle ganz so ernst nehmen. Deswegen sind auch hier die Kontrollen ganz wichtig. Um die Kontrollen aufrechtzuerhalten, fordern wir in unserem Entschließungsantrag einen Stopp des Stellenabbaus in der Landesuntersuchungsanstalt. Ferner fordern wir, den Stellenentwicklungsplan grundlegend zu überarbeiten. Zusätzlich bedarf es aber auch einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit für den Beruf als Lebensmittelkontrolleurin oder -kontrolleur und einer zielgerichteten Förderung der Weiterbildung sowie gemeinsam mit dem Landesverband der Lebensmittelkontrolleure Sachsen e. V. zu prüfen, ob der Personenkreis erweitert werden kann, der für die Weiterbildung gerade zugelassen wird. Es ist nur ein sehr kleiner Kreis, der mittlerweile überhaupt zu dieser Weiterbildung gehen kann.

Zusätzlich fordern wir, dass bei den Landkreisen und kreisfreien Städten insbesondere die Ausstattung mit Dienstfahrzeugen – die die Staatsregierung als unabdingbar einschätzt – zügig umgesetzt wird.

Zum Schluss möchte ich nur sagen, dass ich – damit wir unseren Besuch der Weihnachtsmärkte wirklich genießen können – darum bitte, unserem Antrag zuzustimmen, damit die Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure weiterhin eine gute Arbeit leisten können und gut ausgestattet sind, was das Personal, die Ausstattung mit Dienstfahrzeugen und alles andere, was benötigt wird, betrifft.

Danke.

(Beifall bei den LINKEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle jetzt den in der Drucksache 6/11272 vorliegenden Entschließungsantrag der

Fraktion DIE LINKE – gerade vorgetragen von Frau Pfau – zur Abstimmung und bitte Sie bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt, und die Behandlung der Großen Anfrage ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Medizinische Versorgung in Sachsen stärken

Drucksache 6/11124, Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde ist: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, GRÜNE, Staatsregierung, wenn gewünscht, und vor der Staatsregierung spricht noch der fraktionslose Abg. Wild. Die CDU-Fraktion eröffnet jetzt. Sie hat den Antrag zusammen mit der SPD eingebracht. Das Wort hat Kollege Wehner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen jetzt über das sehr wichtige Thema der medizinischen Versorgung im Freistaat Sachsen. Wir wollen mit diesem Antrag den 20-Punkte-Plan der Staatsregierung und natürlich die medizinische Versorgung entsprechend unterstützen.

Wir wissen, dass es einen gestiegenen Versorgungsbedarf in Sachsen, was die medizinische Versorgung betrifft, gibt. Wir wissen auch, dass es immer mehr ältere Menschen und eine abnehmende Bevölkerungszahl im Freistaat gibt. Von daher sind die Herausforderungen in unserem Freistaat besonders groß. Neben dieser demografischen Verschiebung ist es auch die Verschiebung der Krankheitsbilder, die längst begonnen hat. Denken Sie bitte an chronische Krankheiten, denken Sie bitte an

typische Krankheiten wie Diabetes oder Demenz, die in unserer Praxis schon allgegenwärtig geworden sind.

Die besondere Herausforderung für uns ist es, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu gewährleisten. Wenn man sich das Durchschnittsalter der Ärzte einmal anschaut, dann lag es im Jahr 1995 noch bei 47 Jahren; im Jahr 2009 lag es schon bei 52 Jahren. Hier hat sich schon eine deutliche Entwicklung abgezeichnet. Die Praxisübergaben sind im ländlichen Raum schwer zu realisieren, denn oftmals scheuen Ärzte oder angehende Ärzte das Risiko einer Übernahme. Allzu oft wird das Thema der Work-Life-Balance angesprochen, zu deutsch: die Balance zwischen der Arbeit und dem Leben, also der Familie, und ob es noch attraktiv ist, sich im ländlichen Raum niederzulassen.

Das angesprochene Maßnahmenpaket stammt aus dem Jahr 2012. Es umfasst 20 Punkte. Es ist aus unserer Sicht ein guter Ansatz. Aber es sind noch weitere Punkte hinzuzufügen. Dieser Punkteplan soll weiterentwickelt werden. Dazu dient auch dieser Antrag. Wir haben als Haushaltsgesetzgeber bereits in der letzten Haushaltsverhandlung mehr Mittel für diesen Bereich eingestellt. Der

Maßnahmenplan muss also ständig angepasst werden, so auch beim letzten Haushalt.

Ich will noch auf einige wenige Beispiele eingehen, was den Maßnahmenplan betrifft. Erstens, die Digitalisierung. Beispiele hierfür sind „Cardio Angel“ als Einzel-InselLösung. Das ist ein Programm für Herzinfarktpatienten, sozusagen vom Krankenwagen direkt ins Krankenhaus. Die „Netzwerke Schlaganfall“ sind zu nennen oder das Programm elVi, also die elektronische Visite für Ärzte.

Das sind alles Beispiele und, wie gesagt, Insellösungen. Aber wir müssen sehen, dass wir diese Insellösungen, wenn sie sich entsprechend bewährt haben, auch in die Praxis überführen. Wir wollen das Ziel erreichen, eine flächendeckende Lösung für den Freistaat Sachsen zu generieren.

Wenn man sich die Ärztegewinnung anschaut, kann man das in zwei Punkte unterteilen. Das ist einmal die Nachwuchsgewinnung und einmal die Lenkungs- bzw. die Steuerungsfunktion. Bei der Nachwuchsgewinnung ist das Netzwerk „Ärzte für Sachsen“ in besonderer Weise zu nennen. Wir haben über 500 Medizinstudenten in Sachsen. Wir haben auf den Studienplätzen auch ausländische Ärzte, und wir haben – wenn man einmal die Ärzte ein Stück weit außen vor lässt – auch die arztentlastende Leistung für die Nachwuchsgewinnung bzw. für die Entlastung der Ärzte.