Protocol of the Session on September 28, 2017

Nehmen Sie zum Beispiel die Amadeu Antonio Stiftung, die selbst Akteur der unappetitlichen Hass- und Fakeszene ist. Mit massiven Bußgeldern gegen die Plattformen werden vorauseilende Löschaktionen der Betreiber ohne wirksame Abwehrrechte der Opfer durchgesetzt. Es geht dabei also nicht um die Klärung von Tatsachen, sondern um das Erzwingen von vorauseilender Zensur durch die Betreiber der sozialen Netzwerke. Daran ändern auch die nachträglich eingefügten Feigenblätter einer regulierten Selbstregulierung nichts.

Noch einmal in aller Deutlichkeit möchte ich Folgendes sagen: Das Gesetz privatisiert mit staatlichem Druck die Ausgestaltung und Inhalte der freien Meinungsäußerung, die ebenfalls online gilt. Ob ein Wort schon eine Tat ist, entscheidet bei uns immer noch ein ordentliches Gericht und kein Risikoabwägungsautomat von Facebook. Die Plattformen können sich auch nicht auf die Freiheit der Redaktionen berufen, da sie ausdrücklich keine Medien wie eine Zeitung sind.

Ich fasse noch einmal zusammen. Mithilfe des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes versucht man auf verfassungswid

rige Weise, die Lufthoheit über die sozialen Medien zu erringen. Entschuldigung, Erringen ist das falsche Wort. Das würde wenigstens einen Hauch von Überzeugungsarbeit bedeuten. Erzwingen ist treffender. Hoffen wir auf eine Jamaika-Koalitionsverhandlung. Hoffen wir, dass der elastische Christian Lindner und einsichtige Grüne wie vielleicht Renate Kühnast das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in seiner jetzigen Form kippen werden, wie sie es im Wahlkampf schon versprochen haben.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Die AfD wird sie ganz sicher dabei unterstützen.

(Zurufe aus dem Plenum)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Die zweite Aktuelle Debatte ist von der einbringenden AfD-Fraktion eröffnet worden. Es sprach Frau Kollegin Wilke. Nun geht es in der Rederunde weiter, es sei denn, es besteht der Bedarf an einer Kurzintervention. Kollege Homann, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ja, ich möchte eine Kurzintervention machen. Die Kollegin der AfD hat im Zusammenhang mit der Amadeu Antonio Stiftung davon gesprochen, dass diese Amadeu Antonio Stiftung ein Teil der Hass- und Fakeszene in diesem Land sei. Ich möchte diesen Vorwurf in aller Deutlichkeit zurückweisen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN und den GRÜNEN – Beifall der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)

Die Amadeu Antonio Stiftung ist übrigens nach jemandem benannt, der von Neonazis ermordet wurde. Die Stiftung leistet in diesem Land seit vielen Jahren eine wichtige Arbeit.

In Ihrem Statement wird klar, dass eine Opfer-TäterUmkehr stattfindet. Hiermit wird eine Organisation, die sich um Opfer kümmert, zum Täter erklärt. Die AfD versucht sich hier wieder, als Opfer zu stilisieren. So etwas darf man in diesem Hohen Hause in dieser Form nicht unwidersprochen durchgehen lassen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Das war eine Kurzintervention. Frau Kollegin Wilke, auf deren Redebeitrag sich die Kurzintervention bezog, reagiert darauf. Bitte.

Ich kann direkt darauf reagieren. Sie wissen, dass Frau Kahane die Amadeu Antonio Stiftung leitet. Frau Kahane ist bereits in der DDR-Zeit durch Stasitätigkeiten aufgefallen.

(Zurufe von der SPD und der AfD)

Wenn ich von einem Überwachungsstaat oder dem Weg in einen Überwachungsstaat spreche, dann meine ich das auch so.

(Zurufe von den LINKEN und der SPD – Carsten Hütter, AfD: Überwachen ist überwachen, gelernt ist gelernt!)

Bitte reagieren Sie weiter.

Es wird vonseiten der Stiftung aus zumindest stark „genudgt“. Ich möchte keine konkreten Beispiele anführen, sie gibt es aber.

(Beifall bei der AfD – Unruhe im Saal)

Nun geht es in der Rednerliste weiter. Es folgt für die CDU-Fraktion Kollege Modschiedler.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Demokratie lebt vom Streit – diesen sollten wir auch immer leidenschaftlich führen. Nur, darin liegt das Problem; Polemik, Provokation und das Wegblenden der Inhalte, Frau Wilke, funktionieren nicht. Das kann so nicht funktionieren. Genau das haben wir bei der AfD immer wieder erlebt. Wenn wir uns die letzten Wochen bis zur Bundestagswahl anschauen, dann mussten wir das immer ertragen.

(Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Führt man sich die politische Strategie und das Kommunikationsverhalten der AfD in den vergangenen Monaten vor Augen, dann lässt sich das auf eine einfache Formel reduzieren: provozieren, relativieren und danach dementieren. Wir waren es nicht, das waren andere, damit haben wir nichts zu tun.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Und dann treten wir aus, das kommt jetzt noch hinzu!)

Es ist immer dasselbe Schema.

Die führenden Köpfe der AfD haben es auch billigend in Kauf genommen, dass rechtspopulistisches und rassistisches Gedankengut salonfähig wird. Sie haben das aktiv betrieben. Wir erinnern uns, vergessen werden wir nie den 17. Januar 2017 im Ballhaus Watzke. Was war dort los? Was erklärte Herr Höcke dort? Das Holocaustdenkmal sei das Denkmal der Schande, so sagte er. Richter Maier, der nun auch in den Bundestag eingezogen ist, erklärte dort den Schuldkult und die Herstellung von Mischvölkern. – So weit zu den Opfern. Das ist eine Unverschämtheit, was Sie da von sich gegeben haben.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Aber die AfD fand das gut, hat sich überhaupt nicht davon distanziert und hat damit – und jetzt subsumiert sich – –

(Carsten Hütter, AfD: Natürlich haben wir uns davon distanziert! – Zurufe von der CDU und den LINKEN – Glocke des Präsidenten)

Ich würde gern weitermachen; denn das geht von meiner Redezeit ab.

(Interne Wortwechsel zwischen Abgeordneten der CDU und den LINKEN mit Abgeordneten der AfD – Glocke des Präsidenten)

Es gehört zur parlamentarischen Kultur, dass wir hier gerade einen Kollegen haben, der vorträgt. Und Sie haben genug Möglichkeiten, mit Zwischenfragen und Kurzinterventionen dann auf die vorgetragenen Argumente zu reagieren. Ich bitte ganz einfach: Sprechen Sie weiter, Herr Kollege Modschiedler.

Danke, ich werde es versuchen. Die Zeit rennt, aber die Facebook-Kommentare sprechen glücklicherweise für sich, Herr Hütter.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Dann versuchen Sie, sich zu distanzieren. Sie hätten auch moderierend eingreifen können oder versuchen, dass man das mal etwas zurückfährt. Immer weiter Öl ins Feuer gießen und immer weiter an der Spirale drehen: Endlich sagt es mal einer, muss ja mal gesagt werden. Oder: Das ist ja unstreitig, das muss mal raus.

Das sind teilweise strafrechtliche Aussagen, die bei Ihnen aber überhaupt nicht gelöscht werden. Sie werden auch nicht sanktioniert.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Sehen wir uns einmal Beispiele an. 26. September 2017.

Ein Herr Manfred Stemmeler im Facebook bei Ihnen: „Nicht nur in Sachsen, in ganz Deutschland oder wenn die Abschiebung nicht möglich ist, ins Arbeitslager mit denen.“ – Facebook Carsten Hütter 16.09., 14:04 Uhr.

Oder ein Herr Sylvio Berger: Wenn ich das lese, denke ich an Opas Worte „Junge, lade schneller nach. Solche Menschen gehören vom Planeten getilgt.“ – FacebookChronik AfD am 31. August 2017. Am 26. September ist das immer noch drauf.

Was ist das denn?!

(Jörg Kiesewetter, CDU: Pfui Teufel!)

Das hat überhaupt nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. Wenn man sich derart anstößigerweise äußert, dann ist das strafbar, meine Herren, sonst nichts.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Hütter.