Protocol of the Session on June 22, 2017

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Deswegen wünsche ich mir, dass wir über das Thema Europapolitik auch hier im Plenum viel öfter anhand von Anträgen und Initiativen diskutieren und nicht nur in Aktuellen Debatten zu Jubiläen wie „60 Jahre Römische Verträge“. Auch solche Debatten sind wichtig; sie sind aber nicht ausreichend. Deswegen bin ich froh, dass wir zumindest den Anfang machen konnten.

Ich habe leider nur noch wenig Zeit. Aber auf Sie, Herr Schiemann, möchte ich noch eingehen. Sie haben wieder – das war zu erwarten – darauf hingewiesen, wie wichtig die europäische Förderpolitik und die nächste europäische Förderperiode sind. Sie haben gesagt, dass Sie hoffen, es möge genug für Sachsen übrig bleiben. Sie haben die Bedeutung der Regionen betont.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Sie fordern: Alle Macht den Regionen! Möglichst wenige Entscheidungen auf europäischer Ebene! – Das fordern Sie, obwohl Sie genau wissen, dass viele Herausforderungen nur gelöst werden können, wenn in Europa alle gemeinsam vorangehen. Ich nenne einige dieser Heraus

forderungen: Klimaschutz, soziale Säule, Sicherheit, Bewältigung globaler Krisen.

Bei Ihren Worten fiel mir ein Spruch von Macron ein: „Die EU ist kein Supermarkt, sondern eine Schicksalsgemeinschaft.“ Man kann sich eben nicht immer nur einzelne Teile herauspicken.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Wir wollen mit unseren Antrag zweierlei erreichen. Zum einen wollen wir – das ist sehr wichtig – auch in Sachsen eine breite Debatte über den EU-Zukunftsprozess ermöglichen. Herr Staatsminister, aus unserer Sicht reicht es eben nicht aus, dass Sie darauf verweisen, die Bürger könnten zu Sprechstunden kommen oder an Bürgerdialogen über das Thema Schule und über andere Themen teilnehmen und dort auch Fragen zu Europa stellen. Nein, uns geht es um die Feststellung, dass auch die Staatsregierung in der Verantwortung ist, ihre Vorschläge zur Diskussion zu stellen und bestimmte Punkte vielleicht auch ein Stück weit zu revidieren. Die Staatsregierung muss breitere Mitwirkungsmöglichkeiten schaffen.

Dass es Veranstaltungen zum Thema „Brexit“ gibt und dass Sie auf Einladung meiner Fraktion zu einer interessanten Diskussionsrunde hier in den Landtag gekommen

sind, rechnen wir Ihnen hoch an. Aber es sind doch Selbstverständlichkeiten, dass wir über Themen in Veranstaltungen diskutieren.

Es geht um die Zukunft der EU-Institutionen, um die Zukunft der EU insgesamt. Es geht um die Frage, wie wir mehr Demokratie erreichen können. Wir müssen den Menschen in unserem Land eine breitere Beteiligung ermöglichen.

Die Redezeit ist zu Ende.

Deshalb bitte ich Sie um Unterstützung unseres Antrags.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Nach dem Schlusswort der Fraktion GRÜNE stelle ich nun den Antrag in der Drucksache 6/9504 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag in der Drucksache 6/9504 nicht beschlossen.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärung zu Protokoll

Ich danke der einreichenden Fraktion für die Möglichkeit, die bereits im Frühjahr begonnene Diskussion zu europapolitischen Themen fortzuführen. Dabei standen die Römischen Verträge und die Grundsätze sächsischer Europapolitik im Mittelpunkt.

Europa ist für die CDU-Fraktion wichtig. Wir bekennen uns zu Europa. Europa ist uns ein Herzensanliegen. Europa hat uns stets solidarisch beim Aufbau des Freistaates begleitet. Gleichzeitig setzen wir uns für eine offene Debatte über die zukünftige Ausgestaltung der Europäischen Union ein. Bereits die nur mühsame Bewältigung der Finanz-, Wirtschafts- und Flüchtlingskrise in Europa war Ausgangspunkt der aktuellen Reformdebatte der EU. Diese wurde mit dem bevorstehenden Austritt Großbritanniens, zunehmenden europakritischen Gruppierungen, verbunden mit wichtigen Wahlen in verschiedenen Mitgliedsstaaten und dem 60. Jahrestag der Römischen Verträge im März beflügelt.

Wir begrüßen die Impulse für ein Europa der Bürger aus der Zivilgesellschaft und setzen uns für eine gute und enge Zusammenarbeit mit unseren unmittelbaren Nachbarn der Republik Polen und der Tschechischen Republik ein.

Wir müssen eine offene Debatte über Europa führen. Welche Zukunft wollen wir für Europa? Zur offenen Debatte gehört eine Diskussion über alle zukünftigen Szenarien für die EU, insbesondere muss ein „Weiter so“

kritisch hinterfragt werden und auch hinterfragt werden können, ohne als Europakritiker abgestempelt zu werden.

Die Bürger erwarten von der Europäischen Union, große Projekte erfolgreich zu planen und zu realisieren, kein kleinteiliges Hineinregieren in die Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten und Regionen.

Dies spricht für eine europäische Politik, die sich auf Schwerpunkte konzentriert. Hier erwarten die Bürger spürbare Lösungen und konkrete Antworten. Eine Konzentration auf wenige Politikbereiche und in diesem Bereich ein geschlossenes Vorangehen aller Mitgliedsstaaten kann für uns durchaus eine zukunftsweisende Antwort sein. Sie lehnen dies ab und sprechen in Ihrer Begründung im selben Atemzug von zusätzlicher Verbreitung undifferenzierter und nicht konstruktiver Europakritik. Genau das ist keine offene Zukunftsdebatte und auch keine, welche die Bürger mit ihren Ängsten einbezieht. Von einer offenen Diskussion über die Zukunft Europas erwarten wir auch eine Überprüfung der bestehenden Kompetenzordnung. Die Rückübertragung von Kompetenzen auf die Mitgliedsstaaten – bislang ein absolutes Tabuthema im europäischen Integrationsprozess – muss debattiert werden.

Das Subsidiaritätsprinzip ist besser einzuhalten: Starke Zusammenarbeit, wo nötig, aber Eigenverantwortung der Mitgliedsstaaten, wo möglich. Der Subsidiaritätsgrund

satz muss auf europäischer Ebene stärker gelebt werden – gerade um die Handlungsfähigkeit der EU zu garantieren.

Wer jetzt blind nach einer weiteren Vertiefung der Europäischen Union ruft, hat die Botschaft aus Großbritannien nicht verstanden. Was wir brauchen, ist eine Konsolidierung. Die Europäische Union muss im Innern wieder gefestigt werden. Die verstärkte Zusammenarbeit einzelner Mitgliedsstaaten darf nicht als ein Europa verschiedner Klassen/Qualitäten wahrgenommen werden.

Ich komme zur Stärkung des Europäischen Parlaments. Es ließe sich bereits streiten, ob die Stärkung des Europäischen Parlaments tatsächlich ein Thema für den Sächsischen Landtag ist; jedenfalls kann weder der Sächsische Landtag noch die Sächsische Staatsregierung unmittelbar auf die Kompetenzen des Europäischen Parlaments Einfluss nehmen.

Ich möchte zudem unterstreichen, dass die von der EUKommission angestoßene Zukunftsdebatte das Fortbestehen der Europäischen Union und nicht die Zuständigkeiten der Institutionen zum Gegenstand hat. Adressaten sind primär die Mitgliedsstaaten. Es gilt, die Europäische Union für die Herausforderungen von morgen zu rüsten.

Nunmehr auch noch die Rechte und die Legitimität einzelner EU-Institutionen, wie dem Europäischen Parlament, mit in diese Diskussion aufzunehmen, überfrachtet und zerfasert diese, zumal auch die demokratische Legitimität des Europäischen Parlaments und die sogenannte volle Parlamentarisierung der EU höchst umstritten sind. Wir teilen nicht die Auffassung, dass das Europäische Parlament der Ort aller europäischen Entscheidungen werden muss. Im Übrigen sind wir der Auffassung, dass es keines expliziten Rechts des Europäischen Parlaments zu Anhörungen im Subsidiaritätsverfahren bedarf. Das Europäische Parlament hat schon heute das Recht, Anhörungen durchzuführen, wenn dies der federführende Ausschuss für die erfolgreiche Abwicklung seiner Arbeiten für unerlässlich hält.

Ich komme zur europäischen Bürgerinitiative. Die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre unter dem Deckmantel der europäischen Bürgerinitiative zu thematisieren, lehnen wir ab. Hier hat die CDU-Fraktion eine klare Haltung: keine Absenkung des Wahlalters.

Zur europäischen Bürgerinitiative möchte ich jedoch ausführen: Eine Bürgerinitiative muss nach aktuellen Vorgaben von mindestens einer Million EU-Bürger aus mindestens sieben der 28 Mitgliedsstaaten unterstützt werden. In jedem dieser sieben Mitgliedsstaaten ist wiederum eine Mindestanzahl von Unterstützern erforderlich. Eine Bürgerinitiative ist in jedem Bereich möglich, in dem die EU-Kommission befugt ist, einen Rechtsakt vorzuschlagen, etwa Umwelt, Landwirtschaft, Verkehr oder öffentliche Gesundheit.

Wenn die Bürgerinitiative eine Million Unterstützungsbekundungen erhält, prüft die EU-Kommission die Initiative. Binnen drei Monaten nach Eingang der Initiative empfangen Vertreter der EU-Kommission die Organisatoren, damit diese die in der Initiative angesprochenen Aspekte genauer erläutern können. Die Organisatoren haben die Möglichkeit, ihre Initiative bei einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament vorzustellen. Die EU-Kommission veröffentlicht eine formelle Antwort, in der sie erläutert, ob und welche Maßnahmen sie als Antwort auf die Bürgerinitiative vorschlägt und die Gründe für ihre – möglicherweise negative – Entscheidung darlegt.

Die europäische Bürgerinitiative hat in der Tat hohe Hürden, die im Einzelnen durchaus auf ihre praktischen Auswirkungen hinterfragt werden sollten. So hat die EUKommission im April 2017 einen Prozess angestoßen, dieses Instrument zu überarbeiten, dem wir mit Interesse entgegensehen. Wichtig ist uns dabei, dass europäische Bürgerinitiativen circa 510 Millionen Einwohner in den unterschiedlichsten Kultur-, Sprach-, Wirtschafts- und Landschaftsräumen betreffen können. Im Hinblick auf ihre Wirkung und ihre Konsequenzen werden angemessene qualitative und quantitative Standards von uns unterstützt, auch um die Initiative selbst nicht zu entwerten.

Der Freistaat Sachsen braucht auch in den künftigen Jahren Unterstützung beim Aufholprozess. Wir brauchen auch Unterstützung für die nächste Förderperiode.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 12

Fragestunde

Drucksache 6/9836

Alle Fragen sind schriftlich beantwortet worden. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Schriftliche Beantwortung der Fragen

Konsequenzen aus den erneuten höchst umstrittenen öffentlichen Äußerungen des Richters am Dresdner Landgericht Jens Maier interjection: (Frage Nr. 1)

Nach der Presseberichterstattung von LVZ online, die bereits vom 21. April 2017 datierte, soll das Landgericht Dresden erneut geprüft haben, ob der Richter am Dresdner Landgericht Jens Maier „bei einem Auftritt gegen das Mäßigungsgebot verstoßen hat. […] Anlass sind Berichte, wonach der AfD-Politiker Maier den vom Rechtsterroristen Anders Breivik 2011 in Norwegen verübten Massenmord relativiert hat. […] Der Richter am Landgericht steht nicht zum ersten Mal mit zumindest problematischen Äußerungen in der Öffentlichkeit. So war er Björn Höckes Vorredner bei dessen Rede im Ballhaus Watzke. Dort lobte er die NPD und sprach unter anderem vom deutschen ,Schuldkult‘ und über ,Mischvölker‘; Äußerungen, die die Staatsanwaltschaft Dresden als ‚grenzwertig‘, aber nicht als Volksverhetzung bezeichnete. Das Landgericht Dresden hatte danach erste Konsequenzen gezogen und Maier die Kompetenzen für Verfahren aus dem Bereich des Presse- und Medienrechtes und des Schutzes der persönlichen Ehre entzogen.“ (Vgl. dazu:

http://www.lvz.de/Mitteldeutschland/News/LandgerichtDresden-überprüft-AfD-Richter-Maier-nach-BreivikAussage)

Ich frage die Staatsregierung:

1. In welchem, wann und durch wen eingeleiteten förmlichen Verfahren und mit welchem Gegenstand im Einzelnen erfolgte die besagte Prüfung eines vorliegenden Verstoßes gegen das sich aus § 39 des Deutschen Richtergesetzes ergebenden Mäßigungsgebotes und zu welchem Ergebnis führte sie bislang?

2. Ist das Sächsische Staatsministerium der Justiz in irgendeiner Form bisher oder absehbar künftig im Falle einer Befassung des Richterdienstgerichtes in der Sache am Prüfungsverfahren beteiligt bzw. hat es eigene Bewertungen des verfahrensgegenständlichen Vorwurfs vorgenommen oder förmlich Information vom prüfenden Landgericht Dresden beigezogen, etwa in Wahrnahme seiner Dienstaufsicht gemäß § 36 des Sächsischen Richtergesetzes?

Antwort zur Frage 1: Die angesprochene Rede des Richters auf einer Veranstaltung der Jugendorganisation „Junge Alternative für Deutschland (JA)“ der Partei Alternative für Deutschland (AfD) am 17. Januar 2017 in Dresden interjection: (Ballhaus Watzke) und die Äußerungen auf einer Veranstaltung des Magazins „Compact“ am 19. April 2017 wurden durch den Präsidenten des Landgerichts Dresden disziplinarisch überprüft.

Nach Abschluss einer entsprechenden Vorprüfung wurde dort mit Verfügung vom 18. April 2017 ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Verdacht eines Verstoßes gegen