Deshalb bin ich auch froh, dass die Lehrerbedarfsprognose jetzt vorliegt. Sie beziffert den Bedarf in sechs Jahren – wie ich vorhin schon erwähnt habe – auf 280 Stellen, mit 600 Plätzen an den Universitäten. Wir sind zu einem anderen Schluss gekommen und sagen, wir müssen uns stärker mit dem Oberschul- und dem Gymnasialbereich auseinandersetzen, damit wir perspektivisch genügend fertige Absolventen aus der Lehramtsausbildung haben, die diesen Bedarf abdecken können.
Ich möchte gerne auf das Berufsschullehramt zurückkommen; das ist der zweite Zweig, der angesprochen und diskutiert wurde. Auch mit diesem Thema haben wir uns nicht nur in Form einer Anhörung, sondern wirklich intensiv beschäftigt. Die Zahlen belegen, dass die Lehramtsausbildung an der TU Dresden in diesem Bereich momentan nur zu 50 % ausgelastet ist.
Das ist im Übrigen ein Thema, das auch bundesweit aufschlägt. Auch in anderen Bundesländern gibt es an Universitäten zu wenig Nachfrage für die Stellen. Das hat etwas mit MINT-Interesse zu tun, das hat etwas damit zu tun, dass dieses Studium sehr komplex ist und quasi zwei Ausbildungsstränge hat. Deshalb werden wir das Thema nicht lösen, indem wir in Chemnitz diesen Lehramtsstrang jetzt völlig neu aufbauen, insbesondere weil er auch noch besonders aufwendig ist. Neben der technisch-pädagogischen Ausbildung gehört dazu auch eine breite Anzahl – nicht nur zwei – an Gymnasialausbildungen. Alles das müssten Sie jetzt relativ kurzfristig in Chemnitz aufbauen. Das würde aber nicht dazu führen, dass der augenblickliche Bedarf abgedeckt wird.
Deshalb sehen wir andere Wege, die hier notwendig sind. Wir sehen durchaus noch Ressourcen. Einige Wege möchte ich nennen: Das beginnt mit einer allgemeinen
Begeisterung für MINT-Fächer in der Schule. Ich denke, dafür kann man noch mehr tun. Dazu gehört, dass die Gymnasiasten, also die potenziellen Lehramtsbewerber, einen Einblick in die berufsbildenden Schulen bekommen sollten, damit man sie dafür begeistern kann.
Wir brauchen ein langfristiges Seiteneinsteigerprogramm für diesen Bereich. Wir brauchen Kooperationen mit Fachhochschulen, damit beispielsweise die Fachrichtung Ingenieurwissenschaften an der Fachhochschule studiert wird und der pädagogische Teil von den Universitäten übernommen wird.
Wir brauchen auch ein spezielles Werbeprogramm für Gymnasiasten an berufsbildenden Schulen, weil sie diese kennen. Dabei sehe ich das Potenzial, dass diese jungen Menschen besonders für den Berufsschulzweig zu gewinnen sind. Ich glaube, diesbezüglich sollten wir relativ kurzfristig etwas auf den Weg bringen.
Noch einmal zu unseren jetzigen Hausaufgaben. Neben diesen konkreten Maßnahmen für den Hochschulbereich möchte ich die Planung für die Universitäten ansprechen, weil mir auch das sehr wichtig ist. Auch ich halte nichts davon, immer wieder aufzubauen und abzubauen, wie es in der Vergangenheit teilweise passiert ist. Das ist keine solide Planung Ich glaube, ein Stück weit sind die jetzt in Chemnitz vorhandenen Forderungen auch auf diese Geschichte zurückzuführen. Deshalb ist es richtig, dass wir nun den Hochschulentwicklungsplan bis zum Jahr 2025 haben, der im Übrigen für alle Studienbereiche gilt. Dass bis dahin Sicherheit vorhanden ist, ist mehr als das, was andere Bundesländer ihren Universitäten anbieten.
Außerdem haben wir ein Bildungspaket mit zusätzlichem Geld für die Lehramtsausbildung. Immerhin gehen bis 2020 rund 12 Millionen Euro an die Universität Chemnitz – speziell für diesen Bereich. Im Landtag haben wir als Koalitionsfraktionen in der Haushaltsdebatte dafür gesorgt, dass die Stellen bis Ende 2024 gesichert sind, also für einen relativ langen Zeitraum, sodass man Leute davon überzeugen kann.
Ich denke, mit diesem Maßnahmenpaket – es gibt nicht nur einen Bereich – wird man die Lehrerthematik bewältigen können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte noch einmal herausstellen: Wir haben schon vieles getan – gerade auch im letzten Doppelhaushalt –, um die Lehramtsausbildung in Chemnitz zu stärken. Wir haben, ich hatte es ausgeführt, mit doppeltem Ressourcenaufwand die Lehramtsausbildung für das Grundschullehramt nicht nur wieder neu aufgebaut, sondern haben Planungssicherheit bis 2024/2025 gegeben. Die Kollegin Fiedler hat gerade deutlich gesagt, dass dies ein sehr langer Zeitraum ist, den wir für alle anderen Universitäten übrigens auch nicht länger gewähren konnten und der sogar über die nächste Legislatur dieses Hauses hinausreicht.
Wenn hier weitere Signale erforderlich sind – das sei auch einmal in Richtung TU Chemnitz gesagt – und die TU Chemnitz sich auch selbst stärker zu ihrer Lehramtsausbildung bekennt, dann haben wir im nächsten Doppelhaushalt die Möglichkeit, hier nachzulegen. Darüber werden wir sicherlich zu diskutieren haben. Aber soweit es derzeit absehbar ist, haben sie diese Sicherheit.
Nun zu der Kritik und den Fragen, die in der ersten Runde aus den Reihen der Opposition kamen. Frau Kersten, weil Sie gerade die Frage stellten, warum wir im Grundschullehramt in Chemnitz denn nicht um diese 375 Plätze aufstocken – Sie haben es auf 400 aufgerundet –: Das wurde gerade noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt. Im Grundschullehramt haben wir diesen Mangel eben nicht. Das klappt nicht so einfach; das funktioniert nicht. Das ist kein Nullsummenspiel in der Lehramtsausbildung; wir können da nicht Studierende hin- und herschieben. So funktioniert das nicht.
Frau Maicher, es sei noch einmal gesagt: Klar, wir können uns hier hinstellen und das weiterhin beklagen. Gerade weil die Schließung 1997 bzw. 2003 beschlossen wurde, teilweise mit Hochschulentwicklungsplänen, könnte ich dabei einstimmen; da sind wir unbelastet. Aber was hilft uns das für die jetzige Situation?
Wir haben dort reagiert, wo zu reagieren war, und werden die Bedarfszahlen weiterhin beobachten müssen; aber wir können uns eben auch nicht hinstellen, wie es DIE LINKE im Doppelhaushaltsverfahren teilweise gemacht hat, und sagen, die Lehramtskapazitäten verdoppeln wir nicht nur binnen fünf Jahren, sondern vervierfachen sie innerhalb von acht Jahren. Die Konsequenz wäre, dass wir in der übernächsten Legislatur dann wieder hier stehen und die Gewerkschaften beklagen, dass diese Absolventen keinen Arbeitsplatz bekommen.
Ein Verfallsdatum hatte ich gerade schon genannt. Zum Thema Chemnitz sei noch eines gesagt, Herr Brünler: Ja, wir machen keine Milchmädchenrechnung mit Kühen, sondern haben genau deswegen die Details ausgekleidet und gesagt, welche Kapazitäten wir brauchen, um welche erwartbaren Einstellungszahlen zu gewährleisten.
Woher nehmen wir die Erfahrung, dass es im Berufsschullehramt so ist, dass ein weiterer Standort eben nicht hilft? Diese Erfahrung, die wir aus Dresden haben – dass dort nur die Hälfte der Kapazitäten besetzt sind –, ist auch eine bundesweite Erfahrung.
Lassen Sie uns deswegen gemeinsam den einen Standort stärken, den wir haben – ich komme sofort zum Ende, Frau Präsidentin –, auch in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und was die Frage betrifft, Studierende zu gewinnen und in den Regionen zu halten. Lassen Sie uns nicht am Ende zwei schwache Standorte daraus machen. Damit würden wir das Problem in diesem Lehramt nicht lösen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nur ganz kurz; Herr Mann: Ich hatte nicht gesagt, dass diese Stellen im Bereich des Grundschullehramts ausgestockt werden sollten. Das haben Sie jetzt hineininterpretiert.
Frau Fiedler, ich habe auch nicht gesagt, dass wir experimentieren sollten. Das ist vielleicht etwas flapsig formuliert worden, aber ich habe ja ergänzt, dass es um eine Außenstelle gehen soll. Bei einer TU gehe ich auch davon aus, dass die wissen, wie man ausbildet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Stange, Sie werden sich erinnern, dass wir über viele, viele Jahre hinweg hier im Parlament – Sie und ich damals in der Opposition und auch dann, als Sie Ministerin waren – sehr intensiv darum gekämpft haben, das Lehramtsstudium in Dresden zu behalten. Die Planungen sahen ja etwas anderes vor, nämlich das Lehramtsstudium in Chemnitz aufzubauen, zumindest für die Grundschullehrer.
Ich weiß genau, und auch Sie werden sich daran sicherlich erinnern, wie stark wir uns hier im Parlament immer und immer wieder mit Aktuellen Debatten, Anträgen, außerparlamentarischen Initiativen und, und, und dafür eingesetzt haben, genau dieses Ziel zu erreichen. Jetzt, Frau Staatsministerin, sind Sie in der Verantwortung, Sie haben es in der Hand. Sie haben offensichtlich auch von Herrn Jaeckel schon das Signal – ich weiß nicht, ob Sie es
persönlich haben, aber ich habe gehört, dass er sich in der Region Chemnitz dafür eingesetzt hat –, dass dort etwas passiert.
Wir fordern Sie hier ganz klar auf, nicht ewig zu warten, sondern schnell und zügig zu handeln, weil wir wissen, dass das Lehramtsstudium eine ganze Weile dauert. Wir brauchen gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Wir brauchen sie natürlich insbesondere in der Region Chemnitz.
Herr Mann, wenn Sie sagen, es sei kein Bedarf vorhanden, dann bekomme ich richtig Gänsehaut. Wenn ich so etwas höre, dann wird mir richtig übel. Die Zahlen, die Sie hier dargestellt haben, sagen ganz klar aus, dass alle, die in Sachsen studieren, auch hierbleiben müssten. Wir wissen genau, dass das nicht passiert. Auch alle, die jetzt studieren, müssten das Studium beenden. Wir wissen genau, dass das nicht passiert.
Die Bedingungen an sächsischen Schulen für Lehrerinnen und Lehrer sind nicht die besten. Das wissen Sie auch. Das hat ganz viele Facetten. Es ist nicht nur das Gehalt, sondern vieles andere auch. Zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer bleiben gar nicht in Sachsen, wenn sie hier fertig studiert haben.
Uns geht es aber heute verstärkt um die Region Chemnitz. Wir wissen, dass der Bedarf extrem hoch ist. Wir haben gehört – Frau Fiedler, darüber freue ich mich –, dass Sie ernsthaft darüber nachdenken, wirklich zu schauen, wo wir noch nachsteuern müssen und wo nicht.
In der Oberschulausbildung – ich habe es vorhin gesagt – sind es in Chemnitz 75 % Seiteneinsteiger. Diese können Sie alle gar nicht in zwei Jahren ganz schnell zu klassischen Lehrern machen. Es wird eine große Lücke geben für die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern in dieser Region. Davor hat die Wirtschaft Angst. Das ist doch verständlich. Die Wirtschaft möchte natürlich gut ausgebildete Schülerinnen und Schüler haben und sie sind auch gesellschaftlich notwendig – das wissen wir. Das heißt, dort muss zwingend etwas getan werden.
Die Zahlen, die Sie genannt haben, Herr Mann und Frau Fiedler, berücksichtigen auch nicht die Schulen in freier Trägerschaft. Die müssen Sie natürlich noch hinzurechnen; denn die freien Schulen bilden niemanden aus. Dann steigen die Zahlen noch einmal extrem.
Ich sage Ihnen jetzt ganz ehrlich: Sie haben gestern das Schulgesetz beschlossen. Wir haben gestern darüber diskutiert, wo wir überall die Entwicklung von Schule, selbst bei dem schwachen Gesetz, das wir haben, durchführen wollen und müssen. Beide Fraktionen, SPD und CDU, haben vehement dafür gekämpft. Wenn wir nur das Thema Schülerobergrenze – „hätte, hätte, Fahrradkette“ habe ich mir gestern anhören müssen; das möchte ich in fünf oder in zehn Jahren nicht noch einmal haben – oder das Thema Inklusion, das wir uns auf die Fahnen geschrieben haben, wirklich vernünftig bedienen wollen, dann ist der Bedarf gerade in der Grundschule – auf den
Anfang kommt es an – extrem hoch, und ich habe noch gar nicht alle Facetten genannt, die schon im Gesetz stehen, aber auf keinen Fall ausreichen.
Ich möchte mich dafür bedanken, Frau Fiedler, dass Sie heute hier im Parlament ganz klar gesagt haben, dass Sie zu spät gehandelt hätten, dass es einfach zu spät gewesen sei. Ich glaube, dass diese Aussage einmal notwendig war.
Lehrerinnen und Lehrer, die eine klassische Ausbildung haben, können gar nicht mit 63 Jahren in Rente gehen – wenn, dann höchstens mit Abschlägen, und das hätten sie auch vorher tun können. Dass dies inzwischen 91 % der Beschäftigten eines Jahrgangs sind, –
– ist natürlich der Tatsache geschuldet, dass die Belastung der Lehrer extrem hoch ist. Das heißt, wir werden auch in den nächsten Jahren damit rechnen müssen, dass es noch mehr sind.