Protocol of the Session on March 16, 2017

Ich glaube, dass wir genauso gut unterwegs sind wie das Land Baden-Württemberg. Baden-Württemberg ist nur größer, und es wohnen mehr Menschen dort. Insofern bin ich gespannt, ob Sie das in Ihrem zweiten Redebeitrag mit Zahlen untersetzen können.

Für die erste Runde vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die zweite Runde.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Lars Rohwer sprach für die CDU-Fraktion. Jetzt ergreift für die Fraktion DIE LINKE Herr Böhme das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist notwendig, am Anfang doch noch einmal nach Paris zu schauen, speziell ins letzte Jahr, als die Staatengemeinschaft bei der UNKlimaverhandlung beschlossen hat, maximal 1,5 °C Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zuzulassen. Daran haben sich nahezu alle Staaten beteiligt.

Warum das wichtig ist, müsste man hier eigentlich nicht mehr erklären. Aber da wir die CDU hier im Parlament

haben, möchte ich es tun: Es geht verdammt noch mal um die Zukunft des Planeten und damit auch um die Zukunft von uns allen. Es geht um die Zukunft dieser Menschheit.

(Frank Kupfer, CDU: Wenn Sie den Mund zumachen, haben wir CO2 gespart! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist peinlich!)

Die Treibhausgasemissionen der Menschen, die zusätzlich ins natürliche Klimasystem gepumpt werden, sind erheblich.

(Zuruf von der CDU)

Wir verändern damit die Atmosphäre. Da Sie als CDU – von der AfD will ich gar nicht erst sprechen – es immer noch leugnen, erklärt das auch Ihr Nichtstun beim Ausbau der erneuerbaren Energien, denn das muss dringend getan werden. Ein Sektor in der Energiewende für den Klimaschutz ist der Verkehr, ist die Landwirtschaft, ist die Industrie, ist die Wärmedämmung und auch der Energiesektor. Sie verschlafen die nötigen Schritte, wie in den anderen Sektoren auch, und das, obwohl die Bundesregierung mit ihrem Klimaschutzplan den nötigen Druck nun aufgebaut hat.

Bis zum Jahr 2030 müssen 60 % der Treibhausgase im Energiesektor im Vergleich zum Jahr 1990 verringert werden. Das bedeutet notwendigerweise eine Vervierfachung der bisherigen Bemühungen. Was macht Sachsen? – Es verschläft die Energiewende.

Im Energie- und Klimaschutzprogramm von 2013, also von der Vorgängerregierung, das immer noch gilt, wurden gerade einmal 28 % der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2022 vorgesehen. Der Bund fordert aber wenigstens 35 % und das bis zum Jahr 2020. Im Übrigen hatten wir im letzten Jahr schon 32 % erneuerbare Energien bundesweit.

Die Ziele des Freistaates Sachsen müssen endlich erheblich angehoben werden. Doch der Ausbau der erneuerbaren Energien ist faktisch zum Stillstand gekommen. Der Freistaat Sachsen steht damit an vorletzter Stelle der Flächenländer – und damit nicht an letzter Stelle, Herr Rohwer –, also vor Baden-Württemberg. Das ist nichts, womit man sich rühmen kann.

Das Beispiel Windenergie zeigt das sehr deutlich. Neun Windenergieanlagen – ich wiederhole: neun! – von 870 Windenergieanlagen sind in Sachsen im letzten Jahr erbaut worden.

(Zuruf von der AfD: Neun zu viel!)

Das sind natürlich neun zu viel für die AfD, war schon klar. – Woran liegt das? Es liegt an dem schon erwähnten Energie- und Klimaschutzplan der Staatsregierung. Dort sind die konkreten Ausbauziele benannt. Diese Ziele sind nicht nur viel zu niedrig – die FDP-Vorgängerregierung lässt auch heute noch grüßen –, nein, die Ziele sind faktisch schon erreicht, und deswegen stoppt der Ausbau.

Beispiel Windenergie: Im Energie- und Klimaschutzplan von 2013, welcher bis zum Jahr 2022 für die Windenergie

2 200 Gigawattstunden vorsieht, wurden schon

2 000 Gigawattstunden im Jahr 2015 erreicht. Oder als Beispiel die Biomasse: 1 800 Gigawattstunden pro Jahr sind das Ziel. Letztes Jahr haben wir schon 2 000 Gigawattstunden erreicht. Fotovoltaik: Ziel 4 800 Gigawattstunden pro Jahr, letztes Jahr erreicht 1 500 Gigawattstunden. Wasserkraft: Ziel 320 Gigawattstunden pro Jahr, letztes Jahr erreicht 280 Gigawattstunden.

Wir müssen uns endlich höhere Ziele setzen. Doch die Herren von der CDU halten es noch nicht einmal für nötig, an den Gesprächen der Fachexpertinnen und Fachexperten teilzunehmen und sich mit ihnen an den Tisch zu setzen, so wie letzte Woche in der Gläsernen Manufaktur, als sich die Vereinigung erneuerbarer Energie zu ihrer Jahresversammlung traf. Sie haben noch nicht einmal Ihre Teilnahme abgesagt. Sie wissen wahrscheinlich auch, warum Sie dort nicht erschienen sind, denn Sie hätten sich blamiert.

Die Klimaschutzziele des Bundes stehen fest, und an diese muss sich der Freistaat Sachsen auch halten. Das bedeutet, dass wir die Emission bis zum Jahr 2030 halbieren müssen. Das bedeutet vor allen Dingen einen rascheren Ausstieg aus der Kohleverstromung, der unausweichlich ist. Das wird von Ihnen aber nicht offen ausgesprochen; entweder weil Ihnen die Intelligenz oder der Mut fehlt. – Im zweiten Teil dazu mehr.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war die Fraktion DIE LINKE. Jetzt, Herr Kollege Vieweg, sind Sie am Zuge für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Titel der Aktuellen Debatte wirft uns heute gleich zwei Dinge vor. Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Lippold, einerseits würden wir bei den erneuerbaren Energien auf der Bremse stehen und andererseits würden wir Braunkohlerisiken verschleiern. Ferner sagten Sie, dass es in Sachsen nicht Chefsache wäre.

Ich sage Ihnen – das wissen Sie genau –: Beide Vorwürfe sind falsch. Energiepolitik ist Chefsache im Freistaat Sachsen und auch im Energieministerium.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU)

Lassen Sie mich eines voranstellen: Natürlich ist eine solche Debatte richtig und wichtig, um über eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte, über die Energiewende, hier zu sprechen. Ich bitte aber – da habe ich einen sehr realistischen Blick – eines zu beachten: Wir stehen in Sachsen beim Thema Energie auf zwei Füßen. Wir stehen mit einem Fuß in der alten Welt – hier steht irgendwo ein Kraftwerk, dann kommt eine lange Leitung und irgendwann kommt der Strom aus der Steckdose –, und wir stehen mit dem zweiten Fuß in einer neuen Welt, in der es um dezentrale erneuerbare Energieanlagen geht.

Dieser realistische Blick bedeutet, dass wir im Moment in einem Transformationsprozess sind, und zwar von der alten Welt hin zur neuen Welt, einem hochkomplexen System. Da verstehe ich, dass bei vielen die Beharrungskräfte groß sind und bei anderen die Hoffnungen auf Chancen ebenfalls. Insoweit haben wir uns – und auch das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen – mit dem Koalitionsvertrag 2014 auf eine moderne Energiepolitik vereinbart und ganz klare Schwerpunkte gesetzt. Wir haben gesagt, zuerst geht es mal um Netze und Speicher, es geht zweitens weiter um das Thema Forschung und Entwicklung sowie Energieeffizienz, und es geht drittens weiter bei dezentralen erneuerbaren Energieanlagen. Ein vierter Punkt ist ganz wichtig: eine aktive, begleitende Strukturpolitik in den – jetzt noch – Braunkohleregionen in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier. Grundlage hierfür ist eine Partnerschaft in den Kommunen, mit den kommunalen Stadtwerken, aber natürlich auch mit der vielen Bürgerbeteiligung im ganzen Land.

Ich sage Ihnen ganz selbstbewusst, ja, wir haben den Turnaround in der Energiepolitik geschafft. Als Energieminister Martin Dulig ins Energieministerium eingezogen ist, lagen wir bei 22,9 % – das war 2014 – und 2016 bei 26,4 %. Wir haben die Ziele aus dem Energie- und Klimaprogramm fast erreicht. Ich kann Ihnen versichern, wir reden in der Koalition im Moment ganz intensiv über eine Fortschreibung des Energie- und Klimaprogramms. Wir brauchen ein Klimaschutz- und Energieprogramm, um über die aktuellen Prozesse bei den Regionalplanungen vorwärtszukommen und zukünftig unsere Ausbauziele zu erreichen. Wir orientieren uns hier an den Bundeszielen 2035 – 60 % –, und wir sind auf einem guten Weg und werden diese Ziele erreichen.

Wir haben nur nicht den einen Blick, den Sie haben, bei dem es nur um die Ausbauziele geht. Es geht uns einerseits darum, eine verstärkte Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern hinzubekommen. Hierzu haben wir energiepolitische Entscheidungen getroffen. Mit dem Windenergieerlass haben wir erreicht, dass eine höhere Akzeptanz vor Ort ermöglicht wird. Wir haben die Verhinderungspolitik aus den Vorjahren als Koalition im Konsens verändert und beendet. Wir setzen auf flexible Abstandsregelungen; in Sachsen wird es keine 10-H-Regelung geben.

Wir haben uns auch beim Thema Forschung und Entwicklung bewegt, es geht um den Masterplan Energieforschung und Speichertechnologie, der im Moment in den Ministerien in der Schlussabstimmung ist. Hier werden zukünftig alle Initiativen in Forschung und Entwicklung zusammengeführt und gebündelt.

Wir haben uns um Wirtschaftsförderung und um innovative dezentrale Stromerzeugung und -speicherung gekümmert. Unser Landesprogramm haben wir auf 3,5 Millionen Euro aufgestockt. Wir fördern Groß- und Kleinspeicher im ganzen Land und wir verengen auch nicht nur den Blick auf den Ausbau, sondern wir sagen, Mobilität ist wichtig. Das Landesprogramm „Schaufenster Elektromo

bilität“ führen wir mit 1,2 Millionen Euro Landesmitteln fort, weil Mobilität eine große Rolle spielt.

Worauf wir setzen, das ist der Dialog vor Ort. Sehr geehrter Herr Dr. Lippold, den führen wir in der Koalition ganz intensiv. Wir sprechen mit den Menschen vor Ort: Wie geht es mit dem Zusammenleben weiter, mit dezentralen erneuerbaren Energieanlagen? Das sind schwierige Gespräche, da gibt es Betroffenheiten bei jedem einzelnen Standort. Und wen ich dort kaum, eigentlich nie sehe, Herr Dr. Lippold, sind Abgeordnete Ihrer Fraktion.

(Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Nicht auf Ihren Veranstaltungen!)

Ich würde mir wünschen, dass Sie mit vor Ort kommen, dass wir gemeinsam für Chancen der Energiewende werben, weil wir wollen – und ich hoffe, das wollen Sie auch –, dass die Energiewende in Sachsen ein Erfolg wird.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU)

Das war der Abg. Herr Vieweg, der für die SPD-Fraktion sprach. Jetzt kommt die AfD zu Wort; es spricht der Abg. Wild, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Herr Rohwer – ist er da?

(Lars Rohwer, CDU: Ja, immer!)

Immer, gut. Sie haben es am Beispiel E.ON auf den Punkt gebracht: Tausende Arbeitsplätze gehen durch die Energiewende verloren. Die neueste Hiobsbotschaft ist ganz aktuell in der Presse: E.ON baut tausend Arbeitsplätze ab. Der Verlust im letzten Jahr allein aus der Energiewende betrug 16 Milliarden Euro. Und Sie machen hier ein Debattenthema auf – die, die sich GRÜNE nennen, wollen erneuerbare Energien in Sachsen endlich voranbringen – und unterstellen eine Verschleierung von Braunkohlerisiken.

Was wollen Sie also: auf jedem Feld ein Windrad, auf jedem Dach eine Fotovoltaikanlage – genau das ist Ihre Vision für Sachsen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist doch nichts Schlimmes!)

Wo kommen die Unmengen an seltenen Erden für diese Fantasien her, Herr Lippold? Sie wissen es: aus Bergwerken in China und Ländern in der dritten Welt – dort, wo Arbeiter unter katastrophalen Bedingungen leiden und die Umwelt weiträumig zerstört wird. Aber das ist Ihnen völlig egal, das ist ja nicht in Deutschland.

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Hauptsache, die Energiewende in Sachsen wird geschafft, eine milliardenschwere Energiewende, die noch nicht einmal mikroskopische Auswirkungen auf das Gesamtklima in der Welt hat.

(René Jalaß, DIE LINKE: Wenn Sie Ihre heiße Luft einsparen könnten, würden wir schon weiter sein! – Heiterkeit bei den LINKEN)

Es ist ja auch nicht das erste Mal in der Politik. Denken Sie noch an Ihre Biodieselforderungen – woraus wurde der produziert? Richtig, vorwiegend aus Palmöl – dafür werden Regenwälder abgeholzt. Aber auch das stört Sie nicht, ist ja nicht in Deutschland. Das Klima dieser Welt wollen Sie von Deutschland aus – am besten von Sachsen aus – retten.

(Lachen bei den GRÜNEN)