Protocol of the Session on November 10, 2016

Für die Regierungskoalition ist der Arbeitsschutz von großer Bedeutung. In unserer Koalitionsvereinbarung heißt es dazu wörtlich: „Die Koalition wird sich für eine Stärkung des Arbeitsschutzes in Sachsen einsetzen. Wir erkennen die große Bedeutung des Arbeitsschutzes für die Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Produktivität der Unternehmen an. Die Koalition bekennt sich zur Einführung einer sächsischen Arbeitsschutzallianz. Die bestehende Arbeitsschutzkonferenz wird zu diesem Zweck erweitert und mit neuer Intensität weiterentwickelt. Unser Augenmerk werden wir stärker auf die betriebliche Gesundheitsförderung richten, um zum Beispiel neuen Herausforderungen, wie psychischer Belastung am Arbeitsmarkt, zu begegnen.“

Was nun Ihren Antrag konkret betrifft, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, so nehme ich zur Kenntnis, dass er sich mit einem immer

mehr in unserer Gesellschaft auftretenden Thema, dem psychischen Arbeitsschutz, befasst. Leider beziehen Sie sich in Ihrem Antrag lediglich auf nur eine Säule der betrieblichen Gesundheitsfürsorge und lassen die anderen Punkte außen vor.

Des Weiteren darf befürchtet werden, dass letztendlich die Lösung im Ruf nach mehr Geld und Personal liegt. Geld verhindert kein Mobbing am Arbeitsplatz, und mehr Personal wird letztendlich die entstehenden psychischen Leiden nicht allein lösen können. Mehr Menschlichkeit und Demut wären erste Lösungsansätze, um insbesondere psychischen Erkrankungen Einhalt zu gebieten. Richtig ist ohne Zweifel, dass die deutliche Erhöhung der Anzahl der Burn-out-Syndrome ein ernst zu nehmendes Signal darstellt. Die Ursachen dafür sind komplex. Um die richtigen Schritte zur Bekämpfung der Ursachen unternehmen zu können, ist die genaue Auswertung und Analyse der Gründe psychischer Überlastungen in den jeweiligen Einzelfällen nötig.

Betrachtet man die Statistiken zu psychosomatischen und psychischen Erkrankungen näher, wird schnell klar, dass unterschiedliche Wirtschaftsbereiche auf unterschiedlich viele Fälle von Krankheiten hinweisen. Am stärksten betroffen sind die Büroarbeitsplätze in Branchen, in denen Leistungsdruck und Leistungskonzentration, gepaart mit Erfolgsdruck, herrschen. Hierbei spielen insbesondere auch die Bereiche eine Rolle, in denen auf Provisionsbasis gearbeitet wird oder die an Faktoren des Erfolges gemessen werden.

Die vom SMWA verfolgte Konzentration der Aufsichts- und Beratungstätigkeit der Arbeitsschutzbehörde auf Gefährdungen mit hoher Relevanz für die betriebliche Arbeitsschutzsituation ist deshalb genau die richtige Methode, um auf unterschiedliche Erfordernisse mit geeigneten Maßnahmen eingehen zu können. Staatliches Handeln ist genau dort gefragt, wo die Gefahren bestehen. Ein undifferenziertes Kontrollsystem nach dem Gießkannenprinzip verbessert den Arbeitsschutz eben nicht.

An dieser Stelle komme ich zu unserem dualen Arbeitsschutzsystem zurück. Die Verantwortung für den Arbeitsschutz liegt auch, aber nicht ausschließlich in staatlicher Hand. Gefordert sind hier genauso die Unfall- und Krankenkassen sowie die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer selbst. Gerade im Hinblick auf die große Anzahl kleiner und kleinster Unternehmen in Sachsen sehe ich die Berufsgenossenschaften in der Pflicht, ihre beitragszahlenden Unternehmer kostenfrei oder zu erträglichen Kosten in die Lage zu versetzen, ihre Beschäftigten kompetent und wirksam in Arbeitsschutzfragen und Unternehmensabläufen zu beraten.

Wir können unsererseits den Unternehmern die dazu notwendige Zeit verschaffen, indem wir in anderen Bereichen bürokratische Hindernisse, wie etwa die Doppelberechnung der Löhne zur Sozialversicherungsvorauszahlung oder zweifelhafte Dokumentationspflichten, beseitigen. Ein umfangreiches und durchdachtes Konzept zum Arbeitsschutz halte ich daher für notwendig. Mit

einem solchen Personalkonzept ist das SMWA nach meiner Kenntnis im Rahmen der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung befasst.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, unabhängig von meinen bisherigen Ausführungen benötigt die sächsische Arbeitsschutzverwaltung einen Personalbestand, der es ihr erlaubt, ihren Arbeitsauftrag zu erfüllen. Die Mitarbeiter dieser Behörde benötigen entsprechende Arbeitsbedingungen, um ihre Aufgaben qualitativ einwandfrei zu erfüllen. Die von Ihnen im Antrag geforderte Festlegung konkreter Eintragungskorridore wird deshalb ohnehin Teil der anstehenden Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt sein, aber sinnvollerweise eben Teil dieser Verhandlungen.

Folgender Lösungsansatz wurde bereits umgesetzt: Um Unternehmern und Betroffenen Hilfestellung zu geben und Erkrankungen möglichst frühzeitig vorzubeugen, wurde das sächsische Präventionsnetzwerk „Psychische Fehlbelastungen, Konfliktsituationen und Mobbing am Arbeitsplatz“ gegründet. Im Netzwerk engagieren sich Behörden, Unfallversicherungsträger, Krankenkassen,

Mobbing- und Konfliktberater, Therapeuten, Juristen und Selbsthilfegruppen in Kooperation mit Fachkliniken und Beratungsstellen. Ergänzend wird der Arbeitsschutz gemäß den Vorschriften der Fachaufsicht schwerpunktmäßig in risikobehafteten Betrieben durchgeführt.

Das bundesweite Arbeitsprogramm Psyche, dessen Ziel es ist, den Anteil jener Krankentage zu senken, die psychischen Belastungen geschuldet sind, wurde bereits im Februar 2016 in Sachsen gestartet. Evaluationen, die aktuell Nachsteuerungen oder Änderungen erforderlich machen, sind mir nicht bekannt. Gerade die Wahrnehmung der Fachaufsicht durch die zuständigen Fachressorts in den Landesdirektionen sichert die für die Aufsicht erforderliche Qualität. Mit der Einrichtung von Fachnetzwerken für Prävention in der Arbeitswelt, allgemeine, therapeutische sowie juristische Beratung und Begleitung wurden umfangreiche Angebote geschaffen. In den Landesdirektionen sind diese Netzwerke mit den fachlichen Ansprechpartnern benannt und stehen in entsprechenden Faltblättern jedem Ratsuchenden zur Verfügung.

Im Referat für Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und technischen Verbraucherschutz des SMWA wurde bereits im Dezember 2015 eine Diplom-Psychologin eingestellt, um die Sächsische Arbeitsschutzverwaltung bei der Bearbeitung des GDA-Arbeitsprogramms Psyche zu unterstützen.

Mehr Personal, insbesondere im psychologischen Bereich des Arbeitsschutzes, verbessert jedoch nicht allein den Umgang und das Miteinander am Arbeitsplatz eines jeden Unternehmens. Wir sind vielmehr aufgerufen, den menschlichen Umgang im Alltag auf ein Maß des Anstandes und der Rücksichtnahme zurückzubringen. Damit leisten wir einen guten Beitrag zum Arbeitsschutz.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie nach meinen Ausführungen sicherlich nicht anders erwarten, lehnt die CDU-Fraktion den vorliegenden Antrag ab.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Nun die SPD-Fraktion; Herr Abg. Homann. Bitte sehr, Herr Homann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gute Arbeit soll das Leitbild der neuen sächsischen Arbeitsmarktpolitik dieser Koalition werden.

Wir diskutieren seit vielen Jahren über dieses Leitbild zu Recht, weil es wichtig ist, im Bereich der Arbeit dafür zu sorgen, dass die Leute faire Löhne bekommen. Wir müssen darauf achten, dass die Würde der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten bleibt. Aber zum Konzept gute Arbeit gehören nicht nur Löhne. Dazu gehört nicht nur die Einführung des Mindestlohnes und die Forderung nach mehr Tariflöhnen, sondern zum Konzept und zum Leitbild gute Arbeit gehört auch die Sicherheit am Arbeitsplatz als die Grundvoraussetzung für eine hohe Qualität bei den Arbeitsbedingungen.

Deshalb hat die Koalition im Koalitionsvertrag dem Thema Arbeitsschutz einen hohen Stellenwert eingeräumt. Wir haben vereinbart, dass wir nach Jahren, in denen Arbeitsschutz keine große Rolle gespielt hat, hier wieder etwas tun wollen, und das ist richtig so.

Sicherheit heißt, durch hohe Standards am Arbeitsplatz dazu beizutragen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Verletzungen verschont bleiben und dass das Risiko von Verletzungen am Arbeitsplatz gesenkt wird. Es ist somit ein wichtiger Schwerpunkt.

Die Arbeitsschutzbehörde in Sachsen vollzieht staatliches Recht. Es geht nicht darum, dass das irgendetwas Zusätzliches ist oder dass es etwas ist, was man unter „wenn wir noch drei Groschen übrig haben, machen wir noch Arbeitsschutz“ verstehen könnte. Es gibt einen rechtlichen Anspruch darauf, und das ist gut so.

Natürlich ist bei der Arbeitsschutzverwaltung auch zu sehen, dass es immer wieder neue Aufgabenfelder gibt, die hinzukommen. Frau Saborowski-Richter hat dazu gerade einige Punkte für den Gesundheitsschutz aufgezählt. Wir erleben auch im Bereich der psychischen Erkrankungen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunehmend unter Druck stehen, dass die schöne, neue Arbeitswelt – wie man so salopp sagt – nicht nur Vorteile hat, sondern dass wir immer wieder schauen müssen, dass der Arbeitsschutz auf der Höhe der Zeit seine wichtige, zentrale Aufgabe erfüllen kann.

Deshalb möchte ich jenen, die auf die Idee kommen, dass Arbeitsschutz nur Gängelung von Arbeitnehmern sei, sagen: Wir schaffen auch nicht den TÜV ab, weil wir ihn für eine Gängelung von Autofahrern halten, sondern das ist eine wichtige Kontrolle, die stattfindet, um die Sorgfalt aller Beteiligten am Arbeitsprozess hochzuhalten.

Es gehört dazu, die Dinge beim Namen zu nennen. Man muss deutlich sagen: Beim Arbeitsschutz in Sachsen besteht Handlungsbedarf. Es gehört dazu, so ehrlich zu sein. Die Betriebskontrollen sind vom Jahr 2000 bis 2015 von 17 331 auf 2 831 abgesunken. Im Jahr 2015 hatten wir 226 tödliche oder schwere Arbeitsunfälle. Das ist ein Anstieg von 16 %. Diese Entwicklung ist nicht akzeptabel.

Die Ursachen dafür sind schnell zu finden. Es liegt auch an der Personalausstattung. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter der sächsischen Arbeitsschutzverwaltung beträgt 57 Jahre. Bis zum Jahr 2020 werden wir in diesem Bereich Altersabgänge von 72 % erleben. Das heißt, man sieht an diesen Zahlen, dass der Arbeitsschutz in der Vergangenheit kein Schwerpunkt war. Er hatte nicht die Aufmerksamkeit, die er braucht. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Arbeitsschutzverwaltung haben unter schwierigen Bedingungen gearbeitet.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle sagen, dass ich sehr große Achtung vor der Arbeit dieser Menschen habe. Es ist eine hoch spezialisierte Aufgabe, sich in den verschiedensten Wirtschaftsfeldern so gut auszukennen, dass man genau weiß, wo die Gefahren lauern. Dazu gehört eine ganze Menge Know-how. Angesichts dieser Bedingungen möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der sächsischen Verwaltung bedanken, die im Bereich des Arbeitsschutzes in den letzten Jahren trotzdem getan haben, was in ihren Kräften stand. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Martin Modschiedler, CDU)

Mein Gefühl ist: Bei dieser Analyse sind wir uns alle relativ einig. Es ist auch gut so, dass von hier die Botschaft ausgeht, das Thema Arbeitsschutz ist wichtig.

Einer Aussage kann ich allerdings nicht zustimmen, Herr Brünler, und das ist diese: Es hat sich nichts getan. Ich möchte die Dinge nehmen, die Frau Saborowski-Richter richtigerweise aufgezählt hat, und noch einmal darauf hinweisen, was wir jetzt bei den Haushaltsverhandlungen beschlossen haben: Wir gehen das Thema Arbeitsschutz an, und zwar auf beiden Seiten.

Wir haben in Sachsen ja eine Trennung. Wir haben auf der einen Seite den Arbeitsschutz in der Landesdirektion und auf der anderen Seite die Fachaufsicht im SMWA. Wir haben bei der Landesdirektion in den Haushaltsberatungen der Koalitionsfraktionen beschlossen, dass wir alle kw-Vermerke in diesem Haushalt streichen. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir nicht zulassen wollen, dass im Bereich des Arbeitsschutzes weiter abgebaut wird.

Darüber hinaus sind die beiden zuständigen Minister, Martin Dulig und Markus Ulbig, in Gesprächen, um dabei weiter voranzukommen, wie man den Arbeitsschutz in der Landesdirektion weiter stärken kann.

Auch im Bereich der Fachaufsicht im SMWA selbst – mein Kollege Thomas Baum hat es in seinem Redebeitrag im letzten Tagesordnungspunkt erwähnt – haben wir uns

darauf verständigt, 60 neue Stellen zu schaffen. Ein großer Teil dieser Stellen wird sicherlich im LASuV angesiedelt sein. Dort sind sie gut investiert, denn dort werden sie gebraucht. Ein Teil dieser Stellen wird aber auch für die Fachaufsicht im Arbeitsschutz verwendet.

Zu behaupten, hier ändere sich gar nichts, ist falsch. Sie sehen daran, dass wir das Problem erkannt haben. Wir sind bereit, etwas zu tun, um unseren Aufgaben gerecht zu werden.

Mir ist es wichtig, dass wir weiterhin diesen Prozess begleiten. Deshalb freue ich mich über jede parlamentarische Initiative in diesem Bereich, weil dadurch jedes Mal die Möglichkeit eröffnet wird, das Thema wieder anzusprechen.

(Zuruf der Abg. Petra Zais, GRÜNE)

Herr Dr. Lippold von den GRÜNEN hat es das letzte Mal getan, und es ist auch noch kein Jahr her. Heute tun wir es. Ich finde es gut, auch wenn wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Aber es ist wichtig, auf dieses Themenfeld hinzuweisen.

Wir sind bereit, gute Arbeit unter dem Sicherheitsaspekt zu leisten.

(Zuruf des Abg. Dr. Gerd Lippold, GRÜNE)

Wir sind bereit, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl in der Verwaltung als auch in den Betrieben zu unterstützen, weil uns der Schutz unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen wichtig ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Martin Dulig)

Nun die AfD-Fraktion. Herr Abg. Beger, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht ganz ein Jahr her, da haben wir uns in diesem Hohen Haus mit einem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema Arbeitsschutzverwaltung beschäftigt.

Gewisse Ähnlichkeiten zu diesem Antrag sind nun in dem von den LINKEN eingebrachten Antrag, in den Antragszielen und in der Begründung, erkennbar und wohl auch unvermeidbar. An dieser Stelle könnte man nun fragen, ob sich der Landtag künftig der Produktion von Déjà-vus widmen will.

Die Stellungnahmen des Wirtschaftsministers sowie der anderen Fraktionen vom letzten Jahr sind doch bekannt. Aber gut, der Berichtsantrag schadet nicht. Informationen sind wichtig. Die Forderung nach ausreichend Personal stellt sich in der Tat heute wohl noch dringender als vor einem Jahr. Mangels erledigter Hausaufgaben der Staatsregierung ist dem Antrag also eine gewisse inhaltliche Berechtigung nicht abzusprechen.

Vergegenwärtigt man sich die Debatte vom 16. Dezember 2015 noch einmal, ist festzuhalten, dass die SPD damals einen etwas längeren Dreizeiler und die CDU ihren Beitrag zu Protokoll gegeben hat. Beides wurde dem Thema nicht ansatzweise gerecht. Aber auch dies ist eine Positionierung.

Es ist im Übrigen sehr schade, dass Herr Pohle seinen Antrag zu Protokoll gab. So ist folgender schöner Absatz zum Thema Arbeitsschutz im Plenum völlig untergegangen: „Ebenso müssen die Berufsgenossenschaften besser in die Lage versetzt werden, Arbeitsschutzbedingungen in ihren Unternehmen prozessbezogen zu verbessern.“