Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die CDU-Fraktion. Danach folgen DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. – Ich erteile jetzt für die CDUFraktion Herrn Abg. Hartmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um die Verabschiedung des Gesetzentwurfes zur Änderung des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes. Hierzu gab es am 18. August dieses Jahres eine Expertenanhörung im Innenausschuss des Sächsischen Landtags. Um den Gesetzentwurf zu bewerten, möchte ich gern die Worte von Herrn Dr. Roman Götze nutzen, einem der Sachverständigen in dieser Anhörung. Ich zitiere:
„Der Gesetzentwurf wird die kommunale Ebene stärken, wenn er Gesetz wird. Er wird die traditionellen zweckgebundenen Finanzierungsinstrumente der Kurtaxe und der Fremdenverkehrsabgabe modernisieren und zeitgemäß aufstellen, sodass die neuen Herausforderungen damit künftig gemeistert werden können.
Er wird außerdem eine Impulsverstärkung der touristischen Destination bringen, indem die lokale tourismusaffine Wirtschaft ebenfalls profitiert, nicht nur die Kommunen.
Schließlich wird dieser Gesetzentwurf sicherstellen, dass das Kalkulationserfordernis für Kurtaxe und Fremdenverkehrsabgabe oder, wie sie heißen werden, für Gästetaxe und Tourismusabgabe aufrechterhalten bleibt. Die strenge Zweckbindung wird in Zeiten des Vorbringens von kommunalen Übernachtungssteuern in diesem Fall festgeschrieben.
Last, but not least bin ich auch der Auffassung, dass der Gesetzentwurf eine Stärkung der Rechtssicherheit für jene Kommunen mit sich bringen wird, die gerade überlegen, auch in Richtung einer Gästetaxe oder einer Tourismusabgabe selbst satzungsmäßig tätig zu werden.“
Mit dieser Bewertung steht Herr Dr. Götze nicht allein. Auch der Vertreter des Sächsischen Städte und Gemeindetages, Herr Woitscheck, und der Bürgermeister der Stadt Meißen, Herr Gruner, sowie die Vertreterin des Landestourismusverbandes, Frau Kis, begrüßen die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes ausdrücklich.
Für 57 % aller sächsischen Kommunen ist Tourismus ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, an dem eine Menge Arbeitsplätze hängen, die nicht nur für die touristischen Zentren wie Leipzig und Dresden, sondern vor allem auch für den ländlichen Raum wichtig sind. Tourismus ist also ein zentraler Wirtschaftsfaktor in Sachsen. Damit dies so bleibt, müssen für unsere touristischen Regionen und für
Mit der Tourismusstrategie 2020 aus dem Jahr 2011 verbindet sich das strategische Ziel, die kleinteilige Tourismuswirtschaft in Sachsen zu stärken und deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Eine nachhaltige Finanzierung der touristischen Aufgaben in den Kommunen und Regionen ist hierfür das A und O. Der Gesetzentwurf gibt nicht nur Hilfe zur Selbsthilfe für die Kommunen und stellt für die sächsischen Gemeinden eine echte Alternative zu den Verbrauchs- und Aufwandssteuern, also der Übernachtungssteuer, dar. Ebenso stärkt er die kommunale Selbstverwaltung ganz erheblich, denn es obliegt der sachgerechten Entscheidung der Akteure vor Ort, von welchen der vorhandenen Instrumente sie Gebrauch machen. Zudem zielt der Gesetzentwurf auf eine Stärkung aller Gemeinden, denen ein besonderer finanzieller Aufwand für die Entwicklung ihrer touristischen Infrastruktur entsteht, das heißt in Wanderwege, Radwege, Tourismusinformationen und Ähnliches.
All diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass unsere touristischen Gebiete in Sachsen noch attraktiver werden und spezielle Angebote für spezifische Zielgruppen entwickeln können. Insofern gibt diese Novelle dem Tourismus in den Regionen noch einmal einen deutlichen Schub für Investitionen, Qualität und Innovation, weshalb meine Fraktion empfiehlt, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Und nun die Fraktion DIE LINKE, Herr Abg. Schollbach. Bitte sehr, Herr Schollbach, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass sich der Landtag heute mit den Themen Gästetaxe und Tourismusabgabe zu befassen hat, ist einer recht bemerkenswerten Fehlleistung der CDU zu verdanken. Die CDU war es, die es allen Ernstes fertig gebracht hat, in der Landeshauptstadt Dresden eine Kurtaxe einzuführen. Landeshauptstadt Dresden – Kurtaxe. Das scheint mir ein Widerspruch in sich zu sein, aber die CDU hat das damals offensichtlich anders beurteilt.
Es ist auch bekannt, dass Dresden ein weltberühmter Kur- und Erholungsort ist mit seinen wohltuenden Heilquellen. Herrlich! An Montagen werden sogar abendliche Spaziergänge durch die Innenstadt angeboten, wo besorgte Bürger ihre Ängste im Wege der Gruppentherapie unter Anleitung eines echten Kleinkriminellen verarbeiten können. Da konnte es natürlich keinen Zweifel geben, meine Damen und Herren: Die Landeshauptstadt Dresden ist ein Kur- und Erholungsort, mindestens aber eine sonstige Fremdenverkehrsgemeinde.
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hatte jedoch einen klareren Blick als die örtliche CDU und urteilte wie folgt: „Die für die Kur- und Erholungsorte erforderlichen
spezifischen Merkmale, wie natürliche Heilmittel zur Wiederherstellung der Gesundheit oder landschaftliche Gegebenheiten, die der Erholung dienen, weist die Antragsgegnerin als Großstadt nicht in nennenswertem Umfang auf. Ihr fehlt es auch an einem Ortscharakter, der einer solchen Aufgabenstellung entspricht.“
Weiter führte das Sächsische Oberverwaltungsgericht zu dieser Problematik im Hinblick auf die Landeshauptstadt Dresden aus: „Die Antragsgegnerin ist entgegen ihrer Auffassung auch keine sonstige Fremdenverkehrsgemeinde, denn das zusammengesetzte Wort Fremdenverkehrsgemeinde verwendet den Begriff Fremdenverkehr dazu, um den nachfolgenden Begriff Gemeinde näher zu beschreiben. Eine solche Beschreibung einer Gemeinde mit einem Stichwort ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Stichwort die Gemeinde zutreffend charakterisiert, weil es für sie eine so wichtige Rolle spielt, dass es zu ihrer Beschreibung herangezogen werden kann. Hierfür muss es sich um ein hervortretendes, die Gemeinde prägendes Merkmal handeln.“
Meine Damen und Herren! Ich gehe deshalb so ausführlich auf diesen Umstand ein, weil der Gesetzentwurf der Sächsischen Staatsregierung genau mit der Beschreibung dieses Vorgangs und mit der Darstellung dieses Urteils beginnt und dieses Urteil der Anlass ist für den Gesetzentwurf, der heute zur Debatte steht.
Meine Damen und Herren! Wir haben also gelernt: Kurtaxe und Großstadt passen nicht so recht zusammen. Die eine oder andere Partei hat für diese Erkenntnis erst ein Gerichtsurteil benötigt. Vor diesem Hintergrund schlägt die Staatsregierung diverse Änderungen für das Sächsische Kommunalabgabengesetz vor, nämlich die Einführung einer Tourismusabgabe einerseits sowie einer sogenannten Gästetaxe andererseits.
Meine Damen und Herren! Ich prophezeie mal an dieser Stelle, dass diesen Instrumenten kein allzu großer Erfolg beschieden sein dürfte. Man kann das machen, nur die praktischen Auswirkungen dürften sich in Grenzen halten. Warum ist das so? Es gibt mit der sogenannten Bettensteuer bereits eine höchstrichterlich bestätigte Einnahmequelle für die Gemeinden. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits im Jahr 2012 entschieden, dass Gemeinden Steuern auf privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen erheben dürfen. Die Landeshauptstadt Dresden macht das inzwischen auch, und zwar mit einigem Erfolg. Sie hat erhebliche Einnahmen durch die Erhebung dieser Steuer zu verzeichnen.
Nun komme ich auf den Unterschied zu sprechen. Während die Bettensteuer im Wesentlichen lediglich die nicht beruflich veranlasste entgeltliche Übernachtung, zum Beispiel in einem Hotel, als Tatbestand voraussetzt, sind die konkreten Voraussetzungen der Gästetaxe sowie der Tourismusabgabe für die Gemeinden deutlich schwieriger zu ermitteln und wesentlich fehleranfälliger. Daher liegt es nahe, dass die Gemeinden, wenn sie von den Einnahmen aus dem Tourismuskuchen ihr Stückchen abhaben wollen, den höchstrichterlich bestätigten Weg der Erhe
bung der Bettensteuer gehen werden und eben nicht den komplizierteren, fehleranfälligen Weg der Gästetaxe oder der Tourismusabgabe. Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, dürften die von der Staatsregierung vorgeschlagenen Argumente eine überschaubare praktische Wirkung entfalten. Sie fallen letztlich in die Kategorie überflüssig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Oberverwaltungsgericht hat uns mit seiner Entscheidung vom 10. Oktober 2014 in der Tat Hausaufgaben aufgegeben. Wir waren aufgefordert, Rechtssicherheit herzustellen. Das war für uns, sehr geehrter Kollege Schollbach, nicht Grund für Polemik, sondern für Sacharbeit.
Nach dem Urteil war für uns klar, dass praktisch nur noch die staatlich anerkannten Kur- und Heilbäder eine Gästetaxe verlangen dürfen. Unser Ziel war es aber immer, dass möglichst alle Akteure in der Tourismuswirtschaft in die Finanzierung einbezogen werden. Damit folgen wir einem Beschluss im Hohen Haus, nämlich unserer Tourismusstrategie 2020. Auf der anderen Seite nehmen wir auch Verantwortung für 200 000 Beschäftigte im sächsischen Tourismus wahr. An dieser Stelle möchte ich danke sagen den vielen, die jeden Tag in den TouristInformationen, in den Hotels oder in den Reisebüros stehen, für Sachsen werben und erklären, dass Sachsen ein weltoffenes Land mit großer Gastfreundschaft ist, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.
Dazu kommt noch, dass wir in vielen Städten und Gemeinden im Moment ein echtes Finanzproblem haben. Wir spüren die angespannte Situation in den kommunalen Haushalten und sehen, dass gerade die freiwilligen Aufgaben – dazu zählt die Tourismusfinanzierung – sehr oft dem Rotstift zum Opfer fallen. Mit der vorliegenden KAG-Novelle nehmen wir Verantwortung wahr für über 50 % der Kommunen im Freistaat, für die der Tourismus ein ganz wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist – schauen wir ins Vogtland, ins Erzgebirge, in die Sächsische Schweiz, aber genauso in die Lausitz. Wir haben uns deshalb in den letzten Monaten ganz intensiv mit der Tourismusfinanzierung im Freistaat beschäftigt. Unser Bestreben war und ist, möglichst viele Akteure in den Entstehungs- und Entscheidungsprozess der heute vorliegenden KAGNovelle einzubeziehen. Dieser übergreifende Ansatz war für uns in der Koalition ganz wichtig. Im Freistaat geht es um viel. Es geht um Wertschöpfung und um Arbeitsplätze.
Darüber hinaus war unser Ansatz, nicht nur Rechtssicherheit herzustellen, Herr Kollege Schollbach, sondern wir haben die Gunst der Stunde auch dazu genutzt, sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Wir wollen versuchen, die Tourismusfinanzierung im Freistaat nachhaltig zu verbessern. Dabei geht es, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, nur scheinbar um Nebensächlichkeiten wie neue Tourist-Informationen, die Instandhaltung und den Bau von Sehenswürdigkeiten, um Wanderwege, Loipen oder Parkmöglichkeiten. Genauso geht es um Marketing und Öffentlichkeitsarbeit in den jeweiligen Destinationen, in den Tourismusregionen. Sie sehen also: Es geht um ganz konkrete Investitionen in unseren Städten und Gemeinden.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf eingehen, welche drei Schwerpunkte uns bei der KAG-Novelle wichtig waren.
Die vorliegende Novellierung stellt klar, dass bei dem System der Gästekarte künftig auch der öffentliche Personennahverkehr eine Rolle spielt, sodass zwischen dem Tourismus und öffentlichem Personennahverkehr neue Verknüpfungen hergestellt werden können.
Vor dem Hintergrund zahlreicher Gemeindezusammenschlüsse wollen wir versuchen, zu erreichen, dass die Gästetaxe nur in solchen Gemeinden Anwendung findet, in denen wirklich Gäste unterwegs sind.
Der dritte Punkt, der uns wichtig war: Wir wollen zukünftig vermeiden, dass in Kommunen verschiedene Ansätze gefahren werden – also eine ganz klare Trennung zwischen Gästetaxe, Tourismusabgabe und Übernachtungssteuer.
Wir stehen in den Kommunen, in der kommunalen Selbstverwaltung also vor großen Herausforderungen. Dies vor Ort umzusetzen, die Prozesse, die Moderation und die Umsetzung zu begleiten, wird aus meiner Sicht eine der größten Herausforderungen sein. Das braucht in den Kommunen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Zeit. Klar ist: Das Regelwerk in der Tourismusfinanzierung wird nicht einfacher. Es war komplex und wird in Zukunft auch komplex bleiben.
Ich möchte an dieser Stelle allen in den Kommunen Mut zusprechen, sich auf diese Diskussion einzulassen und die neuen Möglichkeiten und Chancen des KAG zu nutzen, um ihre touristischen Destinationen am Ende wirklich weiter voranzubringen und zu stärken.
Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, noch einmal darauf einzugehen, was unser gemeinsames Ziel in der Tourismusstrategie 2020 war: nachhaltiger Tourismus im Freistaat. Mit dem neuen KAG haben wir jetzt einen Ansatz gefunden, wie wir CO2-Einsparung, Mobilität und nachhaltigen Tourismus zusammenbringen können. Das neue KAG bietet die Möglichkeit, den öffentlichen Personennahverkehr und den Tourismus in den Destinationen miteinander zu verbinden: Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs wie zum Beispiel Skibusse
All das kann zukünftig mit dem KAG finanziert werden. Damit geht Sachsen – auch das ist mir an dieser Stelle wichtig – als zweites Flächenland im Bundesgebiet den konsequenten Weg, für nachhaltigen Tourismus im Land zu sorgen.
Gestatten Sie mir noch eine Aussage zur Kurtaxe, die mir ebenfalls wichtig ist. Im Rahmen der Anhörung haben wir festgestellt, dass bei den vielen Kur- und Heilbädern in Sachsen und gerade im ländlichen Raum der Begriff Kurtaxe wichtig ist. Um Missverständnisse bei Gästen zu vermeiden und weiterhin für Klarheit zu sorgen, bleibt der Begriff Kurtaxe ein fester Begriff im Freistaat Sachsen. Für uns ist das kein Selbstzweck, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, sondern unsere Kur- und Heilbäder sind wichtige Wirtschaftsfaktoren. Sie sichern Arbeitsplätze und Wertschöpfung gerade auch im ländlichen Raum, in oft strukturschwachen Räumen. Von daher ist für mich die Botschaft ganz klar: Die Kurtaxe bleibt in Sachsen ein eingeführter Begriff. Kurtaxe bleibt im Freistaat Kurtaxe.
Zu guter Letzt ist es mir noch wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir das Gesetz auch kommunalfreundlich gestaltet haben. Die Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2018 lässt den Kommunen genug Zeit, von den neuen Möglichkeiten und Chancen der Kommunalabgabengesetzgebung zu profitieren.
Wir stellen heute also zukünftige Weichen für die weitere positive Entwicklung des Tourismus im Freistaat, denn Investition in den Tourismus ist aktive Wirtschaftsförderung, die Arbeitsplätze sichert und neue schafft. Investitionen in den Tourismus sind aber auch wichtig für das Image des Freistaates, für Weltoffenheit und Gastfreundschaft. Daran sollten wir alle in diesem Hohen Hause ein fundamentales Interesse haben.
Aus diesem Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, werbe ich für meine Fraktion, für die SPDFraktion, für unser neues Kommunalabgabengesetz.
Für die SPD-Fraktion sprach Herr Vieweg. Nun erhält für die AfD-Fraktion Herr Abg. Wippel das Wort. Bitte sehr.