Protocol of the Session on September 28, 2016

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Herr Minister, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen

und Herren! Die Aufarbeitung des SED-Unrechtsregimes ist seit Langem ein gemeinsames Anliegen einer breiten Mehrheit im Sächsischen Landtag. Auch wenn seit der friedlichen Revolution schon über 25 Jahre vergangen sind, ist die Aufarbeitung noch längst nicht abgeschlossen.

Der Sächsische Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen

Demokratischen Republik und seine Mitarbeiter leisten seit über zwei Jahrzehnten wichtige Arbeit für die historische und gesellschaftliche Aufarbeitung der DDRDiktatur und der DDR-Staatssicherheit. Er war und ist ein verlässlicher Ansprechpartner für alle, die unter der DDRDiktatur und der Staatssicherheit gelitten haben.

Neben der für viele Menschen wichtigen Beratungshilfe hat der Landesbeauftragte auch Hilfestellung bei Rehabilitierungsfragen und als Träger der politischen Bildung einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Erinnerungen an das geschehene Unrecht geleistet.

Schon in der vergangenen Legislaturperiode wurde mit den Arbeiten an einer Neufassung des Landesbeauftragtengesetzes begonnen und es wurde deutlich, dass das Aufgabenfeld des Landesbeauftragten im Gesetz zu eng gefasst ist und nicht mehr der Arbeitsrealität des Landesbeauftragten entspricht.

Mit den von den Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegten neuen Landesbeauftragtengesetz wird deshalb das Aufgabenspektrum des Landesbeauftragten auf das Gesamtsystem der Diktatur in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR erweitert. Das Gesetz schafft damit eine Rechtsgrundlage für die in der Praxis schon stattfindende Arbeit, und mit der Erweiterung des Blickfeldes wird man nun auch den vielen Einzelschicksalen mit anderen Unrechtserfahrungen in der DDR und aus der Zeit nach dem 8. Mai 1945 besser gerecht.

Mit dem neuen Landesbeauftragtengesetz soll ein Zeichen gesetzt werden, dass die geleistete Aufklärungsarbeit keiner Befristung unterliegt, sondern dauerhaft stattfinden muss. Nur so ist gewährleistet, dass die Betroffenen Rehabilitierung und gesellschaftliche Anerkennung

erfahren, und nur so kann durch die Erinnerung an das geschehene Unrecht dazu beigetragen werden, künftiges Unrecht zu verhindern und das Bewusstsein für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat auch bei den kommenden Generationen zu schärfen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Eine zentrale Aufgabe des Landesbeauftragten ist die Bürgerberatung. Heute stehen nicht mehr die Beratungen zur Akteneinsicht nach dem Stasiunterlagengesetz im Vordergrund seiner Tätigkeit, sondern er ist zunehmend bei Fragen strafrechtlicher und berufsrechtlicher Rehabilitierung, zum Beispiel bei der Durchsetzung von sozialen Ausgleichsleistungen, etwa der Opferrente für ehemalige Heimkinder oder Verfolgte, beratend und unterstützend tätig.

Auch über 25 Jahre nach der deutschen Einheit besteht an den Beratungsangeboten des Landesbeauftragten großes Interesse; sie werden nach wie vor intensiv in Anspruch genommen. Die beratende Tätigkeit spiegelt sich im Schwerpunkt der Opferberatung wider, die dem neuen Landesbeauftragtengesetz vorangestellt ist.

Ein anderer Schwerpunkt der Tätigkeit des Landesbeauftragten ist die Bildungsarbeit. Die Nachfrage nach Bildungsangeboten ist groß und gerade die Bildungs- und Vermittlungsarbeit mit Schülern und Lehrern in Schulen ist mit Blick auf die Zukunft von ganz besonderer Bedeutung. Es ist deshalb wichtig, dass der Bildungsauftrag des Landesbeauftragten im Gesetz ausdrücklich formuliert wird. Er wird beauftragt, Schulen durch Projekte und Informationen zu SED-Diktatur und sowjetischer Besatzungszone und auch zu Demokratie, Recht und Freiheit zu unterstützen.

Eine andere wichtige Neuerung ist der Anbindungswechsel vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz in den Geschäftsbereich des Sächsischen Landtags. Der Landesbeauftragte soll künftig der Rechts- und Dienstaufsicht des Präsidenten des Landtags unterstellt werden. Diese Anbindung ist in meinen Augen richtig, weil sie die Unabhängigkeit des Landesbeauftragten betont und die Bedeutung seiner Tätigkeit noch einmal auf ganz besondere Weise herausstellt.

Das Amt des Landesbeauftragten hat auch heute seine Wichtigkeit und Bedeutung und wird sie auch in Zukunft behalten. Die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist noch nicht abgeschlossen; im Gegenteil: Sie bleibt eine fortdauernde gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Mit dem vorgelegten Entwurf eines Änderungsgesetzes kann die langjährige erfolgreiche und wichtige Aufgabe des Landesbeauftragten für die Zukunft gesichert werden. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Herrn Rathenow für seine bisher geleistete Arbeit bedanken.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung des Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.

Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Verfassungs- und Rechtsausschusses ab.

Es liegt ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion in Drucksache 6/6605 vor. Wird dazu noch eine Einbringung gewünscht, Herr Hütter? – Nicht mehr?

(Carsten Hütter, AfD: Ja!)

Gut. – Gibt es noch Diskussions- oder Redebedarf zum Änderungsantrag? – Herr Modschiedler, bitte.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Zunächst einmal herzlichen Dank für die sachliche Zusammenfassung unseres Gesetzentwurfes, Herr Wurlitzer.

(Andrea Kersten, AfD: Hütter!)

So schön hätten wir es selbst nicht hinbekommen. Vielen Dank.

Genauso sachlich zurück zu Ihrem Antrag, den Sie noch gestellt haben.

(Carsten Hütter, AfD: Herr Wurlitzer heißt Hütter!)

Hütter, Entschuldigung. Es tut mir leid, aber der Rest bleibt gleich. – Sie sagen in Ihrem Antrag, dass der Bericht zum 31. Dezember vorgelegt werden soll. Wir selbst schlagen vor, dass er alle zwei Jahre vorgelegt werden soll. Ob er nun im Juni oder im Januar abgeschlossen werden soll, ist, glaube ich, nicht eine so wahnsinnig wichtige Frage, die im Gesetz festgelegt werden muss, zumal wir festgelegt haben, dass wir uns der parlamentarischen Arbeit unterworfen haben. Diese endet nun einmal mit der Sommerpause. Nach der Sommerpause wird uns dieser Bericht dann alle zwei Jahre vorgelegt werden. Ich denke, das ist ein sinnvoller Weg. Auch der Landesbeauftragte ist in der Lage, in den Kalender zu schauen und zu sehen, okay, das ist der 30. Juni, bis dahin muss es vorliegen. Insoweit würden wir uns Ihrem Ansinnen nicht anschließen wollen.

Außerdem fordern Sie ein, dass Mindestangaben gemacht werden sollen, also sprich Angaben darüber, wie viele Anfragen oder Bürgergespräche es gegeben hat. Ich glaube, es ist die Aufgabe des Landesbeauftragten, das selbst festzulegen. Er ist Mitglied einer Landesoberbehörde. Er ist der Chef. Er ist selbstständig. Ich denke, es ist nicht die Aufgabe des Parlaments, ihn mittels eines Gesetzes zu kontrollieren. Das muss er selbst können. Außerdem sind wir Mitglieder in einem Ausschuss. Wir können im Ausschuss die Fragen stellen. Wenn etwas nicht funktioniert, dann sind wir, glaube ich, Manns und Frau genug, im Ausschuss die nötigen Nachfragen zu stellen. Deswegen ist es nicht notwendig, das in ein Gesetz einzuarbeiten.

Gibt es weiteren Bedarf, zum Änderungsantrag zu reden? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann lasse ich jetzt über den Änderungsantrag der AfD-Fraktion abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen und einige Stimmen dafür. Damit ist der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schlage Ihnen vor, dass wir artikelweise über den Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Verfassungs- und Rechtsausschusses abstimmen.

Ich beginne mit der Überschrift. Wer möchte der Überschrift die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte! – Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Reihe von

Stimmenthaltungen. Dennoch wurde der Überschrift mit großer Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe Artikel 1 – Änderung des Landesbeauftragtengesetzes – auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hierbei wieder Stimmenthaltungen. Artikel 1 wurde dennoch mit großer Mehrheit zugestimmt.

Artikel 2 – Bekanntmachungserlaubnis. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte! – Stimmenthaltungen? – Wiederum Stimmenthaltungen, aber keine Gegenstimmen. Damit ist Artikel 2 mit Mehrheit angenommen worden.

Artikel 3 – Änderung des Sächsischen Verwaltungsorganisationsgesetzes. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte! – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hierbei gibt es wieder Stimmenthaltungen, aber keine Gegenstimmen. Damit wurde Artikel 3 mit großer Mehrheit zugestimmt.

Artikel 4 – Änderung des Sächsischen Gedenkstättenstiftungsgesetzes. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es

Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Stimmenthaltungen, aber keine Gegenstimmen. Artikel 4 wurde mit großer Mehrheit zugestimmt.

Wir kommen zum letzten Artikel, zu Artikel 5 – Inkrafttreten. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hierbei gibt es wieder Stimmenthaltungen, aber keine Gegenstimmen. Artikel 5 wurde damit mit Mehrheit zugestimmt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Gesamtabstimmung über den Gesetzentwurf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hierbei gibt es wieder Stimmenthaltungen. Dennoch wurde dem Gesetzentwurf mit großer Mehrheit zugestimmt. Damit ist der Entwurf als Gesetz beschlossen worden.

(Beifall des Abg. Martin Modschiedler, CDU)

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 4

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Änderung des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes

Drucksache 6/4787, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/6476 Beschlussempfehlung des Innenausschusses