Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ob in Brüssel oder Dresden – auf allen politischen Ebenen sollte es unser Ziel sein, die Gesetzgebung und das Regierungshandeln für Bürgerinnen und Bürger transparent zu machen; denn Transparenz in den Beratungs- und Entscheidungsverfahren der Parlamente und Regierungen macht Politik nachvollziehbar und ermutigt Bürgerinnen und Bürger, sich einzumischen. Transparenz hilft zugleich, den Einfluss von Lobbyisten zu beschränken. Dieser Vorsatz gilt für Brüssel und im Übrigen nicht minder für Sachsen.
Meine Fraktion begrüßt, dass sich das Europäische Parlament und die Europäische Kommission das Ziel auf die Fahnen geschrieben haben, europäisches Regieren transparenter zu machen. Ein verbindliches EU-Lobbyregister, aus dem hervorgeht, welche Interessenvertreter zu welcher Zeit zu den EU-Institutionen Zugang erhalten, ist eine urgrüne Forderung; auch die Auffassung, Landtagsabgeordnete sowie Vertreterinnen und Vertreter von Landesregierungen und Kommunen von der Registrierungspflicht auszunehmen, wie im vorliegenden Antrag, teilen wir.
Auch wenn wir Ihrem Antrag inhaltlich zustimmen können, bleiben doch einige kritische Punkte oder Fragen, auf die ich kurz eingehen möchte. Mit der Begrüßung der Kommissionsinitiative in Ihrem Antrag sollte auch ein Selbstanspruch von Gesetzgebungstransparenz verbunden
sein. Die geforderte Ausnahme, pauschal auf die demokratische Legitimation unserer Verfassungsorgane abzustellen, genügt nicht.
Leider sind wir GRÜNEN im Europäischen Parlament mit der Forderung, freien Zugang zu gewähren, wenn die Länder und Regionen einem Mindestmaß an Gesetzgebungstransparenz genügen, insbesondere bei den Parteienfamilien von CDU und SPD auf heftige Gegenwehr gestoßen. Anstelle reflexhafter Ermahnungen in Richtung Brüssel, wie in diesem Schaufensterantrag, wäre ein wenig Selbstreflexion deshalb angebracht.
Zur ganzen Wahrheit gehört es, die Frage nach der Transparenz und Lobbykontrolle im Freistaat in den Mittelpunkt zu stellen und zu hinterfragen, wie wir unsere eigene Gesetzgebung transparenter machen können, zum Beispiel mit einem verbindlichen Lobbyregister. Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sind da bereits vorangegangen.
Gestatten Sie mir eine weitere kritische Bemerkung. Ich habe mich schon sehr gewundert, dass die Koalition zum jetzigen Zeitpunkt, also heute, mit diesem Antrag hier ins Plenum geht; denn der Antrag ist ja praktisch von der Realität überholt. Der Initiativbericht des Europäischen Parlaments zum neuen Lobbyregister wird seit fast einem Jahr diskutiert und steht kurz vor seiner Annahme. Die öffentliche Konsultation der Europäischen Kommission – das wurde bereits mehrfach genannt – zur Reform des Transparenzregisters ist seit drei Monaten beendet. Die Ergebnisse der Konsultation sind bereits ausgewertet und auf der Website der Kommission abrufbar.
Es würde mich, ebenso wie meinen Kollegen Stange, an dieser Stelle interessieren, wie Sie, Herr Staatsminister Dr. Jaeckel, sich dort eingebracht haben, und ich nehme an, dass Sie dazu etwas sagen werden.
Zuletzt hat sich eine Arbeitsgruppe der Konferenz der Regionalparlamente, der auch der Landtagspräsident Dr. Rößler angehört, mit dieser Frage beschäftigt. Das Ergebnis ging Mitte Juli an alle Mitglieder des Europaausschusses. Es steht sowohl im Bericht des Europäischen Parlaments als auch im Kommissionsvorschlag, dass nicht zu erwarten ist, dass Vertreterinnen und Vertreter von Ländern und Kommunen künftig zur Registrierung im EU-Lobbyregister verpflichtet werden. Die Registrierungspflicht, über die wir hier in Ihrem Antrag reden und vor der Sie so warnen, droht also gar nicht mehr und ist überholt.
Wohl aber droht die Gefahr, dass hinter die Schlagwörter Transparenz und Lobbykontrolle im Anschluss an die heutige Debatte von den Koalitionsfraktionen dicke Häkchen gesetzt werden und dass diese Themen dann in den Tiefen der Koalitionsschubladen verschwinden. Das sollten wir im Interesse aller hier im Parlament verhindern.
Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Herr Staatsminister, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich werde zunächst zum Antrag sprechen und danach versuchen, die Dinge zu ordnen und die Fragen zu beantworten, die jetzt in den Redebeiträgen, insbesondere von der Opposition, aufgeworfen wurden.
Vertrauen ist die wichtigste politische Währung, meine Damen und Herren. Die EU leidet unter einem Vertrauensverlust bei der europäischen Bevölkerung. Das liegt an Akzeptanzproblemen. Es liegt insbesondere auch daran, dass es der EU immer weniger gelingt, ihre Regulierungsanliegen tatsächlich transparent zu formulieren und der Bevölkerung zu erläutern.
Nehmen wir das berühmteste Beispiel, das sich mittlerweile in jeder Tagespresse findet, wenn über Europa geredet wird: Die Regulierung der EU zur Krümmung der Banane. Das, was dort nicht verständlich gemacht wurde – man findet es nur an versteckten Stellen –, ist: Es ging der EU nicht darum, die Krümmung der Banane zu beschreiben, sondern es ging darum, die Anbaugebiete für Bananen in den französischen Überseeprovinzen zu schützen und den Markt insbesondere von amerikanischen Produkten abzuschotten. Das ist eine ganz klare Wettbewerbsbotschaft.
Wenn man hinter die EU-Regulierung schaut, dann findet man sehr viele dieser eigentlich recht vernünftigen Regulierungsanliegen, die aus wirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Perspektive sinnvoll sind.
Der Eindruck verfestigt sich bei den Bürgern, dass die Initiativen der EU, die sich auch zum Stichwort „Better Regulation“ zusammengefunden haben, nicht hinreichend genug sind. Deshalb ist es bedeutsam, dass die Kommission im Jahr 2015 diesen Initiativbericht – ich lese den Titel noch einmal vor, weil er so interessant ist – „Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EUOrganen“ aufgelegt hat. Es wurde bereits darauf hingewiesen, was es bedeutet und was das Ziel dieses Anliegens ist.
Heute steht übrigens im Handelsblatt in einem Artikel, unseren EU-Kommissar Oettinger betreffend: „Die Leute von Google kommen oft vorbei, manchmal drei- bis viermal pro Woche.“ Deshalb kann man verstehen, dass die EU selbst ein Interesse daran hat, transparent zu machen, wer bei den Organen ein- und ausgeht.
Ich komme zu einer Bemerkung von Herrn Stange zur Europaministerkonferenz. Sie haben beschrieben, wie ich als Europaminister den Ausschuss über den Umlaufbeschluss der Europaministerkonferenz informiert habe. Der Beschluss der Europaministerkonferenz vom 5. April 2016, den ich mir in Vorbereitung des heutigen Tages noch einmal angesehen habe, deckt sich eins zu eins mit der Auffassung der Staatsregierung zu diesem Sachver
halt. Insofern dürfen Sie den Umlaufbeschluss der Europaministerkonferenz, dem Sachsen zugestimmt hat, inhaltlich als die Stellungnahme werten, die die Staatsregierung zu diesem Punkt vertritt.
Ich möchte darauf hinweisen, dass ich das Anliegen für richtig halte, die demokratisch gewählten und kontrollierten staatlichen Einrichtungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowie ihre Vertretungen vom interinstitutionellen Transparenzregister auszunehmen. Das halte ich für richtig; denn entscheidend ist, dass alle Landtage und Landesregierungen – das möchte ich betonen –, alle Organe, die im Mehrebenensystem der EU mitarbeiten, verfassungsrechtlich verankert sind. Ich habe das noch einmal prüfen lassen, denn es hätte auch sein können, dass einige Verfassungen, die in der Phase von 1946 bis 1948 erarbeitet worden sind, dies nicht vorsehen. Aber es ist tatsächlich so, dass alle Landtage und Landesregierungen verfassungsrechtlich verankert sind. Sie sind Teil des Gesetzgebungsprozesses im europäischen Mehrebenensystem – ich brauche das hier nicht ausführlich darzustellen –: die Landtage bei der Subsidiaritätskontrolle, wie im letzten Plenum ja eindrücklich durch den Landtag hier selbst bewiesen wurde, und die Landesregierungen über die Arbeit im Bundesrat.
Noch einige Bemerkungen zum Thema der gestaltenden Europapolitik und der Transparenz an die Vertreter der AfD und teilweise an andere hier im Raum: Ich glaube, Sie trauen mir zu, dass ich eine Wahrnehmung dazu habe, wie transparent die Staatsregierung ihre Arbeit macht. Ich spreche nur für die Staatsregierung, denn ich kann ja nicht für das Parlament sprechen. Ich kann Ihnen sagen, was bei meiner Arbeit in der Staatskanzlei oberstes Leitprinzip ist, und ich glaube, dass ich auch für meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Kabinett sprechen kann. Alles, was wir tun, meine Damen und Herren, ist öffentlich. Es gibt nichts, was wir tun, von dem wir ausgehen, dass es nicht in der Öffentlichkeit ausgebreitet und diskutiert werden könnte. Wenn Sie die Kleinen Anfragen sehen, die wir in der Staatsregierung mit viel Akribie und Mühe beantworten, dann dürfen Sie davon ausgehen, dass wir das, was wir wissen, auch wirklich öffentlich machen – mit der Ausnahme dessen, was sich im Rahmen dieser sogenannten exekutiven Eigenvorbehalte befindet.
Auch dafür kann ich Ihnen ein Bespiel geben. Frau Dr. Maicher hat danach gefragt, wie meine Arbeit beim Thema EU-Transparenzregister ausgesehen hat. Ich bin als Mitglied der Regierung zu diesem Sachverhalt bisher nicht befragt worden und gebe deshalb hier Folgendes zu Protokoll: Ich habe in meiner Regierungsarbeit alle SPD-, CDU- und LINKEN-Abgeordneten des Europäischen Parlamentes mit dem Thema EU-Transparenzregister befasst. Es gab verschiedene Gesprächskreise, ich bin auch brieflich tätig geworden, zum einen mit Hermann Winkler. Mit Peter Jahr, Constanze Krehl und Cornelia Ernst habe ich ebenfalls über diese Sachverhalte zu einem Zeitpunkt gesprochen, als dieses Thema auf die Tagesordnung gekommen ist, um eine entsprechende Sensibilität für dieses Thema aus Sicht einer Landesregierung zu
erzeugen. Ich fand sehr gut, dass sowohl von den Mitgliedern, die der Koalition angehören – also Constanze Krehl, Peter Jahr und Hermann Winkler –, als auch von Frau Ernst das Thema genauso eingeschätzt wurde wie von der Landesregierung. Ich bin dankbar, dass diese Form der Kommunikation mit den Abgeordneten im Europäischen Parlament für uns gelingt.
Meine Damen und Herren! Alles, was wir tun, ist öffentlich. Gehen Sie bitte davon aus, dass das die Prämisse der Regierungsarbeit ist, jedenfalls soweit ich es überblicken kann.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kritik, die an uns herangetragen worden ist, dass das alles ein bisschen spät dran sei, ist berechtigt. Ich glaube, wir alle in diesem Haus haben nicht rechtzeitig auf dieses Anliegen und auf diese Anhörung reagiert.
Gleichwohl halte ich es für sinnvoll, das Plenum hier und heute mit diesem Thema zu befassen, und ich halte es auch für sinnvoll, dass wir im Ergebnis einen Beschluss fassen, den wir – wie Herr Schiemann es vorhin schon
einleitend gesagt hat – an die Kommission, an das Parlament, an den Rat und an den Ausschuss der Regionen bitte richten wollen. Ich gebe das noch einmal ausdrücklich zu Protokoll.
Ich denke, dass die Diskussion über Transparenz auf der europäischen Ebene weitergehen muss. Das, worum es in diesem Antrag geht, ist tatsächlich der Gegenstand der damaligen Anhörung. Wir können über sehr viele andere Transparenzdefizite in Europa, auf der Bundesebene und im Freistaat Sachsen diskutieren. Das ist aber nicht Gegenstand dieses Antrages. Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn wir für diesen Antrag, auch wenn er ein bisschen spät dran ist, eine breite Mehrheit finden.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/5606 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Die Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen ist dem Antrag dennoch mit Mehrheit zugestimmt worden. Es gab keine Gegenstimmen.
Es liegt keine Empfehlung für eine allgemeine Aussprache vor. Daher spricht nur die einreichende Fraktion. Frau Abg. Schaper, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Spielen macht Spaß und unterhält, es macht gesellig und trägt zur Entspannung bei.