Protocol of the Session on September 1, 2016

Die Fokussierung von drei Förderkategorien auf die Mittel- bzw. Oberschule begründet sich in der Wertigkeit der Oberschule. Die Oberschule muss dringend gestärkt werden. Auch das haben wir auf der bereits mehrfach von mir erwähnten Landkreisversammlung am vergangenen Freitag nicht nur von unserer Kultusministerin gehört, sondern auch von den dort anwesenden Landräten. An den Oberschulen werden die Grundlagen für unsere künftigen Facharbeiter gelegt, für die es in Sachsen einen großen Bedarf gibt. Von den Oberschulen kommen unsere künftigen Lehrlinge, derer es in Sachsen leider immer weniger gibt. Mit einer Absicherung des Lehrerbedarfs an den Oberschulen werden die grundlegenden Voraussetzungen für einen qualitativ hochwertigen Unterricht gelegt. Dieser wiederum trägt maßgeblich zum Ruf einer Schule bei.

Punkt 2 unseres Antrages beinhaltet die Forderung, pro Kategorie mindestens 100 Stipendien zur Verfügung zu stellen. Dies kennen wir bereits vom Sachsenstipendium.

In Punkt 3 ist festgehalten, möglichst zügig die Voraussetzungen für die Erweiterung des Sachsenstipendiums zu schaffen, um im Sommersemester 2017 schon die ersten Stipendiaten in das Programm aufnehmen zu können. Je früher wir das Erweiterungsprogramm starten, umso früher werden wir die ersten Junglehrer dort einsetzen können, wo Sachsen sie am dringendsten braucht.

Damit bin ich beim 4. und letzten Punkt unseres Antrages, der sich mit der sogenannten Nachbeschäftigungszeit befasst. Das ist jene Zeit, für welche sich die Stipendiaten nach dem Studium verpflichten, an sächsischen Schulen zu unterrichten, also die Gegenleistung, die von den Stipendiaten als Ausgleich für das erhaltene Stipendium erwartet wird. Diese Bindungsfrist geht in unserem Antrag über die derzeitigen Regelungen im Sachsenstipendium hinaus und soll fünf Jahre betragen. Wir schlagen diese verlängerte Nachbeschäftigungszeit mit Blick auf die prekäre Situation auf dem Lehrerarbeitsmarkt vor. Wir schaffen dadurch längerfristig planbare Kontingente, die dem sächsischen Schulsystem zur Verfügung stehen. Neben einem für fünf Jahre sicheren Arbeitsplatz für die

Lehramtsabsolventen glauben wir außerdem, dass wir mit dieser Frist auch die Bleibeinteressen der jungen Lehrer für einen Verbleib in Sachsen erhöhen können.

Mit der Erweiterung des Sachsenstipendiums um die in unserem Antrag genannten Förderkategorien sind wir überzeugt, dass damit dem Freistaat Sachsen ein attraktives Stipendiumprogramm zur Verfügung stehen würde.

Meine Damen und Herren, nun sind Sie an der Reihe, sich zu positionieren. Wir dürfen gespannt sein.

(Beifall bei der AfD)

Für die AfD hat Frau Kollegin Kersten diesen Antrag eingebracht. Jetzt folgt für die CDU-Fraktion Herr Kollege Dr. Meyer. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht natürlich außer Frage, dass wir Anreize brauchen, damit junge Menschen ein Lehramtsstudium aufnehmen, damit junge Menschen bereit sind, in den ländlichen Raum zu gehen, damit sie bereit sind, MINT-Fächer zu studieren – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik –, und damit sie bereit sind, in Schularten zu arbeiten, in denen wir sie tatsächlich brauchen, sprich: Förderschule, Oberschule, aber auch Grundschule. Das ist vollkommen klar.

Aber wenn ich den Antrag der AfD lese, dann habe ich wieder den Eindruck, dass man sich etwas heraussucht, um in die Presse zu kommen,

(Heiterkeit bei der AfD)

um plakativ etwas aufs Tableau zu bringen. Man kann auch den Eindruck gewinnen, die AfD habe das Sachsenstipendium erfunden.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das ist eine fixe Idee, oder?)

Das ist ein Programm, das seit 2015 existiert und nicht nur das Finanzielle betrachtet. Es gibt eine Begleitförderung durch Fortbildung, durch Vernetzungsangebote, durch Kontakte in der künftigen Einsatzregion. Mir ist als Erstes in Ihrem Antrag aufgefallen, dass Sie sich dort wieder ein paar Bereiche herausgreifen und dabei, glaube ich, nicht genau hingeschaut haben, weil die Grundschulen, bei denen wir auch Bedarf haben, in Ihrer Rechnung nicht mehr vorkommen. Da sollte man genauer hinschauen.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Sie dürfen gern einen Änderungsantrag stellen!)

Ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass ein junger Mensch, der sich entscheidet, den Beruf für das Leben zu wählen, dieses davon abhängig macht, ob er im Monat 50 Euro mehr bekommt, weil er die Fächerkombination gewählt hat. Das ist eine Entscheidung für das Leben. Da ist das Finanzielle zwar wichtig als Anreiz, überhaupt ein solches Studium aufzunehmen und in die Region zu gehen, aber

die Staffelung in 50-Euro-Schritten – würde ich pauschal behaupten – ist nicht das Ende der Fahnenstange.

Das Sachsenstipendium – und das ist der springende Punkt, warum wir auch diesen Antrag sehr kritisch sehen – ist nur Bestandteil des Anreizsystems und ein Bestandteil, um den Lehrerbedarf künftig abzusichern. Wir haben – ich spreche hier vor allem auch als Hochschulpolitiker – in erster Linie auch die Hochschulen in der Pflicht. In den Zielvereinbarungen haben wir klare Vorgaben zu den Schularten und den Fächern gemacht. Zunächst wurde die Zahl der Studienplätze auf 2 000 erhöht. Das ist ein ganz gezielter Steuerungsmechanismus, dort die Lehramtsstudenten zu gewinnen. Das freiwillige soziale Jahr Pädagogik möchte ich als weiteren wichtigen Punkt nennen, aber auch die finanziellen Regelungen wie die Höhergruppierungen, die bereits schon im Jahr 2013 eingeführt wurden.

Fakt ist, dass es das Sachsenstipendium noch nicht so lange gibt. Man sollte erst schauen, wie es sich auswirkt. Die Bedarfe, die Sie auf den Plan gerufen haben, sind gegenwärtig nicht abgebildet, weil so eine Nachfrage bisher nicht besteht. Die Zahlen, die Sie nennen, sind zu hinterfragen.

Ich denke, dass man beim Thema Stipendium durchaus weiter schauen muss. Wir haben in Deutschland eine Vielzahl von Stiftungen, die auch Stipendien ausreichen und die in ihrem Stiftungszweck auch das Thema Bildung verankert haben. Ich glaube, das ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Demzufolge denke ich, dass man bei einer Erweiterung eines Sachsenstipendiums prüfen kann, inwiefern andere Stiftungen sich mit ihren Stipendien gezielt dieses Themas annehmen.

Es gehört aber auch dazu, ein positives Image für den Lehrerberuf zu erzeugen. Hierbei sind unsere Hochschulen gefragt, um dafür zu werben, dass sie ein qualitativ hochwertiges Studium anbieten. Aber auch die Schulträger, die Kommunen und der Freistaat sind gefordert, um den Lehrerberuf im Wettbewerb zu allen anderen Berufen attraktiv darzustellen und junge Menschen dafür zu begeistern, Lehrer zu werden. Da ist aus meiner Sicht ein Stipendium zwar Mittel zum Zweck, aber nicht das Allheilmittel.

Ich möchte noch einmal erwähnen, dass wir im Bereich der Qualität der Lehre etwas tun müssen. Dabei unterstützt uns der Bund, Stichwort: Projekt synergetische Lehrerbildung im exzellenten Rahmen der TU Dresden, für das 5 Millionen Euro eingeworben wurden, um den Qualitätsaspekt des Lehramtsstudiums weiterzuentwickeln.

Deshalb möchte ich sagen, dass es durchaus berechtigt ist, darüber zu sprechen, das Thema auf den Plan zu rufen. Ich würde aber schauen, dass die Pilotphase evaluiert und dann ein Gesamtkonstrukt entwickelt wird. Es sollte nicht plakativ etwas herausgegriffen und in 50er-Schritten das Stipendium erhöht werden, um damit zu glauben, den Lehrerbedarf künftig abzusichern. Das wird mitnichten der Fall sein. Deshalb werden wir diesem Antrag heute nicht zustimmen.

Mein Kollege Lothar Bienst wird in der zweiten Runde auf ein paar andere Aspekte eingehen. Dabei möchte ich es belassen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das war Dr. Meyer, CDU-Fraktion. Jetzt spricht zu uns Frau Falken für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vor einigen Jahren aufgelegte Kampagne des Kultusministeriums, die damals darum geworben hat, dass wir junge Leute nach dem Abitur für das Lehramtsstudium gewinnen, hat große Früchte getragen.

Ich habe damals nicht geglaubt, muss ich ganz ehrlich sagen, dass das wirklich funktioniert. Aber es hat funktioniert, weil wir im Freistaat Sachsen zurzeit die Situation haben, dass wir mehr Bewerber für das Lehramt haben, als eigentlich Studienplätze für den Beginn des Studiums zur Verfügung stehen. Insofern ist der erste Teil Ihres Antrages eigentlich aus meiner Überlegung nicht nachzuvollziehen. Solange wir einen Numerus clausus im Lehramt einsetzen müssen, macht es für mich nicht wirklich Sinn zu sagen, wenn wir im Mittelschulbereich Studierende brauchen, dann geben wir denen 300 Euro, wenn wir genügend auf der Warteliste haben. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Die Grundschulen – Herr Meyer hat es gerade schon gesagt – fehlen natürlich komplett. Wir haben gestern in der Aktuellen Debatte ganz klar gehört, die Kultusministerin hat das auch in ihrer Pressekonferenz sehr sauber und klar dargestellt, dass wir in großem Maße an den Grundschulen Seiteneinsteiger einstellen müssen und auch Schulartfremde, sprich Gymnasiallehrer, an die Grundschule geben. Das heißt, wenn Sie schon so etwas vorhaben und machen wollen, dann gehört, glaube ich, auch die Schulart Grundschulen dazu. Und ich setze noch eines drauf: Ja, auch die Schulart Gymnasien gehört in dem Bereich MINT-Fächer eindeutig dazu. Wir wissen durch die Kultusministerin Frau Kurth, dass zu Beginn des Schuljahres 4 % Seiteneinsteiger eingestellt werden mussten, auch am Gymnasium, weil es in bestimmten Regionen, bestimmten Bereichen, übrigens auch in Leipzig, nicht genügend Gymnasiallehrer gibt mit dem Abschluss bezüglich der MINT-Fächer, insbesondere natürlich Mathematik, Physik und auch Informatik, was zunehmend problematisch und schwierig wird.

Das heißt, wenn Sie schon so eine Überlegung anstellen, dann müssen Sie, glaube ich, auch über alle Schularten gehen. Der wichtigere Punkt aus unserer Sicht ist ganz klar, dass wir im Freistaat Sachsen mehr Studienplätze für den Beginn des Studiums zur Verfügung stellen müssen. Wir wissen, dass es jetzt 2 000 sind und 2 000 bleiben werden, wenn man in den künftigen Doppelhaushalt schaut. Wir wissen aber auch, dass diese nicht ausreichen werden, um den wirklichen Bedarf – egal in welchen

Fächern und insbesondere an den Mittelschulen – abzudecken.

Ich glaube – und darüber haben wir auch schon gesprochen –, dass es einen wesentlichen Punkt gibt, nämlich die Attraktivität des Berufes. Ich glaube, das ist viel wichtiger, als ein Stipendium auszureichen. Wenn die jungen Leute wissen, dass sie, wenn sie mit dem Studium fertig sind, hier in Sachsen einen attraktiven Beruf erhalten können, nicht nur attraktiv über die Bezahlung, sondern auch durch viele andere Facetten mehr, dann glaube ich ganz sicher, dass die Studierenden hier in Sachsen bleiben werden, und zwar sogar ohne Anreiz.

Sie werden sich sicher daran erinnern, dass ich vor einigen Jahren im Ausschuss mit Ihnen darüber diskutiert habe – es war in der letzten Legislaturperiode – und den Vorschlag machte, man solle den jungen Leuten an der Uni gleich einen Arbeitsvertrag geben. Bei erfolgreichem Abschluss des Studiums dürfen sie sofort in Sachsen mit der Arbeit anfangen. Das ist damals abgelehnt worden. Jetzt brauchen wir den jungen Leuten das nicht mehr anzubieten. Jetzt wissen sie ganz genau, dass sie überall hingehen können und vernünftige Arbeitsverträge bekommen. Der Zug ist eindeutig abgefahren.

Was wir auch mehr als die Forderungen aus diesem Antrag auf dem Schirm haben müssen, ist aus unserer Sicht ganz klar, nämlich, dass wir das Lehramtsstudium in Chemnitz festigen, sicherstellen und ausbauen. Sie wissen, dass wir dazu im Geschäftsgang einen Antrag liegen haben.

Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie das auf 100 Stipendiaten beschränken wollen. Warum sollen nicht alle, die Mittelschule studieren wollen, dann in den Genuss dieses Geldes kommen? Da müssen Sie dann noch auswählen. Wer hat jetzt ein linkes Ohr oder ein rechtes Ohr? Wie wollen Sie das denn machen, losen? Das halte ich für schwierig. Wenn Sie schon der Auffassung sind, dass wir gerade in diesem Bereich mehr Studierende benötigen – wobei ich noch einmal sage, dass es zumindest für den grundsätzlichen Ausbildungsbereich Mittelschule einen Numerus clausus gibt –, warum beschränken Sie das dann und machen es nicht für alle? Das finde ich ungerecht.

Das Sommersemester ist sicherlich eine gute Idee. Die Einschreibungen erfolgen gerade. Allerdings ist das – dies sage ich nicht nur nebenbei – auch haushaltsrelevant. Wir sind gerade in den Haushaltsdiskussionen. Legen Sie doch noch einmal einen Antrag vor, der gegebenenfalls in der Haushaltsdiskussion beschlossen wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den LINKEN)

Das Wort hatte gerade Frau Kollegin Falken. Jetzt spricht zu uns Frau Friedel für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich in vielem

den Punkten an, die meine Vorredner angeführt haben, und ergänze ganz kurz.

Zum einen, Sie haben die ursprüngliche Idee des Sachsenstipendiums völlig aus den Augen verloren. Das finde ich schade. Die ursprüngliche Idee war, das Leben und Arbeiten als Lehrkraft im ländlichen Raum attraktiver zu machen. Da ging es, wie ausgeführt worden ist, zum einen natürlich um einen finanziellen Anreiz, zum anderen aber auch darum – die Kultusministerin hat es einmal so genannt –, Botschafterinnen und Botschafter für den ländlichen Raum zu finden. Der ländliche Raum spielt in Ihrem Antrag überhaupt keine Rolle mehr.

Natürlich, man kann jedem ein Stipendium geben, ländlicher Raum, großstädtischer Raum, für jede Fachrichtung. Wir sind dann irgendwann an einem Punkt, dass Ihre großen Reden, die Sie sonst immer von der soliden Finanzpolitik schwingen, relativ unglaubwürdig werden.

Zweitens finde ich Ihren Antrag etwas lebensfremd. Sie sagen, wenn jemand auf Gymnasiallehramt studiert, dann bekommt er kein Stipendium. Wenn jemand auf ein Mittelschullehramt studiert, Englisch und Religion vielleicht, weil es ihn interessiert, dann bekommt er 300 Euro. Bei Mathe und Sport sind es schon 350 Euro. Glauben Sie wirklich, dass jemand, der eigentlich Englisch und Religion studieren will, sich sagt, dass er für 50 Euro mehr im Monat zwei andere Fächer nimmt? Er muss dann zwar noch 40 oder 45 Jahre in diesen Fächern arbeiten – aber die 50 Euro mehr im Monat während der Studienzeit sollen es wert sein, gegen die Interessen zu studieren? Oder glauben Sie, dass der Mathe- und Sportstudieninteressent sich denkt: Moment, wenn ich nicht Mathe und Sport studiere – unabhängig davon, dass ich in einem Verein spiele und eine Trainerlizenz habe –, sondern wenn ich Mathe und Chemie studiere, dann bekomme ich nicht 350, sondern sogar 400 Euro im Monat, dann mache ich lieber Mathe und Chemie und hänge den Sport an den Nagel, weil das gar nicht so wichtig ist?

Ich glaube, wenn wir solche Lehrkräfte ausbilden, die später ein Fach unterrichten, das sie nie studieren wollten, dann haben wir nichts wirklich Gutes für unsere Schulen getan. Aber ich denke, dass wir in die Verlegenheit gar nicht kommen werden, weil junge Menschen nicht so ticken.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Die Studienplatzwahl läuft nicht so. Dass Sie glauben, dass das so laufen könnte, dass Sie glauben, dass man mit diesen Anreizen Interessen und Leidenschaften für ein Fach umbiegen könnte, zeigt, dass Sie da zumindest – ich weiß nicht, wie es sonst ist – nicht so nah an den Menschen sind, wie Sie immer behaupten.

Zuletzt noch einmal zum Geld, weil das auch angesprochen wurde.

Sie haben in Ihrem Antrag fünf Kategorien. Sie wollen in jeder Kategorie mindestens 100 Stipendien. Es gibt Stipendien für 300, 350 und 400 Euro. Nehmen wir den Mittelwert von 350 Euro. Bei fünf Kategorien à 100 Sti