Das waren die einbringenden Fraktionen CDU und SPD. – Als Nächste in unserer Rednerreihe erhält die Fraktion DIE LINKE das Wort. Ich sehe schon, es wird von Herrn Kollegen Gebhardt ergriffen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Zitat: „Deutschland ist kein Schlaraffenland, das jedem, der meint, hier ohne Arbeit und ohne Integrationswillen finanziell durchgefüttert zu werden, ein für ihn angenehmes Leben ermöglicht.“
Das ist nicht etwa von einer Demonstration, die wir hier seit neun Wochen in Dresden erleben, auch nicht aus einer anderen Demonstration, sondern aus einer Verlautbarung des CDU-Kreisvorstandes von Bautzen. Ich bin Kollegen Schiemann tatsächlich dankbar, dass er sich zumindest als Einziger öffentlich davon distanziert hat, dass es diese Aussage seines Kreisverbandes gibt, in dem Ministerpräsident Tillich immerhin Mitglied ist.
Leider ist das kein Ausrutscher. Der Landrat Harig hat jetzt eine „Atempause“ gefordert, weil er der Meinung ist, dass man in einem Landkreis, der 300 000 Einwohner hat, nicht noch 30 Flüchtlinge aufnehmen kann. Was für eine Kapitulation ist das denn?
Das ist letztendlich nichts weiter als eine weitere Bestätigung für alle Leute, die hier in Dresden derzeit wöchentlich auf die Straße gehen. Das ist eine rhetorische Brandbeschleunigung.
Der Innenminister fordert eine Polizeispezialeinheit für auffällig gewordene Asylbewerber und Asylbewerberinnen. Dann korrigiert er das. Es geht um 200 mehrfach straffällig gewordene Asylbewerber. Dafür wolle er eine Polizeisondereinheit schaffen.
Da handeln der ehemalige Ausländerbeauftragte und Frank Richter von der Landeszentrale für politische Bildung in einer kleinen Gemeinde im Landkreis Bautzen einen Kompromiss mit der Einwohnerschaft, mit den Kommunalabgeordneten aus. Sie sind bereit, 50 Flüchtlinge aufzunehmen. Da gab es eine große Einigung. Was macht das Landratsamt, wieder derselbe Landrat? Dort wird gesagt: Nein, ihr müsst 90 aufnehmen, weil sich die Flüchtlingsunterkunft ansonsten nicht rechnet. – Dann glauben Sie noch, dass die Leute dafür Verständnis aufbringen?
Nein, Sie werden gleich sehen, dass ich nicht ruhiger werde. Sie mit Ihrer Politik sind es doch, die sich permanent in andere Länder einmischen wollen, und zwar vordergründig in arabische Länder. Sie müssen unsere Demokratie dorthin exportieren.
(Christian Piwarz, CDU: Oh, Mann! – Zuruf von der AfD: Sie sächsische Luftwaffe! – Zurufe von der CDU)
Anschließend wundern wir uns, dass Leute auf die Straße gehen, die der Meinung sind, dass sie jetzt das machen
Dann wundern wir uns, dass wir Menschen auf der Straße haben, die den Rattenfängern hinterherlaufen, wie das in Dresden der Fall ist, weil sie plötzlich genau diese Aussagen hören.
Wir reden nicht darüber, dass wir dritter Spitzenreiter bei Waffenexporten sind. Wir reden nicht darüber, dass unsere Wirtschaftspolitik dazu beiträgt, dass die Ungerechtigkeit in dieser Welt zunimmt. Wir reden nur über die Flüchtlinge, die hier ankommen. Deswegen trägt Ihre Politik mit Schuld an der Situation, dass sich jetzt der Stammtisch eine parlamentarische Vertretung gewählt hat, die AfD heißt, und er jetzt der Meinung ist, dass er nun die Straße erobern kann.
Ich sage es klar und deutlich: Wer Pegida-Wortführern hinterherläuft, spricht nicht für dieses Volk.
Wir sollten Verständnis für die Menschen aufbringen, die tatsächlich Probleme haben, den Arzt oder die Ärztin, weil sie jetzt zusätzlich Flüchtlinge versorgen müssen, während sie schon jetzt an der Leistungsgrenze angekommen sind. Ich habe Verständnis für die Kindergärtnerin, die schon jetzt einen hohen Betreuungsschlüssel hat, aber zusätzlich Flüchtlingskinder aufnehmen soll. Ich habe Verständnis für die Direktorin, die einen Stundenplan oder Lehrer organisieren muss und auch noch Flüchtlinge aufzunehmen hat. Für all die habe ich Verständnis.
Deswegen müssen wir uns um die Politik kümmern, die wir hier im Freistaat Sachsen zu verantworten haben.
Die Menschen wollen in der Regel da leben, wo sie geboren sind oder eine bessere Chance für sich sehen. Das kann man niemandem verwehren. Es gibt nur diese eine Welt. Es gibt nur diese eine Sehnsucht. Sie wollen in Frieden und sozialer Sicherheit leben, egal wo, aber sie wollen leben.
Deswegen sollten wir, auch in Anbetracht der Tatsache, dass wir kurz vor Weihnachten sind, noch einmal daran erinnern. Zitat: „Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird. Europa wird
imstande sein, die mit der Einwanderung verbundenen Problemkreise zu bewältigen.“ Das war eine Aussage des Papstes vor wenigen Tagen vor dem Europaparlament.
Für uns von der sächsischen Linksfraktion gilt in der Asylpolitik: Wir hören auf den Papst und nicht auf Pegida.
(Beifall bei den LINKEN – Lachen bei der CDU und der AfD – Dr. Stefan Dreher, AfD: Zahlen Sie Kirchensteuer?)
Für die Fraktion DIE LINKE sprach gerade Herr Kollege Gebhardt. Jetzt ergreift für die AfD-Fraktion Frau Kollegin Petry das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Besucher! In der Tat ist dieses Thema, das Herr Gebhardt sehr emotional kommentiert hat, eines, das uns alle bewegt. Auch die AfD lässt dieses Thema nicht kalt.
Wissen Sie, wenn Sie uns als Vertreter der Bürger am Stammtisch betrachten, dann sage ich, dass dies auch Bürger sind. Ihnen den Status des Volkes abzusprechen, entlarvt Sie und zeigt, dass Sie immer noch nicht über die Geschichte der SED hinausgekommen sind, meine Damen und Herren von den LINKEN.
Auch an Herrn Pallas möchte ich ein Wort richten. Herr Pallas, Sie haben ganz richtig an die Asyldebatte der Neunzigerjahre erinnert. Da muss ich mich doch fragen: Warum stehen wir heute, zum Ende des Jahres 2014, wieder hier und diskutieren die gleichen Probleme, die wir damals auch schon hatten? Damals waren die Zahlen aufgrund der Balkankrise wesentlich höher. In der Zwischenzeit gibt es auf der ganzen Welt Bürgerkriege und Krisenherde, die diese Zahlen wieder ansteigen lassen. Wenn Sie damals ordentlich gearbeitet hätten, wenn nicht in den Folgejahren über eine Europäisierung des Rechts Maßnahmen und Regelungen wieder aufgeweicht worden wären, die in den Neunzigerjahren dazu geführt haben, dass die Asylzahlen wieder gesunken sind, dann müssten wir heute nicht hier stehen und die gleichen Probleme wieder diskutieren.
Da haben Sie offensichtlich in Ihrem politischen Gestaltungsauftrag versagt, meine Damen und Herren. Damit meine ich auch die anderen Fraktionen.
Meine Damen und Herren! In dieser Debatte reden wir über die Verantwortung, die wir in Sachsen, in Deutsch
land und in Europa haben. Die Zahlen sind bereits gefallen. Ich kann konstatieren, dass Deutschland und auch Sachsen ihrer Verantwortung gerecht werden.
Wir hatten zum Zeitpunkt November 2014 ungefähr 180 000 Asylanträge in Deutschland. Wir rechnen mit über 200 000. In Sachsen werden konkret bis zu 11 000 Antragsteller erwartet, von denen aber mitnichten alle Flüchtlinge und Asylbewerber sind. Es können – wie die Statistik des BAMF ausweist – nur circa 30 % derer diesen Status beanspruchen.
Schauen wir uns dagegen die Zahlen der Rückführungen, der Abschiebungen an, dann haben wir in Sachsen bis November circa 898 Personen, die tatsächlich in ihre Länder zurückgeführt wurden.
Etwa 70 % haben kein Aufenthaltsrecht und müssen aufgrund eines fehlenden Einwanderungsrechtes dieses Asyl- und Flüchtlingsrecht benutzen, um nach Deutschland zu kommen. Das kann man diesen Menschen nicht verdenken. In der Tat, Herr Gebhardt, Sie haben recht. Jeder darf versuchen, ein anderes Land zu finden, in dem er leben möchte. Das beinhaltet aber mitnichten den Anspruch auf Sozialleistungen. Das beinhaltet mitnichten den Anspruch, dort in ein Asylverfahren einzutreten, noch dazu, wenn die Mitwirkungspflicht der Antragsteller, wie wir alle aus den Behörden wissen, häufig nicht erfüllt oder sogar missbraucht wird, indem Pässe nicht vorhanden sind, indem Asylverfahren Monate und Jahre dauern, weil die Behörden gar nicht feststellen können, woher die Antragsteller kommen.