Ich erinnere Sie – hätten Sie mal besser aufgepasst – an den Verkauf von 48 000 Wohnungen im Jahr 2007. Das war auch keine gute Entscheidung. Hätte die Stadt diese Wohnungen noch, wären viele Probleme, die Sie heute beklagen oder sogar schaffen, vielleicht gar nicht vorhanden.
(Beifall bei der AfD – Albrecht Pallas, SPD: Das war 2006, und wir haben damals nicht zugestimmt, Herr Spangenberg!)
Herr Spangenberg sprach noch einmal für die AfD-Fraktion. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Diesen kann ich nicht erkennen.
Es war schon die Rede vom zuständigen Ressort. Jetzt ergreift für die Staatsregierung Herr Staatsminister Ulbig das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal von dem zuständigen Fachminister ein herzliches Dankeschön an die Regierungsfraktionen für die Einbringung dieses Antrags. Angekündigt war er. Er
gibt tatsächlich eine klare Zielrichtung vor. In der Debatte im März, damals über den Antrag einer anderen Fraktion, war das noch nicht der Fall.
Heute bietet sich eine gute Gelegenheit, auf die Pläne zur Wohnraumförderung aus der Perspektive des Freistaates einzugehen.
Herr Günter, da Sie etwas anderes behauptet haben, will ich deutlich sagen, dass das, was ich vor drei Monaten gesagt habe, natürlich auch heute noch gilt. Die Entwicklungen auf dem sächsischen Wohnungsmarkt haben sich verstetigt. Wir kennen die Herausforderungen. Die Unterschiede sind groß: Zum einen verzeichnen wir steigenden Bedarf an altersgerechtem Wohnraum. Zum anderen gibt es auf dem Lande, wenn auch regional unterschiedlich, eine hohe Leerstandsquote. Insbesondere in den beiden großen Städten Dresden und Leipzig verzeichnen wir wachsende Wohnungsknappheit.
Wir alle wissen, dass in den Gebieten mit hohem oder sogar noch steigendem Leerstand weiterhin genügend günstige Wohnungen zur Verfügung stehen werden. In unseren beiden Ballungszentren sieht es anders aus. Dort wird das Bevölkerungswachstum anhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da die Entwicklungen so unterschiedlich sind, brauchen wir breit angelegte Förderansätze und zielgerichtetes Handeln. Deshalb wird die Staatsregierung mit einem Mix aus bestehenden und neuen Instrumenten den Wohnungsmarkt entwickeln. Ich bin froh, dass dies von allen Rednern – bis auf Herrn Spangenberg – als Konsens angesehen worden ist.
In den wenigen Gemeinden, wo es im unteren Mietenbereich eng wird, werden wir den sozialen Wohnungsbau fördern. Das will ich klar und deutlich sagen. Diesbezüglich befinden wir uns schon in der Abstimmung mit der SAB, den Verbänden und der kommunalen Ebene. Ich denke, es ist richtig und wichtig, dass man das auch auf diesem Weg entsprechend vorbereitet.
Unser konkretes Ziel ist es, Zuschüsse zu den Baukosten zu gewähren, aber – das will ich noch einmal klar sagen – nur in Gemeinden mit hohem Einwohnerzuwachs, niedriger Leerstandsquote und steigendem Mietpreis, also insbesondere in Dresden – das können wir derzeit schon absehen –, aber auch in Leipzig. Damit werden Wohnungen für 15 Jahre für Mieter mit Wohnberechtigungsschein reserviert und eine bezahlbare Miete garantiert.
Dabei wollen wir es nicht belassen. Wir arbeiten an nachhaltigen und flexiblen Lösungen für die Bewältigung der Herausforderungen durch den demografischen Wandel. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deren Bewältigung das Drehen an vielen Stellschrauben erfordert.
Für uns hat der Umbau von Wohnungen für unsere Seniorinnen und Senioren weiterhin hohen Stellenwert, zumal wir wissen, dass aufgrund technischer Innovationen und besserer Anpassungsmöglichkeiten immer mehr ältere Menschen in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben
können. Deshalb unterstützen wir verschiedene Modellprojekte, unter anderem in Grünau. Dort testen wir, wie der Umbau effektiv und effizient erfolgen kann und wie eine passgenaue Förderung aussehen muss. Ähnliche Ansätze verfolgt übrigens meine Kollegin Klepsch im Sozialministerium. Dazu ist eine entsprechende EFREFörderung für technische Assistenzsysteme für Ältere auf den Weg gebracht worden. Erste Projekte stehen vor dem Start. Renommierte Wissenschaftler, unter anderem von der TU Chemnitz, werden aktiv mitarbeiten.
In dem vorliegenden Antrag wird richtigerweise festgestellt: Die bisherige Darlehensförderung von Wohneigentümern, die Barrierefreiheit herstellen wollen, allein ist eben nicht genug. Daher werden wir dem Antrag entsprechend ebenfalls noch in diesem Jahr eine Zuschussförderung an Mieter ausreichen, die durch Alter oder Krankheit in der Mobilität eingeschränkt sind. Damit kann die Mietwohnung an besondere Anforderungen dieser Mieter ganz gezielt angepasst werden.
Ein weiteres Thema des Antrages ist das wachsende Interesse der Sachsen an gemeinschaftlichen Wohnformen. Ich halte das für eine wichtige Entwicklung und es ist es richtig, sich darauf zu konzentrieren. Baugemeinschaften, Senioren-WGs, selbstständiges Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten Menschen – das sind nur einige Stichworte, die zeigen, dass die sogenannte Share Economy auch beim Wohnen ein großes Thema ist, das neue Perspektiven ermöglicht. Wir wollen diese Entwicklung inhaltlich und mit Modellprojekten unterstützen. Ganz davon abgesehen, sind die seit Langem bestehenden Fördergegenstände natürlich auch weiterhin wichtig. Insbesondere die Förderung von eigenem Wohnraum für Familien, gerade auch außerhalb der Ballungszentren, wird ein Förderschwerpunkt bleiben, denn Besitz, Erwerb und Selbstnutzung von privatem Wohneigentum dienen genauso der Altersvorsorge wie die Identifikation mit dem Wohnumfeld.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der Landtag den hier vorliegenden Antrag beschlossen hat, wird mein Haus die Ausgestaltung der neuen Wohnraumförderrichtlinie weiter voranbringen. Sie sehen also, wir arbeiten und sind auf dem richtigen Weg. Gehen Sie davon aus, dass wir zügig zu einem guten Ergebnis kommen, und wenn es so weitergeht, werden wir wahrscheinlich im Herbst mit der entsprechenden Richtlinie ins Kabinett gehen und damit in diesem Jahr noch die Veränderungen im Bereich der Wohnraumförderung vornehmen.
Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Ulbig. Jetzt sehe ich an Mikrofon 7 eine Kurzintervention. Bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe das Gefühl, wir sind in Sozialismuszeiten: Baue auf und reiße nieder, so haben wir Arbeit immer wieder. Wir haben in den letzten zehn Jahren jede Menge Geld dafür ausgegeben, Plattenbauten in Leipzig-Grünau abzureißen und den Wohnraum künstlich zu verknappen. Wir haben dafür richtig Geld ausgegeben. Jetzt wollen wir wieder richtig Geld ausgeben, um neuen Wohnraum im Sozialwohnungsbereich zu schaffen. Das ist krank.
Wir kommen jetzt zum Schlusswort. Wer möchte für die einbringenden Fraktionen das Schlusswort halten? – Herr Kollege Pallas, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ein Punkt, den wir offengelassen haben. Das macht aber nichts. Ich denke, dass die Debatte durchaus umfassend war, um darzustellen, wie die Problemlagen sind und was die Positionen der einzelnen Fraktionen sind sowie was die Regierung vorhat. Ich empfinde es überhaupt nicht als anrüchig, dass parallel zum Aushandlungsprozess zwischen zwei Fraktionen bereits an die Diskussion angelehnt Vorbereitungen im Ministerium laufen, im Gegenteil, dadurch erreichen wir, dass wir relativ zeitnah nach dem Beschluss zum Arbeiten mit den neuen Instrumenten kommen. Das finde ich sehr gut.
Jetzt möchte ich etwas zur Kurzintervention von Herrn Wurlitzer sagen. Ich empfinde das auch so. Sie haben recht, dass das krank ist, aber so ist eben Politik.
Ja, ist ja gut. Die Entscheidungen sind damals getroffen worden, um einen ungesund leeren Wohnungsmarkt
gesunden zu lassen. Man hat zum Zeitpunkt des Grundsatzbeschlusses nicht geahnt, wie sich die Entwicklung in den letzten Jahren verschärft hat, was die Dynamik der Bevölkerungsentwicklung angeht. Einzelnen Kräften kann man vorwerfen, dass sie angesichts der Entwicklung ab 2010 – ich sagte es bereits, mit der fünften Bevölkerungsprognose vom Statistischen Landesamt und nach dem Zensus – nicht reagiert und alle Rückbauvorhaben gestoppt haben. In Dresden lag es daran, dass man mit der privaten Gagfah verhandeln musste, aber auch andernorts sind Programme weitergeführt worden. Das ist in Teilen verwerflich, aber den Grundsatzbeschluss als krank zu geißeln geht zu weit.
Kurzum, wir haben eine neue verschärfte Situation, unterschiedlich in allen Teilen Sachsens. Wir haben den Willen und die richtigen Instrumente vorgelegt, um problem- und lösungsorientiert die Sache anzugehen und unsere Wohnungsmärkte sich gut entwickeln zu lassen. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung und bedanke mich bei Ihnen.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/5375 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Einige Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist die Drucksache 6/5375 beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge lautet: DIE LINKE, CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die einbringende Fraktion DIE LINKE ergreift jetzt Frau Kollegin Pfau das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im letzten Haushalt wurde die Jugendpauschale von 10,40 Euro wieder etwas angehoben auf 12,40 Euro, jedoch wurde mit dieser Erhöhung nicht einmal die
Kürzung von 2010 ausgeglichen. Durch die Kürzung von 2010 kam es zu deutlichen Einschnitten. Besonders die Gebiete mit rückläufiger jugendlicher Bevölkerung mussten die Angebote verringern. Die dadurch entstandenen Schließungen oder Einschränkungen in den Angeboten sind bis heute noch spürbar.
Natürlich ist es ein Argument gegen die Erhöhung der Finanzierung durch das Land, dass es sich bei der Kinder- und Jugendhilfe um eine kommunale Pflichtaufgabe handelt und dass diese für die Finanzierung verantwort
lich sind. Nur können insbesondere die Landkreise die nötige ausreichende Finanzierung einfach nicht mehr sicherstellen. In den letzten Monaten haben wir in der Presse von den prekären Haushalten in unseren sächsischen Landkreisen gehört. Es wurden auch schon einige sehr schmerzhafte Haushaltsstrukturkonzepte beschlossen. Von den Kürzungen war meist auch die Kinder- und Jugendarbeit betroffen.
Bei jeder neuen Haushaltsbefassung in den Kreisen müssen die Träger um die weitere Finanzierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch der bereits bestehenden Projekte bangen. Besonders eine bedarfsgerechte Personalentwicklung, insbesondere die tarifgerechte Einstufung und Vergütung sowie die Verlässlichkeit von Einstellungsverhältnissen, fachliche Reflexionsmöglichkeiten und gezielte Weiterbildung sind wichtige Punkte für die Attraktivität einer Beschäftigung in der Kinder- und Jugendhilfe. In den letzten Jahren ging leider der Trend, besonders bei den freien Trägern, hin zu Teilarbeitsverträgen. Beispielsweise im Vogtlandkreis müssen schon lange zu jeder neuen Haushaltsaufstellung die Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe als Bittsteller beim Kreis um eine weitere Förderung kämpfen.
Es geht meist um den Erhalt der bisherigen Mittel, nicht einmal um deren Erhöhung. In den letzten Haushaltsjahren mussten die Träger jedoch immer wieder Kürzungen hinnehmen. Aus diesem Grund gibt es in vielen Orten keinen Anlaufpunkt mehr für junge Menschen. Die noch wenigen verbliebenen Streetworkerinnen und Streetworker versuchen in den einzelnen Orten noch Ansprechpartner für die jungen Menschen zu sein und diese beispielsweise bei der Gründung eines eigenen Jugendklubs zu unterstützen und zu begleiten. Aufgrund der riesigen Fläche, die die einzelnen Streetworkerinnen und Streetworker betreuen müssen, ist es für diese nicht möglich, allen Jugendlichen eine ausreichende Unterstützung zukommen zu lassen.
Besonders der demografische Wandel im ländlichen Raum stellt die Jugendhilfe vor große Probleme. Neben einem Mangel an Freizeitmöglichkeiten und dem Fehlen von Jugendeinrichtungen beklagen Kinder und Jugendliche eine schlechte öffentliche Verkehrsinfrastruktur. Leider werden Ganztagsangebote von Schülerinnen und Schülern jedoch nicht als Ersatz für eine selbstbestimmte Freizeitgestaltung angesehen.
Was das Angebot für eine sinnvolle Freizeitgestaltung betrifft, wollen junge Menschen mitbestimmen können. Neben einem geringen Freizeitangebot beklagen die Jugendlichen im ländlichen Raum aber vor allen Dingen auch die fehlenden Freiräume für Jugendliche und die fehlende Akzeptanz dieser Freiräume.