Protocol of the Session on May 26, 2016

Die SPD und die CDU werden sehen, was an Änderungen gemeinsam vereinbar ist. Ich freue mich erst einmal, dass an der Universität Leipzig wieder ein konstruktiver Dialog eingezogen ist. Eine Dialogrunde aus Vertretern und Vertreterinnen des Rektorats, Hochschulrats, Senats und der Dekane sitzt dort zusammen, um Kriterien für das neue Rektorwahlverfahren zu vereinbaren.

Kurzum: Ich freue mich auf die weitere Debatte, auch mit umfangreicheren Änderungen zu einem Hochschulgesetz als die heutige – ich muss es schon so nennen – Schaufensternovelle der LINKEN, die so nicht zielführend ist. Kurzum: Am Anfang mag das Wort gestanden haben. Aber ein Wort macht noch kein Hochschulgesetz.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Nun Frau Abg. Dr. Muster für die AfD-Fraktion.

(Christian Piwarz, CDU: Wieder in zwei Teilen?)

Bitte sehr, Frau Muster.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat einen Gesetzentwurf zum Hochschulfreiheitsgesetz eingebracht. Die Gesetzesänderung besteht in der Änderung eines einzigen Wortes. Bei der Wahl eines neuen Rektors soll nicht mehr das Benehmen, sondern das Einvernehmen des Hochschulrates mit dem Senat hergestellt werden.

Die AfD-Fraktion wird diesen Gesetzentwurf ablehnen. Es sind schon viele Argumente für die Ablehnung genannt worden. Es ist einfach nicht zielführend, eine Einzelrege

lung zu konstruieren, wobei es ganz viele Änderungen in diesem Hochschulfreiheitsgesetz geben müsste.

Nun zum Inhalt des Gesetzentwurfes: Die Gesetzesänderung der LINKEN will die ursprüngliche Regelung, die bis 2012 galt, wieder einführen. Der Ablauf des Wahlvorganges bei der Rektorenwahl gemäß § 82 Abs. 6 Hochschulfreiheitsgesetz ist wie folgt geregelt:

Die Rektorenwahl beginnt mit der öffentlichen Ausschreibung. Eine Auswahlkommission erstellt eine Vorschlagsliste für den Hochschulrat. Die Auswahlkommission besteht aus vier Mitgliedern – zwei externe Mitglieder des Hochschulrates, zwei Mitglieder des Senates und ein Vertreter des SMWK. Er hat nur beratende Stimme.

Dritter Schritt: Der Hochschulrat erstellt im Benehmen – hierum geht es – mit dem Senat einen Wahlvorschlag. Dieser kann bis zu drei Kandidaten nennen. Beim Benehmen muss der Senat nur formal gehört werden. Der Hochschulrat muss die Stellungnahme zur Kenntnis nehmen und bei seiner Kandidatenaufstellung in Erwägung ziehen. Eine zwingende inhaltliche Beachtung der Stellungnahme ist nicht erforderlich.

Die Linksfraktion möchte aber keine Benehmens-, sondern wieder eine Einvernehmensregelung. Beim Einvernehmen muss der Senat dem Vorschlag des Hochschulrates zustimmen. Fehlt diese Zustimmung, kann der Hochschulrat seinen Wahlvorschlag nicht mehr dem Erweiterten Senat unterbreiten.

Nun zum weiteren Ablauf der Rektorenwahl: Der Vorsitzende des Hochschulrates unterbreitet dem Erweiterten Senat den Wahlvorschlag. Im fünften Schritt muss der Erweiterte Senat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Rektor wählen. Im letzten Schritt wird das SMWK den Rektor bestellen.

Sie erkennen selbst schon bei der Aufzählung dieser Punkte, dass der Erweiterte Senat den Rektor aus der Vorschlagsliste des Hochschulrates wählen muss. Es reicht aber aus, dass der Hochschulrat die Äußerung des Senats bei der Erstellung des Wahlvorschlags berücksichtigt. Ein Einverständnis ist an dieser Stelle nicht zwingend erforderlich; denn letztlich wählt der Senat als ein Teil des Erweiterten Senats auch den Rektor mit.

Die vorgeschlagene Gesetzesänderung ist – wie bereits gesagt – unnötig. Die AfD-Fraktion wird sie deshalb ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abg. Dr. Maicher. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: Sie haben ein Kind im schulpflichtigen Alter. Sie wollen am Erfolg der Schule mitgestalten und lassen sich zum Klasseneltern

sprecher wählen, sind somit Mitglied im Elternrat der Schule. Dieser hat eine wichtige Position gegenüber Schulleitung, Schulträger, Schulaufsicht. Die Amtszeit der Elternratsvorsitzenden ist zu Ende. Es muss neu gewählt werden. Der Elternrat tritt zusammen. Aber plötzlich ist alles anders. Der Gesetzgeber hat beschlossen, ihm diese Aufgabe abzuerkennen. Statt dessen soll eine Gruppe von Leuten, die weder jemals auf einem Wahlzettel standen noch größtenteils der Schule angehören, einen Wahlvorschlag machen.

Ich stelle mir vor, das könnte gleich das Kultusministerium übernehmen, dann hätten alle Beteiligten mächtig Spaß dabei. Sie können dann als gewählte Elternvertreter am Ende lediglich jemanden von dieser Vorschlagsliste zum Vorsitzenden machen, zusammengestellt von Leuten, denen jegliche demokratische Legitimation fehlt. – Bei der Elternmitwirkung in Sachsen ein undenkbarer Vorgang.

Für die Hochschulen in Sachsen ist genau das Realität, wenn sie ihren Rektor oder ihre Rektorin zu wählen haben. Die mehrheitlich mit externem Personal besetzten Hochschulräte erstellen Wahlvorschläge, aus denen die gewählten Erweiterten Senate nur noch auswählen dürfen. Wo dies ein demokratisches Verfahren sein soll, erschließt sich wohl nur den wenigsten. Herr Kollege Meyer, bis 2012 war es zumindest noch so, dass zwischen Senaten und dem Hochschulrat Einigung über den Wahlvorschlag bestehen musste.

Ich habe mir die Hochschulgesetznovelle von damals noch einmal vorgenommen, um zu schauen, mit welcher Begründung das eigentlich geändert wurde. Zu meiner großen Verwunderung durfte ich da lesen – ich zitiere: „Der Herstellung eines vorgelagerten Einvernehmens des Hochschulrates mit dem Senat bedarf es nicht.“ Also, meine Damen und Herren von der Koalition, besonders von der CDU: Da haben Sie sich aber gründlich getäuscht; denn zum Glück verstehen sich die demokratisch legitimierten Gremien in unseren Hochschulen eben nicht als Abnickverein.

Es geht hier auch nicht nur um Leipzig, sondern das hat sich bei der Wahl der Rektorin der Musikhochschule Dresden gezeigt, als der Erweiterte Senat dem Wahlvorschlag des Hochschulrates nicht folgen wollte und der dann komplett zurückgetreten ist. Es zeigt sich jetzt bei dem Wahldebakel an der Universität Leipzig. Hier akzeptiert es der Senat nicht, dass die derzeitige Amtsinhaberin nicht mal als Wahlvorschlag vom Hochschulrat vorgeschlagen wurde. Es folgte das lähmende Tauziehen. Am Ende ist jetzt nicht nur der Ruf der Universität und der des Hochschulrates beschädigt, sondern auch der weiterer Kandidaten, die letztendlich ihre Kandidatur genervt zurückgezogen haben.

Wie sich das Ganze bei den anstehenden Wahlen der Hochschulleitung der TU Chemnitz darstellen wird, wird sich zeigen. Die ersten Pressemitteilungen des aktuellen Studierendenrates erfüllen mich zumindest nicht gerade mit Zuversicht.

Ich denke, es muss deshalb nicht weiter ausgeführt werden, wieso meine Fraktion dem Gesetzentwurf der LINKEN zustimmen wird. Von allen möglichen Lösungen ist er die zweitbeste. Die beste Lösung aus Sicht meiner Fraktion wäre eine klare Trennung der Zuständigkeiten. Hochschulräte mit ihrem externen Sachverstand sollten die Hochschule in ihrer Entwicklung beraten. Die gewählten Gremien sollten dagegen allein entscheiden, und das schließt Rektoratswahlen natürlich mit ein.

Aber, meine Damen und Herren von den LINKEN, ich muss Ihnen auch sagen, dass Sie mit Ihrem Gesetzentwurf nicht wirklich den großen Wurf gelandet haben. Ja, Sie beheben ein Problem im Hochschulgesetz und verfolgen damit das ehrenwerte Ziel, die kommenden Hochschulleitungswahlen konfliktfreier zu gestalten. Aber allein im Bereich der Hochschuldemokratie und Mitbestimmung gibt es noch unzählige Baustellen mehr.

Wir haben die Senate, die einmal das zentrale Entscheidungsorgan der Hochschulen waren. Heute beziehen sie zu einem großen Teil eben nur noch Stellung. Das ist falsch. Die wirklich wichtigen Entscheidungen wie die Mittelverteilung oder die An- und Abschaffung von Studienangeboten werden im Rektorat oder wie beim Entwicklungs- und Wirtschaftsplan im Hochschulrat getroffen. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass man den gewählten demokratischen Gremien nicht zu viele Kompetenzen entziehen darf, um die Freiheit der Forschung zu gewährleisten.

Wir haben darüber hinaus Studierendenvertretungen, deren Arbeitsgrundlage in Gefahr ist, weil es die Möglichkeit gibt, die Solidargemeinschaft zu verlassen. Andere wichtige Gruppen wie die Promovierenden an den Universitäten haben überhaupt keine gesetzlich geregelte Vertretung.

Das sind nur ein paar Beispiele im Bereich Hochschuldemokratie, wo es im momentanen Hochschulgesetz hakt. Es gibt noch vieles mehr, und wir werden um eine grundlegende Reform nicht herumkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine zweite Runde? – Jawohl. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Neubert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einige Punkte, die in den Wortmeldungen thematisiert wurden, eingehen.

Ich fange mit dem Argument in Bezug auf die Formalität von Herrn Mann an, weil es das billigste Argument war. Herr Kollege, wenn unser Änderungsantrag ein inhaltlicher Änderungsantrag wäre, dann könnte ich diesem Argumentationsweg noch folgen. Es geht jedoch darum, diesen Punkt in die Eingangsformel einzufügen. Das ist sehr formal. Es ist also kein geeignetes Argument.

Ich komme auf den zweiten Punkt zu sprechen. Herr Dr. Meyer, wir sind für einen externen Sachverstand an Hochschulen. Das hatte ich ausgeführt. Ich zitiere einmal aus meiner Rede die passende Passage: „An ihre Stelle sollen beratende mit Vertreterinnen und Vertreter gesellschaftlicher Interessensgruppen besetzte Hochschulkuratorien treten“. Das Wort „beratend“ ist sehr wichtig. Frau Dr. Maicher hatte darauf hingewiesen. Selbstverständlich sind wir auch für einen externen Sachverstand. Wir halten die Hochschulräte in dieser Form allerdings nicht für geeignet.

Ich komme zum dritten Punkt: Es handele sich um einen Schnellschuss, den wir hier vorgelegt hätten. Nach über einem Jahr Debatte und einem relativ naheliegenden Lösungsvorschlag – es gab bereits diese gesetzliche Formulierung – ist das aus meiner Sicht kein Schnellschuss. Herr Dr. Meyer, es tut mir leid. Ich möchte weiterhin zitieren: „Das können wir“, so einen Schnellschuss, „nicht einfach hier im Parlament lösen“. Doch, wir sind der Gesetzgeber. Das ist das Coole in diesem Haus. Wir dürfen das lösen.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Hört, hört!)

Das macht doch Sinn.

Ihr nächstes Argument war folgendes: Menschliche Konflikte kann man nicht regeln. Das Argument teile ich. Was wir hier aber vorgeschlagen haben, ist ein Ablauf, der auch bei bestehenden menschlichen Konflikten zu einem sinnvollen Ergebnis führen würde. Wir finden jetzt aber eine Situation vor, in der man zu keinem Ergebnis gekommen ist. Im Grunde hat noch nicht einmal eine Wahl stattgefunden, weil alle das Handtuch aufgrund einer eskalierten Situation geworfen haben.

Bevor ich noch einmal auf die einzelnen Abläufe nach dem Gesetz – das hatte Herr Dr. Meyer ebenfalls zitiert – eingehe, möchte ich mich zu dem Vorwurf äußern, dass das nicht der große Wurf sei. Das hat aber auch niemand behauptet. Folgender Punkt ist in diesem Zusammenhang aber problematisch: Wann wird ein neues Hochschulfreiheitsgesetz in diesem Land verabschiedet? Dazu habe ich eine Anfrage an das Ministerium gestellt. Die Antwort liegt mir gerade nicht vor, deshalb kann ich nicht zitieren. Staatsminister Jaeckel hat jedoch nach folgendem Motto geantwortet: Es geht die Legislative nichts an, was sich die Exekutive vorstellt und was geändert wird. Wann das Gesetz geändert wird, geht den Fragesteller ebenfalls nichts an. Zu gegebener Zeit würde die Exekutive darüber informieren. Danach dürfen wir im Landtag darüber reden.

Das ist die Antwort der Staatsregierung. Auf der Basis dieses Hintergrunds halte ich es durchaus für legitim, in diesem Parlament diesen Punkt einzubringen. Dieser Punkt ist eigentlich ein Konsens. Wir möchten aus dieser Situation herauskommen. Wir möchten diesen Punkt zur Abstimmung stellen.

Herr Dr. Meyer, ich komme darauf zurück, was Sie zitiert haben. Sie sprachen über die Abläufe. Im Moment wird

öffentlich ausgeschrieben. Ich zitiere: „Die Stelle des Rektors ist öffentlich auszuschreiben. Eine Auswahlkommission aus vier Mitgliedern – davon zwei externe Mitglieder des Hochschulrates und zwei Mitglieder des Senats – sowie eines Vertreters des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst mit beratender Stimme fertigt eine Vorschlagsliste für den Hochschulrat an.“ So weit, so gut. Das ist aber nicht das, worum es in dem Gesetzentwurf geht. Mit dieser Vorschlagsliste erstellt der Hochschulrat nun einen Wahlvorschlag. Darum geht es.

Der Wahlvorschlag des Hochschulrats für die Universität Leipzig enthielt die bisherige Rektorin nicht, die sich ebenso beworben hatte. Anstatt drei Kandidaten, die der Hochschulrat vorschlagen kann, hat er nur zwei Kandidaten vorgeschlagen. Es tut mir leid, es ist absurd und offensichtlich, dass der Hochschulrat instrumentell vorgegangen ist.

Genau an dieser Stelle stellt sich die Frage des Einvernehmens. Ein Benehmen hat nur eine andere Folge. Es war real, dass der Hochschulrat diese Liste zum Senat gegeben hat. Der Senat hat daraufhin gesagt, dass er damit nicht einverstanden sei. Der Hochschulrat hat erwidert, dass es ihm gleichgültig sei und der Senat nun einen Wahlvorschlag bekäme. Daraus habe der Senat jemanden zu wählen. Die bisherige Rektorin stand aber nicht auf der Liste. Das sei dem Hochschulrat aber gleich. Ein Einvernehmen an dieser Stelle würde dazu führen, dass der Erweiterte Senat auf ein Einvernehmen bestehen könnte. Der Senat wurde in eine Situation versetzt, in der er über etwas entscheiden durfte, das er für mangelhaft hielt. Das ist der Unterschied.

Herr Neubert, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, selbstverständlich.

Herr Dr. Meyer, bitte.