Protocol of the Session on May 26, 2016

Herr Dr. Meyer, bitte.

Herr Neubert, wissen Sie, wie die zwei Vertreter des Senats bei der Erstellung der Wahlvorschlagsliste votiert haben?

Eben. Der Wahlvorschlag des Hochschulrates ist gemeinsam mit zwei Vertretern des Senats entwickelt worden. Demzufolge ist der Senat einbezogen worden. Ihre Regelung zum Einvernehmen ist an dieser Stelle nicht hilfreich.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Kennen Sie das Abstimmungsverhalten?!)

Herr Meyer, wir reden über zwei Dinge: Wir reden einmal über die Vorschlagsliste des Hochschulrats, die von der von Ihnen benannten Kommission erstellt wird. Diese Vorschlagsliste kommt zum Hochschulrat. Aus dieser Vorschlagsliste erstellt der

Hochschulrat einen Wahlvorschlag. Diese gibt er zum Erweiterten Senat. Das ist doch der Punkt.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Das ist doch aber das Gleiche!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Dr. Stange, Sie haben das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie lange werden wir wohl diskutieren, wenn wir erst das Hochschulgesetz in Gänze und nicht nur ein Wort des Hochschulgesetzes ändern? Wie kompliziert wird dieses Gesetz werden, wenn es schon bei der Änderung eines Wortes notwendig ist, einen Änderungsantrag zum Antrag zu formulieren? Wir beschäftigen uns mit einer ziemlich schwierigen Materie. Als wir das Gesetz im Jahr 2008 novellierten, sagte einmal jemand, dass es das komplizierteste Gesetz sei, das wir im Freistaat haben. Wenn wir es anpacken, dann sollten wir es sehr gründlich anpacken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Folgender Punkt ist schon mehrfach angesprochen worden, den ich an den Anfang stellen möchte: Herr Neubert, Sie haben in Ihren einleitenden Worten noch deutlicher als bei der Einbringung des Gesetzes das eigentliche Motiv dieser Gesetzesnovellierung, die sich hier formal nur um ein Wort dreht, zum Ausdruck gebracht. Sie möchten, dass im Parlament die Novellierung des Hochschulgesetzes thematisiert wird. Sie wissen so gut wie ich, dass es dann nicht um ein einzelnes Wort gehen wird. Es werden sich nicht alle an das Verfahren halten. Stattdessen würde das Gesetz als Ganzes zur Debatte stehen.

Ich bitte um die Beachtung dessen, was ich eingangs sagte. Wir haben es mit einem hoch komplizierten Gesetz zu tun. Dieses Gesetz – das ist ein Argument, welches bisher noch nicht genannt wurde –, hat die Balance zwischen der Wissenschaftsfreiheit auf der einen Seite und den gesetzlichen Regelungen auf der anderen Seite, die zum Teil in diese Wissenschaftsfreiheit, also in die freie Regelung des Hochschulbetriebes, eingreifen, zu wahren. Ansonsten hätten wir keine funktionierenden Institutionen. Aufgrund dieser Ausbalancierung wird dieses Gesetz am Ende auch sehr kompliziert werden.

Der eigentliche Anlass – das spielte gerade eine Rolle, Frau Dr. Maicher hatte es ebenfalls angesprochen – ist der gegebenenfalls auftretende Konflikt bei der Rektorenwahl. Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass die bisher beschriebenen Konflikte nicht ihre Ursachen im Gesetz haben. Frau Dr. Maicher hatte auf die Hochschule für Musik in Dresden verwiesen. Ebenso betrifft es die TU Chemnitz, die aktuell ihre Rektorenwahl durchführt,

und die Universität Leipzig. Das sind drei unterschiedliche Fälle, die diskutiert werden.

Die Ursachen für die drei Beispiele liegen nicht im Gesetz. Vielmehr bestehen Probleme, die weit vor der Rektorenwahl – offenbar in dem Vertrauens- und Zusammenarbeitsverhältnis zwischen dem Hochschulrat, der Universität oder dem Senat oder Rektorat – existierten. Herr Dr. Meyer hatte vorhin darauf hingewiesen, dass Konflikte, die zwischen Menschen oder in diesem Fall auch zwischen Gremien existieren, nicht per Gesetz zu lösen sind, wenn nicht der Weg einer konstruktiven Zusammenarbeit gewählt wird.

Ich möchte einmal folgenden Punkt vorgreifen: Wir sind auf der Grundlage des derzeit gültigen Gesetzes dabei, an der Universität Leipzig wieder in ein geordnetes Rektorenwahlverfahren einzusteigen. Wir sind auf der Grundlage dieses Gesetzes, ohne dass wir an irgendeiner Stelle das Gesetz umgehen müssen, aus dem ersten Verfahren wieder herausgekommen. Die demokratischen Regelungen, die das Gesetz innerhalb der Hochschule vorsieht, haben funktioniert. Natürlich hat das Ministerium – deswegen sitzt es mit beratender Funktion drin – beraten und dort, wo es notwendig war, auch moderiert. Aber die Entscheidung liegt allein in den Gremien der Universität und in den Hochschulen. Das ist auch wichtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von daher bitte ich darum, diesem Gesetzentwurf heute nicht zuzustimmen; denn er beruht auf dem Irrtum, dass wir mit einer rein rechtlichen Vorgabe Konflikte zwischen Gremien oder Menschen lösen könnten. Diese Konfliktlösung wird, egal wie wir das Verfahren gestalten – ob mit einem Benehmen oder einem Einvernehmen –, nicht gelingen. Denn widersprechende Interessen sind auch auf diesem Weg nicht auszuschließen und liegen oft – ich sage es nochmals – weit tiefer als die oberflächliche Sicht auf ein Rektorwahlverfahren.

Das Rektorwahlverfahren hat zum Ziel, die nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung geeignetste Person für die Leitung einer Hochschule zu finden. Dieses Verfahren sieht – wie jedes Verfahren bei Besetzung einer Stelle im öffentlichen Dienst – vor, dass die Rektorenstelle ausgeschrieben wird. Erst dann erarbeitet die Auswahlkommission – das will ich hier nicht wiederholen, aber ich bitte es zu berücksichtigen –, die aus Mitgliedern des Hochschulrates und des Senates zusammengesetzt ist, eine Vorschlagsliste. Das war ganz bewusst damals so eingebracht worden, um den Senat von Anfang an in das Verfahren der Auswahl einzubeziehen.

Jetzt tritt eine Situation ein – lassen Sie mich, Frau Maicher, nochmals auf die Hochschule für Musik Dresden und die TU Chemnitz eingehen –, wo etwas ganz anderes passiert ist. An der Hochschule für Musik Dresden hat beispielsweise der Hochschulrat ganz korrekt einen Vorschlag mit einer Dreierliste unterbreitet, und auf dieser Dreierliste war unter anderem sowohl der amtierende Rektor als auch die jetzt gewählte Rektorin vorhanden. Der Erweiterte Senat hat seines Amtes gewaltet, wie

es sich gehört, und hat die Wahl vollzogen. Er hat jedoch nicht den amtierenden Rektor gewählt, sondern die heute im Amt befindliche Rektorin. Der Hochschulrat hat anschließend erklärt, das sei nicht sein Wunsch gewesen; deshalb sind die Mitglieder des Hochschulrats zurückgetreten. Das ist eine ganz merkwürdige Situation, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Aber auch so etwas passiert, und dafür ist kein Gesetz vorgesehen, welches sagt, das gehe so nicht.

Bei der TU Chemnitz sind wir derzeit noch im laufenden Verfahren. Hier will ich nur darauf hinweisen, dass wir zwar ein Schreiben von Vertretern der Studierenden hatten, aber der Senat – insofern würde die Gesetzesänderung mit Blick auf Sie von den LINKEN dort auch nichts ändern –

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

einschließlich der Stimmen der Studierenden hat dem Vorschlag zugestimmt. Dort wäre also das Einvernehmen hergestellt. So geht das jetzt auch in den Erweiterten Senat, und dann werden wir sehen, welches Votum der Erweiterte Senat abgibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese sogenannte doppelte Legitimation, wie es so schön heißt, sieht im Gesetz einerseits vor, dass das größte zentrale Organ der Hochschule, nämlich der Erweiterte Senat, das eigentliche Wahlverfahren festlegt. Dieser ist für die Wahl zuständig, und das ist auch demokratisch legitimiert. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass wir den Erweiterten Senat von seiner Größe und seiner Machtausstattung her extra so konstruiert haben. Die zweite Legitimation ist, dass das wissenschaftliche Beratungs- und Kontrollorgan der Hochschule, der Hochschulrat, mit seinem Wahlvorschlag eine starke, aber nicht die entscheidende Stellung in der Wahl hat. Denn die Wahl macht der Erweiterte Senat und nicht der Hochschulrat. Entscheidend ist die Stellung des Hochschulrates schon deshalb nicht, weil nach dem Ausschreiben der Stelle die Auswahlkommission – paritätisch aus Hochschulrat und Senat zusammengesetzt – die Vorschlagsliste für den Hochschulrat fertigt.

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Ministerin, Sie hatten gerade ausgeführt, dass der Hochschulrat bei der Wahl des Rektors nicht die entscheidende Bedeutung hat, weil er vom Erweiterten Senat gewählt wird. Aber stimmen Sie mir zu, dass der Hochschulrat mit dem Wahlvorschlag, den er einreicht, auf jeden Fall eine Kandidatin verhindern kann, indem diese nicht aufgeführt ist und wo der Erweiterte Senat gar nicht die Möglichkeit hat, diese Person zu wählen? – Dieses Problem betraf auch die Universität Leipzig.

Dass der Hochschulrat gar nichts verhindern kann, haben wir soeben am Beispiel Leipzig erlebt, weil es ein funktionierendes Verfahren gibt, wobei der Erweiterte Senat dann entscheiden kann, wann er das Wahlverfahren beendet. Das hat der Erweiterte Senat an der Universität Leipzig getan.

Es waren gar keine Kandidaten da!

Das ist richtig. Das ist aber ganz legitim auf der Basis dieses Vorschlags im weiteren Verfahren geschehen. Sie haben recht, Herr Neubert: Ich habe gesagt, er hat keine entscheidende Stellung, sondern er hat eine starke Stellung. Das ist auch so vom Gesetzgeber gewollt. Das ist richtig.

Ich will vielleicht noch einmal einen Schritt weitergehen: Der Gesetzentwurf bleibt auch eine Antwort schuldig, Herr Neubert – lassen Sie mich da noch einmal anknüpfen. Was passiert, wenn Hochschulrat und Senat sich nicht auf einen Wahlvorschlag einigen? Denn Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt – und auch ich habe das deutlich gemacht –, dass, wenn dieses Einvernehmen hergestellt werden müsste, das Verfahren schon an dieser Stelle zumindest blockiert gewesen wäre. Das heißt aber nicht, dass wir auf diesem Weg eine Lösung gefunden hätten. Das war genau das Problem, das in Chemnitz 2011 eingetreten ist und weswegen die letzte Regierung das Hochschulgesetz an dieser Stelle geändert hat. Daran merken Sie schon, dass weder die eine noch die andere Lösung uns wirklich über solche Hürden und Klippen hinwegführt, sondern nur eine konstruktive Zusammenarbeit der Gremien am Ende des Tages dazu führen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, wir sollten die demokratischen und eigenverantwortlichen Institutionen und Organe der Hochschule in ihrer Stellung auch respektieren. Ich habe auch an dem Beispiel der Wahl, die in den nächsten Monaten, so denke ich, erfolgreich an der Universität Leipzig stattfinden wird, wieder einmal gesehen, dass unsere Demokratie funktioniert und dass unser Hochschulgesetz die demokratischen Spielregeln so eröffnet und ermöglicht, dass die Organe in der Lage sind, ein so wichtiges Verfahren und einen für die Hochschule so wichtigen Punkt, nämlich deren Führung, die Rektorwahl, aus den Kräften der Hochschule allein regeln kann, ohne dass der Gesetzgeber oder das Ministerium mit Ersatzvornahmen eingreifen muss.

Das zeigt, dass das Gesetz funktioniert. Wir wissen, dass wir uns das Gesetz noch einmal an anderen Stellen und vielleicht auch beim Wahlverfahren anschauen müssen. Wir dürfen nur nicht der Illusion unterliegen, dass durch Änderung eines Wortes Konflikte gelöst werden, die nicht im Verfahren, sondern eigentlich in der Zusammenarbeit der Gremien liegen. Insofern denke ich, dass der Lösungsvorschlag, der auf dem Tisch liegt, zwar gut ge

meint, aber nicht geeignet ist, um das darunter liegende Problem zu lösen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung über das Dritte Gesetz zur Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes in der Drucksache 6/4578 der Fraktion DIE LINKE. Es wird auf der Grundlage des genannten Gesetzentwurfes abgestimmt.

Als Drucksache 6/5232 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor. Herr Neubert, Sie haben diesen Änderungsantrag hier eingebracht. Gibt es hierzu noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über Drucksache 6/5232 abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Stimmenthaltung und zahlreichen Stimmen dafür ist die Drucksache damit dennoch nicht angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Ich schlage artikelweise Abstimmung vor: Wer der

Überschrift seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei keinen Enthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat die Überschrift dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Ich rufe die Abstimmung zu Artikel 1, Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes, auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Keine Stimmenthaltungen, zahlreiche Stimmen dafür, aber nicht die erforderliche Mehrheit.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel 2, Inkrafttreten. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Keine Stimmenthaltungen, Stimmen dafür, aber nicht die erforderliche Mehrheit.

Meine Damen und Herren! Da keiner der Teile des Gesetzentwurfs die erforderliche Mehrheit gefunden hat, erübrigt sich nach meiner Ansicht eine Schlussabstimmung. – Es widerspricht niemand. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

Grenzüberschreitende Bahnverbindungen Sachsens ausbauen

Drucksache 6/5027, Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: zunächst CDU, SPD, danach DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Für die CDU-Fraktion beginnt Herr Abg. Nowak.