Protocol of the Session on March 17, 2016

Wir können verstehen, dass Sie das nicht mögen, aber Sie sollten Voltaire etwas ernster nehmen, dann hätten Sie damit wahrscheinlich auch kein Problem.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Rohwer?

Ja, Herr Rohwer.

Bitte, Kollege Rohwer.

Frau Dr. Petry, darf ich Sie kurz darauf hinweisen, dass bei dem Thema 500-Euro-Schein – –

Ist das eine Frage?

Darf ich Sie darauf hinweisen, dass die 500-Euro-Schein-Debatte –

Das ist keine Frage.

– nicht in der Politik entschieden wird, sondern dass dies eine alleinige Entscheidung des EZB-Rates ist?

Sie müssen eine Frage stellen.

Das war zwar keine Frage, Herr Rohwer – –

Stopp! Frau Petry, ich führe hier die Sitzung. – Das muss in Frageform formuliert sein.

Frau Dr. Petry, ist Ihnen bekannt – –

(Heiterkeit im Saal)

Es ist doch ganz einfach, wie wir uns hier gegenseitig veralbern. Ich kann es auch so sagen: Ist Ihnen bekannt, Frau Dr. Petry, dass die 500-Euro-Schein-Debatte keine politische Entscheidung ist, sondern dass bereits jetzt festgelegt ist, dass dies der EZB-Rat allein entscheiden kann?

Herr Rohwer, das ist so. Wissen Sie, wenn ich daran glauben würde, dass die EZB keine politische Steuerung habe, dann kann ich auch an den Osterhasen glauben.

(Beifall bei der AfD)

Wenn das politisch unabhängig ist, dann frage ich, warum sich die SPD dafür einsetzt.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Das können wir echt lassen. Mir ist wichtig, dass die Bürger erkennen, dass die Bargelddebatte notwendig ist und dass die AfD diejenige Partei ist, die sich dafür einsetzt und offenbar mehr als andere, diese Freiheit zu erhalten.

(Beifall bei der AfD –

Das ist doch Käse! – Dr. Frauke Petry, AfD: Herr Lippmann, Sie müssen

noch einmal in die Schule gehen, glaube ich! –

Gelächter bei der AfD –

Mit Ihnen

als Lehrerin, oder was?! –

Das tue ich mir nicht an! –

Unruhe im Saal)

Die dritte Runde wurde eröffnet durch Frau Dr. Petry. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen zu diesem Thema? – Möchten Sie eine vierte Runde eröffnen? – Nein. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister der Finanzen, Herr Prof. Unland.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die einbringende Fraktion hat die Aktuelle Debatte zum Thema „Bargeld ist gelebte Freiheit“ beantragt. Das Thema zielt offenbar auf Ihre bundesweite Kampagne. Darin warnt die AfD vor einem „Frontalangriff auf unser Bargeld“ und der „totalen Kontrolle über die Bürger durch den Staat“.

Unterstellt wird hier ein Masterplan zur scheibchenweise Abschaffung des Bargeldes sowie zur Vollüberwachung bis in die privaten Lebensbereiche, wie in einem totalitären Staat.

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Derartige Mutmaßungen fußen auf Unterstellungen.

Lassen Sie mich zunächst einige Fakten voranstellen. Erstens. Der Bundesfinanzminister hat klargestellt: Das Bargeld wird nicht abgeschafft.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Jeder darf auch künftig über so viel verfügen, wie er möchte. Jede andere Aussage entspräche auch nicht der Lebenswirklichkeit.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Ansonsten sollte man noch einmal in die Schule gehen und zuhören!)

Zweitens. Laut einer Bundesbankstudie zum Zahlungsverhalten im Jahr 2014 ist das Bargeld nach wie vor das meistgenutzte Zahlungsinstrument beim Einkauf. Es

wurde vorhin schon gesagt, die durchschnittliche Geldbörse ist mit 103 Euro gefüllt. Ich habe vor Beginn dieser Debatte natürlich in mein Portemonnaie geschaut und geprüft, wie hoch der Geldbestand ist – mit dem Ergebnis, dass der arithmetische Mittelwert des Bestandes der deutschen Geldbörsen sinken würde.

(Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Dirk Panter, SPD: Nichts anderes haben wir erwartet!)

Sehr gut. – Der weit überwiegende Anteil an Bargeldgeschäften bewegt sich also unter der vom Bundesfinanzminister ins Spiel gebrachten Grenze von 5 000 Euro. Im Alltag der allermeisten Bürgerinnen und Bürger würde eine Bargeldobergrenze daher keine größere Bedeutung haben. Rund 17 % – also immerhin jeder Sechste – möchten heute schon, wo immer möglich, unbar bezahlen.

Drittens. Die von der Europäischen Zentralbank geführte Diskussion zur Abschaffung des 500-Euro-Scheines erfolgt unabhängig von einer Bargeldobergrenze. Der 500-Euro-Schein zählt weltweit zu den Geldnoten mit dem höchsten Wert. Er steht daher im Verdacht, bei Kriminellen besonders beliebt zu sein.

Viertens. In vielen anderen Ländern gibt es bereits Bargeldobergrenzen. Vorhin wurde Frankreich genannt; heute liegt dort die Bargeldobergrenze bei 1 000 Euro. Mir ist nicht bekannt, dass es bei der Umsetzung gravierende Probleme gegeben hätte.

Warum beschäftigen wir uns ausgerechnet heute und jetzt mit dem Bargeld? Nach den Anschlägen in Paris gab es auf EU-Ebene verstärkte Bestrebungen, die Geldströme der Terroristen in Europa trockenzulegen. Auf diese Weise soll ihnen die Möglichkeit genommen werden, Millionen anderer Menschen in ihrer Freiheit und Sicherheit einzuschränken und an Leib und Leben zu gefährden. Hierzu hat die EU-Kommission Ende 2015 Vorschläge unterbreitet. Das Gesamtpaket enthält viele Aspekte: erstens Begrenzung von Bargeldzahlungen, zweitens verstärkte Überwachung von Zahlungen aus Hochrisikoländern, drittens Missbrauchsbekämpfung von virtuellen Währungen und Guthabenkarten und viertens eine Stärkung der Zentralstellen für Geldwäscheverdachtsanzeigen in der Europäischen Union.

Nachdem die europäischen Finanzministerinnen und Finanzminister die Zielrichtung am 12. Februar 2016 grundsätzlich billigten, werden nun die Details ausgearbeitet. Im Juni strebt die niederländische Ratspräsidentschaft die nächste Befassung im Ecofin-Rat an.

Der Umfang der Geldwäsche ist nur schwer zu ermitteln, aber die vorliegenden Zahlen sind nicht unerheblich. Nach einer Schätzung des Internationalen Währungsfonds stammen mutmaßlich zwischen 2 und 5 % des weltweiten Bruttoinlandsproduktes aus illegalen Quellen.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Oder Goldverkäufen! – André Barth, AfD: Oder CDU-Schwarzgeldkassen!)

Das Büro für Verbrechensbekämpfung der Vereinten Nationen spricht von mehr als einer Billion gewaschenen Geldes. Wenn man diesen Betrag einmal in Relation zum Bruttoinlandsprodukt Deutschlands sieht, dann entspricht er in etwa einem Drittel. Die OECD taxiert die jährlichen Umsätze in der deutschen Schattenwirtschaft auf ein Volumen von 500 Milliarden Euro und den daraus erwirtschafteten kriminellen Gewinn auf 43 bis 57 Milliarden Euro. Wir haben es also hier mit einem erheblichen weltweiten Problem zu tun.

Auch wenn es offenbar den einen oder anderen überrascht – Geldwäsche, Korruption und Terrorismusfinanzierung machen um Deutschland keinen Bogen, im Gegenteil. Auch Deutschland gilt nach Einschätzung der OECD als Platz für derartige Aktivitäten. Deshalb muss sich Deutschland an den gemeinsamen Anstrengungen der internationalen Staatengemeinschaft gegen Geldwäsche beteiligen. Es sollte unser aller Ziel sein, das illegal erworbene Vermögen nicht so einfach in den normalen Geldablauf einsickern zu lassen. Einschränkungen für den Durchschnittsbürger sind mit den hierzu geplanten Gegenmaßnahmen aus meiner Sicht kaum verbunden.