Sehr geehrter Herr Präsident! Hier wurde gesagt, die Verwendung des deutschen Namens von Breslau sei ignorant. Das stimmt natürlich nicht.
Ich möchte das richtigstellen. Niemand in der Linksfraktion würde von „Moskwa“ als der russischen Hauptstadt sprechen. Niemand von Ihnen sagt „København“ zu Kopenhagen. Keiner von Ihnen sagt „Nice“ zu Nizza oder „Pari“ zu Paris. Lassen wir uns doch die Möglichkeit, die Städte mit den Namen zu bezeichnen, die sie seit Jahrhunderten tragen.
Ich darf an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das Wort Breslau und das Wort Wrocław sowie auch das lateinische Wort Bratislava dieselben Quellen in der Sprache haben, auch sprachsemantisch. Bitte halten wir uns daran und gestehen uns gegenseitig zu, unsere deutsche Sprache auch für ausländische Städte zu benutzen. – Vielen Dank.
Frau Klotzbücher, möchten Sie darauf erwidern? – Das ist nicht der Fall. Wir setzen die Aussprache fort. Für die AfD-Fraktion spricht Herr Abg. Hütter; Sie haben das Wort
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Die AfDFraktion im Sächsischen Landtag begrüßt den Antrag der Fraktionen von CDU und SPD zur Unterstützung der Kulturhauptstadt Breslau im Jahr 2016. Die Wahl dieser Stadt zur Kulturhauptstadt Europas ist eine willkommene Gelegenheit, die guten Beziehungen zur Republik Polen in wirtschaftlicher und nachbarschaftlicher Hinsicht zu festigen und auszubauen.
Die Unterstützung dieses Projektes sollte aber an eine stärkere Berücksichtigung der kulturellen Interessen von mehr als 300 000 in Polen lebenden Angehörigen der deutschen Volksgruppe geknüpft werden. Hier bemängeln wir die zögerliche Umsetzung diverser Kulturprojekte, vor allem des deutschen Sprachunterrichts in Kindergärten und Schulen, wie er im Partnerschaftsvertrag vom 17. Juni 1991 zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland verankert wurde.
Es ist auch unsere Aufgabe als sächsische Abgeordnete, diesen Vertrag mit Leben zu erfüllen. Außerdem regen wir an, die Veranstaltungen im Jahr 2016 dazu zu nutzen, die Tourismusregion der gesamten Oberlausitz stärker zu vernetzen, damit auch in den kommenden Jahren die Erfolge der Tourismusbranche stetig verfestigt werden können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag trifft auf unsere Zustimmung. Ich möchte einige pragmatische Impulse für die vorbereitende Ausgestaltung
Gestatten Sie mir als Geografin einen Exkurs ins Regionale, auf das ich gern den Fokus setzen möchte. Die ostsächsische Grenzregion, welche Sachsen und Polen verbindet, ist der Landkreis Görlitz. Ihm kommt eine besondere Funktion für die unmittelbare Begegnung zwischen Sachsen und Polen zu.
Als ersten Impuls möchte ich auf die gegenseitige Sprachkenntnis und das Erlernen der Nachbarsprache hinweisen. Im Landkreis Görlitz ist eine noch sehr junge Landesstelle für frühe nachbarschaftliche Bildung angesiedelt. Diese können wir als Ressource und als Akteur für unsere geplante sächsische Präsenz in Breslau/Wrocław nutzen. Wichtig dafür ist, dass wir eine solide Finanzierung sicherstellen.
Der zweite Impuls, den ich geben möchte, bezieht sich auf die Einbeziehung von Institutionen und Organisationen, die im Antrag zur Sprache kommen. Ich möchte dringend anregen, dass wir Projektpartner aus der interkulturellen Basisarbeit einbinden, denn dort findet Begegnung wahrhaft statt und auch die Bewusstseinsbildung mehr für das Gemeinsame als für das Trennende.
Viele solcher Basisinitiativen werden derzeit über EUFördermittel finanziert. Die Finanzierung für die zukünftige Arbeit ist für viele dieser Akteure in der Basisarbeit aber zurzeit sehr ungewiss. Hier ist die Staatsregierung gefordert, für diese Akteure zügig mehr Klarheit über die zukünftige europäische Förderung, insbesondere im EFRE-Bereich, zu schaffen und klare Zeithorizonte zu benennen.
Mein dritter Impuls greift die grenzübergreifende Mobilität auf. Hier möchte ich ein wenig Wasser in den Wein gießen. In der Begründung zum Antrag wird die Entfernung zwischen Görlitz und Breslau in Autostunden angegeben, aber leider nicht in Zugreisestunden. Zehn Jahre nach dem EU-Beitritt Polens fristet der Schienenverkehr zwischen Deutschland und Polen ein Schattendasein. Die Angebote im Fernverkehr zwischen Deutschland und Polen liegen heute unter dem Stand der frühen Fünfzigerjahre.
Auf der früheren Ost-West-Magistrale Dresden – Görlitz – Wrocław gibt es keinen klassischen Fernverkehrszug mehr, während im Jahr 1996 noch 14 Züge täglich den Görlitzer Bahnhof passieren konnten. Auf der polnischen Seite hat man seine Hausaufgaben gemacht und die Infrastruktur auf dem sehr wichtigen Ost-West-Korridor ausgebaut. Es kommt noch mehr Schwung auf polnischer Seite in die Verbesserung der Bahnverbindung Dresden – Breslau, denn die polnische Staatsbahn PKP treibt die Elektrifizierung der Strecke Węgliniec – Görlitz massiv voran.
Die Elektrifizierung und der Ausbau der gesamten Strecke auf fernverkehrstaugliche 160 km/h muss daher – noch
Das heutige Ersatzangebot Dresden – Breslau wird derzeit mit Nahverkehrstriebwagen des ZVON sichergestellt. Dieser finanziert dieses Angebot anteilig mit Regionalisierungsmitteln. Dadurch entstehen Mehrkosten, die der ZVON errechnet hat. Dafür müssen wir eine Lösung finden.
Die Regierungskoalition von Bund und Land ist aufgefordert, diesbezüglich Verhandlungen mit der Bahn zu führen, um wieder einen eigenwirtschaftlichen Fernverkehr zu ermöglichen. Die gut gefüllten Wagen gen Wrocław/Breslau stellen jetzt schon sicher, dass es eine Nachfrage dafür gibt. Die Bahnlinie zwischen Dresden und Wrocław ist ein strategischer Schlüssel für die Verbindung zwischen Sachsen und Mitteleuropa.
Wir geben unsere Zustimmung zu dem Antrag, werden ihn aber kritisch und konstruktiv begleiten. Dies geschieht nicht als Zwangsbeglückung, sondern mit Kenntnis dieser Region, um die es hierbei geht.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Es gibt den Wunsch nach einer zweiten Runde. Zunächst spricht für die CDUFraktion Herr Abg. Dr. Meyer. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen alle, dass die Geschichte Sachsens und Polens viele positive, aber auch negative Seiten hat. Es ist wichtig, dass wir nicht zu oft zurückblicken, sondern nach vorn schauen. Natürlich ist es wichtig, dass sich die junge Generation auch mit der negativen Seite der Geschichte beschäftigt; viel wichtiger ist es aber, dass wir uns mit Zukunftsfragen beschäftigen und weniger über sprachliche Details sprechen. Ich bin sehr oft in Polen. Dort ist es mir noch nie untergekommen, dass sich jemand beschwert hätte, dass man statt Wrocław Breslau sagt. Von daher sind das eher Randnotizen.
Meine Vorrednerin Frau Schubert hat den Antrag genutzt, um sehr clever auf Dinge hinzuweisen, die nicht unmittelbar mit der Kulturhauptstadt und dem Thema Kultur in Verbindung stehen. Es ist aber richtig, dass es gesamtgesellschaftliche Aufgaben gibt,
die man diskutieren muss. Der Antrag ist letztlich auch in dem Zusammenhang zu sehen, dass wir die „Kulturhauptstadt Europas – Breslau 2016“ nutzen, um unsere Verbindungen nach Polen – damit meine ich nicht nur die Infrastruktur, sondern auch die wirtschaftlichen Verbindungen, die kulturellen Verbindungen und die Sicherheitsfragen – auszubauen und unsere gute Zusammenarbeit mit diesem Kulturhauptstadtthema zu verbinden.
Wir haben – das sage ich als jemand, der aus der Euroregion Neiße kommt – mit dieser Präsentation die Gelegenheit, die bestehenden Synergien weiter auszubauen. Kultur ist oft ein Botschafter, der die regionale Wahrnehmung stärkt und die nachbarschaftlichen Beziehungen zu Polen intensivieren kann.
Wir haben bereits viele gute Beispiele, bei denen es funktioniert. Ich kann hierfür das Jugendsinfonieorchester Europera nennen, in dem über 200 musikalisch hochbegabte Kinder und Jugendliche aus Deutschland, aus Polen und aus Tschechien miteinander musizieren und das letztlich auch den Freistaat repräsentiert. In diesem Jahr steht dieses Jugendorchester unter der Schirmherrschaft des bisherigen und amtierenden Ministers des Innern Markus Ulbig und es präsentiert das Programm „Weltoffenes Sachsen“.
Wir haben im polnischen Teil der Europastadt Görlitz/Zgorzelec mit dem Meetingpoint Music Messiaen ein sichtbares Jugendbegegnungszentrum, in dem ebenfalls die Kultur im Vordergrund steht. Frau Dr. Stange kennt es noch aus ihrer früheren Zeit als Staatsministerin. Es ist jetzt schon gegenständlich – Sie werden es sich demnächst anschauen können. Auch hieran können wir sehen, dass sich im Jugendbereich vieles tut.
Die Kulturhauptstadtbewerbung wird von der Stadt Görlitz gegenwärtig genutzt, um einen Kunstwettbewerb auszuschreiben, bei dem es um Raumkunst, um Plastiken bzw. Skulpturen geht, die Bezug zur sächsisch-polnischen Geschichte haben. Hier gibt es bereits bestehende Kooperationen.
Ich möchte aber bei meinen Ausführungen zu dieser Kulturhauptstadtbewerbung auch auf weitere Bereiche, wie den Wissenschaftsbereich, schauen. Ich bin in dieser Woche mit Prof. Kroll vom Bundesexzellenzcluster MERGE der Technischen Universität in Breslau gewesen. Wir bereiten dort Anträge vor, bei denen die technischen Universitäten aus Polen mit unseren technischen Universitäten das Programm „Horizon 2020“ nutzen, zu denen wir bereits wissenschaftliche Kooperationen haben, die man ausbauen kann, und wo Kultur und gegenseitiges Verständnis schon vorhanden sind.
Wir haben Synergien im Maschinenbau, im Automobilbereich, in der Elektrotechnik, also vieles, das eng mit der Wirtschaft verknüpft ist. Kultur ist ein Wegbereiter, den wir nutzen sollten. Der Antrag unterstützt das Anliegen. Er unterstützt auch die Umsetzung des Koalitionsvertrages, in dem wir der Staatsregierung gleich mit einem ersten Antrag helfen wollen, die Vielfalt unserer Region mithilfe unseres Verbindungsbüros in Breslau zu nutzen und starke Regionen zu entwickeln.
Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung. Ich habe der Debatte bereits entnommen, dass es eine überfraktionelle Zustimmung zu dem Antrag geben kann.
Vielen Dank, Herr Dr. Meyer. Meine Damen und Herren, gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? Mir liegen keine vor. – Das kann ich nicht feststellen.
Ich frage die Staatsregierung: Frau Staatsministerin Dr. Stange? – Bitte, Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bleibe bei der Ansprache. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich ganz herzlich für die zahlreichen Glückwünsche am heutigen Tag zu bedanken, und ich hoffe und wünsche, dass die gute Zusammenarbeit in den Jahren, in denen ich hier im Hohen Hause sowohl in der Funktion als Staatsministerin a. D. als auch in der Funktion als Abgeordnete tätig sein durfte, in der neuen Aufgabe fortgesetzt werden kann. An mir soll es nicht liegen, eine sachliche, faire, konstruktive, aber auch kritische Zusammenarbeit zu gestalten.