Weitere Probleme kommen hinzu. Es gibt Überlegungen, die Elbe auszubaggern, auch wenn sich der Koalitionsvertrag eindeutig dazu bekennt, dies nicht zu tun. Ich hoffe, das bleibt so; denn bei verschiedenen Lobbyveranstaltungen haben gerade die CDU-Vertreter leuchtende Augen bekommen, wenn dort besprochen wurde, welche großen Vorteile dies bringen würde, obwohl eigentlich jeder wissen müsste, dass die Elbe ein Niedrigwasserfluss ist und es sich auch wirtschaftlich nicht lohnen würde, diesen
Fluss auszubaggern, zumal dies erhebliche Einschnitte für Natur und Umwelt bedeuten würde und in der Zukunft noch Probleme durch Trockenheit aufgrund des Klimawandels hinzukommen werden.
Man könnte noch viele andere Probleme nennen; ich nenne nur einige Stichworte: TTIP, TISA, CETA, bei denen ich gespannt bin, wie der Landtag bzw. wir in Sachsen beim Thema Naturschutz damit umgehen und wie wir das meistern wollen. Auch zu hohe Grenzwerte bei Pestiziden: Wir hatten vor zwei Wochen eine Anhörung im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft, in der es um Glyphosat ging. Der Monsanto-Vertreter beteuerte immer wieder und stellte für sich klar, dass dies doch ein Pflanzenschutzmittel sei. Bei der CDU konnte man dazu Kopfnicken sehen.
All das macht mich nicht glücklich, und es fällt mir schwer zu glauben, dass in Sachsen alles gut sei und dass es vor allem meine Generation sei, die diese hohe Biodiversität brauche, um die Auswirkungen des Klimawandels meistern zu können. Deshalb werden wir weiter dafür kämpfen und streiten, dass es dort Verbesserungen gibt; denn es sind am Ende die Ehrenamtlichen in diesem Land – ich weiß, meine Redezeit geht zu Ende –, die den Naturschutz betreiben. Obwohl im Artikel 10 der Verfassung steht, dass das Land dafür zuständig ist, sind es doch in Wirklichkeit die Ehrenamtlichen. In meinem zweiten Redebeitrag möchte ich tiefer darauf eingehen, welche Probleme sie mit der Fördermittelproblematik in Sachsen haben.
Herr Böhme sprach für die Fraktion DIE LINKE. Nun kommt Frau Lang, SPDFraktion, zum Rednerpult und wird das Wort ergreifen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegt mir fern zu behaupten, dass im Bereich Naturschutz in Sachsen alles in bester Ordnung sei. Es gibt sicher viele Bereiche, in denen wir in Sachsen noch mehr Anstrengungen unternehmen müssen. Das leugnet auch niemand. Dies beginnt bei der Frage des Biotopverbundes und geht über gute Wasserqualität bis hin zum Gewässerverbrauch – um nur einige Beispiele zu nennen. Aber deshalb ist der Naturschutz in Sachsen nicht insgesamt vor dem Aus zu sehen. Es ist eher eine Zuspitzung. In der Praxis ist diese Behauptung nicht haltbar.
Natürlich gebe ich Ihnen recht: Wir müssen die Instrumente überprüfen und besser abstimmen. Fördermittel für Naturschutzprojekte können über die Richtlinie Natürliches Erbe beantragt werden. Das war erstmals zum 31. März 2015 möglich. Richtig ist auch, dass bis heute in bestimmten Förderschienen noch keine Anträge bewilligt werden konnten. Konkret sehen wir dies ganz besonders bei der Förderschiene A 1 – A 3, Biotopgestaltung und Artenschutz. Das hat etwas mit der Fördermittelausstat
Richtig ist aber auch, dass die Staatsregierung regelmäßig auf ihrer Internetseite über den Bearbeitungsstand informiert. Diese Informationen ändern zwar nichts daran, dass noch nicht erfolgte Bewilligungen sowohl für die Träger äußerst problematisch sind als auch der praktische Naturschutz ins Stocken gerät; aber mangelndes Problembewusstsein und Intransparenz kann man der Staatsregierung nicht vorwerfen. Ich gehe davon aus und weiß, dass hierfür Lösungen gesucht werden.
Es sind viele ehrenamtlich Engagierte, die mit ihrer Arbeit für den Erhalt der biologischen Vielfalt sorgen. Ehrenamt braucht Anerkennung – das haben wir vorhin schon gehört – von der Politik, aber es braucht auch Strukturen. So ist es gut, dass wir im letzten Haushalt institutionelle Förderungen der Landschaftspflegeverbände auf sichere finanzielle und gesetzliche Füße gestellt haben, und es ist auch gut, dass wir die Mittel für die Landesarbeitsgemeinschaft der anerkannten Naturschutzvereine leicht erhöht haben. Als Koalition haben wir uns das Ziel gestellt, ein flächendeckendes Netz Naturschutzstationen sicherzustellen. Einen entsprechenden Antrag haben wir vor Kurzem eingebracht.
Strukturen sind nicht nur wichtig, um ehrenamtliche Arbeit zu koordinieren, Verbandsstrukturen sind auch notwendig, um überhaupt Fördermittel zu beantragen, und dafür braucht es Personal und Wissen.
Wir hören oft Kritik, dass die Fördermittelanträge, insbesondere für EU-Mittel, zu aufwendig, zu bürokratisch seien. Nun können wir dies, meist von der EU gefordert und mit viel Aufwand verbunden, nur bedingt ändern, aber wir können nach Möglichkeiten suchen, um den Antragstellern Unterstützung zu geben. Wir brauchen die Vereine und die Verbände für den Naturschutz. Keinesfalls können wir es uns leisten, dass die ehrenamtlichen Naturschützer resignieren oder sich zurückziehen. Auch hier sollte der Dialog mit den Verbänden gesucht werden, um gemeinsam Lösungen zu finden.
Naturschutz kostet natürlich auch Geld. Stellen wir in Sachsen genügend Geld zur Verfügung? Ja und nein. Ja, weil wir in der Summe ausreichend Mittel haben; nein, weil für Naturschutzmaßnahmen nie zu viel Geld eingestellt werden kann. Wenn man sich den Haushalt anschaut, dann wird man feststellen, dass die landeseigenen Mittel für Artenschutzmaßnahmen abgesenkt wurden und nur noch zur Finanzierung bestehender Projekte eingesetzt werden. Wenn man den Blick aber einseitig auf Landesmittel richtet, verzerrt sich dieses Bild; denn im gleichen Maße stehen auch Mittel aus dem Europäischen Strukturfonds zur Verfügung, nämlich über die Richtlinie Natürliches Erbe.
Wir müssen in den nächsten Jahren genau hinschauen, ob mit den Strukturfondsmitteln auch alle notwendigen Maßnahmen abgedeckt werden. Das betrifft unter anderem Streuobstwiesen und durchgehende Biotoppflege. Dazu müssen wir vor allem den Dialog mit den Praktikern
vor Ort, den Naturschutzvereinen und den vielen Ehrenamtlichen suchen; denn sie sind es, die vor Ort mit den Problemen umgehen müssen.
Auch wenn ich Ihre Gesamteinschätzung, dass der Naturschutz in Sachsen vor dem Aus stehe, nicht teile, ist diese Debatte insgesamt doch sehr wichtig für uns; denn wir müssen uns immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass Naturschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Bei der praktischen Gestaltung von Naturschutz sind es vor allem die Naturschützer und Landnutzer. Politisch haben wir die Aufgabe, die Rahmenbedingungen dafür richtig zu setzen, und dies funktioniert in Sachsen in vielen Bereichen sehr gut. Es gibt aber auch noch viele Punkte, über die wir diskutieren müssen.
Das war Frau Kollegin Lang für die SPD-Fraktion. – Ich weise an dieser Stelle noch einmal auf eines hin: Wir sind in der Aktuellen Stunde, in den Aktuellen Debatten. Diese sind in freier Rede zu halten. Es dürfen keine vorbereiteten Redebeiträge verwendet werden. Wohl ist es erlaubt, mit Zitaten, die man unmittelbar wortwörtlich vorträgt, diese freie Rede anzureichern. Ich weise noch einmal darauf hin. Am günstigsten ist es immer, wenn man über einen handschriftlichen Stichwortzettel verfügt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Steht der Naturschutz in Sachsen vor dem Aus?
Zum Beispiel leisten die Verwaltungen der beiden Großschutzgebiete Sächsische Schweiz und Biosphärenreservat Oberlausitzer Teichlandschaft eine sehr gute Arbeit. Allerdings wird immer deutlicher, dass bei den Strukturen, in denen der Naturschutz in Sachsen verankert ist, zunehmend Verkrustungen auftreten bzw. dass wichtige Akteure, bei denen der Naturschutz in Sachsen angebunden ist, zunehmend schlechter miteinander arbeiten.
Zu den wichtigen Akteuren gehört auf der einen Seite sicherlich die Behördenstruktur vom Staatsministerium über die Fachämter bis zu den Umweltämtern der Kommunen und Landkreise, und auf der anderen Seite gehören dazu die Land- und Forstwirte bzw. die privaten Naturschutzakteure in Vereinen und Verbänden oder Privatpersonen.
Die staatlichen Behörden müssen, damit der Naturschutz in der Fläche stattfinden kann, konstruktiv mit diesen Akteuren zusammenarbeiten. Insbesondere müssen die Behörden den Akteuren, also sowohl den Land- und
Forstwirten als auch dem privaten Naturschutz, den Zugang zu den Fördermitteln ermöglichen. Der Freistaat hat sinnvollerweise die Naturschutzförderung weitgehend in die EU-Förderung des ländlichen Raumes eingebunden. Dadurch sind auch zusätzliche Mittel für den Naturschutz frei geworden.
beachtet werden müssen, sowohl die geschützten Arten anhand der FFH-Richtlinie als auch die Wasserrahmenrichtlinie oder ähnliche Vorschriften.
Was passiert aber nun, wenn dem Aufruf des Ministeriums, Förderanträge zu stellen, so viele Anträge folgen, dass die gesamte Fördersumme für einzelne Fördergegenstände weit überzeichnet ist? Ist es dann akzeptabel, dass das Ministerium ein Dreivierteljahr lang nicht in der Lage ist, für einzelne Fördergegenstände Projekte zu bewilligen, weil keine klaren Kriterien für die Bewertung der Projektanträge definiert wurden oder weil das Ministerium nicht entscheiden kann, welches Projekt wichtig und welches weniger wichtig ist? Es ist meiner Meinung nach die originäre Aufgabe des Ministeriums, diese Förderentscheidungen zu treffen, und zwar in einer angemessenen Zeit.
Wenn sich die Behördenmitarbeiter aber nun trotzdem nicht entscheiden können, weil vielleicht fast alle Projektanträge förderwürdig sind, dann sollte das Ministerium doch schnellstens auf die wichtigsten Akteure im Naturschutz zugehen und gemeinsam mit diesen Kompromisslösungen finden.
Die meisten großen Antragsteller sind auch bereit, einen Teil der Projekte zurückzustellen, wenn sich abzeichnet, dass die Projektmittel nicht für alles reichen. Man kann die Projekte auch zu einer späteren Zeit realisieren.
Für mich ist es inakzeptabel und schadet dem Naturschutz in Sachsen insgesamt, wenn über einen solch langen Zeitraum – ein Dreivierteljahr lang – überhaupt keine Naturschutzprojekte in bestimmten Fördergegenständen gefördert werden.
Mit Herrn Urban sind wir jetzt am Ende der ersten Runde angelangt. Wir kommen zur zweiten Runde. Herr Kollege Günther hat ja schon für die einbringende Fraktion erklärt, dass es jetzt weitergehen wird. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Hippold von der CDU, ich habe nicht gesagt, dass nicht genügend Geld da ist. Das Problem besteht darin, dass das Geld nicht fließt. Die Leute bekommen es schlechthin nicht. Da es darum geht, was am Ende herauskommt, ist es egal, ob man vorher eine große Förderkulisse aufbaut. Es muss im Naturschutz einfach etwas ausgegeben werden.
Einmal zum Verständnis, wie solch ein Ablauf ist: Im März bekommen die Naturschutzvereine, die Ehrenamtlichen ihre Antragsunterlagen. Bis Mai müssen die Anträge da sein und normalerweise passiert dann im Sommerhalbjahr die Naturschutzarbeit. Bisher war es so, dass man irgendwann im Herbst das Geld bekommen hat. Bis dahin hat man eben vorfinanziert.
Künftig ist es so – und das ist das Problem, dass man es jetzt in die EU-Förderung hineinpackt und im Prinzip der Förderung für die Landwirte gleichstellt –, dass man im nächsten Frühjahr, vielleicht im April, sein Geld bekommt. Im März bekommt man die Unterlagen und fängt an zu arbeiten. Es gibt auch Aufstellungen, wie viele Stunden man da hineinsteckt. Wir haben vorhin viel über Ehrenamt gehört. Umweltschutz ist eigentlich eine staatliche Aufgabe. Wir wollen es aber in Kooperation machen, und wir wollen es für Leute attraktiv machen.
Jetzt gibt es Naturschützer, die dafür Anträge stellen wollen, dass sie irgendetwas finanziert bekommen. Das rechnet sich nicht; damit verdient man kein Geld. Der bürokratische Aufwand, solch einen Antrag zu stellen, umfasst mit einzelnen Stundenauflistungen bis zu 17 Arbeitstage.
Das muss man sich mal „reinziehen“: 17 Arbeitstage, bevor man überhaupt einen Antrag fertig hat. Dann arbeitet man auch noch bis März, vielleicht bis nächstes Jahr April, und so lange muss man das vorfinanzieren. Ein Landwirt kann das vielleicht noch machen, weil er ja zwischendurch etwas verkauft. Das ist ein Wirtschaftsbetrieb. Aber der Naturschutz ist kein Wirtschaftsbetrieb. Man kann ja nicht die Tagfalter verkaufen, die dann auf der Fläche vorhanden sind. Das ist ein Problem.
Dann haben wir den Übergang von der letzten Förderperiode. Die letzten Anträge für bestimmte Flächen waren 2013 gestellt. Jetzt haben wir 2016. Wenn seitdem nichts passiert ist, dann stellen Sie sich einmal vor, was auf den Flächen passiert. Sie werden ja nicht gepflegt, und dann verschwinden auch die Arten. Das ist einfach ein Problem.
Die Strukturen im Naturschutz: Naturschützer, die das vorfinanzieren müssen – Vereine, die das tun und damit kalkulieren wollten –, haben Personalkosten, und da gibt es schon Kündigungen. Es bricht zusammen. Wenn diese Strukturen einmal weg sind, dann sind sie weg.
Zu den Überzeichnungen: Die Anträge für Biotopgestaltung und Artenschutztechnik – A1, A2, A3 – sind mit 316 % überzeichnet. Es gibt überhaupt keine Kalkulation im SMUL, was wirklich notwendig ist. Von 236 beantragten praktischen Naturschutzmaßnahmen – A1, A2, A4, A5 – sind ganze sechs bewilligt, im Wald. Das ist fast gar nichts. In der Fläche draußen, im Offenland, passiert nichts mehr. Es ist auch offen, wann nun wirklich etwas bezahlt wird.
Eigentlich sollte es mehrere Anmeldetranchen geben. Das hat alles nicht stattgefunden. Es kommt hinzu: Die Be
hörden wollten arbeiten und sollten eine Software bekommen. Die hat das SMUL ihnen nicht zur Verfügung gestellt. Auch die konnten nicht arbeiten. Dann hat man in den Behörden diese ganzen Gebietskulissen aufgezeigt. Man hat gefragt: Was ist denn überhaupt an Maßnahmen förderfähig, mit welchen technischen Umsetzungsmöglichkeiten? Man hat sich da etwas Riesengroßes ausgedacht. Es war ein Beschäftigungsprogramm für die Mitarbeiter in den Behörden.