Jetzt eröffnen wir eine zweite Runde. Sie beginnt wieder mit Frau Kollegin Dietzschold, die für die einbringende CDU-Fraktion spricht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei allen Fraktionen dafür bedanken, dass sie hier das bürgerschaftliche Engagement auch noch einmal von dieser Stelle aus gewürdigt haben. Ich möchte aber auch noch einmal aufklären, was der Beirat „Wir für Sachsen“ in seiner letzten Sitzung beschlossen hat. Wir haben ja auch Vertreter aus den Fraktionen im Beirat „Wir für Sachsen“. Es waren leider nicht sehr viele anwesend, deshalb weiß auch niemand so recht Bescheid. Daher möchte ich hier einmal aufklären.
Wir haben beschlossen: Wir werden die Aufwandspauschale von sechs Monaten auf neun Monate erhöhen. Das bedeutet 80 Euro mehr im Jahr. Das ist schon einmal etwas mehr Geld – um Ihre Frage zu beantworten. Weiterhin haben wir beschlossen, dass wir die Betreuung von Asylsuchenden weiterhin fördern.
Wir haben das Programm im September/Oktober des vergangenen Jahres eröffnet. Es fließen auch Gelder des Programms in die Richtlinie für Sachsen. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir den Nachwuchs weiterhin unterstützen wollen. Es ist auch über das Programm möglich, junge Leute zu schulen, die in die Vorstände der Vereine nachrücken. Wir haben auch vereinbart, zu überprüfen, welche Qualifizierung wir überhaupt brauchen. Die Bürgerstiftung hat stellvertretend für den Freistaat Sachsen das Programm übernommen, wofür ich mich bei den Damen und Herren der Bürgerstiftung, die das für uns für all diese Jahre konkret organisieren und abrechnen, ganz herzlich bedanken möchte.
Wir haben den Auftrag, jetzt zu überprüfen, welche Möglichkeiten wir haben, auch eine Qualifizierung über das Programm durchzuführen. All das ist im Beirat beschlossen worden.
Ich möchte aber auch sagen, welche Engagementbereiche in Sachsen an vorderster Stelle stehen. Besonders der Bereich Kinder und Jugendliche steht in all diesen Jahren vornan. In diesem Jahr sind 16,44 % der Ehrenamtlichen in diesem Bereich tätig. An zweiter Stelle steht der Sport mit 15,06 %, an dritter Stelle die Altenhilfe und an vierter Stelle die Heimat- und Brauchtumspflege. All das ist ganz wichtig.
Wir brauchen aber auch weiterhin die entsprechende Infrastruktur. Sie haben schon gesagt, dass wir schauen müssen, wie wir sie weiterhin gestalten können. Wir müssen auch die Arbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtli
chen optimieren. Eine der Strategien, die das Bundesfamilienministerium jetzt vorgestellt hat, ist die Kooperation von Haupt- und Ehrenamtlichen als Gestaltungsaufgabe. Es soll geprüft werden, wie die Engagementinfrastruktur der lokalen und kommunalen Ebene zugute kommt, auf der das Engagement tatsächlich stattfindet.
Ich möchte noch ganz kurz sagen – ich habe noch eine Minute –: Die Auszeichnung der Ehrenamtlichen, die Anerkennungskultur, ist eine ganz wichtige Kultur, die wir hier im Freistaat über viele Jahre pflegen. Ich möchte, dass wir das beibehalten; denn gerade das wird immer wieder von den Ehrenamtlichen gesagt: Sie wollen eigentlich kein Geld, ihr Engagement bringen sie gern ein, sie möchten dafür aber ein Dankeschön.
Das sollte uns allen immer wieder ins Stammbuch geschrieben werden. Wir in Sachsen gehen voran. Wir haben mit der Ehrenamtskarte – sie ist heute überhaupt noch nicht erwähnt worden – ein Instrument, mit dem wir im Freistaat den Ehrenamtlichen etwas zugute kommen lassen, was es in keinem anderen Bundesland gibt.
Wenn die GRÜNEN sagen, wir seien hinterwäldlerisch, möchte ich entgegnen: In den Bundesländern, in denen die GRÜNEN in der Regierung sind, gibt es ein solches Förderprogramm wie das von Sachsen überhaupt nicht.
Das war Frau Kollegin Dietzschold, CDU-Fraktion. Kollege Homann, Sie wollen erneut für die SPD das Wort ergreifen, die übrigens ebenfalls Einbringerin ist.
In der Tat. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wurlitzer, ich fand es wirklich schön, wie Sie sich selbst für Ihr ehrenamtliches Engagement gelobt haben.
Ich glaube, das, was in dieser Debatte fast fraktionsübergreifend gelungen ist, ist der große Respekt, den wir den Ehrenamtlichen in diesem Land entgegenbringen. Bei allen Meinungsverschiedenheiten und bei allen Verbesserungsvorschlägen, die von der Opposition gemacht werden, sind wir uns darin einig, dass es ein übergeordnetes parteipolitisches Ziel ist, das Ehrenamt in Sachsen zu stärken.
Ich möchte noch auf einige Fragen eingehen. Frau Dietzschold hat es schon angesprochen: Der Beirat hat wichtige Fortschritte beschlossen. Die 80 Euro mehr im Jahr sind richtig und wichtig, sie sind auch ein Signal. Das Sonderprogramm für die Flüchtlinge ist wichtig und
richtig, gerade weil sich in diesem Bereich viele Menschen engagieren, wobei man auch sagen muss, dass das mehr ist als nur das Geld, das dahintersteht, weil damit auch eine politische Aussage getroffen wird, die heißt: Ihr Engagement für Integration in diesem Land ist politisch gewollt. Ich sage das auch deswegen, weil ich viele Menschen im Bereich der Flüchtlingsarbeit kenne, die sagen: „Ich engagiere mich gerne, aber bitte sagt es keinem“, oder: „Ich möchte damit nicht in die Zeitung“, weil sie das Gefühl haben, dass es manchmal gefährlich ist, aber zumindest für Naserümpfen sorgt. Deshalb ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle ein klares Bekenntnis zu diesem Sonderprogramm für die Flüchtlingshilfe formulieren.
Was auch schon im Beirat der Dresdner Bürgerstiftung beschlossen wurde, ist das Qualifizierungs-, Begleitungs- und Beratungsprogramm. Das ist zwar noch nicht überall angekommen, aber ich möchte es nennen, weil es beschreibt, was jetzt der Auftrag des Antrags ist, und weil es der Kollege von den GRÜNEN angesprochen hat. Wir als Koalitionspartner können uns vorstellen, auch im Bereich von „Wir für Sachsen“ – über das hinaus, was jetzt schon mehr gemacht wurde – zu überlegen, wie man die Ehrenamtspauschale weiter erhöhen kann. Denn wenn sich Menschen zwölf Monate lang engagieren, dann ist nicht schlüssig, warum sie nur für elf Monate eine Pauschale bekommen. Deshalb steht darin, dass wir uns vorstellen können, auf zwölf Monate für 50 Euro zu gehen. Wir wissen noch nicht, ob wir das schaffen, weil wir gerade angesichts des Sonderprogramms der Flüchtlingshilfe beachten müssen, dass zusätzliche Aufgaben dazugekommen sind. Aber der Antrag macht eine weitere Perspektive über das Erreichte hinaus auf.
Das wollte ich dazu sagen, warum der Antrag noch im Ausschuss liegt und was die Aufgabe dieses Antrags ist. In diesem Sinne noch einmal danke für die konstruktive Diskussion!
Das war Herr Homann für die SPD-Fraktion. Es besteht nach wie vor Redebedarf. Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Frau Junge.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf die Debatte „Ehrenamt stärken und keine Überforderung“ eingehen. Herr Homann hat das zumindest ganz kurz in seinem Redebeitrag mit angeschnitten.
Die Überlegung in dieser Richtung ist folgende: Mir ist aufgefallen, dass es jetzt ganz viel ehrenamtliche Arbeit gibt, die früher öffentlich gefördert wurde. Es gab also einen Verdrängungsprozess in den letzten Jahren, im Prinzip keine öffentlich geförderten Maßnahmen mehr. Sowohl seitens des Bundes als auch des Landes finden sehr viele Maßnahmen nicht mehr statt. Letztendlich hat man das mehr oder weniger dem Ehrenamt vor Ort
Hier kommen wir zum Problem der Überforderung. Das bemerken wir jetzt auch aufgrund der vielen Initiativen im Bereich der Flüchtlinge und Asylsuchenden. Wir können nicht so tun, als ob alles gut sei, sondern wir müssen uns jetzt gemeinsam Gedanken machen, Strukturen zu schaffen, um eine Entlastung des Ehrenamtes hinzubekommen. Ehrenamt ist eben Ehrenamt und nicht soziale Arbeit. Daher halten wir es für dringend erforderlich, dass gemeinwohlorientierte Arbeit wieder durch ein öffentliches Beschäftigungsprogramm gefördert wird und nicht alles den Kommunen und dem Ehrenamt überlassen wird. Hier sehen wir wirklich großen Handlungsbedarf und das Erfordernis, im Land Sachsen umzusteuern.
Wir plädieren also für ein Landesprogramm, so wie es Thüringen in diesem bzw. im vergangenen Jahr durchgeführt hat: ein Landesprogramm für öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit. Wir sollten jetzt beginnen, um eine solche Struktur hinzubekommen und die Ehrenamtler nicht weiter zu überlasten. Denn irgendwo ist hier eine Grenze erreicht. Ehrenamtliches Engagement darf also kein Ersatz für gemeinwohlorientierte Arbeit sein, sondern muss freiwillig sein und ergänzendes Angebot bleiben.
Derzeit sehe ich, dass das Ehrenamt überstrapaziert wird. Hier bedarf es langfristiger Programme und nicht wieder nur für ein Jahr Förderung, sondern einer Verstetigung genau dieser gemeinwohlorientierten Arbeit. Ich freue mich, wenn es ein zusätzliches Sonderprogramm zu den jetzt vorhandenen Förderprogrammen für Asylsuchende und Flüchtlinge gibt, auch ein Sonderprogramm für Flüchtlingsinitiativen. Ich hoffe nur, dass man das dort auch berücksichtigt und nicht alles an Vereinstätigkeit gebunden ist, wie ich es vorhin in meinem Beitrag schon sagte.
Frau Dietzschold, Ihre Bemerkung, dass sich die Ehrenamtler über die Anerkennung freuen, stimmt. Dass sie kein Geld benötigen bzw. wünschen, dazu habe ich keine Erfahrung gemacht. Sie sagen häufig, gerade im ländlichen Raum, dass sie einen hohen Aufwand an Fahrkosten und an entsprechenden Sachkosten haben. Hier sollte man auch unterstützen. Die 40 Euro pro Monat sind ein kleiner Beitrag für die elf Monate.
Hier müsste man noch stärker diese strukturierte, langfristige Förderrichtlinie verfolgen, die für die Ehrenamtler eine Entlastung sein könnte.
Werte Abgeordnete! Lieber Herr Homann. Es gibt Leute, die 20 Jahre ehrenamtlich arbeiten – ich kann aus diesen Erfahrungen berichten –, und es gibt die anderen, die über diese herziehen. – Danke.
Der Freistaat Sachsen investiert viel Geld in die Förderung bürgerlichen Engagements, in das Projekt „Wir für Sachsen“. Die beauftragte Bürgerstiftung Dresden verteilt das Geld an Vereine und Einrichtungen im Freistaat. Zur Vergabe dieser Mittel tagen jährlich sogenannte Regionalbeiräte, bestehend aus – da wird es schon schwierig. Ich habe auf der Internetseite nachgesehen, versucht, über die Stiftung Direktinfos zu bekommen. Da gibt es diese und jene.
Wir von der AfD sind im letzten Jahr zu fast jeder Beiratssitzung eingeladen worden. In diesem Jahr wurde ich in Leipzig nicht eingeladen. Ich mutmaße einmal, weil ich mich letztens darüber erregt habe. Wir haben eine Einladung mit einer Seite erhalten, auf der die Richtlinien festgeschrieben waren. Daraufhin haben wir drei Stunden in dem Regionalbeirat gesessen und über 200 bis 300 Vereine gesprochen, wer welches Geld erhält, ohne dass wir uns ordentlich vorbereiten konnten. Das haben wir zu Protokoll gegeben. Dieses Jahr bin ich in Leipzig gar nicht eingeladen worden. Daher habe ich mich direkt an die Stiftung gewandt und darum gebeten, eine Einladung und die entsprechenden Unterlagen zu bekommen. Das ist nicht erfolgt.
Herr Wendt, der für Dresden zur Regionalbeiratssitzung eingeladen war, hat weniger als eine Woche zuvor die Unterlagen erhalten, bei denen es um über 400 Vereine gegangen ist.
Ich bitte die beiden Fraktionsvorsitzenden, den Dialog nicht quer über den Saal zu führen. Wir sollten die parlamentarischen Mechanismen nutzen, die uns die Geschäftsordnung einräumt. – Bitte, fahren Sie fort, Herr Wurlitzer.
– Gut. Ich möchte es gar nicht erweitern. Trotzdem glaube ich, dass die Mitarbeiter eine gute Arbeit machen, doch sollte an der Transparenz noch einiges getan werden. Bevor ich bei aller Kritik schließe, möchte ich mich trotzdem bedanken…