Protocol of the Session on February 3, 2016

Sie haben schon weit überzogen. Ich würde Sie bitten, – –

Dann komme ich nicht zum letzten Satz und bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Wird von der AfDFraktion das Wort noch gewünscht? – Herr Hütter, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Herr Lippmann, ich weiß nicht, woher Sie immer Ihre Weisheiten nehmen, ich weiß nicht, welche grüne Glaskugel Ihnen dabei behilflich ist. Ich weiß auch nicht, wo ich lesen oder woraus ich erkennen sollte, dass die AfD eine Bewaffnung der Bevölkerung fordert. Das ist mir, ehrlich gesagt, nicht klar.

Sehr geehrter Herr Stange, die Nähe der AfD zu Bürgerwehren ist, gelinde gesagt, Unsinn. Aber wir haben Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis der Bürger, und Bürgerstreifen auf der Gesetzesgrundlage sind für uns durchaus vorstellbar.

Herr Hütter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, selbstverständlich. Bitte, Herr Lippmann.

Herr Lippmann, bitte.

Herr Hütter, ich werde Sie an meiner Glaskugel, die nicht Glaskugel, sondern in

dem Fall #Verlautbarungen Ihrer Parteigliederung auf Facebook heißt, gern „Teilhaben-lassen“ und frage Sie daher, ob Ihnen bekannt ist, dass regelmäßig in sozialen Netzwerken, zum Beispiel durch Junge Alternative, aber auch durch einige Kreis- und Landesverbände der AfD sogenannte Kacheln auf Facebook geteilt werden, also Bilder, bei denen es unter anderem darum geht, das Waffenrecht zu liberalisieren, vor allen Dingen deshalb, um der Bevölkerung leichteren Zugang zu Waffen zu gewährleisten, damit diese sich im Zweifel verteidigen kann.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Dagegen ist doch nichts einzuwenden!)

Diesen Schluss, den Sie daraus ziehen, kann ich so nicht erkennen, Herr Lippmann.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Aha! – Lachen bei den LINKEN)

Das muss ich Ihnen ganz deutlich sagen.

Es ging um eine Forderung der AfD nach einer Bewaffnung der Bevölkerung, und das kann ich nicht erkennen. Das hat die AfD so nie gefordert, mit aller Deutlichkeit.

(Einzelbeifall bei der AfD)

Der Anstieg der sogenannten Bürgerwehren ist auf ein fehlendes Sicherheitsgefühl in Sachsen zurückzuführen. Abhilfe kann in diesem Fall nur die Regierung schaffen, und wir werden an eben dieser Stelle genau beobachten, was dort in Zukunft zutage gefördert wird, was letztendlich dort bewirkt wird; denn wir können momentan hinsichtlich dieses fehlenden Sicherheitsgefühls eine Abhilfe so nicht erkennen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich frage die Linksfraktion: Wird das Wort weiter gewünscht? – Herr Abg. Stange, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will gleich einmal da weitermachen, wo ich vorhin aufgehört habe, weil es wirklich wichtig ist, zu verstehen, wofür Staatsregierung in diesem Land Verantwortung trägt.

Ich habe eben gerade gesagt, dass wir ein flächendeckendes Versagen bei Infrastrukturen sowie bei Personalfragen haben, bei Lehrern, Ärzten usw. Die Bevölkerung ist – das korrespondiert natürlich mit der Frage der Zuwanderung – in gewissen Abstiegsängsten befangen, die sich aber auch relativ leicht erklären lassen; denn die letzten 25 Jahre waren für die Bevölkerung in Sachsen nicht einfach. Gleich nach der Wende, gleich nach der Wiedererrichtung des Freistaates haben viele ihren Arbeitsplatz verloren; das wissen Sie alles. Wir müssen uns jetzt in Erinnerung rufen, woher diese Abstiegsängste kommen.

Ich war ja bei den Ursachen. – Drittens gibt es nach wie vor eine Befeuerung von rassistischen Grundstimmungen, die hier parlamentarisch durch die AfD und auch von Teilen der CDU befördert werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle eines sagen: Wenn wir tatsächlich gemeinsam daran interessiert sind, den demokratischen Rechtsstaat zu stärken, dann verbietet es sich nach meinem Dafürhalten einfach für den sächsischen Abschiebebeauftragten – Entschuldigung, den Ausländerbeauftragten –, tatsächlich zu fordern, dass man straffällig gewordene Asylbewerber abseits des Strafverfolgungsinteresses abschiebt. Das kann und darf nicht sein. Das Strafverfolgungsinteresse muss in diesem Land ganz einfach obenan stehen, kein Ausweichen und keine Abschiebepraxis dagegen. Das ist für mich völlig klar, weil Sie, Herr Mackenroth, an dieser Stelle, mit dieser Aussage tatsächlich am Mauerwerk des demokratischen Rechtsstaates ziemlich zerren und meißeln. Das muss man einmal ganz klar ausführen. Wie gesagt, das Strafverfolgungsinteresse wiegt höher.

Zu den Lösungen: Es ist schon einiges gesagt worden, was erforderlich wäre. Wir brauchen – Herr Pallas, darin sind wir uns einig – eindeutig mehr tatsächliche Polizei. Die Wachpolizei, die Sie jetzt einführen, wollen Sie Gott sei Dank auch nur vorübergehend einführen. Aber Sie müssen die Grundlagen dafür schaffen, dass wir bald ausreichend Polizei haben.

Aber viele andere Bereiche stehen ebenso auf der Agenda. Wenn wir über den Rechtsstaat und über Kriminalitätsbekämpfung sprechen, dann können wir das dort Anhängige leider nicht mit Verwaltungsrichtern erledigen, meine Damen und Herren. Deshalb ist der Verweis auf die Verwaltungsrichter zwar hinsichtlich der Asylverfahren ganz hilfreich; aber für die Beschleunigung von Strafverfahren ist das nicht ansatzweise hilfreich. Wir brauchen eine sinnvolle und gute Ausstattung der Justiz. Wir brauchen in den Staatsanwaltschaften, wir brauchen aber auch in den Justizvollzugseinrichtungen ausreichend Personal, gut ausgebildetes Personal und gut bezahltes Personal, das tatsächlich in der Lage ist, den Dienst anständig zu tun.

Meine Damen und Herren, ich komme fast zum Schluss. Lassen Sie mich eines noch einmal ganz klar sagen: Der Polizeipräsident Merbitz hat, bevor er die Formulierung mit der Pogromstimmung gebracht hat, etwas ganz Wichtiges gesagt, das auch in der „LVZ“ abgedruckt wurde. Er hat nämlich Folgendes gesagt – ich zitiere –: „Ich mache mir wirklich große Sorgen. Wir steuern auf eine Situation zu, in der gewaltbereite Stimmungsmacher die Angst der Menschen bewusst nutzen, um Hysterie gegen Asylpolitik zu schüren und Gewalt gegen die Flüchtlinge zu rechtfertigen.“ Genau das ist das wichtige Zitat – nicht die Pogromstimmung. Es sind die Hetzer, die massiv dafür sorgen. Herr Fritzsche und ich haben es in Markranstädt wieder erlebt, wie ganz subtil der PGF der AfD dort aufgestanden ist und wie das ganz subtil die Stimmung beheizt hat.

Herr Stange, bitte kommen Sie zum Ende.

Das, meine Damen und Herren, ist Grundlage für diesen massiven Vertrauensverlust – neben den anderen Ursachen.

Herr Stange, bitte kommen Sie zum Ende.

Wir müssen die Ursachen bekämpfen, um den Rechtsstaat zu sichern.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Pallas, Fraktion der SPD, meldet sich zu einer Kurzintervention.

Lieber Kollege Stange, dass Ursachenermittlung und Ursachenbekämpfung staatfinden müssen, darüber sind sich wohl hier alle einig. Ich wage nur einmal die steile These, dass es eben nicht nur Aufgabe einer Staatsregierung ist, sich an dieser Ursachenbekämpfung zu beteiligen oder diese zu betreiben. Denn wir reden über nicht mehr und nicht weniger als über die Verteidigung unserer Demokratie, unseres demokratischen Rechtsstaates. Damit müssen wir zwangsläufig als Demokraten alle in dieses Boot und versuchen, es in ruhigere Fahrwasser zu bringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Stange, bitte.

Lieber Kollege Pallas, ich stimme Ihnen da völlig zu – das ist überhaupt nicht die Frage. Es geht hier aber darum, das Regierungshandeln in diesem Haus zu kontrollieren und auch zu animieren. Wenn wir uns die Ursachen anschauen, die ich benannt habe, dann haben wir es an diesen Stellen mit Regierungsversagen zu tun. Ad hoc lösen Sie das Lehrerproblem nicht, ad hoc lösen Sie das Polizeiproblem nicht, ad hoc lösen Sie das Problem der Justizangestellten nicht – ad hoc lösen Sie das alles nicht. Es ist das Regierungsversagen der vergangenen Jahre, und jetzt stehen wir in dieser Situation. Da gebe ich Ihnen recht.

Deshalb muss aber die Regierung handeln! Wenn die Regierung schon sagt, Bürgerwehren stünden gegen die Grundsätze des staatlichen Gewaltmonopols, dann muss die Regierung endlich handeln, damit wir die gegen das staatliche Gewaltmonopol gerichtete Ausformung in unserer Gesellschaft nicht mehr lange haben.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Es spricht nun die CDU-Fraktion, Herr Abg. Hartmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Herr Stange, es ist in der Tat Aufgabe der Opposition, Regie

rungshandeln zu kontrollieren, auch zu kritisieren. Man muss aber aufpassen, dass man nicht anfängt, sich zu konterkarieren.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das ist Aufgabe des Parlaments, Herr Kollege!)

Aber insgesamt möchte ich klar zum Ausdruck bringen: Erstens. Der Polizeipräsident von Leipzig genießt die hohe Wertschätzung in seiner Arbeit durch die CDUFraktion. Das will ich hier noch einmal klarstellen, da hier so ein leichter Zungenschlag hineinkommt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich will auch deutlich sagen, dass die Herausforderungen, mit denen Bernd Merbitz vor allen Dingen in Leipzig zu kämpfen hat, auch etwas mit dem zu tun hat, was ich im letzten Redebeitrag angesprochen habe, nämlich der zunehmenden Gewaltbereitschaft, auch von linksextremistischen Teilen.

Aber es zeigt vor allen Dingen eines, nämlich, dass die Polizei an eine Belastungsgrenze gerät, weil sie vielmals als Feuerwehr der Situation allein gelassen wird. Damit muss man sich intensiv auseinandersetzen,

(Zurufe von den LINKEN)

und zwar vor dem Hintergrund der Entwicklungen. Damit sind wir in der Tat, Herr Stange, bei der Frage von Abstiegsängsten. Ich möchte deutlich widersprechen, was Ihre Auffassung vom Staatsversagen oder vom Versagen der Staatsregierung angeht. Denn wenn wir dies in einen Kontext setzen, dann setzen wir es in den Kontext der Entwicklung des Freistaates Sachsen seit 1990.