Der vierte Vorwurf, der Mindestlohn sei schädlich für die Wirtschaft. Nein. Es gibt eindeutig positive Effekte für die Binnenkonjunktur. Das spüren auch die Unternehmen. Im Ifo-Geschäftsklimaindex vom Herbst 2015 heißt es: „Der Optimismus mit Blick auf die künftigen Geschäfte nahm weiter zu. Die deutsche Konjunktur zeigt sich erstaunlich widerstandsfähig gegenüber den vielfältigen Herausforderungen des Herbstes“, und auch das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung hat im November
Was ist von diesem Vorwurf übrig geblieben? Diejenigen, die sich am meisten darüber aufgeregt haben, waren diejenigen, die durch ein ganz anderes Gesetz in die Bredouille gekommen sind. Wenn Sie sich heute mit der DEHOGA unterhalten, dann stellen Sie fest, dass diese inzwischen auch von ihrer fundamentalen Kritik abgewichen ist. Sie haben gesehen, dass sie ein Problem haben, da durch die Aufzeichnungspflicht einfach nur offengelegt worden ist, welcher Missbrauch vorher schon vorhanden war und dass es in dem Bereich gang und gäbe war, die Arbeitszeiten nicht einzuhalten, und nur durch die Aufzeichnungspflicht jetzt dokumentiert wurde.
Von daher hat sich die DEHOGA auf den konstruktiven Weg begeben, eher darüber zu reden, welche Konsequenzen das bezüglich des Arbeitszeitgesetzes hat, als dass es an der Frage der Aufzeichnung liegt.
Frau Grimm, ich würde Ihnen empfehlen, sich noch einmal damit zu beschäftigen, für wen diese Aufzeichnungspflicht gilt. Sie gilt sozusagen für Branchen, die schwarzarbeitgefährdet sind und für die Geringbeschäftigten. Wenn Sie jetzt so tun, als sei die Aufzeichnungspflicht für alle da, dann bauen Sie einen Popanz auf, der schlichtweg nicht stimmt.
Ich möchte aber auch an Thomas Colditz anschließen. Es ist jetzt auch nicht die Zeit, in Euphorie oder in einer Art Triumphgeheul das Thema Mindestlohn zu bearbeiten. Der Mindestlohn ist gut für unser Land, und er ist ein Erfolg. Er ist aber auch keine sozialpolitische Wohltat. Er ist nichts anders als eine Sittlichkeitsgrenze, und er zeigt, welche Probleme vorher in diesem Land waren, dass Menschen – besonders in Sachsen – deutlich unter dem Mindestlohn beschäftigt wurden. Das dürfen wir nicht akzeptieren.
Was ich aus der Debatte mitnehme, ist die klare Aussage der AfD: Sie sind gegen Mindestlöhne. Sagen Sie das bitte Ihren Wählerinnen und Wählern, denn die glauben nämlich etwas anderes. Sie vertreten eben nicht die Interessen derjenigen, die arbeiten gehen und von ihrer Arbeit leben wollen.
Sagen Sie es laut und deutlich: Sie sind gegen den Mindestlohn. Das steht sogar in Ihren Programmen.
meine Haltung ist: Ich lehne eine Aushöhlung des Mindestlohnes für Flüchtlinge ab. Wir verlieren die Akzeptanz, wenn wir sogar noch Dumping zulassen durch die Aushöhlung des Mindestlohnes. Diese Spielregeln müssen eingehalten werden: Mindestlohn muss für alle gelten.
Drittens, die Frage der Feuertaufe. Ich denke, die eigentliche Feuertaufe des Mindestlohnes wird darin bestehen, wie wir das Thema Fachkräftebedarf in den Griff bekommen. Dabei wird uns das Thema Mindestlohn sogar weniger helfen, denn die Debatte wird ganz anders laufen, nämlich, wie wir mit fairen Löhnen unseren Fachkräftebedarf decken. Dabei werden wir nicht über Mindestlöhne reden, sondern über eine ganz andere Lohnentwicklung.
Viertens. Liebe LINKE, bauen Sie nicht auch den nächsten Popanz auf. Wir haben eine Kommission beschlossen, die sich mit der Fortentwicklung des Mindestlohnes beschäftigen soll. Wir sollten aufhören, so zu tun, als sei es weiterhin eine politische Festlegung
und als würden wir jetzt in einen Konkurrenzkampf eintreten können, wer mit der höheren Forderung nach dem Mindestlohn punktet. Das tut der Sache nicht gut; denn wir müssen diejenigen verantwortlich machen, die in dieser Kommission sitzen: die Gewerkschaften und die Arbeitgeber.
Deshalb an dieser Stelle mein Appell an die sächsische Wirtschaft: Organisieren Sie sich in Ihren Arbeitgeberverbänden! Es sind doch Ihre Interessenvertreter auch in dieser Kommission. Ich denke, dass wir in Sachsen sogar einen stärkeren Arbeitgeberverband brauchen, und deshalb kann ich an die Unternehmerschaft nur appellieren: Organisieren Sie sich in Ihren sächsischen Arbeitgeberverbänden, damit Ihre Stimme in Berlin auch gehört wird!
Insgesamt muss man feststellen: Dass wir solche Gesetze in Deutschland brauchen, hat etwas mit unserer Misstrauenskultur zu tun. Wir wollen alles regulieren, weil wir immer schauen müssen, wie wir damit umgehen. Das Problem dabei ist: Diese Misstrauenskultur folgt der Missbrauchskultur deshalb, weil immer wieder die Lücken von Gesetzen gesucht werden, um Lohndumping zu betreiben oder flexible Instrumente auszunutzen, damit sie zur Regel werden. Man braucht sich aber auch nicht zu wundern, dass der Bedarf an Regulierungen immer größer wird. Wir müssen diesen Teufelskreis überwinden, indem das Bewusstsein, die Kultur in den Unternehmen darin gestärkt wird, dass gute Arbeit etwas wert ist und dass nicht Lohndumping, sondern faire Löhne wettbewerbsfähig sind.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das war Herr Staatsminister Dulig. Er hat seine Redezeit um 40 Sekunden überschritten. Wenn eine Fraktion jetzt den Antrag stellen würde, erhält eines ihrer Mitglieder die Gelegenheit, entsprechend unserer Geschäftsordnung fünf Minuten zusätzliche Redezeit in Anspruch zu nehmen. – Einen derartigen Antrag sehe ich nicht, sodass ich davon ausgehe, dass alle mit ihrer Redezeit zufrieden sind.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte das Mittel der Kurzintervention gebrauchen, nicht, weil ich nicht mit unserem Wirtschaftsminister übereinstimme, sondern weil ich meine, dass noch ein wichtiger Punkt bei seiner Analyse fehlt: Die Arbeitgeber haben das mit unterstützt.
Im Textilbereich haben wir mit der Gewerkschaft eine Lösung gefunden, die den Mindestlohn für die Branche ordentlich geregelt hat, mit einer anderen Auslaufhöhe des Lohnes. Ich erwarte, dass das auch im DEHOGA-Bereich gerade zum Thema Arbeitszeitregelung möglich wird.
Denken wir zum Beispiel daran, dass es Kundenwunsch ist, abends eine Hochzeit zu feiern. Dann sollte nicht null Uhr gesagt werden, jetzt ist meine Arbeitszeit zu Ende, sondern der Arbeitnehmer sollte dann auch noch für den Kunden da sein. Diese Kundenfreundlichkeit müssen wir bei allen Überlegungen berücksichtigen.
Ich denke, es ist wichtig, das noch einmal deutlich herauszustellen. Das Leben ist vielfältig, und es muss einiges berücksichtigt werden. Wir als CDU-Fraktion sind dort mit dabei.
Kollege Heidan trug eine Kurzintervention auf den Redebeitrag von Herrn Staatsminister Dulig vor. Soll eine Reaktion erfolgen?
(Staatsminister Martin Dulig: Die 40 Sekunden ziehen wir ab, dann sind wir wieder bei null. – Silke Grimm, AfD, steht am Mikrofon.)
Okay. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! An Mikrofon 7 sehe ich eine weitere Kurzintervention. Bitte, Frau Kollegin Grimm.
Herr Minister Dulig! Sie sagten, die AfD sei gegen den Mindestlohn. Ich weiß nicht, an welcher Stelle in meinen Beiträgen das herauskam. Davon muss ich mich ganz stark distanzieren.
Das war die Kurzintervention von Frau Kollegin Grimm. Es folgt die Reaktion von Herrn Staatsminister Dulig.
Dann würde ich Ihnen empfehlen, Ihre Wahlprogramme und Ihre Aussagen zu lesen, die Sie während der Landtagswahlen gemacht haben. Dann passen auch Ihre Reden ganz anders.
Aber ich vermute, dass es gang und gäbe bei der AfD ist, das jetzt wieder als sinnentstellend darzustellen.
(Valentin Lippmann, GRÜNE: Versehentlich abgeschrieben wahrscheinlich! – Dr. Frauke Petry, AfD: Sie müssen lesen lernen! – Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)
Das waren Kurzintervention und Reaktion in der entsprechenden Abfolge. Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle keinen weiteren Redebedarf in der 1. Aktuellen Debatte fest, und sie ist damit abgeschlossen.
Dieser Tagesordnungspunkt behandelte die Wahl eines Mitglieds des Sächsischen Landtags für den Landesnaturschutzbeirat. Das Ergebnis der geheimen Abstimmung liegt vor, und ich verkünde das Wahlergebnis. Abgegeben wurden 123 Stimmen. Es wurde wie folgt abgestimmt: Herr Marco Böhme erhielt 50 Jastimmen, 66 Neinstim
men und 7 Stimmenthaltungen. Damit ist Herr Marco Böhme als Mitglied des Landesnaturschutzbeirates nicht gewählt. Dieser Tagesordnungspunkt ist damit abgeschlossen.