Protocol of the Session on February 3, 2016

Mit der Opferrente und ihrer letzten Erhöhung ist die Anerkennung der Opferbiografien leider nur teilweise gelungen. Aus meiner Sicht ist es nicht gerecht, die Opferrente an eine soziale Bedürftigkeit zu knüpfen. Die Opferrente ist die Entschädigung für ein erlittenes Unrecht; sie ist keine Sozialleistung.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei den LINKEN und der Staatsregierung)

Zurecht weist Lutz Rathenow in seinem Bericht auf den Missstand hin, dass Ersparnisse der Leistungsberechtigten angerechnet werden, zum Beispiel bei einer Frau, die eine kleine Rücklage für ihre Beerdigung angespart hatte und deshalb den Zugang zur Opferrente nicht bekam, weil die Ansparung zu hoch war. Für solche und andere Hinweise von Lutz Rathenow sind wir sehr dankbar und leiten sie gern an die zuständigen Kollegen im Bundestag weiter – wohl wissend, dass das Thema dort nur noch von wenigen Abgeordneten mit dieser Leidenschaft und Vehemenz bearbeitet wird, die es eigentlich verdient.

Ich möchte Lutz Rathenow, Dr. Nancy Aris und dem ganzen kleinen Team für ihre vielfältige Arbeit sehr herzlich danken. Sie müssen Wissenschaftler, Seelsorger, Rechtsberater, PR-Fachleute und vieles mehr in einem sein. Das gelingt natürlich auch nicht immer. Dennoch bitte ich Sie: Zeigen Sie sich dem Parlament offensiver mit dem, was Sie tun, und mit dem, was Sie dafür brauchen. In einer Zeit, in der jedes freiwillig besuchte soziale Netzwerk leichtfertig mit der Staatssicherheit gleichgestellt wird, in einer Zeit, in der manche vergessen haben, dass ein Schießbefehl ein Verbrechen ist, brauchen wir Sie und Ihre Arbeit für unsere Demokratie mehr denn je!

(Beifall bei der SPD, der CDU sowie vereinzelt bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Es spricht nun die AfDFraktion. Frau Abg. Dr. Muster bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegen nun der 21. und 22. Tätigkeitsbericht des Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen vor. Die Berichte wurden dem Sächsischen Landtag im September und Dezember 2015 von der Staatsregierung zugeleitet und in der ersten Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses im neuen Jahr 2016 von Herrn Rathenow, dem Landesbeauftragten, vorgestellt. Die Tätigkeitsberichte beziehen sich jedoch auf die Berichtszeiträume Sommer 2012 und 2013 sowie Sommer 2013 und 2014. Es stellt sich also die Frage, warum wir die Berichte erst jetzt, so viele Jahre später, erhalten.

Die letzte Befassung des Sächsischen Landtags mit einem Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten erfolgte noch in der letzten Legislaturperiode. In einer Plenarsitzung im September 2013 nahm der Sächsische Landtag den 20. Tätigkeitsbericht für den Zeitraum 2011/2012 zur Kenntnis. In einem Redebeitrag zu diesem 20. Tätigkeitsbericht wurde geäußert, dass der Landtag schon den nachfolgenden Bericht in Kürze erwartet, der laut Ankündigung kommen sollte. Es dauerte aber insgesamt zwei Jahre.

Was ist also der Sinn eines solchen Tätigkeitsberichts? Ist es überhaupt sinnvoll, Tätigkeitsberichte über Zeiträume, die schon so viele Jahre zurückliegen, heute noch zu besprechen? Eine Auswertung von Tätigkeitsberichten sollte doch eigentlich zeitnah erfolgen, um Lehren daraus zu ziehen, einen akuten Handlungsbedarf abzuleiten und auf dringliche Bedürfnisse zu reagieren. Jahre später kann man die Tätigkeitsberichte lediglich noch mit historischem Interesse zur Kenntnis nehmen. Eine zeitnahe Reaktion wird unmöglich und ein damaliger Handlungsbedarf hat sich möglicherweise schon von selbst erledigt.

Bei einem so enormen Zeitversatz stellt sich dann die Frage: Brauchen wir diese Tätigkeitsberichte überhaupt noch, wenn wir eh nicht mehr zeitnah darauf reagieren können? Daher bitten wir den Landesbeauftragten auch in seinem eigenen Interesse, die nächsten Tätigkeitsberichte sofort im Anschluss an den Berichtszeitraum – also sogar

parallel dazu – zu verfassen. Gleichzeitig bitten wir die Staatsregierung um eine möglichst schnelle Weiterleitung des Tätigkeitsberichts an den Sächsischen Landtag, damit sich dieser zeitnah damit befassen kann.

Bei der Lektüre und bei der Vorstellung der Tätigkeitsberichte über den Landesbeauftragten ist uns Folgendes aufgefallen: Die Tätigkeitsberichte werden immer umfangreicher. Das liegt wohl an der Fülle der Aufgaben, die der Landesbeauftragte wahrnimmt. Zur Kernaufgabe des Landesbeauftragten zählt die Bürgerberatung. Diese nimmt aufgrund der Intensität und Komplexität der Anfragen eine immer bedeutendere Rolle ein und beansprucht zunehmend mehr Zeit. Daneben nimmt der sächsische Landesbeauftragte viele weitere Aufgaben wahr.

Dabei muss ich insbesondere an eine ganz neue Veranstaltungsform denken, die uns der Landesbeauftragte im Verfassungs- und Rechtsausschuss vorgestellt hat. 2015 wurde in Dresden der Poetry-Slam – Geschichte über den Gartenzaun – zum Thema „Leben hinter der Mauer“ veranstaltet. Nach Aussagen des Landesbeauftragten war diese Veranstaltung überfüllt. Das zeigt, wie wichtig und aktuell die Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit auch bei der jüngeren Generation ist.

Bei der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit halfen in erster Linie Zeitzeugen. So bildete die konkrete und differenzierte Ausgestaltung der Zeitzeugenarbeit während der vorangegangenen Berichtszeiträume einen der Schwerpunkte in der Bildungsarbeit des Landesbeauftragten. Aufgrund des zunehmenden Alters der Zeitzeugen müssen nun neue und andere Herangehensweisen an die Arbeit mit Zeitzeugen entwickelt werden, wobei derzeit verstärkt an der schriftlichen und filmischen Dokumentation der Zeitzeugenberichte gearbeitet wird, um die Aussagen für die nachfolgenden Generationen zu bewahren.

Während der Berichtszeiträume waren bei der Behörde des sächsischen Landesbeauftragten vier Stellen vorhanden, sodass der Landesbeauftragte zur Bewältigung der vielen verschiedenen Aufgaben auf die Hilfe von Praktikanten, Studenten und Freiwilligen des Bundesfreiwilligendienstes sowie auf externe Berater angewiesen war.

An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Mitarbeitern des Sächsischen Landesbeauftragten für ihre Arbeit recht herzlich bedanken.

In den letzten beiden Berichtszeiträumen wurden an den Landesbeauftragen viele Anfragen für diverse Projekte und Informationsveranstaltungen sowie zur Schulunterrichtsgestaltung herangetragen.

Aufgrund der beschränkten Personalressourcen blieb im Tätigkeitszeitraum 2012/2013 jedoch noch ein Drittel der Anfragen unberücksichtigt. Aufgrund eines sehr engagierten Freiwilligendienstes im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes konnten im darauffolgenden Berichtszeitraum die meisten Schulprojekte doch verwirklicht werden.

Der 21. und 22. Tätigkeitsbericht zeigen in diesem Zusammenhang, dass in den Schulen eine Interessenverlagerung eingetreten ist. In Plenarreden zu einem vorangegangenen Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten im Jahr 2013 äußerten sich die Abgeordneten noch dahin gehend, dass der Geschichtsunterricht über die DDR an einigen Schulen noch zu wünschen übrig ließe bzw. von einigen Lehrern lustlos und wenig überzeugend vermittelt werde.

Nun sind Lehrer und Schüler vermehrt an der Vermittlung von Wissen über die Staatssicherheit interessiert. Das mag unter anderem auch daran liegen, dass jetzt eine neue Lehrergeneration an den Schulen tätig ist. Baute der 19. Bericht des Landesbeauftragten noch auf der Arbeit des Vorgängers auf, so setzte der Landesbeauftragte mit den nachfolgenden Tätigkeitsberichten zunehmend ganz neue Akzente. Dabei wurde auch deutlich, dass Herr Rathenow ein studierter Lehrer für Deutsch und Geschichte, im Hauptberuf Schriftsteller, ist. Das wird zum einen ganz besonders durch die vielen Buchprojekte deutlich, die im Rahmen seiner Tätigkeit verwirklicht, im Anhang zu den Berichten aufgelistet und uns auch in der Ausschusssitzung vorgestellt wurden.

Andererseits brachte der Sächsische Landesbeauftragte in seinen Berichten seine persönlichen Ansichten zum Ausdruck und rückte somit von der ganz sachlichnüchternen Darstellungsweise eines Berichts ab. Zur Verdeutlichung der einzelnen Tätigkeitsfelder greift der Landesbeauftragte Einzelschicksale auf. Er schildert in emotionaler Weise im Nachfolgebericht die Weiterentwicklung der Schicksale der Betroffenen, die bereits im vorangegangenen Bericht angelegt waren. So ergibt sich eine Art Fortsetzungsgeschichte.

Am Ende des Tätigkeitsberichts fehlt nach unserer Ansicht noch eine kurze Zusammenfassung. In dieser Zusammenfassung wünschen wir uns einen Ausblick des Landesbeauftragten mit Zielen und Wünschen für die Zukunft. So könnte dann im nachfolgenden Tätigkeitsbericht auch überprüft werden, ob und wie die gesetzten Ziele erreicht wurden und an welcher Stelle noch Handlungsbedarf besteht.

Die AfD-Fraktion bedankt sich für das Engagement des sächsischen Landesbeauftragten und seiner Mitarbeiter und nimmt entsprechend der Beschlussempfehlung des für Verfassungs- und Rechtsausschusses den 21. und 22. Tätigkeitsbericht des Sächsischen Landesbeauftragten über den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR zur Kenntnis.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Herr Abg. Zschocke, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeit des jetzigen Landesbeauftragten begann im Jahr 2011 unter denkbar schlechten Voraussetzungen. Die Besetzung erfolgte

nämlich von der damaligen Koalition machtpolitisch. Die Chancen einer breiten demokratischen Mehrheit wurde damals verspielt. Ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, eine fraktionsübergreifende Mehrheit zu organisieren, wurde damals ein Kandidat gewählt, dem die Verfolgtenverbände und auch die Aufarbeitungsinitiativen ihre Unterstützung zunächst verwehrt hatten.

Durch diese politische Instrumentalisierung wurde nicht nur das Amt beschädigt, auch für Lutz Rathenow waren das wirklich schlechte Startbedingungen, denn er konnte sich damals nur auf die Mindestanzahl der Stimmen im Landtag stützen. Vor der Wahl damals hätten zudem die Rechtsgrundlagen für das Amt verbessert werden müssen, wie es von den Verbänden und von uns hier im Landtag mehrfach vorgeschlagen wurde.

Trotz dieser schlechten Voraussetzungen haben er und seine nur vier Mitarbeiterinnen in den letzten Jahren viele, viele wertvolle Leistungen erbracht, vor allem auch im Bildungsbereich. Er hat uns in vielen speziellen Aufarbeitungsfragen, die auch jenseits von Stasi-Unterlagen sind, sehr aktiv unterstützt, zum Beispiel bei der komplizierten DDR-Heimkinderproblematik. Dafür an dieser Stelle herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Uns liegen nun die Berichte aus den letzten vier Jahren der Tätigkeit des Landesbeauftragten vor. Sie sind ein weiterer Beleg dafür, dass die Amtsbezeichnung und das Aufgabenfeld, so wie es im Gesetz beschrieben ist, viel zu eng gefasst sind. Die Berichte zeigen auf, dass es um viel, viel mehr geht als um Stasi-Unterlagen. Es geht um die weiter notwendige Aufarbeitung der DDR-Diktatur, insbesondere die Tiefenwirkungen, auch die Verästelungen des Apparats in die Gesellschaft hinein, in den Staat, in die Blockparteien, in die Justiz. Es geht um die gesamten Wirkmechanismen auf das Alltagsleben der Bevölkerung in der DDR. Das geht nun einmal zwangsläufig über die Betrachtung des MfS und seiner Opfer weit hinaus.

Die Partei- und Staatsführung der DDR verfolgte das Ziel, im Interesse der vermeintlich richtigen Weltanschauung alle Räume der Gesellschaft tief zu durchdringen. Der Alltag funktionierte auch nur mit diesem hohen Anpassungsdruck auf die gesamte Bevölkerung. Der Begriff „Diktatur des Proletariats“ ist dadurch auch völlig ad absurdum geführt worden; denn es war keine Herrschaft der Werktätigen, sondern die einer Führungselite, die Angst als Mittel ihrer Herrschaft nutzte.

Ein verklärender Rückblick auf dieses System gelingt immer nur dann, wenn genau diese Lebenswirklichkeit ausgeblendet wird, nämlich Maulkörbe, Zensur, Gängelung. Jeder offene Diskurs, sei es im Betrieb oder in der Schule, über gesellschaftliche Probleme und Fragen wurde verhindert und im Keim erstickt. Wer sich nicht systemkonform verhalten hat, der wurde zum Abitur nicht zugelassen, zum Studium nicht zugelassen, der durfte den gewünschten Beruf nicht erlernen, der ist von der Hochschule geflogen, bekam dann auch Ärger mit der Stasi

oder fand sich gar, wie Frau Kliese berichtet, ganz schnell in politischer Haft wieder. Selbst Kinder wurden aus politischen Gründen ihren Eltern entzogen, kamen ins Heim oder wurden zwangsadoptiert. Die Betroffenen suchen bis heute nach ihren Angehörigen. Viele traumatische Erfahrungen sind nicht aufgearbeitet und brechen heute, nach Jahrzehnten, immer wieder schmerzhaft auf.

Die DDR hat nicht nur ein permanentes Gefühl von Unfreiheit und Eingeschlossenheit vermittelt, sondern auch systematisch die Lebenschancen von unangepassten und zu unvorsichtigen jungen Menschen zerstört, Bildungs- und Berufswege unmöglich gemacht. Das hat Nachwirkungen bis heute.

Frau Kliese hat sehr eindrucksvoll die vielfältige Problematik der Opfer heute beschrieben. Aber auch andere Prägungen wirken bis heute. Wenn ich mir anschaue, wer heute zu den Pegida-Demonstrationen geht, stelle ich fest: Das ist überwiegend diese Altersgruppe, eine Altersgruppe, die ihre gesellschaftliche Prägung in der DDR erfahren hat. Wie offener Diskurs funktioniert, was es heißt, sich in ein demokratisches Gemeinwesen konstruktiv einzubringen, das hat diese Gruppe in der DDR nicht gelernt, meine Damen und Herren! Mangels entwickelter Debattenkultur in Sachsen konnte diese Lernerfahrung in den letzten 25 Jahren auch nur schwer nachgeholt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Die notwendige Aufarbeitung der DDR-Diktatur umfasst daher viel, viel mehr als nur Stasi-Unterlagen. Dazu gehören – das zeigen die Berichte eindrucksvoll – die Förderung der politischen Bildung, das Erlernen von Diskursfähigkeit, insbesondere aber eine verstärkte Aufklärung der jungen Generation über die Geschichte der DDR und die realen Lebensbedingungen sowie natürlich die Begleitung und Unterstützung von Initiativen und Einrichtungen, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur beschäftigen und eine nach 25 Jahren vielleicht auch stärker differenzierte und inhaltlich breite Auseinandersetzung ermöglichen. Denn Menschen, die in das DDR-Repressionssystem involviert waren – sei es in der SED, sei es in den Blockparteien, sei es bei der FDJ oder auch nur der Jugendhilfe, in den Betrieben, in den Schulen und in den Universitäten –, haben auf vielfältige Weise in Familien, in Biografien und in Persönlichkeitsrechte nachhaltig negativ eingegriffen. Eine alleinige Fokussierung auf die Stasi-Unterlagen wird dieser Komplexität der Wirkmechanismen einer Diktatur nicht gerecht.

Meine Damen und Herren! Nachdem in der letzten Legislaturperiode der Anlauf zu einer Reform des Gesetzes gescheitert ist, wäre es doch jetzt mit den geänderten Mehrheiten hier möglich, die Rechtsgrundlagen für die Aufarbeitung der SED-Diktatur insgesamt endlich zu verbessern. Das ist längst überfällig. In Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg ist das auch schon geschehen. Dort wurden die Gesetze vor allem in drei Bereichen

novelliert – das möchte ich zum Schluss noch zu illustrieren versuchen.

Erstens: Die Arbeit des Landesbeauftragten sollte wirklich nicht länger auf die Tätigkeit der Staatssicherheit verengt werden. Das entspricht weder der Realität der Arbeit der Landesbeauftragten noch dem Anspruch. Deswegen müsste der Gesetzestext endlich geändert werden. 25 Jahre nach dem Ende der DDR ist es gerade im Interesse der jungen Generation wichtig, den Beauftragten mit der Aufarbeitung und Wirkungsweise diktatorischer Herrschaftsformen insgesamt zu betrauen. Mit dieser Erweiterung des Aufgabenfelds muss zwangsläufig eine Veränderung der Amtsbezeichnung einhergehen.

Zweitens: Die Unterrichtung über die Wirkungsmechanismen der SED-Diktatur muss in einem im Gesetz ausdrücklich formulierten Bildungsauftrag Ausdruck finden. Dazu gehört auch die Dokumentationsarbeit und ebenso die Kooperation mit den in Sachsen tätigen Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen. Auch das gehört ins Gesetz.

Drittens: Der Landesbeauftragte darf sowohl bei Vorschlag und Wahl als auch in der Dienstausübung so wenig wie möglich parteipolitischen Interessen ausgesetzt werden. Ich weiß, dass die Zusammenarbeit zwischen Lutz Rathenow und Ihnen, Herr Gemkow, im Moment sehr gut funktioniert, und ich registriere auch positiv, wie aufgeschlossen Sie, Herr Minister Gemkow, für die Arbeit des Landesbeauftragten sind. Trotzdem gehört der Beauftragte allein schon wegen des hohen Anspruchs der Unabhängigkeit nicht einem Ministerium zugeordnet, sondern dem Sächsischen Landtag, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der Koalition, wir sind gern bereit, an der Novellierung des Gesetzes mitzuwirken, wenn Sie uns dazu einladen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine weitere Runde? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Gemkow, bitte.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Warum lassen wir die Vergangenheit nicht einfach ruhen? Es hatte doch jeder die Möglichkeit, Einsicht in seine Akten zu nehmen. Schließen wir mit dem Kapitel DDR doch endlich ab!“ Worte wie diese sind immer wieder zu hören – mit der Vergangenheit abschließen, endlich Ruhe geben. Ob jedem, der das verlangt, bewusst ist, was er sagt?

Ich frage mich: Sagen sie das auch zu einem Manfred Springer, der über vier Jahre lang als politischer Häftling eingesperrt war – davon 15 Monate in Isolationshaft? Als er zum ersten Mal nach seiner Festnahme zufällig einen Blick in den Spiegel warf, erkannte er sich selbst nicht wieder, so gezeichnet war er von der Haft. Sagen sie das auch zu einem Gernot Preuß, der nach seiner Verhaftung fürchtete, ohne Urteil lebenslang in irgendeinem StasiGefängnis zu verschwinden, und das nur, weil er – der Westdeutsche – Kontakt mit Ostberlinern hatte, die in die Bundesrepublik wollten? Nein, ich denke, wir sind diesen und allen Menschen, die in der DDR gelebt haben, eine andere Antwort schuldig, nämlich, dass wir alles tun, um das Unrecht, das damals geschehen ist, zumindest aufzuklären.