Mithilfe des Kulturraumgesetzes werden in Sachsen immerhin 19 nicht staatliche Theater und Orchester durch die Kulturräume mitfinanziert – eine Dichte, die es in keinem anderen Bundesland gibt, wenn wir über Theater und Orchester reden. Ein großer Teil der Kulturraummittel wird hierfür derzeit aufgewendet. Ergänzt wird dieses flächendeckende Angebot durch die Landesbühnen Sachsen. Diese werden seit 2011 anteilig mit über das Kulturraumgesetz finanziert. Die Arbeitsgruppe hat die Empfehlung ausgesprochen, die Befrachtung der Kulturraummittel mit dem Anteil der Landesbühnen – 3,2 Millionen Euro – mittelfristig zurückzuführen. Dafür soll die Beteiligung von Sitzkulturraum und der Gemeinden Radebeul und Rathen erhöht werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch zukünftig sollen Investitions- und Strukturmittel nach einem bestimmten Verteilerschlüssel den Kulturräumen zur eigenständigen Bewirtschaftung übergeben werden, also nicht mehr – wie es noch vor Kurzem der Fall war – über das SMWK mit Einzelförderung, weil das zu einer Bürokratisierung geführt hat, sondern direkt an die Kulturräume und zweckgebunden für Investitions- und Strukturmittel.
Lassen Sie mich noch einen Punkt erwähnen, weil die Zeit gerade zu Ende geht. Wir würden in der nächsten Runde gern diese Strukturmittel stärken. Auch das war eine Empfehlung: dass der Plafond für Struktur- und
Investitionsmittel erhöht wird und mit dem nächsten Haushaltsplan zur Stärkung der Kulturräume beitragen kann.
So weit zunächst in dieser ersten Runde ein Einblick in die Empfehlungen und die Konstruktion unseres Kulturraumgesetzes.
Frau Staatsministerin, vielen Dank für Ihre Informationen und Ihre Impulsrede. Ich möchte das Thema Dynamisierung ansprechen, Dynamisierung der Finanzierungsmittel für die Kulturräume. Sie stehen auch im Evaluationsbericht. Es wurde in der Vergangenheit oft darüber gesprochen. Es geht darum, dass man zumindest einen Inflationsausgleich finanziert, darüber hinaus aber auch die Tarifanpassungen, die immer wieder notwendig sind.
Mich würde interessieren: Wie ist die Position des SMWK, was die Dynamisierung und die zukünftige Tarifentwicklung betrifft, vor allem im Orchesterbereich? Stehen Entscheidungen in verschiedenen Kulturräumen an? Im Leipziger Raum gibt es ein Gutachten, in dem eine Empfehlung steht, dass eines der beiden Orchester, die dort tätig sind, unter Umständen aufgelöst werden muss, wenn die Tarifanpassungen nicht stattfinden. In diesem Zusammenhang würde mich interessieren, wie Sie die Situation sehen.
Das Thema der Dynamisierung ist ein wichtiges Thema, das sich nicht nur für die Kulturraummittel stellt, sondern auch bei anderen institutionellen Förderungen immer wieder angemahnt wird. Andererseits bedeutet das – die Dynamisierung ist übrigens von der AG Evaluation bewusst abgelehnt worden –, dass die Dynamisierung nicht nur nach oben geht. Wir gehen momentan immer davon aus, dass es eine Anpassung nach oben ist. Die Dynamisierung müsste von der Einnahmensituation des Freistaates abhängig gemacht werden. Das kann auch bedeuten, dass sie nach unten geht. Wir hatten schon Jahre, in denen das nach unten ging.
Ich will ein anderes Beispiel nennen, das offenbar auch in der Arbeitsgruppe eine Rolle spielte: Wir haben derzeit nicht einmal bei Maßnahmen, bei denen es – man kann das schon sagen – um die nackte Existenz geht, um das, was die Menschen dringend zum Leben brauchen, näm
lich bei Hartz IV, eine Dynamisierung im Gesetz. Es muss jedes Mal wieder vom Gesetzgeber entsprechend der Notwendigkeiten und der Möglichkeiten neu entschieden werden, die Hartz-IV-Sätze anzupassen.
Wir haben aber etwas gemacht, und ich denke, das war der richtige Schritt: Wir haben uns mit dem Koalitionsvertrag und den Haushaltsberatungen dazu verständigt, dass wir die Kulturraummittel anheben wollen, weil wir sehen, dass insbesondere die Betriebskosten, aber auch die Möglichkeiten, Neues, Modernes und die freie Kulturszene zu fördern, immer eingeschränkter geworden sind. Deshalb haben wir sie angepasst. Ich denke, es ist der richtige Weg, dass wir im Zuge der Haushaltsberatungen darüber reden, ob wir eine Anpassung brauchen.
Lassen Sie mich zu dem Thema Tarifverträge kommen. Ich habe vorhin sehr ausführlich dargestellt, dass wir mit dem Kulturraumgesetz und mit der Art und Weise, wie wir Kultur fördern, ein solidarisches Instrument geschaffen haben, mit dem wir die Kommunen bzw. die Träger unterstützen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Insofern ist es nicht nur Aufgabe des Freistaates, seinerseits mehr in die Kulturraumfinanzierung hineinzugeben, sondern es ist auch Aufgabe der Kommunen bzw. der Träger, das Gleiche zu tun.
Ich weiß um die Situation der Theater und Orchester und insbesondere um die Orchester im Leipziger Raum, wo die Situation mit 30 % Abstand zum Tarifvertrag am dramatischsten ist. Das werden wir auch mit einer einseitigen Erhöhung der Kulturraummittel auf Landesebene nicht lösen können. Denn das Kulturraumgesetz gibt uns keine Möglichkeit, als Landesgesetzgeber vorzuschreiben, dass diese Mittel konkret für die Umsetzung von Tarifverträgen in den einzelnen Einrichtungen umzusetzen sind. Dann würde sich auch die Frage stellen: Warum nur bei Orchestern und Theatern? Warum nicht auch zum Beispiel bei der freien Kulturszene in der Soziokultur?
Wir sind als Landesgesetzgeber nicht in der Lage, in dieses Gesetz, in die kommunale Hoheit, in die Verantwortung einzugreifen. Von daher, denke ich, ist es unsere gemeinsame Aufgabe, zum einen über die Orchester- und Theaterlandschaft in den nächsten Jahren weiter zu diskutieren, aber auch Möglichkeiten struktureller Veränderungen ins Auge zu fassen. Dafür gibt auch das Kulturraumgesetz Unterstützung. Auf der anderen Seite ist immer wieder zu prüfen, ob wir mit der Finanzierung der Kultur noch auf der Höhe der Zeit sind. – Aber bitte nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf der kommunalen Ebene.
Vielen lieben Dank auch vonseiten unserer Fraktion für Ihre Ausführungen. Es besteht kein Zweifel, dass auch unsere Fraktion das Kulturraumgesetz für gut, wichtig und richtig befindet und es im Kern auch nicht zu kritisieren ist. Aber ich denke, es bleibt immer noch viel Luft nach oben für
Sie haben schon angesprochen, dass in dem aktuellen Bericht die Systemwidrigkeit der Mitfinanzierung der Landesbühnen bestätigt wurde, und dass diese wieder herausgenommen werden soll. Meine Frage ist: Haben Sie und hat das SMWK dahin gehend schon Ideen, Pläne oder Konzeptionen, wie das vonstatten gehen soll, und vor allen Dingen auch wann?
Vielen Dank für die Frage, Herr Sodann. Das wird natürlich ein Thema sein. Ich will die Reihenfolge einhalten. Wir hatten den Auftrag, das Kulturraumgesetz zu evaluieren und diese Ergebnisse dem Landtag vor Ende dieses Jahres vorzulegen. Diesen Auftrag haben wir erfüllt. Die Empfehlungen liegen jetzt dem Landtag zur Beratung vor. Von daher gehe ich davon aus, dass es aus dem Parlament heraus eine Initiative gibt, wie wir mit den Empfehlungen umgehen, gegebenenfalls auch wieder einen Auftrag an die Staatsregierung zurückzuspiegeln.
Nun will ich aber kein Pingpongspiel machen. Ich meine, auch wir lesen diese Empfehlungen und waren an der Erstellung der Empfehlungen beteiligt. Das Thema Befrachtung des Kulturraumgesetzes mit der Finanzierung der Landesbühnen ist kein triviales. Ich möchte auch nicht den Eindruck erwecken, dass wir durch voreilige Entscheidungen die Landesbühnen in Gefahr bringen. Die Landesbühnen machen qualitativ eine sehr gute Arbeit. Das Problem der Landesbühnen ist heute, dass sie nicht ihren eigentlichen Auftrag so umsetzen können, wie sie ihn gern umsetzen möchten, nämlich im Land noch stärker unterwegs, noch stärker angefragt zu sein und damit als fahrendes Theater, wofür sie auch ausgerüstet sind, wirken zu können. Derzeit wirken sie vor allen Dingen im eigenen Kulturraum in Radebeul und in Rathen.
Das kann man nicht den Landesbühnen anlasten. Das will ich vor die Klammer setzen. Deshalb müssen wir dafür Sorge tragen – darauf werde ich achten –, dass wir die 3,2 Millionen Euro nicht einfach canceln oder auf die Hälfte reduzieren, sondern wir müssen eine vernünftige Lösung finden. Sobald der Landtag beraten hat, werden wir auf den Kulturraum einerseits und auf die beiden Gemeinden Radebeul und Rathen andererseits zugehen, um mit ihnen zu besprechen, wie sie sich zukünftig stärker an der Finanzierung der Landesbühnen beteiligen.
Da wäre es natürlich gut – insofern bin ich dann doch wieder beim Landtag, die Empfehlungen liegen beim Landtag vor –, wenn es dazu auch einen Auftrag gäbe. Den Auftrag gibt es zurzeit nicht. Von daher sind wir in einer Situation, die erst einmal nur durch Gespräche zu lösen ist, weil es auch nicht, wie es manchmal fälschlich dargestellt wird, um eine Kommunalisierung der Landesbühnen geht. Die Landesbühnen haben heute eine Rechtsform als GmbH. Sie sind auch gar nicht mehr bei mir im Ressort verortet, außer dass der Abteilungsleiter dort
Wir brauchen mehrere Partner an einem Tisch, um diese Befrachtung des Kulturraumgesetzes wieder wegzubekommen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Meine Frage zielt auf den großen Themenkomplex Integration. Die Ergebnisse der Evaluation sollen ja nicht nur auf die Vergangenheit, sondern auch auf die Zukunft hinwirken. Das Thema Kultur eignet sich nun einmal in besonderem Maße dafür, Menschen zueinander zu bringen, die Angst vor dem Fremden abzubauen. Unsere Fraktion interessiert es sehr, ob und wie das Thema Integration schon in dem Kontext eine Rolle gespielt hat.
Vielen Dank. – Ich hatte am Beginn meiner Ausführungen deutlich gemacht, dass gerade Kunst und Kultur in der aktuellen Situation – nicht nur in der aktuellen Situation, aber jetzt spüren wir es wahrscheinlich am deutlichsten – mit ihren Mitteln am einfachsten Wege finden können, Zugang zu Menschen anderer Kulturen, anderer Religionen, anderer Auffassungen bis in die gesellschaftspolitische Debatte selbst hinein, wenn ich gerade an „Graf Öderland“ hier im Schauspielhaus oder an das Theaterstück in Freiberg denke, bei dem Flüchtlinge beim „Werther“ selber Akteure gewesen sind und mit diesem ziemlich schwierigen Stück die deutsche Sprache gelernt haben. Ich bin schon fasziniert, was gerade im Bereich der Kunst und Kultur mit verschiedensten Möglichkeiten und ganz unterschiedlichen Ansätzen stattfindet.
Von daher werden Kunst und Kultur diese Rolle vielleicht noch stärker wahrnehmen können und müssen, wenn unser Land jetzt endlich etwas bunter wird. Wir haben bis heute nur in wenigen Fällen tatsächlich etwas mit fremden Kulturen zu tun gehabt. Da sind es Wissenschaftler, da sind es vielleicht die Studierenden. Aber in der Bevölkerung mit drei oder vier Prozent Ausländeranteil – in einigen Regionen gab es bis vor Kurzem gar keine Fremden – müssen wir es auch erst einmal lernen, mit den anderen Kulturen umzugehen.
In der Evaluierung des Kulturraumgesetzes hat die Arbeitsgruppe die Empfehlung gegeben, dass kulturelle Einrichtungen und Maßnahmen mit besonderem Wert für die Integration von Zuwanderern in der Regel regionale Bedeutung haben und daher aus Kulturraummitteln förderfähig sind. Es ist die Empfehlung, das mit in das Kulturraumgesetz aufzunehmen. Das ist ein appellativer Satz, wenn man es so sagen will. Es gibt nicht mehr Geld, aber damit wird Kulturförderung auf einen bestimmten Fokus gerichtet, wenn es um Entscheidungen bei der Kulturförderung geht.
Ich gehe davon aus, dass Ihnen als Staatsministerin natürlich bewusst ist, dass Schulen und Hochschulen das Rückgrat des kulturellen Lebens und der Soziokultur in den Regionen sind. Wie begründen Sie dann aber die Verlagerung der Textilfachhochschule aus dem ehemals wesentlich von der Textilindustrie geprägten Reichenbach nach Zwickau? Warum werden hier die Wurzeln dieser Stadt gekappt, von denen Kultur, Identität und Identifikation leben? Das kann nicht der Sinn des Kulturraumgesetzes sein, zumal es dafür keinen ökonomischen Grund gibt.
Ihre Frage geht ein wenig am Thema vorbei, da weder die Textilausbildung in Reichenbach aus Kulturraummitteln finanziert wird noch eine direkte Verbindung zur Finanzierung über diesen Kulturraum existiert. Mir ist diese jedenfalls nicht bekannt. Von daher würde ich derzeit von der Beantwortung dieser Frage absehen, weil sie mit den Kulturraummitteln nichts zu tun hat.
Aber wir können gern über die Verlagerung des Standorts Reichenbach nach Zwickau reden. Das ist eine hochschulpolitische und keine kulturpolitische Entscheidung gewesen.
Werte Staatsministerin Stange, herzlichen Dank auch von meiner Fraktion für Ihre Ausführungen. Ich verzichte auf weitere Statements, weil ich noch viele Fragen habe.
Ich möchte gern zu den Landesbühnen nachfragen, und zwar in Anlehnung an meinen Kollegen Sodann. Sie hatten eben ausgeführt, dass im Evaluationsbericht steht, dass eine Befrachtung der Kulturräume durch die Landesbühnen wieder rückgängig gemacht werden soll. Sie haben das auch in Ihre Pressemitteilung aufgenommen und von einer mittelfristigen Strukturanpassung gesprochen.
Meine Frage lautet: Wie sind Ihre Vorstellungen, wie sind die Vorstellungen der Staatsregierung zu Verfahrensmöglichkeiten für Verhandlungen mit den Sitzgemeinden im Kulturraum?
Die zweite Frage ist: Welche Aufgaben der Landesbühnen sind langfristig mit Beteiligung des Freistaates zu erhalten? Was ist noch Landesverantwortung bei den Landesbühnen?
Die Landesbühnen werden uns weiter beschäftigen. Die Landesbühnen haben eine Aufgabe für die Fläche zu leisten. Insofern wäre es vielleicht schön gewesen, wenn die Landesbühnen nicht das Kulturraumgesetz befrachtet hätten, also keine Mittel – und darum geht es ja im Kern –, die allen Kulturräumen zur Verfügung stehen, quasi vor die Klammer gezogen hätten, nämlich diese 3,2 Millionen Euro, womit in den Kulturräumen weniger Mittel zur Verfügung stehen, und man das on top gemacht hätte. Das ist aber Schnee von gestern, um es einmal so zu formulieren. Dieser Zug ist abgefahren.
Ich kann es nur noch einmal sagen: Sowie es einen Auftrag an die Staatsregierung und an mein Ministerium dazu gibt, werden wir die Gespräche mit den kommunal Verantwortlichen führen.
Es gab ein weiteres Element, das ich vorhin noch nicht erwähnt hatte. Wenn die Landesbühnen – und das gehört zu ihren Aufgaben – im Land unterwegs sind und angefragt werden, werden und können sie entsprechend ihren Ausgaben und Kosten Preise erheben.
Es bleibt dabei: Die Landesbühnen haben die Aufgabe, Kultur in der Fläche zu unterstützen, nicht zu ersetzen, wenn das an mancher Stelle vielleicht auch passieren wird. Sie sollen sie vor allem in den Bereichen unterstützen, wo das breite Angebot, das die Landesbühnen als Musik- und Sprechtheater heute bieten können, in die Fläche getragen werden soll. Dafür müssen wir ein anderes Finanzierungsmodell finden. So sehe ich den Auftrag, der jetzt aus der Kulturraumevaluierung hervorgegangen ist.