Protocol of the Session on November 20, 2015

Ich spare mir an dieser Stelle einige statistische Zahlen, die ganz interessant wären, aber für die es Gott sei Dank noch Haushaltsverweise gibt.

Um noch einmal auf Ihre Debatte zurückzukommen: Auch Ihr Vorschlag eines Drittmittelpools wäre doch ein kleiner Topf, womöglich aber tatsächlich ein guter. Deswegen muss ich fragen: Wie kann man im September einen solchen Vorschlag mit einem Antrag noch hier ins Plenum zur Anhörung bringen, um dann im November genau das Gegenteil zu fordern? Hier sind Ihre Politik und Ihre Konzepte widersprüchlich.

Im Übrigen: Wenn wir alle kleinen Töpfchen in eine Wanne kippen, bleibt trotz allem nur dieselbe Menge drin – einfache Mengenlehre.

Nein, ich denke, wir brauchen wirksame Instrumente, um die Geldflüsse nachvollziehen zu können und gleichzeitig Flexibilität auf allen Ebenen der Hochschulen zu erhalten; denn wir Sozialdemokraten haben die Erwartung, dass die den Hochschulen an die Hand gegebenen Instrumente der Mittel- und Personalbewirtschaftung verantwortungsvoll genutzt werden. Schließlich sind die Hochschulen hier und da – Kollege Meyer sprach es schon an – noch sehr zögerlich und übernehmen nicht an jeder Stelle das Maß der Verantwortung, das sie mit der Übertragung der Hochschulautonomie bekommen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hochschulsteuerung im neuen Modell ist schon etwas komplexer, als Ihre Debatte von den GRÜNEN dies glaubhaft machen will. Diese finde ich eher so schräg wie Ihr sprachliches Bild. Denn, Frau Maier, bekanntlich waren es nicht Töpfe, sondern nur der eine Topf, der die Freude am süßen Brei verdarb.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)

Nach Herrn Kollegen Mann kommt jetzt Frau Dr. Muster für die AfD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die AfD-Fraktion vertritt das Humboldt‘sche Bildungsideal: Die Einheit von Forschung und Lehre ist Alleinstellungsmerkmal unserer Universitäten. Die Einheit und Freiheit von Forschung und Lehre ist unverzichtbare Voraussetzung für wissenschaftlichen Fortschritt. Dieser Fortschritt braucht eine auskömmliche Grundfinanzierung. Das heißt, sie muss ausreichend, verlässlich und langfristig sein. Die Abhängigkeiten von Drittmitteln müssen reduziert werden.

Die jetzige Finanzierungsform der Universitäten ist verbesserungsbedürftig. Ich möchte mich heute in meinem Vortrag auf zwei Säulen beschränken: die staatlichen Grundmittel und die Drittmittelfinanzierung. Das Volumen der Hochschulfinanzierung ist so hoch wie nie. Im Jahr 2010 hatten wir insgesamt 26,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Trotzdem sind unsere Universitäten überfüllt und unterfinanziert.

Es ist keinesfalls so, dass genügend Grundmittel vorhanden sind und eine auskömmliche Grundversorgung zu erkennen ist. Wir müssen feststellen:

Die Grundversorgung, könnte man denken, kommt aus staatlichen Töpfen und die Drittmittel kommen aus der Wirtschaft. Das ist aber leider nicht der Fall.

Wenn wir noch einmal die Zahl von 2010 nehmen mit einer Hochschulfinanzierung von insgesamt 26,5 Milliarden Euro, so sind knapp ein Viertel, nämlich 5,9 Milliarden Euro, Drittmittel. Diese Drittmittel kommen aber nicht vollständig aus der Wirtschaft, sondern nur ein geringer Teil: Genau ein Viertel kommt aus der Wirtschaft; der Rest wird aus anderen Töpfen erbracht. Den Bärenanteil bringt als Drittmittelgeber die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Sie ist europaweit die größte Forschungsförderungsorganisation und wird nahezu

vollständig von Bund und Ländern gemeinschaftlich finanziert. Sie erbrachte 2010 34 % der Drittmittel.

Neben dieser deutschen Forschungsgesellschaft sind es der Bund, die Länder, die EU, internationale Organisationen und Stiftungen, die als Drittmittelgeber wesentlichen Anteil an der Finanzierung haben.

Doch wir müssen feststellen: Wer bezahlt, will auch mitreden. Politische Vorgaben und wirtschaftliche Interessen sind deutlich sichtbar. Über Drittmittel kommt es zu inhaltlichen Einflussnahmen. Unter dem Druck, Drittmittel einzufordern, werden Forschungsthemen bearbeitet, für die es Förderprogramme gibt. Wichtige wissenschaftliche Fragestellungen, für die es keine Drittmittel gibt, bleiben unerforscht.

Auch Modethemen werden immer wieder gepusht, zum Beispiel Gender-Lehrstühle. Es muss uns zu denken geben, dass es an den deutschen Hochschulen mehr

Gender-Lehrstühle gibt als Lehrstühle für Informatik. Das ist wirklich ein schlechtes Zeichen.

(Holger Mann, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Dr. Muster?

Ich möchte zu Ende bringen.

Auch der Zeitaufwand für die Einwerbung von Drittmitteln darf nicht unterschätzt werden. Der Zwang, Anschlussförderungen einzuwerben, bindet hochwertige Arbeitszeit von Wissenschaftlern und Hochschullehrern. Diese Arbeitskraft fehlt bei der eigentlichen Forschungsarbeit. Es ist heute genauso wichtig, gute Forschungsergebnisse zu erbringen, wie auskömmliche Fördermöglichkeiten herauszufinden und gute Förderanträge zu stellen.

Die AfD fordert eine auskömmliche Grundversorgung der Universitäten und damit die Einheit von Forschung und Lehre – und vor allem die Freiheit von Forschung und Lehre.

Aus den genannten Gründen gilt tatsächlich: Viele Töpfe verderben den Brei!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Mit Frau Kollegin Dr. Muster, AfD-Fraktion, haben wir die erste Runde abgeschlossen. Bevor wir zur zweiten Runde kommen, trägt Herr Kollege Dr. Meyer noch eine Kurzintervention vor.

Ja, Herr Präsident, ich möchte eine Kurzintervention – –

Oh! Entschuldigung! Ich habe mir gerade zurufen lassen, dass die zwei Kurzinterventionen der CDU-Fraktion verbraucht sind. Damit gibt es natürlich keine dritte. Man lernt immer dazu. Das geht ganz schnell.

Wir kommen also wirklich zur zweiten Rednerrunde. Das Redekarussell wird wiederum von der einbringenden Fraktion der GRÜNEN eröffnet. Frau Maicher, Sie sprechen gleich.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Ihnen sehr herzlich für die lebendige Debatte zur Hochschulfinanzierung. Das ist ein enorm wichtiges Thema. Ich möchte die zweite Runde gern dafür nutzen, auf die vorgebrachten Argumente einzugehen.

Herr Mann und Herr Meyer, ich bin schon erstaunt, wie wenig Sie unseren Hochschulen zutrauen. Wir sagen, dass wir – unter der Voraussetzung, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen entsprechend erhöht wird – Aufgaben wie die Inklusion auf die Hochschulen übertragen könnten. Sie dagegen behaupten, das müssten wir den

Hochschulen genau vorgeben, da sie das Thema sonst nicht anpacken würden. Ich habe in meinen Gesprächen ganz anderes gehört. Wir singen doch sonst immer – zu Recht – das Loblied auf die Hochschulautonomie, nicht nur, weil sie im Grundgesetz verankert ist, sondern auch, weil sie richtig und wichtig ist. Um tatsächlich autonom agieren und die Aufgaben erfüllen zu können, brauchen die Hochschulen eine ordentliche Grundfinanzierung.

An dieser Stelle komme ich auf die frei werdenden BAföG-Mittel zu sprechen. Mit der Gewährung der Hochschulautonomie und einer ordentlichen Finanzierung geben wir den Gestaltungsanspruch des Freistaates eben nicht auf. Wir könnten mit den Hochschulen anstelle der Programmfinanzierung, die wir ihnen immer wie eine Karotte vor die Nase halten, um sie irgendwo hinzuführen, auch ordentliche Zielvereinbarungen abschließen – das schlagen wir vor –, die diesen Namen auch verdienen. Dies soll auf Augenhöhe geschehen. Sie sind zwischen Freistaat und Hochschulen individuell auszuhandeln, um tatsächlich zu guten Ergebnisse zu kommen. Die Vereinbarungen müssen so ausgestaltet sein, dass sie eingehalten werden und nachhaltig wirken können.

Ich will darlegen, wie wir uns die Grundfinanzierung vorstellen. Uns stehen – das wurde schon angesprochen – die BAföG-Mittel zur Verfügung; auf Sachsen entfallen 56 Millionen Euro. Wir GRÜNEN begrüßen es sehr, dass die Koalition dieses Geld tatsächlich komplett in die Hochschulen stecken will. Dieses Geld ist nicht befristet. Deswegen ist es auch nicht notwendig, dafür befristete Projekte vorzusehen. Die Mittel werden übrigens hier in Sachsen frei; es geht nicht um Bundesprojekte. Wir könnten in Sachsen mit dem Geld eine Menge gestalten.

Wir unterstützen das, was Bundesbildungsministerin Wanka gesagt hat: Dieses Geld soll in die Grundfinanzierung fließen, und es soll in die Erfüllung von Daueraufgaben gesteckt werden. – Wenn Sie das auch so sehen, ist es umso verwunderlicher, dass Sie nicht einmal in diesem Punkt unserem ersten Antrag in dieser Legislaturperiode zustimmen konnten. Sie haben ihn damals abgelehnt.

Ich möchte zu einem weiteren Punkt kommen. Herr Meyer, Sie haben darauf hingewiesen, dass es auch Länder gebe, die das Geld anders einsetzten. Das stimmt. Dort, wo es einen grünen Ministerpräsidenten und eine grüne Wissenschaftsministerin gibt, werden in den nächsten fünf Jahren 1,1 Milliarden Euro in die Grundfinanzierung gesteckt. Aber auch die nach dem Ausstieg aus der Programmfinanzierung frei werdenden Mittel fließen in die Grundfinanzierung. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Professor Hippler, sagte dazu:

„Mit der deutlichen Verbesserung der Grundfinanzierung wird die Finanzierung der Hochschulen endlich an die Realitäten wachsender Aufwände für Energie, Personal und Infrastruktur angepasst. Damit setzt Baden

Württemberg ein ganz wichtiges Zeichen. Dem sollten andere Länder folgen. Nun können dringend benötigte Stellen geschaffen oder befristete Stellen in Dauerstellen

umgewandelt werden – ein ganz wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Studienqualität.“

Statt immer neuer Programme brauchen auch wir verstetigte langfristige Ausgaben; denn Innovation, Dynamik und Entwicklung an den Hochschulen passen nicht in einen Doppelhaushalt und auch nicht in eine Legislatur. Deswegen werben wir nochmals darum, nicht ständig neue Töpfe zu schaffen, sondern dauerhafte Aufgaben auch dauerhaft zu finanzieren, zum Beispiel mit den 56 Millionen Euro aus den frei werdenden BAföGMitteln, die jährlich zur Verfügung stehen. Dafür werden wir uns weiterhin einsetzen.

Ich hoffe, dass wir eine gute Debatte haben werden, aber nicht erst in den Haushaltsverhandlungen, sondern schon auf dem Weg dorthin.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Kollegin Maicher hat die zweite Rederunde eröffnet. Die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort; es ergreift Kollege Fritzsche.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, im Plenum herrscht große Einigkeit darüber, dass Wissenschaft und Forschung für die Zukunft unseres Landes von herausragender Bedeutung sind. Es wurde auch schon darauf hingewiesen, dass sich der Freistaat Sachsen mit vier Universitäten, fünf Kunsthochschulen, fünf Hochschulen für angewandte Wissenschaften und sieben Standorten der Berufsakademie im Konzert der Bundesländer überhaupt nicht verstecken muss. Wenn man dazusagt, dass wir das alles bei einer Einwohnerzahl von knapp über vier Millionen realisieren, dann kommt man zu dem Ergebnis: Das, was hier in Sachsen für den Hochschul- und Forschungsbereich geleistet wird, ist aller Ehren wert.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Gestatten Sie mir, an dieser Stelle auf drei Punkte hinzuweisen, die in der Debatte noch keine größere Rolle gespielt haben. Da wir gerade bei dem Thema „Töpfe“ sind: Es gibt einen weiteren Topf, der den Hochschulen zugutekommt, nämlich der mit den Mitteln für bauliche Investitionen. Allein im Doppelhaushalt 2015/2016 fließen daraus 288 Millionen Euro in den Hochschulbereich. Über 100 Projekte in den Bereichen Neubau und Sanierung können damit gefördert werden. Wenn es gelingt, weitere Töpfe, beispielsweise aus dem Bereich der Städtebauförderung, hinzuzuziehen, ist das eine gute Sache, von der sowohl die Hochschulen als auch die Städte, in denen die Hochschulbaumittel Einsatz finden, profitieren können. Universitäten sind zweifelsohne Stadtbausteine. An kaum einem anderen Ort wie am Leipziger Augustusplatz können wir feststellen, welch wichtigen Einfluss der Hochschulbau auf die Stadtentwicklung hat.

Zum Zweiten möchte ich auf die Hochschulentwicklungsplanung eingehen. Wenn es gelingt, mit der Perspektive 2025 die Hochschulentwicklungsplanung, verhandelt zwischen Ministerium und Hochschulen, auf den Weg zu bringen, dann bedeutet das langfristige Planungssicherheit, mit der die Hochschulen gut umgehen können.

Als Drittes ist es mir wichtig, einmal grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass viele Forschungsmittel, insbesondere in den Bereichen Technologie und Innovation, im Wettbewerbsverfahren vergeben werden. Wissenschaft ist nun einmal weltweiter Wettbewerb, aber nicht nur um die Köpfe, sondern auch um die Töpfe.

Außerdem ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass es uns auch durch unsere circa 50 außeruniversitären Forschungseinrichtungen gelingt, viel Forschungsleistung nach Sachsen zu holen. Gerade in Verbundprojekten zwischen unseren Universitäten und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen gelingt es immer wieder, sich erfolgreich um Drittmittel zu bewerben.