Die Männer, die das hier so amüsant finden, geraten natürlich in den Verdacht, eventuell in irgendeiner Beziehung dazu zu stehen. Das will ich nicht weiter ausführen. Aber ich finde, wir sollten es auf Augenhöhe machen. Das ist ein sensibles Problem. Ich kann nicht nachvollziehen, dass der eine zahlt und der andere nicht. Wir brauchen hier eine Stärkung des Selbstbewusstseins, den Stolz des Mannes, keine eigene Entwürdigung. Sexuelle Beziehungen dürfen nur auf Augenhöhe stattfinden. Das ist der neue Ansatz.
In einem müssten Sie mir zustimmen: Wir würden dann auch eine Eindämmung des kriminellen Marktes haben; denn wenn die Nachfrage auf dem Gebiet sinkt, dann ist für die Kriminellen kein Anreiz mehr da, bei einer geringeren Nachfrage wegen Verstoßes gegen das Strafrecht irgendwie Frauen aus dem Ostblock zu gewinnen, die dann hier ausgebeutet werden.
Vielen Dank, Herr Spangenberg. Herr Spangenberg, Sie haben davon gesprochen, dass – jetzt muss ich aufpassen, wie ich das ausdrücke.
Ja, ja, es ist wirklich schwierig bei dem Thema, dass es so eine Art Naturgesetz wäre und nicht vergleichbar mit Alkohol-, Nikotinsucht usw. Wenn der Drang nach Sexualität naturgesetzlich verankert ist, welche Form und welche Art und Weise von Programmen, die aufgelegt werden könnten, stellen Sie sich ganz konkret vor, um diesem Naturdrang entgegenzuwirken?
Das hatte ich ja schon angedeutet, doch da war hier drüben schon solcher Lärm. Ich kann ja einige Frauen verstehen. Eine Einnahmequelle, die dann versiegt, ist natürlich immer schmerzlich. Das kann ich mir vorstellen.
Ich möchte Programme auflegen, die einfach das Selbstwertgefühl auch der Männer einmal stärken. Wir reden immer über die Frauen. Das ist doch typisch für sie, das ist für sie keine Gleichberechtigung. Wir können das doch einmal angehen. Wenn auch nur die Nachfrage etwas sinken würde, weil der Mann sich mal seiner eigenen Würde erinnert oder besinnt, dann könnten wir auf jeden Fall erwarten, dass die Kriminalität sinkt.
Meine Damen und Herren! Sie gestatten mir einen kleinen Moment. – Das war die erste Runde. Gibt es noch Redebedarf für eine weitere Runde? – Die Fraktion BÜND
NIS 90/DIE GRÜNEN? – Das ist nicht der Fall. Für die CDU-Fraktion Frau Abg. Nicolaus. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich musste wirklich an mir halten, Herr Spangenberg. Ich weiß nicht, in welcher Show Sie hier reden wollten. Wahrscheinlich sind Sie irgendwo verkehrt gewickelt.
Es ist klar, es gibt bestimmte Triebe. Das ist wohl richtig. Das ist einmal der Selbsterhaltungstrieb, der Fortpflanzungstrieb gehört auch dazu, ebenso die Sexualität. Aber was Sie hier vorgebracht haben, dass die Freier fast zu Opfern gemacht werden, ich denke, das kann keiner hier im Raum stehenlassen.
Ich denke, Sie brauchen ein wenig Nachhilfe, was die Sachlage an sich betrifft. Ich habe vorhin gesagt – und einige der Vorredner haben es auch angesprochen –, es ist Angebot und Nachfrage. Aber oft – und zumeist ist das so – sind die Frauen – es sind zuvorderst Frauen, aber es gibt auch Männer – in der Prostitution in einer Zwangssituation. Nicht nur die Zwangsprostituierte ist in einer Zwangssituation, sondern viele von den Prostituierten sind in einer finanziellen Notsituation und versuchen, sich dadurch Geld hinzuzuverdienen. Das ist nicht einfach für diejenigen, die das betrifft.
Deshalb wollen wir Hilfsangebote aussprechen, dass sie finanziell in eine andere Richtung kommen, dass sie finanziell auf gesunden Füßen stehen – ohne Prostitution. Das muss unser Ziel sein. In Schweden ist es gescheitert zu sagen, Prostitution werde generell verboten. Das wird auch nicht zielführend sein. Das werden wir hier niemals erreichen, selbst wenn wir es möchten. Am Ende wird es diesen Markt immer geben.
Aber man muss konstatieren: Wir wollen die Situation der Prostituierten verbessern und nicht die Situation der Freier.
Ich frage die Fraktion DIE LINKE: Wird das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die SPD-Fraktion. Frau Raether-Lordieck, ich hatte Sie vorhin schon aufstehen sehen. Sie haben das Wort. Bitte.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! So eine Comedy-Einlage wird dem Thema nicht gerecht. Ich finde dafür keine Worte.
(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist keine Comedy! Das meint der ernst!)
Die Zahl der Prostituierten wird in Deutschland ganz grob auf bis zu 400 000 geschätzt. Valide Studien gibt es aber nicht. Mehr als die Hälfte davon sollen nach Expertenangaben Ausländerinnen sein, davon ein Großteil aus Osteuropa.
Auch mich hat die Antwort auf die Große Anfrage erschreckt. Hier muss deutlich mehr für diese in weit überwiegendem Maße Frauen getan werden. Auf Bundesebene erarbeitet Manuela Schwesig – das wurde vorhin mehrfach angedeutet – ein neues Prostitutionsgesetz, bei dem der Schutz der Prostituierten oberste Priorität haben soll. Das Gesetz sieht vor, dass alle Prostituierten ihre Tätigkeit künftig anmelden und an regelmäßigen Gesundheitsberatungen teilnehmen. Anmeldepflicht und Gesundheitsberatung sollten vor allem den vielen ausländischen Prostituierten, die in deutschen Bordellen tätig sind und häufig keine Hilfs- und Fürsorgeangebote finden, eine verpflichtende Ansprech- und Beratungsmöglichkeit
Die vorgeschriebene Gesundheitsberatung ist nicht als Zwangsuntersuchung zu verstehen und hat mit der früher üblichen Gesundheitsprüfung nichts zu tun. Aber damit verfügen wir dann über entsprechende Daten, wie von Ihnen gefordert. Achten müssen wir hier allerdings auf den Datenschutz. Sinnvoll: keine dauerhafte Meldung. Bei Beendigung der Tätigkeit sollen die Daten gelöscht werden, sodass für Prostituierte ein sensibler Umgang mit ihren Daten gewährleistet wird und sie keine langfristige Stigmatisierung fürchten müssen.
Ziel dieses neuen Bundesgesetzes ist eine niederschwellige Regelung, die die Gefahr der Flucht in die Illegalität möglichst minimieren soll. Durch die Anmeldung und vor allem durch die Pflicht zur Gesundheitsberatung sollen vor allem Ausländerinnen erreicht werden, die ansonsten keinerlei Kontakt zu deutschen Ämtern haben und keine Information über ihre Rechte. Auf diese Weise könnte man auch Wege zum Ausstieg aufzeigen.
Der Betrieb von Prostitutionsstätten soll gewerberechtlichen Genehmigungen unterliegen. Bei Verstoß gegen Vorschriften und Auflagen sollen hier Bußgelder bis zu 50 000 Euro möglich sein – ein Punkt, der sich so ähnlich auch in Ihrem Entschließungsantrag findet. Zu diesem wird mein Kollege Albrecht Pallas noch sprechen.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Jawohl. Herr Staatsminister Ulbig, Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Für die Staatsregierung möchte ich gleich zu Anfang meiner Rede deutlich sagen: Menschenhandel und Zwangsprostitution sind schwere Straftaten, die häufig mit organisierter Kriminalität einhergehen und die wir in Sachsen mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpfen.
Aber klar ist auch, dass – wie ich das gestern beim Thema häusliche Gewalt sagte – hier die Gesellschaft insgesamt gefordert ist. Es geht um Prävention. Es geht um Opferberatung, Strafverfolgung, Polizei, Justiz, aber auch kommunale Behörden, wie das Frau Nicolaus ausgeführt hat. Eines ist aus der Beantwortung der Anfrage, aber ebenso aus der Diskussion zu den Antworten deutlich geworden: dass wir über einen Deliktbereich reden, bei dem es eine Dunkelziffer gibt, und dass neben Kontrollen, Informationen und Anzeigen aktives Handeln eine wichtige Rolle spielt. Ich will auch klar und deutlich sagen: Allein in die Richtung zu zielen und zu sagen, mehr Polizei würde das Problem beseitigen, scheint mir an dieser Stelle fehl am Platze zu sein.
Herr Pallas hat über das Prostitutionsgesetz und die Veränderungsbedarfe gesprochen. Ich denke, erst wenn
das neue Gesetz auf dem Tisch liegt, kann man Dinge in die Hand nehmen, die hier in der Diskussion teilweise eine Rolle gespielt haben. Ich will aus der Kontrollperspektive noch etwas ansprechen, weil durch dieses Gesetz die strafrechtlichen Interventionsmöglichkeiten polizeilicher Eingriffsbefugnisse wegfallen. Das bedeutet: Die Beamten können nur noch bei konkretem Verdacht Kontrollen in den entsprechenden Lokalitäten durchführen. Vorher war es den Strafverfolgungsbehörden beispielsweise möglich, reine Organisationshandlungen im Bereich der Prostitution mit Strafe zu belegen. Das muss auch klar sein, wenn man in diesem Bereich darüber spricht. Das bedeutet, die geringeren Regelungsanforderungen des Prostitutionsgesetzes an dieser Stelle haben zur Folge, dass es geringere Kontroll- und damit auch geringere Sanktionsbefugnisse gibt.
Zum Problem mit den Zahlen wurde einiges gesagt. Insofern: Ja, es gibt keine verlässlichen Zahlen, wie groß die Dunkelziffer ist. Es gibt Schätzungen und Angaben über identifizierte Opfer. Deshalb wird auch im Rahmen der sächsischen Polizei jeder Einsatz, der mit Menschenhandel und Prostitution zusammenhängt, einzeln ausgewertet. Zwei Themen sind dabei insbesondere problematisch. Erstens. Wenn es um Täter geht, sind es häufig komplexe Tatstrukturen, weil wir dort im Bereich der organisierten Kriminalität sind. Zweitens. Es fehlen oft Aussagen von Opfern, die häufig aufgrund der bestehenden Zwangssituation aus Angst vor Repressalien bei einer Aufklärung nicht mitwirken und deshalb auch nicht bereit sind, vor Gericht gegen die Täter auszusagen.
Deshalb fordern wir schon längere Zeit an dieser Stelle auch aus Sachsen heraus bessere Strafverfolgungsmöglichkeiten. Ich denke, im Bereich der Vorratsdatenspeicherung könnte in der nächsten Zeit ein Ansatz mehr gegeben sein, weil nämlich der Geschäftsbetrieb in Bordellen in aller Regel telefonisch abgewickelt wird. Außerdem wäre es durchaus begrüßenswert, wenn mehr Möglichkeiten zur Einstellung eines Ermittlungsverfahrens aus Opportunitätsgründen zugunsten der Opfer gegeben wären. Darüber wird schon diskutiert. Zeigt das Opfer eines Menschenhandels diese Straftat an und wird dadurch ein durch das Opfer begangenes Vergehen bekannt, dann könnte die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung des Vergehens absehen. Das wäre aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt.
Abschließend noch ein paar Worte zur Beratungsstelle KOBRAnet. Ich will dabei noch einmal darauf verweisen: Gerade wenn es um Menschenhandel und Zwangsprostitution geht, dann ist der komplexe und zeitaufwendige Betreuungsaufwand nicht zu unterschätzen. Niedrige Fallzahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind an dieser Stelle eben kein Beleg für schlechte Arbeit. Mittlerweile ist das Team von KOBRAnet von Zittau nach Dresden umgezogen. Damit ist die Anlaufstelle für Opfer deutlich besser erreichbar. Vor allem aber haben wir die Kooperation mit der Polizei ausgebaut und sind vor Ort im betreffenden Milieu stärker präsent. Ich kann durchaus sagen, dass wir dabei erste Erfolge haben. Allein
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In enger Abstimmung mit dem SMS und dem Geschäftsbereich SMGI wird die Beratungsstelle im kommenden Jahr die verschiedenen Aufgabenbereiche weiterführen und
intensivieren. Dazu zählt natürlich in erster Linie die Beratung und Betreuung von Opfern von Menschenhandel sowie von Zwangsverheiratung und Ehrenmord. Dazu zählt natürlich auch, dass in Zukunft noch stärker in den Milieus, also vor Ort, aufgetreten wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, dass wir dieses Thema aus der Sicht der Staatsregierung, aber ebenso aus der Sicht der zuständigen Behörden ernst nehmen.