Protocol of the Session on November 20, 2015

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Thema Prostitution und Zwangsprostitution zunächst eine Bemerkung grundsätzlicher Art. Wir unterscheiden sehr wohl nicht nur grundsätzlich zwischen Zwangsprostitution und selbstbestimmter Prostitution von Frauen und Männern. Wir sind auch keine Fans von Sexkaufverboten. Wir wünschen uns jedoch eine Welt und wir streiten für eine Welt, in der weder Frau noch Mann sich veranlasst sieht, geschweige denn gezwungen ist, den Lebensunterhalt oder wesentliche Teile davon durch die Hingabe eines Teils seiner persönlichen Integrität im herkömmlichen Sinne wie eine Ware verkaufen zu müssen. Wir missbilligen und bekämpfen die Herrschaftsstrukturen, in denen Prostitution weltweit stattfindet. Die ökonomische Ungleichheit zwischen Männern und Frauen, Regionen und sozialen Schichten wird nach unserer Auffassung auch in der Prostitution exemplarisch widergespiegelt. Die Frage, inwieweit der individuelle Umgang mit Prostitution diese Herrschaftsverhältnisse reproduziert, beschäftigt uns.

Die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit ihrer jetzigen Behandlung kommt in eine Zeit, in der generell die aktuelle Gesetzeslage die Notwendigkeit für Neuregelungen der Rechtsverhältnisse in der Prostitution auf den Prüfstand stellt. Prostitution wurde im Januar 2002 legalisiert. Sexuelle Dienstleistungen, zu denen sich Frauen und Männer selbstbestimmt entscheiden, wurden vom rechtlichen Makel der Sittenwidrigkeit befreit. Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter haben seitdem das Recht, ihren Lohn vor Gericht einzuklagen. Ihnen ist es möglich, sich sozialversicherungspflichtig beschäftigen zu lassen und als Prostituierte ein eigenes Gewerbe anzumelden und eine Krankenversicherung abzuschließen. So weit, so gut.

Prostitution bleibt aber ein Bereich, in dem Grundrechte wie sexuelle Selbstbestimmung, persönliche Freiheit, Gesundheit und Persönlichkeitsrechte der Akteurinnen und Akteure faktisch in besonderer Weise gefährdet sind. Aus diesem Grund sind wir für alle Rechtsentwicklungen offen, den Menschen, die im Bereich der sexuellen Dienstleistungen tätig sind, noch mehr Rechtssicherheit zu verschaffen und mehr Gesundheitsvorsorge anzubieten. Auch ist zu berücksichtigen, dass Prostitution oft von Personen ausgeübt wird, die sich in einer besonderen verletzlichen und belastenden Situation befinden und deshalb nicht über die Ressourcen verfügen, selbstbewusst für ihre Rechte einzutreten.

Mit dieser Problemsicht ist nach unserem Eindruck auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an die diesbezügliche Fragestellung gegangen. In der Antwort der Staatsregierung dominieren in diesem Kapitel meist Fehlmeldungen oder keine Meldungen. Weder weiß die Staatsregierung über die Anzahl der Personen Bescheid, wie das Frau Meier bereits ausgeführt hat, noch gibt es eine Kennung zur altersdifferenzierten Struktur der Prostituierten. Sie weiß auch nicht, wie viele als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis sind. Die einzige Zahl, die die Staatsregierung vermelden kann, ist die in der harmonisierten Klassifikation der Wirtschaftszweige bei den Finanzämtern für Prostituierte vergebenen Gewerbekennzahlen. Die weitere Frage, warum es bisher in Sachsen nicht zu einer landesrechtlichen Umsetzung des Prostitutionsgesetzes kam, beantwortet die Staatsregierung mit der Rechtfertigung, dass das Prostitutionsgesetz von Dezember 2001 eine Vorschrift sei, die expressis verbis keinen landesrechtlichen Umsetzungs- und Vollzugsauftrag beinhalte. Das ist absurd.

Nachdem das Prostitutionsgesetz 2001 mit einer relativ breiten Zustimmung und ohne große gesellschaftliche Debatte eingeführt worden war, haben Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter und deren Interessenverbände und Vereine immer wieder aufgefordert, dem Regelungsbedarf in weiteren Bereichen nachzukommen. Wir befürworten daher eine intensive Zusammenarbeit mit den Verbänden und Vereinen, die jegliche positive Auswirkung auf die Ausübung selbstbestimmter Prostitution im Bereich des Bundes- und des Landesrechtes haben. Jede Neuregelung aber muss den Schutz und die Grundrechtsstärkung der in der Prostitution tätigen Menschen als Hauptgedanken haben.

Zu Recht wird dieser Gesetzentwurf von Expertinnen und Experten, Prostituiertenverbänden und Interessenverbänden als in weiten Teilen in die falsche Richtung gehend kritisiert. Er hat nicht gerade den bestmöglichen Schutz für Prostituierte zum Ansatz. Er würde vielmehr die Ausgangslage für die in der Prostitution tätigen Menschen in erheblicher Weise verschlechtern.

Die Anmeldepflicht für Prostituierte, die Pflicht zur gesundheitlichen Beratung, nicht etwa – wofür wir plädieren – Aufsuchen der Beratung, auch die beinhaltende Kondompflicht sind nicht geeignet, die Position von Menschen in der Sexarbeit zu stärken. Insider erklären hier beispielsweise, dass die Kondompflicht durchzusetzen genauso illusorisch ist wie das Verbot des Pinkelns in ein Schwimmbecken.

Fazit für uns: Die Staatsregierung muss in puncto Behandlung der selbstbestimmten Prostitution, Bekämpfung aller Formen von Zwangsprostitution und strikter Verfolgung von Menschenhandel endlich auf einen der Zeit angemessenen Denkansatz kommen. Sachsen und seine Staatsregierung müssen sich gegenüber dem Bund für eine längst überfällige arbeits-, miet-, gewerbe- und zivilrechtliche Untersetzung des ursprünglichen Rege

lungsansatzes des Prostitutionsgesetzes einsetzen. Besonders wichtig ist aus unserer Sicht die Einführung einheitlicher Durchführungsrichtlinien im Bereich des Prostitutionsgesetzes. Gravierend unterschiedliche Rechtsanwendungen in den Ländern und Kommunen sind zu beseitigen. Die Sperrgebietsklausel muss geprüft werden, sie darf nicht zur Stigmatisierung der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter führen. Auch ihre Arbeitssituation darf nicht unsicher werden, da sie aus Innenstädten in unbeleuchtete, menschenleere, meist Gewerbegebiete verbannt werden. Der Anspruch einer Demokratie sollte ein selbstbestimmtes Leben für jedermann und jeden Berufszweig sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Nun hat die SPD-Fraktion das Wort. Herr Abg. Pallas, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, ich möchte Ihnen ausdrücklich dafür danken, dass Sie sich sehr intensiv mit dieser wichtigen Thematik auseinandergesetzt haben und weiter auseinandersetzen. Die Thematik wurde und wird leider zu häufig unter dem Deckmäntelchen der Verschwiegenheit oder des Aussitzens betrachtet. Ja, meine Fraktion und ich halten es für außerordentlich sinnvoll, dass wir uns heute hier vertieft damit auseinandersetzen, ausdrücklich auch in Kombination mit den Aspekten Menschenhandel, Zwangsprostitution und legale Prostitution.

Auf den grundsätzlichen Streit darüber, ob eine Gesellschaft Prostitution überhaupt als Phänomen akzeptieren muss oder wie es abzulehnen ist, hat Frau Meier völlig zu Recht hingewiesen bzw. dass wir den heute nicht führen. Vielmehr befassen wir uns mit den Erkenntnissen aus der Großen Anfrage und den möglicherweise daraus zu ziehenden Schlüssen.

Hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben stehen wir vor folgender Situation: In Deutschland wurde bereits im Jahr 2002 der Versuch unternommen, mit dem Prostitutionsgesetz die Lage der Prostituierten gesetzlich zu verankern und zu verbessern. Das Ziel, Prostitution aus der Illegalität herauszuführen, war ehrenwert, aber die Studie der Bundesregierung fünf Jahre nach dem Inkrafttreten zeigte klar Schwächen auf. Die Reichweite war nur begrenzt. Bundesweit gab es keine einheitlichen Rechtsgrundlagen, und es fehlten auch ein Gesamtkonzept und eine Umsetzungsstrategie. Das führte am Ende dazu, dass die Regelungen nur von wenigen und legal und freiwillig arbeitenden Prostituierten in Anspruch genommen wurden. Leider verschärften sich die Ausbeutungs- und Abhängigkeitsverhältnisse, und sie waren teilweise mehr bedroht als zuvor.

Das Fazit konnte nur sein: Das Gesetz hat sein Ziel nicht erreicht und muss überarbeitet werden. Deshalb ist es folgerichtig, dass unter Verantwortung der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Manuela Schwesig, das neue Prostitutionsschutzgesetz derzeit in ihrem Ministerium erarbeitet wird. Klar ist: Sobald die Arbeiten an diesem Gesetz abgeschlossen sind, wird feststehen, welche Änderungsbedarfe sich auf Ebene der Länder oder der Kommunen ergeben.

Dies betrifft beispielsweise die Frage der Kontrolltätigkeit. Zu dieser hatten die Antragsteller in ihrem Entschließungsantrag unter anderem festgestellt, dass Verstöße gegen Sperrbezirksverordnungen sachsenweit in sehr ungleicher Weise verfolgt werden. Mein Eindruck ist, dass die Antragsteller eine einheitliche Verfolgungspraxis wünschen, auch wenn sie es nicht explizit so erwähnt haben. Ich habe jedoch Zweifel daran, dass eine vereinheitlichte Verfolgungspraxis in Sachsen in diesem Bereich wünschenswert ist. Die generelle Frage, wie viele Beschäftigte die einzelnen Polizeibehörden und die Polizeivollzugsbehörden für diese Aufgabe einsetzen, ist das eine. Das andere ist, dass Zuwiderhandlungen – sofern sie nicht beharrlich erfolgen – in den sächsischen Sperrbezirksverordnungen als Ordnungswidrigkeiten eingestuft werden und somit das Opportunitätsprinzip gilt. Die Behörde kann also den Verstoß ahnden, ist jedoch nicht von Gesetzes wegen dazu verpflichtet. Hier eine flächendeckende, identische Ahndungspraxis erreichen zu wollen, würde daher darauf hinauslaufen, den Ermessensspielraum der Polizeibehörden einzuschränken. Das sehe ich eher skeptisch, meine Damen und Herren.

Aber auch auf die künftige Datenerhebung und die statistischen Erfassungen im Bereich der Prostitution werden die Vorgaben des Prostitutionsgesetzes Auswirkungen haben. Ich sehe es als höchst problematisch an, dass hier die Datenlage momentan mager ist; hier sollte es Verbesserungen geben, die jedoch mit Augenmaß zu betrachten sind und unter der Maßgabe erfolgen sollten, dass nur die für die Aufgabenerfüllung wirklich notwendigen Daten erfasst werden. Insbesondere Datenerhebungen mit direktem Bezug zum Prostitutionsgewerbe und zu den dort tätigen Personen, beispielsweise zum Gesundheitszustand, zur Krankenversicherung und anderes dürfen mit Blick auf den Datenschutz nur zielgerichtet und nur im notwendigen Umfang erhoben werden.

Ich möchte bereits jetzt Aspekte aus dem Entschließungsantrag aufgreifen, die ich für problematisch halte. Die dort getroffenen Schlussfolgerungen sind für mich teils nicht nachvollziehbar bzw. zu pauschal. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass aus den Schlussfolgerungen Handlungsbedarfe abgeleitet werden, sollte hier mit Spekulationen oder Vermutungen sparsam umgegangen werden. Ein Beispiel: Besonders auffällig erscheint mir dies unter A.I Nr. 2 des Entschließungsantrages. „Auffallend im Vergleich zu anderen Bundesländern sind die vergleichsweise niedrigen registrierten Zahlen von Fällen des Menschenhandels für Sachsen. Dies ist zu einem erheblichen Teil auf eine mangelnde Kontrolldichte der Strafver

folgungsbehörden zurückzuführen, vor allem die geografische Lage Sachsens an der Grenze zu Osteuropa deutet auf eine hohe Dunkelziffer nicht erfasster Fälle hin.“ Die Begründung des Antrages enthält keine validen Aussagen, warum die registrierten Fallzahlen im Bundesvergleich den zwangsläufigen Schluss bedingen, dass hier in Sachsen eine mangelnde Kontrolldichte und hohe Dunkelziffer vorliegen müssen. Das kann eine Schlussfolgerung sein, aber dann hätte ich mir in der Begründung einen tiefergehenden Vergleich zwischen den einzelnen Bundesländern gewünscht, der neben reinen Zahlen und der geografischen Lage auch weitere Indikatoren einbezieht.

Da hierzu im Antrag nichts steht, habe ich mir Ihre Auswertung in der Großen Anfrage angeschaut. Die Ausführungen dort sind zwar etwas ausführlicher, aber pauschal. So werden die für das Jahr 2013 für Sachsen gezählten 25 Fälle mit der Gesamtzahl von 425 im Bundesgebiet sowie den Zahlen aus Bayern (29) und Berlin (84) verglichen. Inwiefern sich die zwei Flächenländer und die Bundeshauptstadt vergleichen lassen, wird nicht beleuchtet. Ich denke, dass die Einwohnerzahl (12 Millionen in Bayern, 2,5 Millionen in Berlin plus viel Tourismusver- kehr) und die Struktur – Bayern als Bundesland mit der Stadt München mit über einer Million Einwohnern und sieben weiteren Städten mit über 100 000 Einwohnern – mehr Aussagekraft haben als zum Beispiel der Fakt, dass Sachsen näher an der Grenze zu Osteuropa liegt.

Ich denke daher, dass wir eine valide Aussage über die Prüfung der tatsächlichen Kontrolldichte innerhalb der sächsischen Strafvollzugsbehörden und deren Personalbedarfsplanung erreichen. Dort muss für diesen Kriminalitätsbereich wie auch für andere geprüft werden, in welchem Umfang diese Aufgabe ausreichend erfüllt wird und wie viele Beschäftigte dafür notwendig sind und eingesetzt werden und welche Veränderungen möglicherweise personell als auch organisatorischer Art erforderlich sind. Diese Überprüfung erfolgt gerade. Das wissen Sie sowohl durch die Fachkommission Polizei als auch für die Staatsanwaltschaften innerhalb der Kommission für den öffentlichen Dienst.

Ich möchte zum Abschluss meiner grundsätzlichen Rede zu dem Thema zusammenfassen, dass wir die Behandlung dieses Themas im heutigen Plenum und auch generell sehr begrüßen, jedoch ein Problem mit einem Teil der Schlussfolgerungen sehen, die die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Entschließungsantrag aufstellt. Da kann ich bereits jetzt feststellen, dass dieser Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der SPD erhalten wird. Auf weitere Gründe werde ich dann noch in der Debatte zum eigentlichen Antrag eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nun die AfD-Fraktion. Herr Abg. Spangenberg, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Sinn und das Ziel Ihrer Anfrage ist, ein genaueres Bild der tatsächlichen Situation zu haben. Mehr Ermittlungen im Menschenhandel sind richtig. Die Frage stellt sich nur, wer eigentlich hier geschützt oder bessergestellt werden soll. Das tatsächliche Problem der Prostitution haben Sie nicht erkannt.

Ich hatte hier vier Gebiete vorgesehen, werde aber zwei wegen der Kürze der Zeit weglassen. Das meiste wurde auch schon gesagt.

Erstes Gebiet. Gehen wir einmal kurz auf die sogenannte Moral ein. Im § 138 BGB Abs. 1 war die Prostitution als sittenwidrig gebrandmarkt. Somit hatte man keinen Anspruch auf Entgelt. Deswegen haben die Prostituierten immer die sogenannte Vorkasse zur Geltung gebracht. Damit konnte der Freier das Geld nicht zurückfordern, weil das auch nach § 817 BGB sittenwidrig war.

Die jetzige geförderte staatliche Prostitution durch das neue Gesetz ist eines Kulturstaates aus meiner Sicht unwürdig. Sensible Beziehungen werden hier staatlich sanktioniert, und somit wird einem Werteverfall Vorschub geleistet. Unmoralische Handlungen werden nun durch finanzielle Interessen des Staates an diesem sogenannten Gewerbe gefördert. Scheinbare Liberalisierung ist allein die begründete Erhebung von Abgaben.

Die geförderte staatliche Prostitution ist dennoch nicht in der Gesellschaft angekommen, meine Damen und Herren. Ich gebe Ihnen dazu einige Beispiele. Zum Beispiel freiwilliger Verzicht der Behörden, zum Beispiel Arbeitsamt. Nach dem neuen Gesetz könnte man theoretisch sagen: Meine Dame, du hast keine Arbeit, ich vermittle dich in ein Bordell, nimm die Arbeit an, oder deine Leistungen werden gekürzt. Das wird nicht gemacht. Das Arbeitsamt verzichtet darauf.

Beispiel Urteil des Bundessozialgerichtes, ich habe dazu auch das Aktenzeichen. Es stellt fest, dass es ein Verstoß gegen die guten Sitten ist, kann also nicht gemacht werden. Wieder ein Beweis für kein normales Gewerbe.

Weiterer Beweis: § 181 a SGB. Wer jemanden davon abhält, aus der Prostitution auszusteigen, wird bestraft. Das passiert einer Angestellten im Bäckerladen auch nicht. Wenn man ihr sagt, sie darf nicht aufhören, wird man nicht bestraft. Sie sehen also, wieder ein anderes Gewerbe. Eingeschränktes Weisungsrecht nach § 3 des Prostitutionsgesetzes ist ebenfalls ein Beweis, dass das nichts Normales ist, und die Arbeitsaufgabe nach § 144 SGB 3 ist auch möglich, weil der Ausstieg grundsätzlich erleichtert werden soll.

Selbst die Protagonisten wie – diese sind ja für Sie bestimmt unbedenklich – Claudia Falk, Engelen-Kefer, Christian Pfeiffer, ehemaliger Justizminister und Regina van Dinther aus Nordrhein-Westfalen halten die Problematik nach wie vor für wichtig.

Das Strafrecht und die wirtschaftliche Bedeutung lasse ich einmal weg. Dazu haben Sie ja schon einiges gesagt.

Das ist ganz klar. Wir haben dort alles, wir haben Nötigung, wir haben Freiheitsberaubung, alles Mögliche wie auch Erpressung usw. Das brauchen wir nicht zu erwähnen, denn das haben Sie schon vorgetragen. Ich möchte auf den Hauptteil meiner Ausführungen kommen, nämlich die Voraussetzungen für die Prostitution, die Sie gar nicht angesprochen haben.

Die Prostitution entsteht aus der sexuellen Abhängigkeit. Sie ist naturbedingt und unterschiedlich bei Männern und Frauen, zumindest in der Außenwirkung. Sie ist auch nicht zu eleminieren. Im Unterschied zum Rauschgift- und Tabakkonsum und zum Alkohol entsteht die Abhängigkeit nicht erst durch den Gebrauch oder den Genuss, sondern sie ist da. Das ist ein Naturgesetz. Das heißt, dieser Konsum braucht nicht geweckt zu werden. Ein Verbot der Werbung, Aufzeigen von Gefahren, wie das bei Rauschgift und Tabak ist, bringt hier nicht allzu viel. Da wäre eine Vermittlung der Werte durch Eltern, Schule und Staat besser; denn wenn niemand nachfragt, habe ich auch kein Angebot.

Aus feministischer Sicht sind ja die Prostitutionsgesetze gegen Freier gerichtet. Miriam Lau von der Zeitung vom 06.03.2014 hat dazu etwas geschrieben. Sie bezieht das auf eine nicht bindende Resolution des Europäischen Parlamentes als einen Feministensieg; jeder Freier wird bestraft, komischerweise nur, wer nachfragt, aber nicht wer anbietet. In Schweden ist das ganz speziell ausgeprägt. Das ist natürlich eine völlig verrückte Situation. Wir reden von einem Vertrag. Wer anbietet, das ist in Ordnung, lebt meist unterdrückt usw., aber wer nachfragt ist ein ganz Böser und wird dann auch bestraft.

Ich habe hier einmal ein Zitat von Gilbert Keith Chesterton (1874 – 1936). Er sagt, ein Mann, der seinem Hut hinterherläuft, ist halb so lächerlich wie ein Mann, der einer Frau hinterherläuft. Hier haben wir nämlich das Problem. Die Männer werden immer als Täter betrachtet. Da brauchen wir einmal einen neuen Blickwinkel. Das heißt, wir betrachten bisher immer nur die Angebotsseite. Die Nachfrageseite haben wir ausgeschlossen. Das ist ja grundsätzlich klar, das ist was ganz Böses. Also immer nur die Angebotsseite, die sogenannte Opferrolle.

Ich erinnere Sie einmal an ein Beispiel. Die Piepshow 1982.

Herr Spangenberg, Sie besprechen die Große Anfrage?

Das ist eine Einrichtung gewesen, wo man Geld einwarf, da gab es eine Klappe, die ging hoch, und man konnte hineinsehen. Das wurde dann verboten wegen des Verstoßes der Diskriminierung, Gleichheitsgrundsatz usw. Was meinen Sie, wer sich damals aufgeregt hatte? Nicht die Männer, sondern die Frauen haben sich maßlos darüber aufgeregt, dass sie auf diese Art und Weise kein Geld mehr verdienen konnten. War ein Riesentheater 1982.

Mein Ansatz ist hier die Nachfrageseite. Wer ist hier der Unterlegene? Wer ist denn hier eigentlich der Ausgebeutete? Wer muss denn für eine Abhängigkeit zahlen, die durch die Naturgesetze bedingt ist?

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Passen Sie auf, Sie werden mir gleich zustimmen. Hören Sie doch erst einmal zu.

Ich möchte gern, dass Programme aufgelegt werden, die auch die Abhängigkeit der Männer von der Sexualität in dem Bereich verringern. Das heißt, wir haben ja auch viele Programme für Frauenförderung usw., und wir könnten in dem Fall auch einmal durch das Ministerium für Gleichstellung Programme für Männer auflegen, im Zweifel durch die Frau Staatsministerin. Ich war letztens mit bei einem Symposium – –

Herr Spangenberg, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Nein, im Moment nicht. Noch einen kleinen Moment. Es ist jetzt sehr unruhig, ich möchte erst einmal zu Ende reden.

Ich möchte eine Aufklärungskampagne haben, die die Männer ermuntert, ihren eigenen Stolz, ihre eigene Persönlichkeit, ihr eigenes Ich einmal dort einzubringen und zu sagen, wie komme ich denn dazu, dafür zu bezahlen, obwohl Frauen ja auch nicht dafür bezahlen, zumindest in der Form.

(Allgemeines Gelächter und Diskutieren)

Ich weiß gar nicht, warum. Wir haben doch hier Augenhöhe. Es ist mir nicht klar, – –