Zu den Entsendungen aus dem Land habe ich schon etwas gesagt. Das Problem ist: Wenn alle Länder in ihren Landtagen mit den Mehrheiten der Koalitionen Vertreter von Verbänden entsenden, dann hat das eine Tendenz zur Dominanz von Mehrheitsperspektiven. Darüber muss man sich klar sein. Verbände, die von einer Mehrheit in einem Parlament entsandt werden, sind nicht völlig frei von Unabhängigkeit gegenüber den Regierungen der Länder. Das zusammengenommen ist nicht unproblematisch.
Ich bin sehr froh darüber, dass Rot-Rot-Grün in Thüringen Vertreterinnen von Schwulen- und Lesbenverbänden in dieses Ticket aufgenommen hat und damit auch einer Forderung in dieser Hinsicht nachgekommen ist.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr positiv an diesem Gesetz ist die Frage einer Quotierung, die hier eingeführt wurde. Es ist so: Wenn ein Mitglied ausscheidet, das männlich ist, muss ein Mitglied nachfolgen, das weiblich ist, und umgekehrt. Derzeit ist es so, dass 31 % der Mitglieder im ZDF-Fernsehrat Frauen sind. Das Problem ist: So, wie es jetzt formuliert ist – das prognostiziere ich Ihnen –, wird der nächste ZDF-Fernsehrat mit prozentual weniger Frauen zusammengesetzt sein, als es jetzt der Fall ist.
Wir haben derzeit die meisten Frauen bei den Parteienvertreterinnen und bei den Vertreterinnen der gemeinsam von den Ministerpräsidenten entsandten Personen. Diese Vertreterinnen fallen weg. Alle Landesregierungen werden derzeit, und zwar durchweg, von Männern vertreten. Wir wissen auch – das wissen wir aus dem MDRRundfunkrat –, dass Einzelentsendungen, die über die Länder stattfinden, tendenziell dazu führen, dass die Verbände Männer und keine Frauen entsenden.
Vor diesem Hintergrund wird die Regelung dieses Gesetzes leider nicht dem Grundsatz von Geschlechtergerechtigkeit, Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes, gerecht.
Transparente Sitzungen wurden schon angesprochen, das möchte ich nicht weiter vertiefen. Abschließend vielleicht noch eine Bemerkung: Bindend ist dieses Verfassungsgerichtsurteil für den ZDF-Staatsvertrag und für die ZDFGremien. Wenn man das Urteil jedoch liest, dann stellt man fest, dass es gedacht und geschrieben ist für alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Das Urteil hat „das Prinzip der Staatsferne im Sinne einer funktionsadäquaten Distanz des Staates zum Rundfunk näher dargelegt“, so Prof. Hain, der auch Verfahrensbevollmächtigter des Klägers Rheinland-Pfalz war, bei unserer Anhörung im Ausschuss.
Vor diesem Hintergrund möchte ich noch einmal an die Staatsregierung appellieren, endlich ihrer Aufgabe gerecht zu werden und den neuen MDR-Staatsvertrag mit Thürin
Wir werden uns heute bei der Abstimmung über den ZDFStaatsvertrag – ich hatte es bereits gesagt – der Stimme enthalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist jetzt dank der Vorredner eigentlich alles Inhaltliche zu diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag schon gesagt worden. Deshalb will ich nicht großartig auf die Details eingehen.
Die Causa Brender ist erwähnt, die Vielfalt, die im Verhältnis zur Staatsferne steht, ist erwähnt worden. Nicht teilen kann ich die Mindermeinung eines Bundesverfassungsrichters, der in den Gremien des ZDF keine staatlichen Vertreter mehr sehen möchte. Ich denke, das würde auch den Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes nicht gerecht werden. Auch staatliche Vertreter sind wichtig in diesen Gremien, aber nur in einem bestimmten Maß.
Was den MDR diesbezüglich angeht, Kollege Neubert, hat es bereits erste Gespräche gegeben, und es wird auch weitere Gespräche geben. Man wird mit Sicherheit auch zu Verhandlungen kommen, diesen Staatsvertrag zu novellieren; aber alles zu seiner Zeit. Deshalb verweise ich diesbezüglich lieber auf das Jahr 2016 und die Folgejahre; denn es ist keine einfache Causa, einen solchen Staatsvertrag zu ändern. So etwas macht man nicht im Vorbeigehen.
Besonders schön finde ich, dass in diesem Staatsvertrag die Transparenz – das wurde schon erwähnt – explizit geregelt wurde, nicht nur ein Mindestmaß, wie es gefordert wurde, geliefert wird, sondern die regelmäßige Sitzungsöffentlichkeit im Fernsehrat einziehen wird. Das ist ein sehr positiver Aspekt.
Darüber hinaus ist es so, dass dieser Staatsvertrag den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes jetzt vollumfänglich entspricht. Die SPD-Fraktion sieht die Regelungen positiv. Trotzdem ist nicht alles in Stein gemeißelt. Man muss regelmäßig überprüfen, zum Beispiel, was die Gleichstellung und die Gruppenzusammensetzung angeht. Aber so, wie er jetzt vorliegt, können wir als SPDFraktion diesem Staatsvertrag zustimmen.
Ich hätte mir gewünscht, dass dies auch die Fraktion DIE LINKE macht, weil Thüringen dem offensichtlich zustimmen wird. Das, was Kollege Neubert gesagt hat, waren überwiegend positive Aspekte. Ich habe keine grundsätzliche Kritik gehört. Ich nehme die Enthaltung deshalb zur Kenntnis. Wir als SPD-Fraktion werden dem Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Siebzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag setzt im Wesentlichen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 25. März 2014 um. Es geht um die Besetzung der Gremien, also des Rundfunkrates auf der einen Seite und des Fernsehrates auf der anderen Seite. Geklagt hatten das Land Rheinland-Pfalz und Hamburg. Die Sächsische Staatsregierung und vor allem das ZDF hatten die bestehende Regelung ausdrücklich für rechtmäßig gehalten.
Welche Aufgaben hat solch ein Fernsehrat? Der Fernsehrat ist das mächtigste Gremium. Nur mit seinem Einvernehmen können ein Programmdirektor, Chefredakteur und Verwaltungsdirektor berufen werden. Das Königsrecht ist der Abschluss des Dienstvertrages mit dem Intendanten, die Verabschiedung des Haushaltsplanes, der Finanzordnung und natürlich die Festlegung der Programmrichtlinien.
Rund 77 Mitglieder hatte der alte Fernsehrat. Ungefähr 46 % seiner Mitglieder gehörten zur staatlichen Seite. Jetzt legte das Bundesverfassungsgericht fest: „Die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss als Ausdruck des Gebots der Vielfaltsicherung dem Gebot der Staatsferne genügen.“ Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war ein Paukenschlag. Die staatliche Seite darf nur noch ein Drittel der Mitglieder ausmachen. Sie darf keine Entscheidung mehr durchsetzen oder blockieren. Der neue Fernsehrat besteht jetzt nur noch aus 60 Mitgliedern.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil die Macht der Regierenden erheblich vermindert. Sachsen entsendet Vertreter aus dem Bereich des ehrenamtlichen Zivil- und Katastrophenschutzes. Die Berufung des Katastrophenschutzes ist eine Verneigung vor den hohen Verdiensten dieser Berufsgruppe bei den letzten Flutkatastrophen. Diese Berufung begrüßt die AfD ausdrücklich.
Der Mix und die Zuordnung der staatsfernen Mitglieder erschließt sich uns jedoch nicht. Die Bereiche sind eine Vermischung ökonomischer, sozialer, religiöser und politischer Kriterien. Die Verteilung erscheint willkürlich und auch starr. Wir fordern ausdrücklich die Berücksichtigung auch nicht verbandlich organisierter Interessengruppen, zum Beispiel der Bürgerinitiative „Mediennutzung ohne Zwangsgebühren“.
Das Land Thüringen benennt einen Vertreter für die Interessen der Schwulen und Lesben. Sie machen maximal 3 % der Bevölkerung im ZDF-Sendegebiet aus und haben, genau wie die Personengruppe der Familien, Senioren und Kinder, einen Sitz im Rundfunkrat.
Im Jahr 2014 gab es 8,1 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern in Deutschland. Dies ist die häufigste Familienform. Warum wird eine Mehrheit in diesem
Gremium nicht als Mehrheit abgebildet, auch wenn es um Vielfalt geht? Warum erhält sie den gleichen Stellenwert wie eine zahlenmäßig verschwindend geringe Minderheit? Warum schickt gerade das Land Niedersachsen einen Vertreter für den Bereich der Muslime, wenn die meisten Muslime in Nordrhein-Westfalen und Berlin wohnen? Warum erhalten die anderen Religionsgemeinschaften, wie die orthodoxen Kirchen, keinen Sitz? Sie machen doch immerhin 2,8 Millionen Bürger im ZDFSendegebiet aus.
Die Schummelei beginnt bereits bei der Gretchenfrage: Staatsnah oder staatsfern? So versuchte unter anderem Sachsen in einer Protokollerklärung, weisungsgebundene Geschäftsführer kommunaler Spitzenverbände zu staatsfernen Mitgliedern zu machen. Herr Prof. Hain erklärte in der Anhörung zum Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ausdrücklich: „Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Vertreter kommunaler Spitzenverbände zur Staatsseite zählen, auch wenn die Verbände selbst privatrechtlich organisiert sind.“ Die Bereiche der Vertreter aus Erziehungs- und Bildungswesen, der Wissenschaft, der Kunst und andere sind derzeit auch nicht staatsfern besetzt.
Ich muss dem Kollegen der LINKEN zustimmen und nenne hier ebenfalls einige Namen: Dr. Angelika Niebler ist CSU-Mitglied und Mitglied des Europäischen Parlamentes. Reinhard Klimmt ist SPD-Mitglied und ehemaliger Ministerpräsident. Katrin Budde wurde bereits genannt; sie ist SPD-Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen-Anhalt. Herr Zastrow wurde ebenfalls genannt. Der FDP-Mann aus Sachsen ist uns bekannt. Staatsferne kann ich hier nicht erkennen.
Doch es geht noch schlimmer. Der MDR-Rundfunkrat wird demnächst nach dem alten verfassungswidrigen Schlüssel besetzt. Die Ministerpräsidenten haben es seit März 2014 nicht geschafft, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Gremienbesetzung umzusetzen. Das ist ein Armutszeugnis – zumal Frau Prof. Wille ab 01.01.2016 die Intendanz der ARD übernimmt und im eigenen Haus beim MDR mit einem verfassungswidrig besetzten Gremium arbeiten muss.
Insgesamt lehnt die AfD die Zusammensetzung der Auswahl der staatsfernen Mitglieder als willkürlich und nicht nachvollziehbar ab. Wir werden uns aus diesem Grund enthalten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht auf alles eingehen, was die AfD-Fraktion gesagt hat. Aber mir ist wichtig, dass nicht im Raum stehen bleibt, der MDRStaatsvertrag sei verfassungswidrig. Das Bundesverfas
sungsgerichtsurteil bezieht sich ausdrücklich auf das ZDF, und deshalb ist die Schlussfolgerung, dass es beim MDR genauso wäre, nicht richtig.
Vielen Dank. Das Bundesverfassungsgericht macht generelle Regelungen, und es hat zur Gremienbesetzung insgesamt beim öffentlich
rechtlichen Rundfunk am Beispiel des ZDF Stellung genommen. Es ist sicherlich so, dass daraus unzweifelhaft, ohne Schwierigkeiten herauszulesen ist, dass auch der MDR-Staatsvertrag und die dortige Gremienbesetzung verfassungswidrig ist. Ich glaube, in dieser Form hatte sich auch Prof. Wille schon einmal positioniert. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das hier schon viel zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom März 2014 hat sehr deutlich gemacht, dass der Anteil der staatlichen und staatsnahen Vertreterinnen und Vertreter in den Gremien des ZDF auf ein Drittel zu begrenzen ist.
Die Länder waren im Zugzwang. Sie mussten den Staatsvertrag vor der neuen Amtsperiode des Fernsehrates novellieren, sodass sich dieser ab Juli 2016 verfassungskonform konstituieren kann. Es war nicht viel Zeit, aber es war genug Zeit, um Regeln für die ZDF-Gremien zu modernisieren.
Dem Verfassungsgericht ging es vor allem darum, die politische Einflussnahme wie im Jahr 2009 beim Fall des Chefredakteurs Brender – Kollege Falk Neubert hat darauf hingewiesen – zu verhindern. Außerdem sollte die Vielfalt der gesellschaftlichen Gruppen besser abgebildet werden. Gemessen an diesem Anspruch der Demokratisierung ist der vorliegende Entwurf für uns GRÜNE eine Enttäuschung.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Schauen wir uns die Regelung für die Staatsbank an. Die Gruppe ist zwar zahlenmäßig nun kleiner, aber sie ist eben auch weniger vielfältig; denn die Parteien werden vollständig aus dem Gremium ausgeschlossen, während die Landesregierungen fest im Sattel bleiben. Wenn aber die kleineren Parteien ausgeschlossen werden und nur noch die Regierungsparteien vertreten sind, dann wird das gewählte Parteienspektrum nicht mehr abgebildet. Das ist unter demokratischen Gesichtspunkten höchst bedenklich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD! Dass Sie das nicht sonderlich stört, mag sein, aber als Fortschritt in Sachen Staatsferne können Sie das eben
Wir GRÜNE wollen keinen Schwarzfunk, wir GRÜNE wollen keinen Rotfunk und wir GRÜNE wollen auch keinen Grünfunk, sondern wir sehen dazu eine klare Alternative. Sie heißt, die Exekutive soll aus dem Verwaltungs- und Fernsehrat vollständig ausgeschlossen werden, hingegen die Parteien entsprechend ihrer Wahlergebnisse vertreten sein. Den Ton sollten eigentlich die gesellschaftlichen Gruppen angeben.