Protocol of the Session on October 8, 2015

Haben Sie Ihre Oppositionsrolle verstanden, wie es die Pflicht eines Parlamentariers ist, so, wie wir alle einen Amtseid auf dieses Land abgelegt haben? – Nein, diesen Eindruck habe ich nicht.

Dennoch: Sie haben noch vier Jahre Zeit. Noch haben Sie die Chance, Ihren gestaltenden Anspruch als Oppositionsfraktion zu beweisen. Noch haben Sie die Chance. Befreien Sie sich schlicht und ergreifend von der Angst!

(Dr. Frauke Petry, AfD, lacht.)

Falls Sie dazu nicht in der Lage sind, tun Sie uns einen Gefallen: Versuchen Sie nicht weiter, Angst in diesem Land zu verbreiten.

(Beifall bei der SPD – Jörg Urban, AfD: Wenn wir die SPD wären, dann würden wir hier aufhören!)

Gibt es noch Redebedarf von der Fraktion GRÜNE? – Das sieht nicht so aus.

(Karin Wilke, AfD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Möchten Sie eine Kurzintervention machen? – Dann müssen Sie das jetzt gleich machen. – Ach. Sie hatten schon zwei. Tut mir leid. Sie dürfen nur zwei zu einem Punkt halten.

Ich frage noch einmal in die Runde: Gibt es noch Beiträge zur Aktuellen Debatte? – Dann beginnt die AfD wieder. Bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss schon gestehen, ich bin ein wenig erstaunt.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Aha!)

Sie hatten es gar nicht nötig, auf meinen Redebeitrag einzugehen. Sie konnten einfach völlig unqualifiziert auf jede Form der AfD eindreschen, egal, ob es in Thüringen, im Bund oder irgendwo sonst war. Sie hatten es gar nicht nötig zu gucken, was die AfD hier in Sachsen macht.

(Unruhe)

Zum Beispiel hatten wir in der letzten Woche eine Demonstration vor der Staatskanzlei.

Doch nun zu einzelnen Redebeiträgen. Sehr geehrter Herr Scheel, wir haben unser ursprüngliches Debattenthema am letzten Donnerstag kurzfristig geändert – es ging um die Hochschule –, weil Frau Staatsministerin Stange krank war. Das war der Grund, warum wir dieses Thema kurzfristig eingefügt haben.

Nun zu den anderen – Herr Scheel, Frau Kliese, Frau Maicher, Herr Neubert und Herr Mann: Ich habe

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das Thema war eigentlich der Gesundheitszustand der schwarzen Regierung!)

ganz bewusst das Thema gewählt, Gründe für die Glaubwürdigkeitskrise der Politik und der Medien. Wir wollten über Gründe diskutieren. Wir wollten miteinander darüber sprechen, wo etwas schiefgegangen ist.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das macht ihr mal selbst!)

Ich habe dazu sehr wenig bei Ihnen erkennen können. Ihnen lag ein anderes Thema sehr viel näher. Dieses Thema ist wichtig, es ist auch richtig. Es könnte ein anderes, ein zweites Thema bei einem anderen Plenum sein, und es heißt: Ist die Pressefreiheit in Sachsen in Gefahr? Sie haben völlig recht. Das ist ein ganz wichtiges Thema. Darüber müssen wir reden. Ich spüre, wie es Ihnen auf den Nägeln brennt;

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Was uns auf den Nägeln brennt, spüren wir noch selbst!)

denn Sie haben unaufhörlich darüber geredet, aber nicht über unser Debattenthema. Darüber bin ich sehr traurig. Wäre das, was Sie abgeliefert haben, eine Klassenarbeit, würde ich darunter schreiben: Thema verfehlt.

(Beifall bei der AfD)

Es wäre schön, wenn Sie einmal schauen, ob das, was Sie als Populismus bezeichnen, wirklich angesagt ist. Wenn ich bereits in der Zeitung lesen muss, dass die GRÜNEN, noch bevor ich hier den Mund aufgemacht habe, wussten, welche zentrale Begriffe genannt werden würden, dann muss ich mich wundern.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Weil es erwartbar war!)

Sie wurden aber nicht genannt. Habe ich Sie enttäuscht? Das tut mir wirklich schrecklich leid. Sie müssen einfach einmal überlegen, was wir machen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Ich möchte zu Ende reden. – Sie müssen sich einfach einmal die Mühe machen zu gucken, was wir hier sagen.

(Unruhe bei den LINKEN – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nicht gucken, hören!)

Es ist uns ganz wichtig, mit Ihnen zusammen zu sein. Wir machen uns die Mühe hinzuhören. Wir nehmen uns die Zeit, uns Ihre Reden anzuhören und Ihre Anträge durchzulesen und wir kommen auch bis zum letzten Satz.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Da können wir bei Ihnen nicht viel lesen! Drei Zeilen!)

Gestern konnten wir den Antrag der Fraktion der LINKEN produktiv beschreiben und uns mit ihm auseinandersetzen, obwohl er plötzlich und unerwartet auf der Tagesordnung stand.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das ist furchtbar! Das stimmt!)

Wir sind angekommen, aber die Art, wie Sie mit uns umgehen, das mögen wir nicht. Das schätzen wir nicht, und so wird es auch bleiben.

(Unruhe bei den LINKEN – Mirko Schultze, DIE LINKE: Heul doch!)

Wir möchten Sie wirklich ermuntern, mit uns zusammen in einen konstruktiven Dialog einzutreten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Sebastian Scheel, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Eine Kurzintervention? – Herr Scheel, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Die Larmoyanz, mit der Sie hier auftreten und uns weismachen wollen, dass nur die Form Ihres Vortrags – – Wenn Sie ehrlich gewesen wären, dann hätten Sie wenigstens Frau Petry vorgeschickt. Dann hätten wir wenigstens einmal feststellen können, was Ihre Partei eigentlich will. Wenn ich feststelle, dass Ihre Partei im Moment nur zwei Themen kennt,

zwei Themen, die Sie auf Ihrer Bundesseite auch noch schön posten – das eine ist Asyl; Entsolidarisierung mit Flüchtenden aus Kriegsgebieten, und das andere Thema ist die EU-Krise, Griechenland; am besten auch Entsolidarisierung, weil raus aus der EU –, dann kann ich, ehrlich gesagt, nicht erkennen, dass Sie bereit wären, mit uns einen gesellschaftlichen Diskurs an den Problemen entlang zu führen.

Das, was Sie hier dargestellt haben, nennt man das berühmte Kreidefressen. Das haben Sie heute getan. Vielleicht wäre es ehrlicher, Sie würden beim nächsten Mal Ihre Position zu den Themen vortragen und nicht versuchen, uns auf das Glatteis zu führen. Das machen wir nämlich nicht mit.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Dr. Muster, bitte.

Herr Scheel, ich danke Ihnen für diesen Redebeitrag. Es zeigt mir, dass Sie unbelehrbar sind. Ich habe gerade gesagt, wir wollen über unser Debattenthema reden. Wir wollen über die Gründe der Glaubwürdigkeitskrise reden. Wir sind gerade nicht dabei, die Bauchnabelschau der AfD zu betreiben. Ich würde Sie ermuntern und einladen, auch einmal bei dem Debattenthema mitzumachen.

Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, möchte noch eine Fraktion zur Aktuellen Debatte sprechen? – Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe überlegt, ob ich jetzt noch einmal spreche, nach dem emotionalen Auftritt von Frau Dr. Muster. Ich glaube, es hat aber einfach gezeigt, dass der Debattentitel gar nicht so schlecht ist und dass es auch gut ist, dass wir darüber einmal gesprochen haben. In der Tat haben wir eine gewisse Glaubwürdigkeitskrise, sowohl wir als Politik als auch die Medien, weil ich feststelle, dass dieser Streit, der heute wieder gelebt wurde, das ist, was wir als Bild nach außen vermitteln.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir mittlerweile nur noch von linken und rechten extremen Meinungen die veröffentlichte Meinung transportieren, und eigentlich das, was die Mehrheit der Menschen denkt, was pragmatisch ist und was der Komplexität der gegenwärtigen Fragen gerecht wird, gar nicht mehr herübergebracht wird, dass die Leute dann natürlich abschalten und die Biedermeierzeit wieder anbricht: Sie verziehen sich ins Wohnzimmer und lassen die Politik und die Medien ihr Ding machen. Das ist es, weshalb wir aufwachen müssen. Das ist etwas, über das wir ernsthaft reden müssen, ob das gut ist oder ob wir uns vielleicht auf einem falschen Weg befinden.

Die ganzen Ressentiments und Kampfbegriffe, die wir eigentlich nicht verwenden wollen, sind heute auch wieder gefallen: Lügenpresse, Volksverräter. Die Nazikeule wurde sofort wieder herausgeholt. Genau das ist es, was wir nicht machen sollten.