Protocol of the Session on October 7, 2015

(Martin Modschiedler, CDU: Natürlich, Herr Schollbach!)

Anschließend versucht man sich hier zu feiern, was die Bekämpfung des Crystal-Missbrauchs betrifft. Das ist nicht miteinander in Einklang zu bringen.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Schollbach. Darauf reagiert jetzt unser Kollege Krauß.

Auch wenn sich die Kurzintervention auf das bezog, was ich vor einer halben Stunde gesagt habe – ich bin dafür, dass alles an Kriminalität verfolgt wird. Ich bin sicher, dass das bei uns im Freistaat Sachsen getan wird, dass diese Dinge verfolgt werden. Wenn sich aber jemand von der Linksfraktion zu Wort meldet, bitte ich darum – – Mir würde es schon reichen, wenn Sie mithelfen, dass Ihre Abgeordneten hier im Landtag keine illegalen Drogen nehmen. Wenn Sie das schaffen könnten, wären wir schon weit. Also fangen Sie, bitte, bei sich an.

(Beifall und Lachen bei der CDU – Starke Unruhe)

Wir fahren jetzt in der zweiten Rednerrunde fort. Das Wort hat erneut Frau Kollegin Lang von der SPD-Fraktion.

(Starke Unruhe)

Ich bitte jetzt um Ruhe, damit die Kollegin ihre Ausführungen machen kann.

Wie bereits gesagt, wurde im Haushalt deutlich mehr Geld eingestellt, Mittel für Suchtbehandlung, 1 Million Euro im Kampf gegen Crystal, aber auch für sozialtherapeutische Wohnstätten mit chronisch mehrfach abhängigkeitskranken Drogenkonsumenten

ebenso wie für Projekte für stationäre Wohnformen von suchtkranken Müttern mit Kindern.

Abschließend ist nur zu sagen: Wo es Nachfrage gibt, gibt es auch immer ein Angebot. Wenn Menschen Drogen wollen, werden sie sie bekommen. Was geschieht, wenn wir Dealer stärker verfolgen oder wenn an bestimmten Stellen intensiver kontrolliert wird? Die Hersteller und Dealer werden weiterwandern. Sie verschwinden nicht einfach. Richtig ist es, den Verfolgungsdruck aufrecht zu erhalten, und das konstant.

Es darf allerdings nicht unser Schwerpunkt sein, auf Verfolgung zu schauen und ständig zu überwachen, zu kontrollieren oder zu verdächtigen. So kann man Drogenmissbrauch und Drogenkriminalität nicht allein begegnen. Dafür braucht es unter anderem auch mehr Polizei und deren Ausstattung. Es hilft nur eine effektive Prävention. Menschen müssen aufgeklärt werden über den Reiz der Drogen, und es muss natürlich auch Ausstiegschancen geben für diejenigen, die abhängig geworden sind.

Wir müssen uns damit beschäftigen, dass Beschaffungskriminalität parallel zum Drogenkonsum steigt und wie wir der Sache begegnen wollen. Für mich ist ganz wichtig, dass wir damit anfangen, schon im Kindergarten und gemeinsam mit den Eltern den Grundstein zu legen für Konfliktfähigkeit, für Leistungsfähigkeit und für viele andere Kompetenzen, um Drogenkonsum entgegenzuwirken.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Das war Frau Lang. Jetzt könnte das Wort von der Fraktion DIE LINKE ergriffen werden. – Das passiert auch. Bitte, Frau Klepsch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich ist es erfreulich, wenn sich die Koalition auch neuen Herausforderungen stellt und das Thema Crystal oder die Bekämpfung des Crystal-Konsums zur besonderen Aufgabe macht. Aber – da gebe ich Volkmar Zschocke recht – es ist heute kein Anlass zum Jubeln.

Ich will noch einmal fünf Jahre zurückgehen und daran erinnern: Vor fünf Jahren – 2010 – hat die schwarze Regierung damals hier große Kürzungen im Sozialbereich vorgenommen. Präventionsmaßnahmen wirken aber eben nicht nur in den Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen, die jetzt im aktuellen Doppelhaushalt wieder gestärkt werden, sondern sie greifen auch früher – das ist zum Teil bereits angesprochen worden –, indem wir professionelle Sozialarbeit in ganz verschiedenen Einrichtungen und Formen anbieten. Der Kahlschlag, der 2010 passiert ist, hat seine Auswirkungen gezeitigt. Insofern hat diese Regierung damals die Entwicklung mit befördert, weshalb wir heute über gestiegene Zahlen bei verschiedenen Varianten der Sucht sprechen. Es ist deshalb etwas verlogen, sich hier als Sanitäter auf die Schulter zu klopfen, wenn man das Kind hat in den Brunnen fallen lassen.

Warum ist die professionelle Sozialarbeit so wichtig? Nicht jeder Jugendliche, der ein Suchtproblem hat, geht damit zu seinen Eltern. Er kann damit auch nicht immer hingehen, weil es auch Eltern gibt, die suchtbelastet oder suchtgefährdet sind. Gerade deshalb ist es wichtig, vielfältige Angebotsformen vorzuhalten. Das sind eben nicht nur die Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen. Diese greifen erst dann, wenn jemand schon in einer schwierigen Situation ist.

Kommen wir noch einmal auf die Erhöhung der Fördermittel zu sprechen. Natürlich ist es erfreulich, wenn die Fördermittel in diesem Bereich von 3,5 Millionen Euro 2010 auf gegenwärtig 5,1 Millionen Euro erhöht worden sind. Das ist ein Aufwuchs von über 1 Million Euro im Vergleich zum Vorjahr. Aber – das ist schon angesprochen worden – es ist doch befremdlich, wenn am 18. August

die Staatsregierung auf eine Anfrage meines Kollegen Mirko Schultze mitteilen muss, dass man sich immer noch in der Prüfung der Bewilligungsbehörde befindet, wer denn nun wie viel Geld bekommt. Das heißt, die Suchtberatungsstellen haben mindestens acht bis neun Monate, also fast ein Dreivierteljahr, ohne sichere Planungsperspektive gearbeitet. Das ist genau kontraproduktiv zu dem, was Sie formuliert haben, Herr Krauß, dass Sie nämlich hier gezielt vorgehen wollen.

(Einzelbeifall)

Lassen Sie mich auf einen zweiten Punkt eingehen. Ja, es gibt mehr Geld. Ich habe mir die Zahlen angeschaut. 2010 hatten wir 46 Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen. Gegenwärtig sind es nur noch 45. Das heißt, wir haben sogar weniger Suchtberatungsstellen, 45 statt 46 Einrichtungen. Auch die 184 Stellen, die jetzt finanziert werden sollen, erreichen nicht einmal die von Ihnen formulierte Zielmarge von 1 : 20 000 Fällen in den Beratungsstellen.

Lassen Sie mich noch auf einen weiteren Punkt eingehen. Herr Krauß war es, glaube ich, der auf die Schulleiterbriefe verwiesen hat. Ich glaube, dieser Ansatz greift viel zu kurz.

Ich will noch einmal verstärkt auf das Thema Fortbildung im schulischen Bereich eingehen. Wenn man sich ansieht, was für Fortbildungsangebote wir dort haben, so muss man feststellen, dass die zum Teil an Schultagen stattfinden, also dann, wenn eigentlich die Lehrer vor der Klasse stehen sollten – so wie jetzt am 29. Oktober. Wir wissen, wie groß der Unterrichtsausfall ist. Es ist also kontraproduktiv, das auch noch wochentags anzubieten. Außerdem fallen dort zum Teil Teilnehmergebühren von 30 oder 40 Euro an. Ich finde, es ist vermessen zu verlangen, dass die pädagogischen Fachkräfte, seien es Erzieherinnen oder Erzieher, seien es Lehrerinnen oder Lehrer, auch noch Geld dafür bezahlen sollen, dass sie eine Aufgabe des gesellschaftlichen Interesses wahrnehmen, indem sie sich selbst fortbilden, damit wir im Bereich Suchtprävention als Land gut aufgestellt sind.

Ich glaube, wir müssen politische Prioritäten setzen. Wir müssen Formate entwickeln, wie wir mit Suchtpräventionsangeboten, mit Fortbildungsangeboten in die Schulen gehen und die Lehrer- oder Erzieherteams in den Schulen und Kitas gemeinsam fortbilden, und dürfen nicht darauf hoffen, dass sie irgendwann vereinzelt an einer Fortbildung teilnehmen.

Ein letzter Punkt ist die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Das liegt weit vor der Suchtprävention.

Die Redezeit geht zu Ende.

Wollen wir in einer Gesellschaft leben, die von Leistungsdruck geprägt ist, oder wollen wir in einer wertschätzenden Gesellschaft leben, in der deutlich weniger Anlass besteht, sich mit

Suchtmitteln den Tag schönzutrinken oder sich aufzupuschen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, die Redezeit ist zu Ende, Herr Landtagspräsident. Aber es war das letzte Mal, dass ich heute in diesem Hohen Hause als Abgeordnete zu Ihnen gesprochen habe. Ich will mich deshalb noch ganz kurz bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, mit denen ich in den letzten sechs Jahren fachpolitisch sehr gern und auch durchaus kontrovers zusammengearbeitet habe. Ich will mich aber auch bedanken bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Parlamentsdienstes, die im Hintergrund eine ganz wichtige Arbeit leisten, und natürlich auch bei der Verwaltung in den Ministerien, die eine ganze Reihe von Kleinen Anfragen beantworten mussten.

Vielen Dank und Auf Wiedersehen!

(Starker Beifall des ganzen Hauses)

Das war Frau Klepsch. Ich habe die deutliche Redezeitüberschreitung aus gegebenem Anlass hingenommen. Aber ich sage für alle anderen: Das ist nur möglich, wenn Sie sich auf diese Art und Weise aus dem Parlament verabschieden.

(Heiterkeit)

Wir gehen jetzt weiter in unserer Rednerreihe. Die AfD könnte noch einmal das Wort ergreifen. – Das passiert auch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fahre mit dem Thema Prävention fort.

Prävention beginnt bekanntlich schon in der Familie. Hierzu ist es notwendig, dass Familien rechtzeitig erreicht werden. Zudem sind Arbeitsplätze, Betriebe, Verwaltungen, Verbände, Vereine, Schulen, Universitäten usw. optimale Orte, um Erwachsene, Schüler oder Jugendliche flächendeckend und kontinuierlich zu erreichen. Hier sollte man verstärkt auf die Auswirkungen und die Folgen des Suchtmittelgebrauchs aufmerksam machen. Ich würde mir hier insbesondere auch intensivere Schulungsprogramme für Vorgesetzte wünschen, um effektiv arbeiten zu können.

Lassen Sie mich noch einmal auf die Rauschgiftproblematik eingehen, über die jetzt schon mehrfach debattiert worden ist. Wie Sie wissen, haben wir in Sachsen seit einigen Jahren große Probleme mit der Droge Crystal. Die Straftaten in diesem Segment steigen jährlich an. Eine Symptombekämpfung bringt uns hier wirklich nicht weiter. Alle Behörden – hier schließe ich auch die Behörden der benachbarten Länder ein – müssen in die Lage versetzt werden, gegen diese kriminellen Strukturen vorzugehen. Dabei ist eine Bündelung aller Kräfte – da schließe ich die Landespolizei, aber auch die Staatsanwaltschaften ein – unabdingbar. Dies kann aber nur gelingen, wenn genügend Personal und die entsprechende Ausrüstung zur Verfügung stehen. Dies anzugehen ver

langt ein Wollen der Landes-, aber auch der Bundesbehörden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Staatsregierung, nehmen Sie sich bitte weiterhin und in einigen Bereichen etwas verstärkter dieser Problematik an, damit wir in Zukunft bessere Zahlen vorweisen und uns bei diversen Statistiken von den hinteren Plätzen nach vorn arbeiten können. Das schließt natürlich eine KostenNutzen-Rechnung ein. Wenn jedoch der Freistaat Sachsen, wie in der Kleinen Anfrage meines Kollegen Carsten Hütter in der Drucksache 6/2045 deutlich geworden ist, seinen Eigenanteil, den er jährlich dem Suchthilfesystem zukommen lässt, nicht beziffern kann, wird eine Verbesserung der Zahlen nicht möglich sein. Die Problematik ist erkannt, sie liegt schon seit mehreren Jahren vor. Wir müssen uns der Problematik endlich effizient annehmen, damit die Zahlen eingedämmt bzw. abgesenkt werden können, damit wir uns in diesem Bereich landesweit respektive bundesweit verbessern können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nach Herrn Wendt könnte nun die Fraktion GRÜNE noch einmal das Wort ergreifen. – Sie verzichtet darauf. Wir könnten nun eine dritte Rederunde eröffnen, so denn Redebedarf bestünde. Ich frage die einbringenden Fraktionen. – Kein Redebedarf mehr. Gibt es sonst noch Redebedarf aus dem Rund dieses Hohen Hauses? – Das kann ich nicht erkennen. Damit hat die Frau Staatsministerin das Wort. Bitte, Frau Staatsministerin Klepsch; das Rednerpult gehört Ihnen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Sucht und Drogenbekämpfung begleitet uns dauerhaft und wird wahrscheinlich auch immer aktuell sein. Wo stehen wir im Freistaat Sachsen? Unser Konzept aus dem

2. Sächsischen Drogen- und Suchtbericht steht auf drei Säulen: die erste Säule: das Thema Prävention durch Information; die zweite Säule: Hilfen im Sinne von Beratung und Behandlung und die dritte Säule – ebenfalls bereits angesprochen –: das Thema Repression.

Wo stehen wir weiter? Der Freistaat Sachsen verfügt über ein – ich meine – gut ausgebautes Hilfe- und Unterstützungssystem, wenngleich wir uns natürlich nicht zurücklehnen können. Wir müssen das Konzept in der Praxis ständig weiterentwickeln; und wenn wir Gespräche vor Ort führen, dann wird deutlich, dass genau an der Schnittstelle zwischen Suchthilfe und angrenzenden Hilfesystemen noch weiterer, größerer Bedarf besteht.

Nun ist, wenn wir uns den Doppelhaushalt anschauen, die Aufstockung der Mittel für die Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen ein erster und richtiger Schritt. 5,1 Millionen Euro stehen jetzt im Doppelhaushalt zur Verfügung, und unser gemeinsames Ziel ist es, den Fachkräfteschlüssel auf 20 000 Einwohner je Fachkraft zu

senken. Dass es wichtig ist, diese Gelder auch langfristig bereitzustellen, zeigt der große Beratungsbedarf, und dieser steigt; die Zahlen wurden bereits durch die Vorredner erwähnt. Er steigt nicht nur, weil Crystal weiterhin mit 67 % die Hauptproblemsubstanz Nummer 1 im Bereich der illegalen Drogen ist, sondern auch beim Thema Alkohol sind über 50 % der Behandlungsfälle zu verzeichnen.

Zusätzlich zu diesen 5,1 Millionen Euro, die für das Thema Fachkraftfinanzierung bereitgestellt werden,