Protocol of the Session on November 12, 2014

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Scheel, wenn man eine neue Debattenkultur haben möchte, dann sollte man sich überlegen, wie man diese erreichen kann. Ich denke, wir können sie eher dadurch erreichen, dass wir in den Ausschüssen alle eine wirkliche Debatte über die Argumente führen, dass wir uns dort die Zeit dazu nehmen, uns auszutauschen, dass wir dort nicht so agieren, dass es Mehrheit und Minderheit gibt.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das muss man erst einmal üben!)

Ich denke, wenn wir einen Schritt in diese Richtung gehen und uns jetzt alle gemeinsam vornehmen, in den Ausschüssen eine andere Debattenkultur herzustellen und für einen anderen Umgang miteinander zu sorgen, dann ist die Frage, ob das öffentlich stattfinden muss oder nicht. Darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen, auch in meiner Fraktion. Es gibt im Übrigen auch unterschiedliche Auffassungen mit den Erfahrungen in anderen Bundesländern dazu, ob es so glücklich ist, dass man zweimal diese Schaufensterdebatten hält.

Deshalb ist die Frage, ob wir das jetzt zum Gegenstand einer Gewissensentscheidung machen müssen – davon wurde ja heute schon gesprochen –, oder ob wir sagen, wir wollen eine praktikable Lösung für die Geschäftsordnung. Wir sollten dazu übergehen, uns alle gemeinsam vorzunehmen, eine andere Debattenkultur in den Ausschüssen zu pflegen, und darüber nachdenken, ob wir diesen Weg gemeinsam gehen können. Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir daran fest, dass es aus gutem Grund öffentliche und nicht öffentliche Sitzungen gibt.

Deshalb möchten wir bei der jetzigen Regelung bleiben und den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Herr Brangs sprach für die SPD-Fraktion. Gibt es weiteren Redebedarf zum eingebrachten Änderungsantrag? – Das kann ich nicht feststellen.

Ich stelle damit die Drucksache 6/241, Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion GRÜNE, zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Viele Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Änderungsantrag bei vielen Jastimmen und einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich darf jetzt die Drucksache 6/242 aufrufen, Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Zur Orientierung: Es geht um das Stimmrecht der externen Sachverständigen in der Enquete-Kommission. Wer möchte den Antrag einbringen und begründen? – Wiederum Herr Kollege Scheel an Mikrofon 1.

Meine verehrten Damen, meine Herren! Ich habe schon in meinem Einstiegsstatement kurz auf den Sachverhalt hingewiesen. Wir haben seit 2004 die Möglichkeit, vor Entscheidungsfindungen im Landtag sogenannte Enquete-Kommissionen einzusetzen, die sich mit klar umrissenen Themenfeldern auseinandersetzen. Bisher hatten wir zwei davon. Um es verkürzt zu sagen: Die eine hat sich mit Fragen der Demografie auseinandergesetzt, die andere mit Fragen der Technologie.

Mit dem Instrument der Enquete-Kommission haben wir gute Erfahrungen gemacht, vor allen Dingen im Jahr 2004, als es darum ging, im Sinne der Sache richtige Vorschläge für die vorparlamentarische Befassung zu

unterbreiten. Die Ergebnisse gerade der EnqueteKommission zur Demografie – den Bericht kann ich nur jeder und jedem ans Herz legen – fanden weit über Parteigrenzen hinweg Anerkennung. Wir haben wirklich wichtige Debatten geführt und zentrale Fragen aufgeworfen.

Die Ergebnisse kamen nicht etwa deshalb zustande, weil ein klares Schwarz-Weiß-Verhältnis – in diesem Fall: Schwarz-Rot-Verhältnis – dagewesen wäre, sondern weil entlang der Sachfragen debattiert wurde und entsprechende Entscheidungen gefällt wurden. Insofern vertraten teilweise auch Sachverständige, die von den Koalitionsfraktionen bestellt worden waren, Positionen, die in diesen nicht unbedingt mehrheitsfähig waren. Aber die Sachverständigen haben gesagt: Wir können – als Sachverständige – diese Position mittragen.

Aus dieser Erfahrung heraus ist im Jahr 2009 eine Änderung der Geschäftsordnung vorgenommen worden. Dann hieß es sinngemäß: Die Sachverständigen können gern herkommen und uns etwas erzählen. Aber wenn es um die Abstimmung geht, dann wollen wir schon gern unsere Mehrheit sichern.

Sie haben jetzt die Möglichkeit, unserem Änderungsantrag zuzustimmen und zu der Variante „Vorrang der Sachdebatte vor der politischen Mehrheitsmeinung“ zurückzukehren. Damit würden Sie den Sachverständigen in der Enquete-Kommission dasselbe Stimmrecht geben, das die Abgeordneten besitzen, und die Arbeit der Kommission aufwerten. Dann müssen wir hoffentlich nicht mehr ein hundertseitiges Minderheitenvotum – wie im Zusammenhang mit der Enquete-Kommission zur Technologiefrage – über uns ergehen lassen.

Vielen Dank für Ihre Zustimmung und Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Kollege Scheel begründete den Antrag für die einbringende Fraktion. Jetzt rufe ich Herrn Kollegen Piwarz auf, der am Mikrofon 5 sprechen wird.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Eines vorweg: Auch uns ist die Arbeit der EnqueteKommissionen wichtig. Wir haben sie schätzen gelernt, auch hinsichtlich der Ergebnisse. Die DemografieEnquete und die Technologie-Enquete haben sehr gute, unser Land weiterführende Ergebnisse gebracht. Deswegen ist es gut und richtig, dass wir auf dieses Instrument vertrauen.

Aber es ist ein besonderes Instrument, das die Geschäftsordnung vorsieht; es unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von dem, was wir ansonsten als Grundlage unserer Arbeit haben. Darauf sollten wir auch bei der Ausgestaltung von Enquete-Kommissionen Rücksicht nehmen.

Aus guten Gründen – ich werde das Argument auch in der Debatte zu einem anderen Änderungsantrag anführen –

haben im Hohen Hause diejenigen das Stimmrecht, die direkt vom Volk gewählt, das heißt als Volksvertreter hierher entsandt worden sind. Wir sind für das, was wir tun, verantwortlich. Wir stehen unseren Wählern, bezogen auf das, was wir tun, Rede und Antwort. Vor diesem Hintergrund und mit dieser Begründung kann ich gut argumentieren, dass ein externer Sachverständiger, dessen wissenschaftlich-fachlicher Rat mir sehr, sehr wichtig ist, nicht mit einem Abgeordneten gleichzusetzen ist und deshalb nicht die Möglichkeit haben kann, mit Stimmrecht in der Enquete-Kommission zu arbeiten.

Dass diejenigen, die mit ihrer fachlichen Expertise in den Enquete-Kommissionen arbeiten, sehr wesentlichen

Einfluss darauf nehmen, was als Ergebnis herauskommt, haben wir bei allen Enquete-Kommissionen erlebt. Von daher meine ich, dass es Ihres Änderungsantrags hier nicht bedarf. Wir werden ihn ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. Kollege Piwarz sprach für die CDU-Fraktion. Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall.

Ich stelle also den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, vorliegend in der Drucksache 6/242, zur Abstimmung und bitte Sie bei Zustimmung zu diesem Änderungsantrag um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 6/242 ist nicht zugestimmt worden, sondern er ist – bei doch allerhand Jastimmen und einigen Stimmenthaltungen – mehrheitlich abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 6/243 auf und bitte darum, ihn einzubringen. Das tut jetzt Herr Kollege Lippmann vom Mikrofon 4 aus.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits in der Rede gerade angesprochen und auch von Herrn Piwarz angedeutet, geht es in diesem Änderungsantrag um die Frage, ob Personen mit institutionellen Rechten das Rederecht hier im Plenum gewährt werden soll. Der Datenschutzbeauftragte, der Präsident des Rechnungshofes und auch der Stasi-Unterlagen-Beauftragte werden vom Landtag gewählt; sie erhalten vom Landtag Aufgaben übertragen. Aus unserer Sicht ist es unverständlich, warum sich die Genannten zu ihren regelmäßigen Berichten lediglich im Rahmen der Ausschussdebatten äußern dürfen. Wir möchten es ermöglichen, dass sie sich auch dann, wenn über die regelmäßigen Berichte im Plenum diskutiert wird, hier äußern dürfen.

Wir hatten bereits im Jahr 2009 einen entsprechenden Antrag gemeinsam mit den LINKEN und der SPD gestellt. Damals war es allen unverständlich, warum diese Frage nicht geklärt, das heißt, das Rederecht hier nicht gewährt wurde. Es geht, wohlgemerkt, um ein Rederecht

und nicht, wie in dem Änderungsantrag zur EnqueteKommission, um ein Stimmrecht. Von daher sind wir der Meinung, das Rederecht sollte man ihnen gewähren. Ich kann den Ausführungen von vor fünf Jahren nur beipflichten: Es ist schlicht unverständlich, dass die Genannten hier nicht reden dürfen. Das ist ein Unding.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lippmann. Das Wort hat jetzt Herr Kollege Piwarz. Er spricht von Mikrofon 5 aus.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Das ist ein Punkt, bei dem von unserer Seite aus die gleiche Argumentation wie vorhin greift. Natürlich achten wir die Arbeit des Datenschutzbeauftragten, des Präsidenten des Rechnungshofes und des Stasi-UnterlagenBeauftragten. Gerade aus diesem Grund haben wir in die Geschäftsordnung eine klarstellende Regelung aufgenommen, die das Zutrittsrecht, das Rederecht und die Möglichkeit der Beteiligung der Genannten an den Ausschussdebatten regelt.

Aber wir sind auch bei dieser Frage der Auffassung, dass im Plenarsaal des Hohen Hauses nur diejenigen sprechen sollten, die direkt vom Volk hierher entsandt wurden. Ich will das mit einer Ergänzung begründen, die die Stringenz der Systematik verdeutlicht: Künftig soll es möglich sein – das ist ein weiterer kleiner Änderungspunkt –, dass Vertreter von Volksanträgen hier ihren Volksantrag vorstellen. Auch das sind quasi Volksvertreter; ihnen werden wir die Möglichkeit einräumen, ihr Anliegen hier vorzutragen. Aber auch wir sind Volksvertreter und können unsere Anliegen im Hohen Hause vortragen und darüber diskutieren. Bei aller Wertschätzung für die Beauftragten: Diese Voraussetzung erfüllen sie nicht.

Deshalb meinen wir, dass es dabei bleiben sollte: volles Rede- bzw. Diskussionsrecht in den Ausschüssen, aber kein Rederecht im Plenum. Wir werden den Änderungsantrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Piwarz. Gibt es weiteren Redebedarf? – Diesen kann ich nicht erkennen.

Ich stelle den in der Drucksache 6/243 vorliegenden Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion DIE LINKE zur Abstimmung. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? –

(Holger Mann, SPD, gestikuliert.)

War das eine Stimmenthaltung, Kollege Mann?

(Holger Mann, SPD: Nein!)

Entschuldigung!

Damit ist der in der Drucksache 6/243 vorliegende Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE in der Drucksache 6/244 auf. Ich bitte um Einbringung und Begründung. Bitte, Herr Kollege Lippmann.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Änderungsantrag geht es um die Frage des Umgangs mit den Protokollen von Untersuchungsausschüssen. Wir beantragen, dass diese zukünftig auch im Internet veröffentlicht und dementsprechend dort eingesehen werden können. Unserer Auffassung nach regelt das Untersuchungsausschussgesetz, dass diese Protokolle grundsätzlich von jedermann eingesehen werden können. Eine ähnliche Rechtsgrundlage ergibt sich aus Anlage 4 der Geschäftsordnung, die wir heute beschließen werden, zu dem Punkt der OnlineVeröffentlichung von Protokollen der Sitzungen.

Von daher ist es uns unverständlich, warum man in Bezug auf die Protokolle von Untersuchungsausschüssen eine Einschränkung trifft, zumal es uns nur um die Protokolle der öffentlichen Sitzungsteile geht. Wir haben in den Änderungsantrag zudem explizit die Formulierung aufgenommen, dass die Veröffentlichung erst nach Fertigung des Abschlussberichts erfolgen soll, um den Bedenken Rechnung zu tragen, dass sich Personen anhand der Protokolle eventuell auf zukünftige Zeugenbefragungen vorbereiten können.

Wir bitten um Unterstützung für unseren Änderungsantrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lippmann. Das Wort ergreift zur Gegenrede Herr Kollege Piwarz am Mikrofon 5.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten das Thema im Rahmen der PGFBeratung, und der Juristische Dienst hat dazu eine Stellungnahme gefertigt, der wir uns anschließen. Das Problem liegt darin, dass das Untersuchungsausschussgesetz, das expressis verbis vorschreibt, dass zwar eine Möglichkeit zur Einsichtnahme vorgesehen wird, dies aber eine Einzelfallentscheidung darstellt und eine generelle Veröffentlichung im Internet logischerweise dem entgegensteht. Vor diesem Hintergrund, vor dieser gesetzlichen Schranke, der wir an der Stelle unterliegen, können wir diesem Änderungsantrag nicht zustimmen.