Herr Wurlitzer hat in seiner Eigenschaft als großer Politikberater den GRÜNEN einmal erzählt, dass sie in den Landtag gewählt wurden, um für den Naturschutz zu sein und für nichts anderes. Ich spiele den Ball mal zurück: Ich glaube nicht, dass Ihre Wählerinnen und Wähler Sie dafür gewählt haben, dass Sie sich hier permanent in selbstreferenziellem Gejammer ergeben.
(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Stefan Dreher, AfD: Nein, das ist dummes Geschwätz! – Lachen bei der AfD)
Zweitens. Vom Titel der Aktuellen Debatte hatte ich erwartet, dass Sie hier über Pegida sprechen und über die Frage, wie diese Versammlungen – sofern man sie noch als Versammlung bezeichnen kann – mit Politikern umgehen. Ich habe den Reden auf Ihrem Bundesparteitag am Wochenende entnommen, dass Sie sich nun selbst als
(Zuruf von der AfD: Da haben Sie ihn missverstanden! – Dr. Stefan Dreher, AfD: Waren Sie dabei gewesen?)
In diesem Zusammenhang erwarte ich, dass Sie sich auch dazu äußern. Denn wenn es in den letzten Monaten und Wochen eine Versammlung, einen Zusammenschluss von Menschen gegeben hat, der Abgeordnete teilweise wirklich als Freiwild betrachtet hat, dann waren es Pegida und die permanenten Rufe „Abgeordnete sind Volksverräter“.
(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Stefan Dreher, AfD: Gehen Sie zu Herrn Bachmann und reden Sie mit ihm! – Uwe Wurlitzer, AfD: Was haben wir mit Pegida zu tun? – Zuruf von der AfD: Dummes Gerede!)
Hören Sie sich an, was Frau Petry zu Pegida gesagt hat! Meinen Sie, dass Sie das nicht alles ernst nehmen müssen?
Lassen Sie mich doch mal ausreden. Sie können eine Zwischenfrage stellen; das ist ohne Probleme möglich.
Sie machen sich gemein mit Menschen, die Abgeordnete als Abschaum der Gesellschaft betrachten. Sie zündeln da gewaltig mit, und deswegen hätte ich in dieser Aktuellen Debatte, in der es um das vermeintliche Freiwild als Abgeordnete geht, erwartet, dass Sie dazu klar Stellung beziehen. Das haben Sie nicht getan.
Von daher sage ich auch, wenn jetzt jemand wie Herr Spangenberg mit dem sehr moralisch erhobenen Zeigefinger des Weges kommt, da bin ich durchaus verwundert. Ich habe mir erhebliche Teile Ihres Bundesparteitages im Livestream angeschaut. Was dort teilweise von Mitgliedern geäußert wurde, auch über Abgeordnete, über die Politik und das System – das sind wirklich Leute, die Abgeordnete als Freiwild betrachten. Kurzum, Sie vergiften das politische Klima hier kräftig mit und zeigen jetzt mit dem Finger auf die anderen. Das ist unredlich, und das ist schräg. Und was überdies vollkommen unredlich ist: Sie nehmen es dabei mit der Wahrheit nicht genau.
Herr Wurlitzer, Sie haben in einer Aktuellen Debatte im letzten Plenum gesagt, Sie würden Beweise vorlegen für vermeintliche Aggressionen von Jusos und Grüne-JugendMenschen gegen Ihre Infostände. Sie haben das bis heute
Herr Lippmann, Ihnen ist vielleicht nicht entgangen, dass auch auf einem Ihrer Parteitage Ihr Bundesvorsitzender mit Farbbeuteln beschmissen worden ist?
Das war 1999, das mag schon sein, aber bei uns auf dem Parteitag ist keiner körperlich angegriffen worden. Ganz einfach.
Frau Präsidentin! Ich möchte mich dazu äußern. Ich frage mich jetzt doch nach dem Sachzusammenhang mit diesem Thema. Mir ging es im Wesentlichen darum, dass auf Ihrem Bundesparteitag genau diese Stimmung verbreitet wurde, die Sie hier anderen vorwerfen, nämlich dass Abgeordnete faktisch sich selbst bereichernde korrupte Personen sind, und Sie dieses Bild, dass man mit den Abgeordneten so umgehen kann, wie Sie es selbst kritisieren, auf Ihrem eigenen Parteitag stilisieren. Das hat weiß Gott nichts mit Farbbeutelwürfen im Jahre 1999 zu tun.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lippmann, auch wenn es jetzt weinerlich klingen mag – ich erzähle es trotzdem: Am 6. März dieses Jahres hatte ich 14:00 Uhr zur Eröffnung meines Mittweidaer Bürgerbüros eingeladen; gegen 8 Uhr erhielt ich die Mitteilung, dass die Scheiben meines Büros großflächig fremdbeklebt wurden.
Am 09.03. passierte das Gleiche; zusätzlich wurden noch meine Beschriftungen beschädigt und weitere ähnliche Aktionen folgten und am 28.05. war der Eingang meines
Am Morgen des 19.06. werde ich 3 Uhr von der Polizei geweckt und diese teilte mir mit, dass die Scheibe meines Büros eingeschlagen wurde.
Doch es geht auch anderen Volksvertretern so; mein Kollege Spangenberg hat es bereits erwähnt: In Bitterfeld wurden die Büros von Bundestagsabgeordneten der LINKEN und GRÜNEN attackiert; hier flog tatsächlich ein Gullydeckel in die Scheibe.
Im Juni wurden Abgeordnetenbüros von CDU und SPD in Halle attackiert – hier wurden ebenfalls Scheiben eingeschlagen – und auch im Juni sind Schüsse abgegeben worden auf ein Wahlkreisbüro der Piraten in Dortmund. – Diese Aufzählung ließe sich noch eine Weile fortführen.
Wir könnten uns jetzt auf Karl Marx zurückziehen, der meinte „Gewalt war immer eine unvermeidliche geschichtliche Begleiterscheinung gesellschaftlicher und politischer Konflikte.“ Aber wollen wir das? Mir wäre das zu einfach und ich hoffe, Ihnen ebenso.
Es geht nämlich nicht nur um einen einzelnen Konflikt, um eine einzelne Gruppierung. Extremistische Ideologien haben sich am Rand unserer Gesellschaft organisiert und führen einen Feldzug gegen die demokratische Ordnung und ihre gewählten Vertreter. Mit dem Angriff auf die Volksvertreter, meine Damen und Herren, erfolgt gleichzeitig ein Angriff auf deren Wähler und damit auch auf unsere Bevölkerung. Das muss uns ganz klar sein.
Wenn dem so ist, dann müssen wir uns auch Fragen stellen: Warum gewinnen extremistische Gruppen an Bedeutung, während sich große Teile der Gesellschaft ansonsten politikverdrossen zeigen? Warum werden so wenig politisch motivierte Straftaten aufgeklärt? In diesem Zusammenhang möchte ich sagen, dass alle Strafverfahren in Bezug auf mein Büro bisher ergebnislos eingestellt wurden.
Warum werden oder gegebenenfalls können die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden? Auch hier habe ich dazugelernt: Es ist keine Straftat, solange nichts beschädigt wird. Sie können also Ihrem ungeliebten Nachbarn oder wem auch immer die Fäkalien aufs Grundstück werfen oder seine Scheiben bekleben – solange nichts kaputtgeht, ist alles halb so schlimm.
Es heißt letztendlich, wir können bzw. dürfen uns nicht ausreichend schützen. Aber genau dadurch machen wir es Politikchaoten ja einfach – wir dulden dadurch, was sie tun, geben ihnen Sicherheit und verleihen ihnen auch Macht.
Eine weitere Frage ist für mich in diesem Zusammenhang interessant: Warum sind es meist junge Menschen, die hinter politisch motivierten Aktionen stehen? Junge Menschen möchten sich profilieren, sie möchten für etwas einstehen, selbst Teil einer großen Sache sein. Das heißt, sie brauchen Werte; denn wenn sie diese nicht haben, sind sie anfälliger für extreme Ideologien.
Wir müssen wieder verstärkt in die gesellschaftliche Debatte einsteigen: Welche Werte haben wir, welche Werte wollen wir, was sind die Grundfesten unserer Gesellschaft, an denen wir uns orientieren wollen? Mit einer Politik, die nichts als beständig erklärt, die alles aufbrechen will, was auch nur ansatzweise als traditionell oder konventionell bezeichnet werden kann, werden wir hier nicht weiterkommen.
Meine Damen und Herren, heute Angriffe auf unsere Büros – und morgen? Die Rechte auf körperliche Unversehrtheit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit stehen auf dem Spiel. Wir müssen jetzt gegen politisch motivierte Straftaten gezielter vorgehen. Gewalt ist kein Mittel der Argumentation!