An dieser Stelle setzt unser Antrag an. Wie Sie sicher bei Ihrem täglichen Drucksachenstudium festgestellt haben, stellen die Fraktionen teilweise sehr ähnliche Anfragen beim Thema Asyl, nur die Regierungsparteien nicht. Offensichtlich haben die Regierungsparteien geheimes Herrschaftswissen. Aber ich nehme mal an, dass auch Sie sich Ihr Wissen aus den Ministerien zuarbeiten lassen und gelegentlich mal bei der Opposition abschauen. Aber dann
sollen die Ministerien nicht doppelt oder dreifach arbeiten, sondern nur einmal und zuverlässig für alle wiederkehrend berichten. Dabei geht es darum, zum Beispiel zu erfahren, wie viele Asylanten in Sachsen sind, warum sie in Sachsen sind oder ob sie ihren Aufenthalt beenden. Es geht darum zu erfahren, ob der Freistaat Sachsen seinen Vollzugsaufgaben bei der Abschiebung und auch bei der Durchsetzung der Erfordernisse nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz und dem Asylbewerberleistungsgesetz
Wir wollen wissen, wo die Asylanten untergebracht sind, in welchen Städten oder Dörfern die Erstaufnahmeeinrichtungen betrieben werden. Wir wollen wissen, wer bisher die Interimseinrichtungen für Jugendarbeit oder für Ausbildung genutzt hat. Wir wollen wissen, wer die Asylheime bewacht und wie viel Geld es in Sachsen kostet, gastfreundlich zu sein und notwendige, wohlgemerkt notwendige, ärztliche Versorgung für Asylanten zur Verfügung zu stellen.
Wir wollen darüber aufklären können, welche Entwicklung es bei ausländischen Intensivtätern gibt. Wir wollen wissen, welche Straftaten begangen werden. Genauer fragen wir dann bei den Straftaten nach, die ein Gast auf keinen Fall begehen sollte und die somit in der öffentlichen Wahrnehmung als besonders verwerflich wahrgenommen werden.
Natürlich lässt das Thema noch Platz für weitere Detailfragen. Dabei ist zu fragen, ob man diese quartalsweise oder jährlich stellt und ob uns die Beantwortung quartalsweise weiterhelfen würde. Wenn wir hier jede Frage stellen würden, die uns interessiert, dann wäre das eine wahre Freude für die Mitarbeiter, die die Statistik erstellen und regelmäßig ihre Striche machen müssen. Als Nebeneffekt würden wir ein statistisches Werk verlangen, welches so unhandlich wäre, dass man keinen Überblick mehr hätte. Das ist aber nicht unser Ziel.
Wir wollen mit unserem Antrag ein übersichtliches Werk erhalten, welches die wichtigsten Fragen klärt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich in der Sache wie folgt Stellung nehme. Ausgehend von der Begründung zum vorliegenden Antrag beabsichtigen Sie, meine Damen und Herren von der einbringenden AfD-Fraktion, beim Thema Asyl den
„wilden Spekulationen“ klare und verlässliche Zahlen entgegenzustellen und damit das Vertrauen der Menschen zu wahren bzw. dort, wo es verloren gegangen sei, zurückzugewinnen.
Ihrer Ansicht nach dienen insbesondere Informationen zu Straftaten von Asylbewerbern der Herstellung von Transparenz für den Bürger getreu dem Motto: Die Flüchtlingspolitik ist stark umstritten, doch wenigstens die Zahlen lügen nicht.
Wir wissen es: Valide Daten sind die notwendige Grundlage für jede sachgerechte Entscheidungsfindung. Staatliche Stellen beziehen sich ebenso wie nicht staatliche Stellen auf Daten, um flüchtlingspolitische Forderungen zu untermauern. Zahlen und Statistiken spielen gerade in der Flüchtlingspolitik eine zentrale Rolle für unser Verständnis der Situation und für die Formulierung von Positionen. Dabei ist das Problem keinesfalls, dass Statistiken gefälscht sind, sondern wie sie interpretiert und für Argumente genutzt werden.
Grundsätzlich ist alles, was der Akzeptanz für die Aufnahme von Flüchtlingen in unsere sächsische Gesellschaft dient, zu begrüßen. Um Vorurteile abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen, ist allumfassende Transparenz von besonderer Bedeutung.
Der Titel Ihres Antrags „Umfassende Berichtspflicht der Staatsregierung zu Asylbewerbern“ lässt zunächst vermuten, dass Sie es mit den so wichtigen Fragen des Asylrechts ernst meinen. Gestatten Sie mir, dass ich im Folgenden auf einzelne Punkte in ausgewählter Form eingehe.
Die Punkte 1 bis 7 Ihres Antrags beschäftigen sich vordergründig mit Statistiken rund um Anerkennungs-, Ablehnungs- sowie Abschiebe- und Abschiebehaftquoten bei Asylbewerbern. Dazu sage ich, die geforderte Transparenz wird bereits über zahlreiche verschiedene Möglichkeiten gewährleistet. Das geschieht medial, aber auch durch die Bereitstellung von sehr umfangreichen Daten und Informationen durch die zuständigen Behörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, aus dem Lenkungsausschuss heraus und auch durch den persönlichen interkulturellen Austausch.
Hinsichtlich der weiteren geforderten Daten ist eine differenzierte Betrachtung notwendig. Bringt eine quartalsweise Erhebung wirklich die Aussage, die Aufklärung und Transparenz zweckdienlich ist?
Punkt 10 des Antrags widmet sich beispielsweise den staatlichen Erstattungsleistungen nach dem Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetz in Fällen von Krankheit, Schwangerschaft und Geburt, differenziert nach Landkreisen und kreisfreien Städten. Dabei weiß doch jeder, dass gerade diese Erstattungsleistungen vor allem bei Krankheit wohl eher zufallsbedingt entstehen; denn Krankheit ist in der Regel nicht planbar. Bereits deshalb scheint dieser Punkt für das Herstellen von Transparenz und Akzeptanz wenig geeignet zu sein.
Darüber hinaus sei angemerkt, dass die Zielrichtung der zu erhebenden Daten sehr einseitig erscheint. Positive Aspekte werden überhaupt nicht berücksichtigt. Bei einer Debatte über Akzeptanz ist dies aber unumgänglich. Besonders deutlich wird das bei Punkt 11 Ihres Antrags. Dieser widmet sich ausschließlich der Anzahl der aufgeklärten Fälle tatverdächtiger Asylbewerber mit mehr als fünf Straftaten ohne Berücksichtigung ausländerrechtlicher Verstöße.
Bei einer Erhebung von Straftaten durch Asylbewerber müssten im Gegenzug aber auch Daten über Straftaten an Asylbewerbern bzw. Straftaten, die im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylbewerbern stehen, erhoben werden. Dies gehört nach meinem Verständnis zur Transparenz dazu.
Gerade bei dem letzten Punkt Ihres Antrags lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen. Manche meinen, Asylbewerber seien deutlich krimineller als Deutsche. Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, die Wahrscheinlichkeit, dass jemand kriminell wird, hängt nicht von der Nationalität, sondern vielmehr von Faktoren wie zum Beispiel dem Geschlecht, dem Alter oder dem Wohlstand ab.
In einer wissenschaftlichen Abhandlung zum Thema Ausländerkriminalität kommt Prof. Rainer Geißler von der Universität Siegen nach seinen wissenschaftlichen Forschungen zu folgendem Ergebnis:
„Ein unkritischer Umgang mit den offiziellen Kriminalstatistiken kann dazu führen, dass sich integrationshemmende Vorurteile über das kriminelle Verhalten von Migranten verbreiten. Durch eine differenzierte Aufschlüsselung des Ausländerkonzepts lässt sich belegen, dass sich ausländische Arbeitsmigranten mindestens genauso gut an Gesetze halten wie Deutsche.“
Wenn ich jetzt den Blick nach vorne richte, so tue ich das mit voller Absicht. Wir wissen doch, dass viele Migranten längerfristig oder sogar dauerhaft bei uns bleiben, als anerkannte Flüchtlinge oder Geduldete. Ausgehend davon, von den eben zitierten Erkenntnissen, sowie den aktuellen Entwicklungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts und vor dem Hintergrund, Vorurteile abzubauen und umfassend und transparent aufzuklären, hätte der Fokus in dem Antrag von Ihnen vielmehr auf integrative Fragestellungen gelegt werden müssen. Dabei fallen mir sofort folgende ein: Unter welchen Voraussetzungen können Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge eine Erwerbstätigkeit bzw. eine gemeinnützige Tätigkeit im Freistaat Sachsen ausüben? Welche Hindernisse bestehen bei der Wahrnehmung einer Erwerbstätigkeit? Inwieweit greift das Gesetz zur Regelung des allgemeinen Mindestlohns für diese Personengruppen? Welche Optionen gibt es oder können erschlossen werden, um Asylbewerbern früher als bisher die Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen? Usw. usf.
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Das alles zeigt, dass Fragestellungen im Zusammenhang mit Statistiken
über Asylbewerber durchaus selektiv sein können. Nichtsdestotrotz sind sie wichtig, um Entwicklungen in der Asylpolitik und beim Schutzbedarf beurteilen zu können.
Abschließend gebe ich zu bedenken: Steigende Asylantragszahlen sind letztlich ein Resultat weltweiter Krisen und weltweiten Leids
und eines wachsenden Bedarfs unserer Hilfe. Es scheint deshalb wenig zielführend, zu hoffen, in Statistiken und Zahlen abschließend Klarheit über die Asylpolitik zu finden. Vielmehr sollten wir die konkreten Erfahrungen von Vertreibung zur Grundlage unserer Flüchtlingspolitik machen und die Situation von Asylbewerbern in Deutschland und im Freistaat Sachsen und nicht deren Anzahl, Krankheitskosten, Straftaten usw. in den Vordergrund stellen. Wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen.
Ich wollte noch kurz zwei Zahlen nennen, die Sie hier offenbar unterschlagen haben. – Hören Sie mir zu? – Ist gut.
die keine Aussagen treffen, dann muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Wir haben mit der Polizeigewerkschaft gesprochen. Die haben uns ganz eindeutig gesagt, dass die 2 % Asylbewerber, die wir in Sachsen haben, für mindestens 15 % der Straftaten verantwortlich sind.
Wenn wir weiter über Asylbewerber sprechen, wie es in dem Antrag der Fall ist, dann sollten Sie sich auch auf Asylbewerber beschränken; denn Sie haben zwischenzeitlich von Migranten gesprochen.
Dass man die Daten aus dem Internet oder aus öffentlichen Medien oder sonst woher bekommen kann, dazu muss ich Ihnen sagen: Unsere Kreistagsfraktion im Landkreis SOE hat letztens den Landrat gefragt, wie viele Asylbewerber sich länger als zwölf Monate in seinem Landkreis aufhalten. Dazu hat er gesagt: Er kann es uns nicht sagen.
Warum das so wichtig ist, das kann ich Ihnen sagen: Für Asylbewerber, die sich länger als zwölf Monate in Sachsen aufhalten, gibt es keine Fördermittel mehr.
Von daher wäre es schon wichtig, dass Sie die eine oder andere Information, die hier abgefordert worden ist, auch nennen und das nicht einfach herunterreden.
Ich möchte Sie noch einmal auf die Regularien hinweisen: Sie gehen an das Mikrofon. Ich frage Sie, was Sie möchten. Dann können Sie das Wort dazu ergreifen.